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II. Die Revision wegen Umsatzsteuer 1993 ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Revision wegen Umsatzsteuer 1994 führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger jedenfalls Umsätze in der vom FA festgesetzten Höhe zu versteuern hat. Hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 ist die Sache jedoch nicht spruchreif, denn die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob der angefochtene Änderungsbescheid vom 17. November 2005 inhaltlich bestimmt ist. |
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1. Bei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die Person des Leistenden nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. |
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a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.). |
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b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist. |
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aa) Ein Kommissionär erbringt auch dann eigene Leistungen, wenn er bei der im Rahmen einer Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, der seines Kommittenten, handelt, wie sich aus § 3 Abs. 3 UStG ergibt. Zugleich liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vor, obwohl es sich zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des Kommissionärs für den Kommittenten handelt. Ebenso geht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) vom Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich vereinbarte Provision abzuziehen ist. |
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Gleiches gilt auch in den Streitjahren für den "Verkauf" sonstiger Leistungen. Bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG erfasste § 3 Abs. 11 UStG auch in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung nicht nur den "Leistungseinkauf", sondern auch den "Leistungsverkauf" (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308; vom 25. Mai 2000 V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310; vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377, BStBl II 2004, 315; vom 29. August 2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320; vom 28. November 2002 V R 6/02, BFH/NV 2003, 517). |
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bb) Von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i.S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV 2006, 139, und BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622). Die gegenteilige Rechtsprechung des XI. Senats des BFH hat der im Zeitpunkt der Entscheidung ausschließlich für die Umsatzsteuer zuständige V. Senat ausdrücklich aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b für BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 97/92, BFH/NV 1995, 168). Dabei ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, und vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876). |
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Entsprechend der Anwendung des § 3 Abs. 3 UStG und § 3 Abs. 11 UStG auf Kommissionsverhältnisse kann es auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z.B. der "Hintermann" an den "Strohmann" und dieser an den Abnehmer liefert oder leistet. |
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Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der "Hintermann" als tatsächlich Handelnder die Leistungen im Namen des Strohmannes ausgeführt hat, z.B. gegenüber dem Leistungsempfänger als Angestellter des Vertragspartners (des Strohmannes oder Treuhänders) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2010 VIII ZR 65/09, BFH/NV 2010, 1597). |
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c) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung –AO–; ausführlich BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene –ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende– Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259). |
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2. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Kläger die Leistungen unmittelbar an die F-GmbH erbracht hat, weil Vereinbarungen zwischen der GmbH und A nur zum Schein getroffen wurden und den unmittelbaren Leistungsbezug vom Kläger verdecken sollten, oder ob der Kläger entgeltliche Leistungen im Rahmen eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses an A erbracht hat. |
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Denn in jedem der beiden Fälle liegen entgeltliche Leistungen des Klägers vor, für die er nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG Steuerschuldner ist. In beiden Fällen hat der Kläger auch als Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG gehandelt. Sind die Kommissionsgrundsätze maßgebend, gelten für die Leistungen des "Hintermannes" dieselben Kriterien, die für die Beurteilung der Leistungen des Kommissionärs bzw. Strohmannes maßgeblich sind. Ist die Tätigkeit für den Auftraggeber (Kommittent oder "Hintermann") nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG, hat auch dieser die ihm nach § 3 Abs. 3 UStG oder § 3 Abs. 11 UStG zuzurechnenden Leistungen als Unternehmer erbracht. Davon abgesehen ist auch nach den vom FG getroffenen Feststellungen im Streitfall nicht davon auszugehen, dass der Kläger in einem Abhängigkeitsverhältnis zu A stand und er daher unselbständig tätig gewesen wäre. |
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Ob der Kläger bei einer unmittelbaren Leistung an die F-GmbH höhere Entgelte –entsprechend den Steuerfestsetzungen für A– zu versteuern hätte, ist im Hinblick auf das Verböserungsverbot unerheblich. Denn Bemessungsgrundlage der Leistungen des Klägers ist im Fall eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses der Betrag, den der Kläger aufgrund der Tätigkeit der A erhalten hat. Das FG geht insoweit mit dem FA davon aus, dass der Kläger von den in den Umsatzsteuerbescheiden der A erfassten Provisionen von 222.487 DM (1993) und 344.413 DM (1994) nur 112.389,21 DM (1993) und 306.995,89 DM (1994) erhalten hat. In Bezug auf diese Feststellungen hat der Kläger mit der Revision keine Rügen erhoben. |
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3. Der Senat kann –anders als für das Streitjahr 1993, für das die Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger erstmals festgesetzt worden ist–, nicht abschließend über den Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 17. November 2005 entscheiden. Denn die Feststellungen des FG erlauben keine Entscheidung darüber, ob dieser Änderungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt ist. |
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a) Ein Verwaltungsakt ist nach § 125 Abs. 1 AO nichtig, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss von Fall zu Fall anhand der einschlägigen materiell-rechtlichen oder verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsvorschriften beurteilt werden (z.B. BFH-Urteile vom 26. September 2006 X R 21/04, BFH/NV 2007, 186; vom 31. August 1994 X R 2/93, BFH/NV 1995, 467). |
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b) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Die Frage, welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Änderungsbescheids zu richten sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140). |
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c) Ein Steuerbescheid ist wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergeht, für den bereits ein –wirksamer– Steuerbescheid gegenüber demselben Adressaten erlassen wurde, ohne dass sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der Auslegung ergibt, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem zuvor ergangenen Bescheid steht (BFH-Urteil vom 23. August 2000 X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662). Denn der Steuerpflichtige muss erkennen können, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang eine bisherige Festsetzung geändert worden ist. Hierzu genügt es jedoch, dass aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den –dem Empfänger bekannten– näheren Umständen des Bescheiderlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 26. März 1981 VII R 3/79, BFHE 133, 163; BFH-Beschluss vom 29. Juni 2006 VII B 328/04, juris; vgl. auch BFH-Urteile vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791; vom 6. Juli 1994 II R 126/91, BFH/NV 1995, 178; BFH-Beschlüsse vom 8. Februar 2001 VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003, sowie Beschluss vom 11. August 2006 V B 205/04, BFH/NV 2007, 5). Dass das Datum des geänderten Bescheides nicht genannt wird, ist daher nicht allein entscheidend. |
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d) Im Streitfall weist zwar der Umsatzsteuerbescheid vom 17. November 2005 für 1994 nicht ausdrücklich darauf hin, dass es sich um einen Änderungsbescheid handelt; er erging jedoch im Anschluss an ein auch Umsatzsteuer 1994 betreffendes Steuerstrafverfahren und den Bericht der Steuerfahndung, auf den in den Erläuterungen des Bescheides vom 17. November 2005 ausdrücklich hingewiesen wird. Danach konnte der Kläger unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände keine vernünftigen Zweifel daran haben, dass es sich um einen (Umsatzsteuer 1994 betreffenden) Änderungsbescheid handelt. Auch Zweifel daran, dass dadurch der auf seiner Selbstanzeige für 1994 beruhende Umsatzsteuerbescheid des FA vom 16. Dezember 1999 geändert werden sollte, wären zu verneinen, wenn es sich bei diesem Umsatzsteuerbescheid vom 16. Dezember 1999 um den einzigen dem Kläger gegenüber ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 1994 gehandelt hat. Denn dann wäre der Bezug zu einem anderen Umsatzsteuerbescheid für 1994 ausgeschlossen. Den Feststellungen des FG lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei entnehmen, ob dem Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 16. Dezember 1999 ein Umsatzsteuerbescheid vorausging. Die Sache war daher hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurückzuverweisen. |
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