Alle Beiträge von steuerschroeder

Steuerberater

BFH-Urteil vom 17.11.1987 (VII R 124/84) BStBl. 1988 II S. 147

BFH-Urteil vom 17.11.1987 (VII R 124/84) BStBl. 1988 II S. 147

1. Die Befugnis der Lohnsteuerhilfevereine zur Hilfeleistung bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung wird in den Arbeitnehmer-Veranlagungsfällen nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Steuerpflichtige auch Einkünfte aus der Beteiligung an einer Grundstücksgemeinschaft bezieht, die gemäß § 179 Abs. 1 und 2, § 180 AO 1977 einheitlich und gesondert festgestellt werden.

2. Die Befugnis der Lohnsteuerhilfevereine zur Hilfeleistung in diesen Veranlagungsfällen besteht auch dann, wenn der Steuerpflichtige neben den in § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG genannten Einkünften Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt, die den Werbungskosten-Pauschbetrag und den Sparer-Freibetrag nicht übersteigen.

StBerG § 4 Nr. 11.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

 

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein Lohnsteuerhilfeverein, leistet seinem Mitglied S seit Jahren Hilfe in Steuersachen. In den vom Kläger erstellten Einkommensteuererklärungen der Eheleute S bis 1981 wurden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus erklärt. Die bis zu diesem Veranlagungszeitraum ebenfalls angegebenen Einnahmen aus Kapitalvermögen lagen jeweils unter den Werbungskosten- Pauschbeträgen und den Sparer-Freibeträgen und wirkten sich steuerlich nicht aus. Nach ihrem Umzug von B nach H veräußerten die Eheleute S im Jahre 1980 den halben Anteil ihres bisherigen Einfamilienhausgrundstücks an den Bruder der Ehefrau. Die Einkünfte aus dem Grundstück in B werden seit dem 1. Juli 1980 für die Grundstücksgemeinschaft … vom Finanzamt S einheitlich und gesondert festgestellt.

In der Einkommensteuererklärung 1982 erklärten die Eheleute S, wiederum vertreten durch den Kläger, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung der selbstgenutzten Wohnung in ihrem Einfamilienhaus in H. In der Anlage V erklärten sie unter Anteile an Einkünften aus Grundstücksgemeinschaften: „Grundstücksgemeinschaft …, Finanzamt S neu.“ Der Beklagte und Revisionskläger (das nunmehr zuständige Wohnsitz-Finanzamt – FA -) untersagte daraufhin dem Kläger „die Befugnis zur Vertretung des Mitglieds S in den Einkommensteuersachen ab 1982, solange die Eheleute zusätzlich zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hinsichtlich des eigengenutzten Einfamilienhauses Einnahmen aus Kapitalvermögen und Anteile an Einkünften aus einer Grundstücksgemeinschaft erzielen“.

Mit der nach erfolglosem Beschwerdeverfahren erhobenen Klage trug der Kläger vor, er übe im Falle S keine unzulässige Hilfeleistung in Steuersachen aus, sondern halte sich im Rahmen des § 4 Nr. 11 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Die Erklärung für die Grundstücksgemeinschaft erstellten allein Herr S und der Zustellungsbevollmächtigte der Grundstücksgemeinschaft.

Das Finanzgericht (FG) hob die Untersagungsverfügung des FA und die Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion (OFD) antragsgemäß auf.

Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 4 Nr. 11 StBerG.

Es beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

 

II.

Die Revision des FA ist nicht begründet. Das FG hat die gegen den Kläger ergangene Untersagungsverfügung zu Recht als rechtswidrig aufgehoben.

1. Nach § 4 Nr. 11 StBerG sind Lohnsteuerhilfevereine zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen für ihre Mitglieder befugt. Die Befugnis gilt neben der Hilfe in Lohnsteuersachen gemäß Satz 2 dieser Vorschrift auch für die Hilfeleistung in den Veranlagungsfällen des § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und den übrigen Veranlagungsfällen des § 46 EStG, soweit

a) das Einkommen ausschließlich aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht oder

b) in dem Einkommen neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit keine anderen Einkünfte enthalten sind als der Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (§ 21a EStG) oder Bezüge aus den gesetzlichen Rentenversicherungen.

