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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat den angefochtenen Steuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu Unrecht aufgehoben. |
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1. Die Grunderwerbsteuer ist erst mit Abschluss des Vertrags vom … 2010 entstanden. Das Stiftungsgeschäft hat weder im Zeitpunkt der staatlichen Anerkennung der Klägerin noch bei Betriebsfertigkeit des Gebäudes zur Entstehung von Grunderwerbsteuer geführt. |
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a) Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Dem Erwerber muss ein Eigentumsverschaffungsanspruch zustehen. Ein bloßer Anspruch auf Abschluss eines Vorvertrags genügt nicht, es sei denn, dass aus dem Vorvertrag selbst ausnahmsweise auf Erklärung der Auflassung geklagt werden kann (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 22. September 2004 II R 45/02, BFH/NV 2005, 1137, m.w.N.). |
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b) Auch wenn man entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Wachter, Deutsches Steuerrecht 2012, 1900) annimmt, dass unter anderen Rechtsgeschäften i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht nur Verträge, sondern auch Stiftungsgeschäfte unter Lebenden, also einseitige Rechtsgeschäfte, zu verstehen sind, wenn sich der Stifter im Stiftungsgeschäft (§ 80 Abs. 1, § 81 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–) zur Übereignung eines inländischen Grundstücks auf die Stiftung verpflichtet hat und diese Verpflichtung gemäß § 82 Satz 1 BGB dadurch wirksam geworden ist, dass die zuständige Behörde die Stiftung nach § 80 Abs. 1 und 2 BGB als rechtsfähig anerkannt hat, ist im Streitfall die Grunderwerbsteuer erst mit Abschluss des Vertrags vom … 2010 entstanden. Die Stadt hat sich im Stiftungsgeschäft entgegen der Ansicht des FG noch nicht zur Übereignung eines Grundstücks auf die Klägerin verpflichtet. |
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aa) Die Auslegung eines Stiftungsgeschäfts obliegt dem FG als Tatsacheninstanz und ist für den BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich bindend. Hat das FG jedoch wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht gelassen und somit gegen die gesetzlichen Auslegungsregeln (§ 133 BGB) verstoßen, ist der BFH als Revisionsgericht an die Auslegung durch das FG nicht gebunden und kann, wenn weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind, die Auslegung des Stiftungsgeschäfts selbst vornehmen (vgl. BFH-Urteil vom 27. September 2012 II R 52/11, BFH/NV 2013, 938, Rz 12, m.w.N.). Dabei sind neben dem Wortlaut der abgegebenen Willenserklärungen alle Begleitumstände sowie der verfolgte Zweck und die bestehende Interessenlage zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 938, Rz 12, m.w.N.). |
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bb) Das FG hat Ziff. 2 Buchst. a Nr. 3 des Stiftungsgeschäfts so ausgelegt, dass sich bereits daraus ein lediglich von der staatlichen Anerkennung abhängiger Rechtsanspruch der Klägerin gegen die Stadt auf Übereignung des "Grundstücks" ergeben habe. Diese Auslegung hat das FG nicht im Einzelnen begründet. Es hat vielmehr wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht gelassen. Der BFH kann daher die Auslegung des Stiftungsgeschäfts selbst vornehmen, da weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind. |
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Unter Berücksichtigung des Wortlauts des Stiftungsgeschäfts und der Begleitumstände ist dessen Ziff. 2 Buchst. a Nr. 3 so auszulegen, dass die Stadt seinerzeit der Klägerin noch keinen lediglich von deren staatlicher Anerkennung und der Betriebsfertigkeit des Gebäudes abhängigen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf eine Grundstücksübereignung einräumen wollte. Dies ergibt sich insbesondere aus der Formulierung, nach der das Grundstück auf die Klägerin "im Wege der Zustiftung" übertragen werden sollte. Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass diese Formulierung irrtümlich verwendet wurde und die Klägerin einen lediglich von der Erfüllung der genannten Voraussetzungen abhängigen Rechtsanspruch auf Grundstücksübereignung erhalten sollte. Wie sich aus der im Stiftungsgeschäft fehlenden näheren Konkretisierung des auf die Klägerin zu übertragenden Grundstücks und den Ausführungen der Klägerin dazu im Revisionsverfahren ergibt, wollte sich die Stadt die genaue Bestimmung des Grundstücks vorbehalten und der Klägerin daher (allenfalls) einen Anspruch auf eine auf das Grundstück bezogene Zustiftung gewähren. Von diesem Vorbehalt hat die Stadt im Vertrag vom … 2010 insbesondere hinsichtlich der Parkplätze und der Abgrenzung des Gebäudes tatsächlich Gebrauch gemacht. |
