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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung. Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines körperschaftsteuerrechtlichen Organschaftsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen lagen im Streitjahr nicht vor, weil der Ergebnisabführungsvertrag vom 20. Dezember 2001 keine Vereinbarung enthielt, die dem § 302 Abs. 3 AktG entsprach. |
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1. Verpflichtet eine andere als die in § 14 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) bezeichnete Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland –und damit auch eine inländische GmbH– sich wirksam, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen i.S. des § 14 KStG 1999 abzuführen, so gelten nach § 17 Satz 1 KStG 1999 die §§ 14 bis 16 KStG 1999 entsprechend. Als weitere Voraussetzung für die Anerkennung der Organschaft verlangt § 17 Satz 2 KStG 1999 u.a., dass eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG vereinbart wird (§ 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 1999). Wie der erkennende Senat in zwischenzeitlich ständiger Spruchpraxis (durch Urteile vom 29. März 2000 I R 43/99, BFH/NV 2000, 1250, und vom 22. Februar 2006 I R 74/05, BFH/NV 2006, 1513, und I R 73/05, GmbH-Rundschau –GmbHR– 2006, 890; vgl. auch bereits Urteil vom 17. Dezember 1980 I R 220/78, BFHE 132, 285, BStBl II 1981, 383) entschieden hat, muss der Ergebnisabführungsvertrag eine dem § 302 AktG entsprechende Vereinbarung enthalten. Das erstreckt sich auf § 302 AktG in seiner Gesamtheit und in allen seinen Bestandteilen (in den jeweiligen Regelungsfassungen), also auch auf § 302 Abs. 3 AktG, wonach die abhängige Gesellschaft auf den Verlustausgleichsanspruch erst drei Jahre nach dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrages in das Handelsregister bekannt gemacht worden ist, verzichten oder sich über ihn vergleichen kann. Die jüngere zivilrechtliche Rechtsprechung zum GmbH-Konzern, wonach § 302 AktG zivilrechtlich analog anzuwenden ist (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs –BGH– vom 24. Oktober 1988 II ZB 7/88, BGHZ 105, 324; BGH-Urteile vom 14. Dezember 1987 II ZR 170/87, BGHZ 103, 1; vom 11. November 1991 II ZR 287/90, BGHZ 116, 37; vom 11. Oktober 1999 II ZR 120/98, BGHZ 142, 382), ändert an dem Einbeziehungserfordernis nichts. Dem hat sich auch der IV. Senat des Bundesfinanzhofs uneingeschränkt angeschlossen (Beschlüsse vom 17. Juni 2008 IV R 88/05, BFH/NV 2008, 1705; vom 16. Juni 2008 IV R 76/06, juris). |
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2. An der zitierten Spruchpraxis ist festzuhalten. |
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a) Die von § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 1999 nach wie vor geforderte Vereinbarung einer entsprechenden Anwendung des § 302 AktG wird auch infolge der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung der Zivilgerichte nicht entbehrlich oder –so aber die Vorinstanz unter Bezug auf Frotscher (in Frotscher/Maas, KStG/ GewStG/UmwStG, § 17 KStG Rz 9)– "sinnlos" (so im Ergebnis auch Crezelius, Die Unternehmensbesteuerung 2009, 733: "telosfrei"; Witt/Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 17 KStG nF Rz 24: "reine Formvorschrift"). Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, rechtfertigen Regelungswortlaut ebenso wie Regelungszweck das zusätzliche und spezifisch steuerliche Vereinbarungserfordernis. Zwar ist einzuräumen, dass es eines solchen Vereinbarungserfordernisses –jedenfalls derzeit– angesichts der einschlägigen Zivilrechtsprechung nicht unbedingt bedarf. Ebenso ist einzuräumen, dass sich die steuerlichen Anforderungen an das Bestehen einer Organschaft im Ausgangspunkt an zivilrechtliche Vorgaben anlehnen. Gleichwohl sind diese steuerlichen Anforderungen spezifischen Regelungserfordernissen unterworfen. Sie gehören nicht zum zivilrechtlichen, sondern zum öffentlich-rechtlichen Regelungsbereich; nicht der Ausgleich zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschafter im Rahmen einer Beherrschungs- und Ergebnisabführungssituation steht in ihrem Vordergrund, sondern das Ziel, eine gleichheitsgerechte Besteuerung entsprechend der Leistungsfähigkeit zu erreichen. Für das Körperschaftsteuerrecht hat der Gesetzgeber dabei die Grundsatzentscheidung getroffen, dass jede Kapitalgesellschaft selbst mit den bei ihr verwirklichten Besteuerungsmerkmalen zu besteuern ist (Grundsatz der steuerlichen Eigenständigkeit der Körperschaften; "Trennungstheorie", vgl. z.B. für viele: Hey in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG und KStG, Einf. KStG Rz 6 ff.); er hat sich damit gegen ein steuersubjektübersteigendes Konzern- oder Gruppenbesteuerungsrecht entschieden. Es kommt also auf die der Besteuerung maßgebende Leistungsfähigkeit der jeweiligen einzelnen Körperschaft an, auch dann, wenn diese mit einer anderen Körperschaft wirtschaftlich oder organisatorisch verbunden ist. Das bedeutet aber zugleich, dass es dem Gesetzgeber unbenommen bleiben muss, besondere tatbestandliche Anforderungen zu formulieren, um das ausnahmsweise Absehen von dem ansonsten strikten Steuersubjektprinzip im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses zu konturieren. Als Ausnahme von diesem Prinzip sind diese Anforderungen im Zweifel eher eng als weit aufzufassen, das vor allem dann, wenn das steuerliche Regelungsverständnis andernfalls von der Zivilrechtsprechung abhängig würde. Das aber betrifft angesichts der im Laufe der Jahre fortentwickelten und veränderten Zivilrechtsprechung gerade auch die hier in Rede stehenden Anforderungen an die Verlustübernahme. |
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Der Einwand, dass auch durch (gewandelte und sich fortentwickelnde) höchstrichterliche Erkenntnisse aus methodischer Sicht das geltende Recht zum GmbH-Vertragskonzern lediglich "im deklaratorischen Sinne erläutert" werde (so Crezelius, ebenda), ändert nichts daran, dass es dem Steuergesetzgeber freisteht, sich von derartigen Erkenntnissen (und ihrem Wandel) eigengesetzlich zu lösen. Das ist, wie nicht zu verkennen ist, übrigens auch andernorts –und trotz gleichermaßen prinzipiell zivilrechtlicher "Anbindung"– durchaus geläufig, beispielsweise im Bereich der betrieblichen Altersversorgung, wo § 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in seinem Absatz 1 besondere Rückstellungserfordernisse statuiert, wiewohl es solcher Erfordernisse aufgrund zwischenzeitlicher Spruchpraxis des Bundesarbeitsgerichts nicht (mehr) unbedingt bedarf (s. z.B. Dommermuth in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6a EStG Rz 32; Gosch in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 6a Rz 20, m.w.N.), oder auch in § 4d EStG, der konstitutiv und entgegen gegenläufiger arbeitsrechtlicher Rechtsprechung davon ausgeht, dass auf Versorgungsleistungen aus Unterstützungskassenzusagen kein Rechtsanspruch erwächst (z.B. Gosch, ebenda, § 4d Rz 4, m.w.N.). Schließlich bleibt zu erwägen, dass § 17 Satz 1 KStG 1999 im Falle des "Zuzugs" von Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (durch Verlegung ihres statutarischen und tatsächlichen Sitzes) nach Deutschland auch auf deren Rechtsformen anzuwenden sein kann, wodurch sich die Relevanz der einschlägigen Rechtsprechung des BGH zur Verlustübernahme im GmbH-Konzern relativiert und das Erfordernis steuerlich eigenständiger Regeln um so deutlicher zu Tage tritt (zutreffend Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., § 17 KStG Rz 42). |