Soweit Lohnsteuerhilfevereine den Rahmen ihrer Befugnisse überschreiten, verstoßen sie gegen das Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen (§ 5 Satz 2 StBerG), und das FA kann ihnen nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 StBerG die verbotene Tätigkeit (Mißbrauch) untersagen (vgl. Gehre, Steuerberatungsgesetz, 1981, § 7 Rdnr. 7).

2. Das Gesetz stellt nach seinem Wortlaut für die Hilfeleistung in Veranlagungsfällen von Arbeitnehmern (§ 46 EStG), auf die sich hinsichtlich der Eheleute S auch die angefochtene Untersagungsverfügung bezieht, auf die Einkünfte ab, die Bestandteile des Einkommens der Steuerpflichtigen sind. Es beschränkt die Hilfeleistungsbefugnis des Lohnsteuerhilfevereins auf die Fälle, in denen das Einkommen ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder neben diesen lediglich solche aus Vermietung und Verpachtung, und zwar insoweit beschränkt auf den Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (§ 21a EStG), und/oder aus den gesetzlichen Rentenversicherungen enthält. Damit soll sichergestellt werden, daß die Lohnsteuerhilfevereine nur bei den typischen Arbeitnehmereinkünften Hilfe leisten. Liegen noch andere Einkünfte vor, z.B. aus Kapitalvermögen oder andere Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, so dürfen die Lohnsteuerhilfevereine insgesamt nicht tätig werden (vgl. Gehre, a.a.O., § 4 Rdnr. 21, m.w.N.).

Für den Streitfall ergäbe sich bei einer Auslegung allein nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 11 StBerG, daß das FA dem Kläger die künftige Hilfeleistung bei der Einkommensteuerveranlagung (Erstellung der Einkommensteuererklärungen) seines Vereinsmitglieds S bei gleichbleibenden Einkünften zu Recht untersagt hätte. Denn die Eheleute S bezogen nach ihrer Einkommensteuererklärung 1982, an die die Untersagungsverfügung anknüpft, neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und den – unschädlichen – Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus in H auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Beteiligte an einer Grundstücksgemeinschaft hinsichtlich des in B gelegenen Einfamilienhauses. Da die letztgenannten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in § 4 Nr. 11 StBerG nicht aufgeführt sind, wäre bei wortgetreuer Auslegung der Vorschrift der Kläger zur einkommensteuerlichen Beratung seines Mitglieds S insgesamt nicht befugt.

3. Das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis wird aber dem Sinn und Zweck der Regelung über die Befugnis der Lohnsteuerhilfevereine zu einer beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen nicht gerecht. Der Senat gibt ebenso wie das FG einer teleologischen Auslegung des § 4 Nr. 11 StBerG gegenüber derjenigen nach dem Wortlaut den Vorzug.

a) Lohnsteuerhilfevereine sind nach § 13 StBerG Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern zur Hilfeleistung in Lohnsteuersachen für ihre Mitglieder (Abs. 1). Als Hilfeleistung in Lohnsteuersachen in diesem Sinne gilt auch die Hilfeleistung in Einkommensteuersachen nach § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG (Abs. 2). Das StBerG gibt damit den Arbeitnehmern die Möglichkeit, sich in Lohnsteuerfällen, zu denen kraft gesetzlicher Fiktion auch bestimmte Einkommensteuerveranlagungsfälle gehören, von Selbsthilfeeinrichtungen, die nur für ihre Mitglieder tätig werden, Hilfe leisten zu lassen. Die Mitgliedschaft in einem Lohnsteuerhilfeverein bietet dem Arbeitnehmer den Vorteil, preisgünstig Steuerberatungsleistungen zu erlangen, da der Verein nur den Interessen seiner Mitglieder dienen und für seine Hilfeleistung neben dem Mitgliedsbeitrag kein besonderes Entgelt erheben darf (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 4 StBerG).