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Die zur Entstehung von Grunderwerbsteuer führende Verpflichtung der Stadt zur Grundstücksübereignung wurde somit erst durch den Vertrag vom … 2010 begründet, durch den das zu übertragende Grundstück konkretisiert und das diesem zugeordnete Gebäude abgegrenzt wurde. Erst dadurch wurde ein unmittelbar durchsetzbarer Anspruch der Klägerin auf Eigentumsverschaffung begründet. Die Vertragsparteien haben sich im Vertrag vom … 2010 nicht darauf beschränkt, die Auflassung zu erklären und die Eintragung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen. Sie haben vielmehr eingehende schuldrechtliche Vereinbarungen über die Grundstücksübertragung einschließlich der Konkretisierung des auf die Klägerin zu übertragenden Grundstücks getroffen. |
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Im Übrigen ermöglichten erst die im Vertrag vom … 2010 vorgenommenen Konkretisierungen die Feststellung des Grundbesitzwertes, der der Besteuerung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 138 Abs. 3 BewG zugrunde zu legen ist. |
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c) Auf die Frage, ob das Stiftungsgeschäft der notariellen Beurkundung bedurft hätte, wenn die Stadt der Klägerin bereits in diesem einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Grundstücksübertragung eingeräumt hätte, und welche Folgen die fehlende Beurkundung für die Grunderwerbsteuer gehabt hätte, braucht danach nicht eingegangen zu werden. |
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d) Da das FG von einer anderen Ansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. |
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2. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen. Die Verpflichtung der Stadt zur Übertragung des Grundstücks auf die Klägerin ist nicht nach § 3 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Bei der Zustiftung handelt es sich nicht um eine Grundstücksschenkung unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). |
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a) Unentgeltliche Vermögensübertragungen von Trägern öffentlicher Verwaltung erfolgen regelmäßig nicht freigebig und sind daher in der Regel keine Schenkungen unter Lebenden. Aufgrund der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes), darunter auch an die jeweils maßgebenden haushaltsrechtlichen Vorschriften, ist im Regelfall anzunehmen, dass Träger öffentlicher Verwaltung in Wahrnehmung der ihnen obliegenden Aufgaben und somit nicht freigebig handeln. Vermögensübertragungen durch Träger öffentlicher Verwaltung steht regelmäßig die Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben gegenüber. Nur wenn ein Träger öffentlicher Verwaltung den Rahmen seiner Aufgaben eindeutig überschreitet, kommt eine freigebige Zuwendung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Betracht (BFH-Urteile vom 1. Dezember 2004 II R 46/02, BFHE 208, 426, BStBl II 2005, 311, und vom 29. März 2006 II R 15/04, BFHE 213, 232, BStBl II 2006, 557). |
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Dies gilt auch, wenn ein Träger öffentlicher Verwaltung Vermögen auf eine Stiftung überträgt, und zwar unabhängig davon, ob der Vermögensübergang aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG) oder durch Zustiftung erfolgt. Die Voraussetzungen der Steuerbarkeit sind bei § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG dieselben wie bei § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (BFH-Urteile vom 9. Dezember 2009 II R 22/08, BFHE 228, 165, BStBl II 2010, 363, Rz 15, und vom 13. April 2011 II R 45/09, BFHE 233, 178, BStBl II 2011, 732, Rz 15). |
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b) Da die Stadt bei der Errichtung der Klägerin und der Übertragung von Vermögen auf diese den Rahmen ihrer Aufgaben nicht eindeutig überschritten hat, scheidet somit eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG im Streitfall aus. |
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