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BFH-Beschluß vom 6.9.1988 (II B 98/88) BStBl. 1988 II S. 1008

BFH-Beschluß vom 6.9.1988 (II B 98/88) BStBl. 1988 II S. 1008

Die Ausnahme von der Besteuerung für den Übergang von Grundstückseigentum im Umlegungsverfahren (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG 1983) erstreckt sich nicht auf die „freiwillige Umlegung“.

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b; BBauG §§ 45 ff.; BauGB §§ 45 ff.

Sachverhalt

 

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägern) ist eine Gemeinde. Sie schloß im Jahre 1983 vor dem Notar mit anderen Grundstückseigentümern einen „Vertrag über die freiwillige Baulandumlegung“ für das Gebiet X, damit „eine Umlegung nach den Vorschriften des Bundesbaugesetzes vermieden wird“. Die Vertragsbeteiligten erklärten die Auflassung und beantragten die Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch. Die Kosten des Vertrags und seines Vollzugs im Grundbuch sowie die Vermessungs- und Vermarkungskosten übernahm die Klägerin. Eine evtl. entstehende Grunderwerbsteuer trug vereinbarungsgemäß „jede Partei für ihren Erwerb“. Die Klägerin als Umlegungsträger erwarb aufgrund des Umlegungsvertrags 26.394 qm Bauerwartungsland und übereignete als Gegenleistung 19.849 qm Rohbauland. Für diesen Erwerbsvorgang setzte das Finanzamt (FA) durch Bescheid vom 11. September 1984 die Grunderwerbsteuer auf 15.839 DM fest; den Einspruch wies es zurück. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen.

Mit ihrer Beschwerde ficht die Klägerin die Nichtzulassung der Revision an. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG -) gebietet, die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1983) dahin auszulegen, daß nicht nur der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren „nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung“ von der Grunderwerbsteuer ausgenommen ist, sondern auch die vertraglich vereinbarte freiwillige Baulandumlegung.

Entscheidungsgründe

 

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Denn sie läßt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und seinem Sinn beantworten und ist infolgedessen nicht klärungsbedürftig.

Der „Vertrag über die freiwillige Baulandumlegung“ ist ein Rechtsgeschäft (Tausch von Grundflächen), das für die Klägerin den Anspruch gegen die anderen Vertragsbeteiligten auf Übereignung inländischer Grundstücke begründete und demzufolge der Grunderwerbsteuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 GrEStG 1983.

Ausgenommen von der Besteuerung ist „der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG 1983). Diese Ausnahme von der Besteuerung beschränkt sich nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auf das förmliche Umlegungsverfahren, erstreckt sich nicht auf die „freiwillige Umlegung“. Der Grund für diese Begrenzung des Ausnahmetatbestandes lag in der Absicht des Gesetzgebers, die Zahl der Ausnahmen von der Besteuerung möglichst klein zu halten, weil nur auf diese Weise das Ziel zu erreichen war, das bisher durch zahlreiche Ausnahmeregelungen stark zersplitterte Grunderwerbsteuerrecht zu vereinheitlichen, es zu vereinfachen und den Steuersatz drastisch (von 7 % auf 2 %) zu senken.

Der Bundesfinanzhof (BFH) ist nicht befugt, den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift zu erweitern, denn er ist an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Der Hinweis der Klägerin auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar ist jede Rechtsnorm im Einklang mit dem GG auszulegen. Eine Grenze findet diese verfassungskonforme Rechtsfindung aber dort, wo einem nach Wortlaut und Sinnzusammenhang eindeutigen Gesetz ein entgegengesetzter Sinn verliehen werden würde.

Im gleichen Sinne hat der BFH entschieden, daß die Ausnahme von der Besteuerung für den Übergang von Grundstückseigentum im Umlegungsverfahren (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG 1983) sich nicht erstreckt auf den Eigentumsübergang im Grenzregelungsverfahren (BFH-Beschluß vom 24. Februar 1988 II B 160/87, BFHE 152, 272, BStBl II 1988, 457), sondern nach dem Willen des Gesetzgebers nur den Eigentumsübergang im (förmlichen) Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz betrifft (BFH-Urteil vom 26. November 1986 II R 246/85, BFHE 148, 343, 345, BStBl II 1987, 135).

Von einer weiteren Begründung der Beschwerdeentscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.