Die Beschränkung der Hilfeleistungsbefugnis des Lohnsteuerhilfevereins in den Arbeitnehmer-Veranlagungsfällen (§ 46 EStG) auf die in § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG genannten typischen Arbeitnehmereinkünfte findet ihre Rechtfertigung darin, daß die Personen, die die Hilfeleistung für den Verein ausüben, keiner umfassenden beruflichen Qualifikation auf dem Gebiet der Steuerberatung bedürfen. So reicht es für die Bestellung zum Beratungsstellenleiter des Vereins aus, daß dieser drei Jahre auf dem Gebiet des Lohnsteuerwesens hauptberuflich tätig gewesen ist (§ 23 Abs. 3 StBerG). Das Gesetz geht davon aus, daß die Beratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins aufgrund ihrer vorausgegangenen beruflichen Tätigkeit und Erfahrung auf dem Gebiet des Lohnsteuerwesens zu einer sachgerechten steuerlichen Beratung der Mitglieder auch dann noch in der Lage sind, wenn diese neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch die sonstigen in § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG genannten Einkünfte erzielen, da Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus und Bezüge aus den gesetzlichen Rentenversicherungen in den Fällen der Veranlagung von Arbeitnehmern sehr häufig anzutreffen sind. Dagegen sieht das Gesetz im Hinblick auf die eingeschränkten Anforderungen an die berufliche Qualifikation der Beratungsstellenleiter eine sachgerechte Beratung durch den Lohnsteuerhilfeverein dann nicht mehr als gewährleistet an, wenn das Vereinsmitglied neben den typischen Arbeitnehmereinkünften auch andere bei der Veranlagung zu erfassende Einkünfte bezieht.

Die Regelung dient neben dem Interesse der Finanzverwaltung an einer ordnungsgemäßen Steuerberatung vor allem dem Schutz der Arbeitnehmer vor einer unsachgemäßen Beratung durch den Lohnsteuerhilfeverein. Daraus folgt aber, daß nach dem Sinn und Zweck des § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG der Ausschluß der Hilfeleistungsbefugnis des Vereins bei Veranlagungsfällen von Arbeitnehmern mit Einkünften, die in der Vorschrift nicht genannt sind, nur dann geboten und sachgerecht ist, wenn sich die steuerliche Beratungsleistung des Lohnsteuerhilfevereins auch auf diese Einkünfte erstreckt. Sind dagegen die im Einkommen des Arbeitnehmers enthaltenen Einkünfte, die nach dem Wortlaut des Gesetzes die Beratungsbefugnis ausschließen würden, in der Einkommensteuererklärung gewissermaßen nur nachrichtlich anzuführen, ohne daß der bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung mitwirkende Berater auf ihre Ermittlung Einfluß nehmen kann, weil die Erklärung, Ermittlung und Aufteilung dieser Einkünfte auf mehrere Beteiligte einer gesonderten Steuererklärung unterliegt, so erscheint eine Einschränkung der Beratungsbefugnis des Lohnsteuerhilfevereins nicht gerechtfertigt. In diesem Falle braucht das Vereinsmitglied hinsichtlich der für Arbeitnehmer nicht typischen Einkünfte vor fehlerhafter Beratung nicht geschützt zu werden. Andererseits besteht für dieses aber ein berechtigtes Interesse daran, seine Einkommensteuererklärung von dem Lohnsteuerhilfeverein, dem es angehört und dem es Beiträge leistet, erstellen zu lassen. Das FG hat demnach für den Streitfall, der hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Eheleute S als Beteiligte an der Grundstücksgemeinschaft der vorstehend geschilderten Sach- und Interessenlage entspricht, die fortbestehende Befugnis des Klägers zur Hilfeleistung in Steuersachen zu Recht bejaht.