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b) Verfassungsrechtliche Bedenken sind bei diesem Regelungsverständnis grundlos. Es ist den Steuerpflichtigen, die ein steuerliches Organschaftsverhältnis eingehen wollen, letztlich ein Leichtes, den beschriebenen steuerlichen Sondererfordernissen zu entsprechen, und die Vertragspraxis hat das –wie die geringe Anzahl einschlägiger Gerichtsverfahren erhellt– überwiegend auch getan (vgl. auch Neumann in Gosch, KStG, 2. Aufl., § 17 Rz 11, unter Hinweis auf Müller/Stöcker, Die Organschaft, Rz 241; Erle/Heurung in Erle/Sauter, a.a.O., § 17 KStG Rz 43, jeweils m.w.N.). Das gilt für die Verlustübernahmebedingungen gemäß § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 1999 nicht anders als bei den übrigen tatbestandlichen Anforderungen, die nach § 14 Abs. 1 KStG 1999 für den Ergebnisabführungsvertrag in formaler ebenso wie in materieller Hinsicht erfüllt sein müssen. Wird dem entsprochen, sind die Rechtsfolgen der steuerlichen Organschaft mit der angestrebten Ergebnisverlagerung uneingeschränkt eröffnet. Werden die Anforderungen nicht erfüllt, verbleibt es bei dem prinzipiellen Steuersubjektprinzip. Letzteres mag angesichts der ständigen Spruchpraxis zu der in Rede stehenden Problematik in Einzelfällen Haftungsansprüche gegenüber Beratern oder Notaren eröffnen können, ein Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip liegt darin indessen ersichtlich nicht. |
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3. Der zwischen der Klägerin (als Organgesellschaft) und der Beigeladenen (als Organträgerin) am 20. Dezember 2001 geschlossene Vertrag enthält keine explizite Vereinbarung, die den Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 1999 genügt; es fehlt an der vollumfänglichen Einbeziehung von § 302 AktG in den Ergebnisabführungsvertrag. Dass dies ausdrücklich nicht geschehen ist, liegt auf der Hand und ist unter den Beteiligten auch unumstritten. Dass die Beteiligten sich "der Sache nach" darauf verständigt hätten, die geschilderte Zivilrechtsprechung als gleichsam "dynamischen" Vertragsbestandteil in den Vertrag aufzunehmen, wäre nicht ausreichend (anders Hahn, Deutsches Steuerrecht 2009, 1834); "vereinbart" wird die Verlustübernahme im vorgenannten Sinne nur bei ausdrücklicher Einbeziehung von § 302 AktG. |
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Die im Streitfall gegebene Besonderheit, dass die ausdrückliche vertragliche Einbeziehung von § 302 AktG in dem dem Streitjahr folgenden Wirtschaftsjahr in einer Ergänzungsvereinbarung nachgeholt worden ist, lässt dieses Ergebnis unberührt. Die in § 17 Satz 1 KStG 1999 für den GmbH-Konzern angeordnete entsprechende Anwendung von § 14 KStG 1999 betrifft auch die Voraussetzungen zu Beginn und Ende der Wirksamkeit des Ergebnisabführungsvertrages. Der Vertrag muss also gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 (zuvor Nr. 4) Satz 1 und 2 KStG 1999 auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden. Diese zeitlichen Erfordernisse erstrecken sich gleichermaßen auf die Einbeziehung der Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG gemäß § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 1999. Im Einzelnen ist auch dazu auf die Senatsurteile in BFH/NV 2006, 1513 und in GmbHR 2006, 890 zu verweisen. |
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Im Ergebnis ist das Jahresergebnis der Klägerin der Beigeladenen nicht zuzurechnen. |
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4. Da die Vorinstanz eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, war ihr Urteil aufzuheben. Die Klage war abzuweisen. |
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