II B 111/13 – Kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einordnung von Pickup-Fahrzeugen

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 22.10.2014, II B 111/13

Kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einordnung von Pickup-Fahrzeugen

Tatbestand

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I. Der während des Beschwerdeverfahrens eingetretene Übergang der Zuständigkeit für die Kraftfahrzeugsteuer auf den Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt) führt ohne Verfahrensunterbrechung zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (vgl. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 29. November 2007 IV R 73/02, BFHE 220, 70, BStBl II 2008, 407; vom 11. September 2008 VI R 63/04, BFH/NV 2008, 2018, sowie vom 15. Januar 2014 V B 31/13, BFH/NV 2014, 522).

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen, soweit sie überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Weise dargelegt wurden, nicht vor.
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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder wegen Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
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a) Die für die kraftfahrzeugsteuerliche Einordnung von Pickup-Fahrzeugen maßgebenden Grundsätze einschließlich der näheren Grundsätze für die Gesamtwürdigung der objektiven Beschaffenheitsmerkmale eines Pickup-Fahrzeugs sind in der BFH-Rechtsprechung (z.B. BFH-Entscheidungen vom 7. November 2006 VII B 79/06, BFH/NV 2007, 778; vom 29. August 2012 II R 7/11, BFHE 239, 159, BStBl II 2013, 93, und vom 5. Dezember 2012 II R 23/11, BFH/NV 2013, 992, jeweils m.w.N.) geklärt. Grundsätzlich ist die Abgrenzung zwischen LKW und PKW nach der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs vorzunehmen. Als für die Einstufung bedeutsame Merkmale sind von der Rechtsprechung z.B. die Zahl der Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers anerkannt worden (z.B. BFH-Urteil in BFHE 239, 159, BStBl II 2013, 93, m.w.N.). Bei Pickup-Fahrzeugen kommt nach ständiger Rechtsprechung neben den anderen technischen Merkmalen der Größe der Ladefläche eine besondere, wenn auch nicht allein ausschlaggebende Bedeutung zu (BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 992, m.w.N.).
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b) Die Beschwerdebegründung zeigt insoweit keinen weiteren Klärungsbedarf auf.
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Die Rechtsprechung des BFH (Entscheidungen vom 9. April 2008 II R 62/07, BFHE 221, 252, BStBl II 2008, 691; vom 13. April 2007 IX B 14/07, BFH/NV 2007, 1352) hat klargestellt, dass der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 2a des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in der hier maßgebenden Fassung (KraftStG) keine konstitutive, sondern andernfalls eine klarstellende Bedeutung zukommt. Im Übrigen trifft auch die Auffassung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), es werde schon mit der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 KraftStG für ein als LKW einzustufendes Fahrzeug dessen kraftfahrzeugsteuerrechtliche Eigenschaft als PKW fingiert, nicht zu. Vielmehr ergibt sich aus § 2 Abs. 2a Sätze 2 und 3 KraftStG, dass die in § 2 Abs. 2a Satz 1 KraftStG genannten Fahrzeuge nur dann als PKW gelten, wenn sie vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche größer ist als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs. Fehlt es –wie im Streitfall– an der letztgenannten Voraussetzung, bleibt es daher bei den unter II.1.a aufgezeigten allgemeinen Abgrenzungsmerkmalen.
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Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der zum 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Novellierung des KraftStG. Zwar sind nach der Neufassung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG n.F. nunmehr für die Einordnung eines Fahrzeugs als PKW oder LKW die Feststellungen der Zulassungsbehörden verbindlich. Führen die Feststellungen der Zulassungsbehörden hinsichtlich der Fahrzeugklassen und Aufbauarten jedoch –wie im Streitfall– zu einer niedrigeren Steuer als unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2a KraftStG in der am 1. Juli 2010 geltenden Fassung, ist nach § 18 Abs. 12 KraftStG n.F. weiterhin der Tarif des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG anzuwenden.
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c) Soweit sich die Klägerin im Übrigen gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung wendet, ist ein Revisionszulassungsgrund nicht dargetan. Solche Einwände, die nur im Rahmen einer Revision erheblich sein können, sind im Beschwerdeverfahren unbeachtlich. Die Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (z.B. BFH-Beschlüsse vom 7. Dezember 2007 VIII B 68/07, BFH/NV 2008, 590; vom 3. April 2014 IX B 131/13, BFH/NV 2014, 897).
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2. Der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel ist nicht substantiiert geltend gemacht.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Quelle: bundesfinanzhof.de