b) Einkommensteuerpflichtige Einkünfte, an denen mehrere Personen beteiligt sind und die diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind, werden abweichend von § 157 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gesondert von der Steuerfestsetzung in einem besonderen Feststellungsverfahren den Beteiligten gegenüber einheitlich festgestellt (§§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO 1977). Zu diesem Zweck sind die Vertreter der Beteiligten (§ 34 AO 1977) verpflichtet, eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Beteiligten abzugeben (§ 58 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung – EStDV -, § 149 Abs. 1, § 181 Abs. 1 Satz 2 AO 1977). Die Feststellungsbescheide sind für die Steuerbescheide der Beteiligten bindend, soweit die in ihnen getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind (§ 182 Abs. 1 AO 1977). Daraus folgt im Streitfall, daß für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die die Grundstücksgemeinschaft, an der die Eheleute S beteiligt sind, aus dem in B gelegenen Grundstück bezieht, eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte abzugeben ist, auf deren Grundlage das nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 AO 1977 zuständige FA S die Einkünfte allen Beteiligten gegenüber einheitlich festzustellen hat. Die Erklärungspflicht hinsichtlich dieser Einkünfte ist also – unabhängig von den Einkommensteuererklärungen der Beteiligten – besonders geregelt. Der im Feststellungsbescheid für jeden Beteiligten festgestellte Anteil an den Einkünften ist für die Einkommensteuerveranlagung der Beteiligten bindend; er wird vom Wohnsitz-FA (§ 19 Abs. 1 AO 1977) aufgrund der sog. ESt 4-Mitteilung in den Steuerbescheid übernommen.

Damit ist die Angabe von Anteilen an Einkünften aus Grundstücksgemeinschaften in der Einkommensteuererklärung der Beteiligten, nach denen in den Erklärungsvordrucken gefragt wird, ohne eigenständige Bedeutung, da diese Gegenstand einer besonderen Steuererklärung sind und dem für die Einkommensteuerveranlagung zuständigen Wohnsitz-FA insoweit keine eigene Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis zusteht. Die Beantwortung der Frage nach solchen der gesonderten und einheitlichen Feststellung unterliegenden anteiligen Einkünften dient dem Veranlagungs-FA in erster Linie zur Überwachung des Eingangs der ESt 4-Mitteilung. Die Steuerpflichtigen, denen der auf sie entfallende Anteil der Einkünfte oft noch nicht bekannt ist, begnügen sich – wie auch im Streitfall ohne Beanstandung – häufig mit einer Bezeichnung der Gemeinschaft und der Angabe des für das Feststellungsverfahren zuständigen FA.

Da somit die Angabe der Anteile an Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus der Beteiligung an der Grundstücksgemeinschaft in den Einkommensteuererklärungen der Eheleute S lediglich nachrichtliche Bedeutung hat, übt der Kläger insoweit im Rahmen seiner Mitwirkung bei der Erstellung dieser Steuererklärungen keine steuerberatende Tätigkeit aus, die ihm nach § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG verboten ist. Er hat auf die Ermittlung und Zurechnung dieser Einkünfte keinen Einfluß, weil die Erklärungspflicht insoweit die Grundstücksgemeinschaft mit ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte (§ 58 EStDV) trifft, für die der Kläger – wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist – nicht tätig wird. Da das schutzwürdige Interesse der vertretenen Vereinsmitglieder und damit der Zweck des § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG nicht verletzt werden, war das FA nicht befugt, dem Kläger die künftige Hilfeleistung in Steuersachen für die Eheleute S wegen deren Beteiligung an der Grundstücksgemeinschaft zu untersagen.

