I B 184/08 – Keine grundsätzliche Bedeutung bei im Streitfall nicht klärbarer Rechtsfrage – Auslegung vertraglicher Vereinbarungen durch das FG – Berücksichtigung der bilanziellen Behandlung einer Tantiemeverbindlichkeit

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 15.6.2009, I B 184/08

Keine grundsätzliche Bedeutung bei im Streitfall nicht klärbarer Rechtsfrage – Auslegung vertraglicher Vereinbarungen durch das FG – Berücksichtigung der bilanziellen Behandlung einer Tantiemeverbindlichkeit

Tatbestand

 
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I. Die Beteiligten streiten über die steuerrechtliche Beurteilung einer Tantiemevereinbarung.
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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren Stammkapital zunächst zu 60 % und seit Februar 1997 zu 100 % von R gehalten wurde. R war zugleich Geschäftsführer der Klägerin.
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Im Jahr 1992 hatten die Klägerin und R einen Anstellungsvertrag geschlossen, nach dem R u.a. eine Tantieme in Höhe von 20 % des Jahresüberschusses erhalten sollte. Bemessungsgrundlage sollte der handelsrechtliche Jahresüberschuss ohne Berücksichtigung der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer sowie der Tantieme selbst sein. Ferner heißt es in dem Vertrag, dass u.a. "vorgenommene steuerliche Sonderabschreibungen" sowie "die Bildung und Auflösung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil … unberücksichtigt" bleiben sollten. In den Streitjahren (1997 und 1998) nahm die Klägerin Sonderabschreibungen in Höhe von 440 000 DM und 896 985 DM vor und errechnete auf dieser Basis die Bemessungsgrundlage für die Tantieme.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) nahm bei der Besteuerung der Klägerin für die Streitjahre an, dass die Tantiemezahlungen zum Teil als verdeckte Gewinnausschüttungen i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzusehen seien. Er erließ entsprechende Steuerbescheide und wies die dagegen gerichteten Einsprüche zurück. Die deshalb erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen, ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen.
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Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
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Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

 
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das ist dann der Fall, wenn im konkreten Verfahren eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im Interesse der Allgemeinheit der Klärung bedarf. In diesem Zusammenhang ist, wenn die Zulassung der Revision im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde begehrt wird, die grundsätzliche Bedeutung regelmäßig nur im Hinblick auf die in der Beschwerdebegründung benannten Rechtsfragen zu beurteilen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 55).
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2. Im Streitfall hat die Klägerin als grundsätzlich bedeutsam die Frage bezeichnet, "ob die steuerliche Anerkennung einer gewinnabhängigen Tantieme dem Grunde nach allein deshalb zu versagen ist, weil in der Tantiemevereinbarung für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Tantieme geregelt ist, steuerliche Sonderabschreibungen, die Bildung und Auflösung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil, einmalige Veräußerungsgewinne und -verluste blieben unberücksichtigt …". Diese Frage kann indessen, selbst wenn sie klärungsbedürftig sein sollte, im Streitfall nicht geklärt werden.
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Das FG hat nämlich nicht angenommen, dass eine Tantiemevereinbarung des bezeichneten Inhalts steuerlich nicht anzuerkennen sei. Das angefochtene Urteil wird vielmehr ausschließlich von der Überlegung getragen, dass die streitige Vereinbarung dem für Beherrschungsverhältnisse geltenden Klarheitsgebot nicht genüge. Die Klägerin sei sowohl im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung als auch in der Folgezeit von ihrem Mehrheits- und späteren Alleingesellschafter R beherrscht worden, und es sei nicht festgelegt worden, ob nur die Bildung von Sonderabschreibungen die Tantieme mindern oder ob auch die aus der Sonderabschreibung folgende Minderung des Aufwands in späteren Jahren –im Sinne einer Erhöhung der Tantieme– berücksichtigt werden solle. Auf dieser Basis war die von der Klägerin benannte Frage für das FG nicht entscheidungserheblich, weshalb das angefochtene Urteil denn auch keine Ausführungen zu ihr enthält. Es beruht vielmehr auf einer verbindlichen (§ 118 Abs. 2 FGO) tatrichterlichen Würdigung des Inhalts, dass die Bemessungsgrundlage der Tantieme nicht im Vorhinein eindeutig vereinbart gewesen sei, und in rechtlicher Hinsicht auf der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Notwendigkeit einer solchen Vereinbarung (Senatsurteil vom 18. September 2007 I R 73/06, BFHE 219, 72, 74, BStBl II 2008, 314, 315; Senatsbeschluss vom 22. Dezember 2008 I B 161/08, BFH/NV 2009, 969, m.w.N.). Führt aber die Sachverhaltswürdigung durch das FG unabhängig von der Beantwortung einer bestimmten Rechtsfrage zu dem vom FG gefundenen Ergebnis, so kann wegen jener Frage die Revision nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen werden (Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2003 I B 67/03, BFH/NV 2004, 648).
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3. Die Beschwerdebegründung lässt zwar in ihrer Gesamtheit erkennen, dass die Klägerin sich vor allem gegen die genannte Würdigung seitens des FG wendet. Insoweit stellt sich im Streitfall aber ebenfalls keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage.
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Denn es ist geklärt, dass es im Zusammenhang mit dem Klarheitsgebot regelmäßig einer Auslegung der maßgeblichen Vereinbarung bedarf und dass diese Auslegung in erster Linie dem FG obliegt (Senatsurteil vom 9. Juli 2003 I R 36/02, BFH/NV 2004, 88). Ebenso ist geklärt, dass im Rahmen der gebotenen Auslegung u.a. die tatsächliche Umsetzung der Vereinbarung und insbesondere die Verbuchung des Vorgangs berücksichtigt werden kann (Senatsurteil vom 21. Juli 1976 I R 178/75, BFHE 119, 457, BStBl II 1976, 761; Blümich/Rengers, § 8 KStG Rz 265, m.w.N.). Es bedarf daher keiner Klärung durch ein Revisionsverfahren, dass das FG im Rahmen seiner Sachverhaltswürdigung auf die Bemessung der Tantiemeverbindlichkeiten in den Bilanzen der Klägerin abstellen durfte. Diese waren nach seinen Feststellungen dadurch gekennzeichnet, dass zwar die Vornahme der Sonderabschreibungen, nicht aber der daraus resultierende spätere Minderaufwand berücksichtigt war. Ob das FG daraus sowie aus den Erläuterungen der Klägerin die zutreffenden Schlüsse gezogen hat, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, da die "schlichte" Fehlerhaftigkeit eines Urteils eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigt. Das gilt selbst dann, wenn eine vom FG vorgenommene Würdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt (Senatsbeschluss vom 7. Oktober 2008 I B 62/08, BFH/NV 2009, 181, m.w.N.); auf den dahin gehenden Vortrag der Klägerin muss deshalb nicht eingegangen werden.

Quelle: bundesfinanzhof.de


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