c) Der Beurteilung des Senats steht nicht – wie das FA meint – entgegen, daß sich die steuerliche Hilfeleistung bei den Arbeitnehmer-Veranlagungsfällen auf den gesamten Steuerfall, insbesondere auch auf die Fragen der Zuordnung von Aufwendungen zu den einzelnen Einkünften und Einkunftsobjekten und auf die Überprüfung des Einkommensteuerbescheids erstreckt. Die Befugnis zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen nach § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG knüpft an bestimmte Einkünfte des zu veranlagenden Arbeitnehmers, so wie sie sich nach dem Ergebnis der steuerlichen Prüfung (in der Einkommensteuererklärung) darstellen, an. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen und damit seine Hilfeleistungsbefugnis zu bejahen, muß der Lohnsteuerhilfeverein oft eine weiterreichende überschlägige Prüfung vornehmen, um z.B. das Vorliegen von Einkünften auszuschließen, die seiner Beratungsbefugnis entgegenstehen. Die im Vorfeld der Erstellung der Einkommensteuererklärung angestellten Überlegungen und Überprüfungen schließen aber die Hilfeleistungsbefugnis nicht aus, wenn sich ihr Ergebnis im Rahmen des § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG hält.

Aus den gleichen Gründen wird hinsichtlich der Frage der steuerlichen Zuordnung von Aufwendungen – hier insbesondere Werbungskosten – die Beratungsbefugnis des Lohnsteuerhilfevereins nicht ausgeschlossen, wenn dieser im Rahmen seiner Prüfung Erwägungen darüber anstellt, ob und inwieweit die ihm vom Steuerpflichtigen unterbreiteten Aufwendungen mit solchen Einkünften im Zusammenhang stehen, die seiner Hilfeleistung entgegenstehen, vorausgesetzt, daß solche Einkünfte nach dem Ergebnis der Prüfung nicht vorliegen. Das gilt für den Streitfall auch dann, wenn der Kläger im Falle der Eheleute S zu prüfen hätte, ob Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (z.B. Schuldzinsen) bei dem von § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG umfaßten Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus oder im Rahmen der nicht von ihm zu erstellenden Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Gemeinschaft geltend zu machen sind. Auch in sonstigen Fällen der Hilfeleistung in Steuersachen durch Lohnsteuerhilfevereine lassen sich Erwägungen darüber, ob bestimmte Aufwendungen im Zusammenhang mit den Einkünften stehen, die bei der zu erstellenden Steuererklärung erfaßt werden, oder ob sie bei den Einkünften eines anderen Steuerpflichtigen in dessen Steuererklärung zu berücksichtigen sind, nicht ausschließen.

Der Lohnsteuerhilfeverein ist schließlich auch nicht daran gehindert, den gesamten Einkommensteuerbescheid zu überprüfen, wenn in diesem Einkünfte aus der Beteiligung an einer Gemeinschaft enthalten sind, die Gegenstand eines Feststellungsbescheids waren. Da dieser hinsichtlich der darin getroffenen Feststellung für den Einkommensteuerbescheid bindend ist (§ 182 Abs. 1 AO 1977), muß er die aus dem Feststellungsbescheid übernommenen anteiligen Einkünfte, deretwegen der Einkommensteuerbescheid ohnehin nicht angefochten werden könnte (§ 351 Abs. 2 AO 1977), als richtig unterstellen und die Überprüfung auf die übrigen – von ihm erklärten – Besteuerungsgrundlagen beschränken.

4. Die vom Senat gefundene Auslegung erscheint auch im Hinblick darauf vertretbar, daß der Wortlaut des § 4 Nr. 11 StBerG in bestimmten Fällen sogar aktive Beratungsleistungen des Lohnsteuerhilfevereins nicht ausschließt, die sich auf andere Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erstrecken als den in Satz 2 genannten Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus.

a) Die nach Satz 1 der Vorschrift uneingeschränkte Befugnis zur Hilfeleistung in Lohnsteuersachen umfaßt auch die Hilfeleistung bei der Eintragung eines Freibetrags in die Lohnsteuerkarte einschließlich des Freibetrags nach § 39a Abs. 1 Nr. 6 EStG (vgl. gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden des Länder vom 6. Dezember 1982, BStBl I 1982, 882). Nach dieser Vorschrift kann in die Lohnsteuerkarte eingetragen werden der Betrag der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, der sich bei Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach § 7b EStG oder nach § 14a oder § 15 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) ergeben wird. Die Eintragung – und damit die Hilfeleistung des Lohnsteuerhilfevereins hierbei – ist nicht auf die Fälle der Selbstnutzung der Wohnung im eigenen Haus durch den Arbeitnehmer (§ 21a EStG) beschränkt.

b) Nach den vorstehend zitierten Verwaltungsanweisungen umfaßt die Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine in Veranlagungsfällen zur Einkommensteuer auch die Fälle, in denen das Einkommen neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus einem nicht unter § 21a Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG fallenden Grundstück enthält, sofern diese Verluste durch Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte vorher geltend gemacht worden sind (Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Der Senat hält diese Gesetzesauslegung, die die Beschränkungen durch die Buchst. a) und b) in § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG nur auf die übrigen Veranlagungsfälle des § 46 EStG bezieht, für zutreffend, weil sonst die eigenständige Aufführung der Veranlagungsfälle des § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG neben den übrigen Veranlagungsfällen des § 46 EStG in § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG keinen Sinn ergäbe. Daraus folgt aber, daß es bei der Arbeitnehmerveranlagung Fälle gibt, in denen sich die Beratungsbefugnis des Lohnsteuerhilfevereins auf Einkünfte (Verluste) aus Vermietung und Verpachtung erstreckt, die nicht aus der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus stammen. Um so mehr läßt sich die Auffassung vertreten, daß nach dem Zweck des Gesetzes in dem Einkommen des Arbeitnehmers enthaltene Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die – wie im Streitfall – von einer Grundstücksgemeinschaft zu erklären und vom zuständigen FA gesondert und einheitlich festzustellen sind, die Befugnis des Lohnsteuerhilfevereins zur Hilfeleistung bei der Einkommensteuererklärung seines Mitglieds nicht ausschließen.

5. Das FA war schließlich auch nicht berechtigt, dem Kläger die Hilfeleistung in Steuersachen für die Eheleute S unter Hinweis auf die in der Untersagungsverfügung genannten Einnahmen aus Kapitalvermögen zu untersagen. § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG schließt die Beratungsbefugnis des Lohnsteuerhilfevereins nur dann aus, wenn in dem Einkommen des Arbeitnehmers andere als die dort genannten „Einkünfte“ enthalten sind. Das bedeutet, daß sich die Erträge aus den für die Hilfeleistung schädlichen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 EStG) in dem Sinne steuerlich auswirken müssen, daß sie zu Einkünften i.S. des § 2 Abs. 2 EStG (Gewinn oder Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten) führen. Liegen lediglich Einnahmen (§ 8 EStG) aus Kapitalvermögen in einer Höhe vor, die den Werbungskosten-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nr. 2 EStG) und den Sparer-Freibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG) nicht überschreiten, so sind keine der Einkommensteuer unterliegende Einkünfte aus dieser Einkunftsart (§ 20 EStG) gegeben. So verhielt es sich bei den bis zum Veranlagungszeitraum 1981 erklärten Einnahmen aus Kapitalvermögen der Eheleute S; die Einnahmen aus dieser Einkunftsart wirkten sich also auf deren Einkommen nicht aus. Steuerlich unerhebliche Einnahmen aus Kapitalvermögen, die z.B. schon dadurch anfallen können, daß ein Arbeitnehmer Teile seines Arbeitslohns für eine gewisse Zeit auf seinem Girokonto beläßt, schließen somit die Befugnis des Lohnsteuerhilfevereins zur Hilfeleistung in den Arbeitnehmer-Veranlagungsfällen nicht aus.