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| II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und des angefochtenen Schenkungsteuerbescheids (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass das FA die Schenkungsteuer gegenüber der Klägerin festsetzen durfte. |
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| 1. Für die Entscheidung ist entgegen der Ansicht der Klägerin der II. Senat und nicht der VII. Senat des BFH zuständig. Die Zuständigkeit des II. Senats ergibt sich aus Abschn. A, Sachliche Zuständigkeit der Senate, II. Senat Nr. 3 des Geschäftsverteilungsplans des BFH für das Jahr 2012. Danach ist der II. Senat ebenso wie nach den Geschäftsverteilungsplänen für die Vorjahre für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständig. Maßgebend ist dabei, dass ein Schenkungsteuerbescheid und nicht ein Rückforderungsbescheid im Sinne des Abschn. A, VII. Senat Nr. 5 Buchst. c des Geschäftsverteilungsplans ergangen und angefochten ist. |
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| 2. Für die Festsetzung der Schenkungsteuer gegenüber der Klägerin durch den Bescheid vom 3. November 2008 gibt es keine Rechtsgrundlage. |
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| a) Steuerschuldner ist gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG der Erwerber, bei einer Schenkung auch der Schenker. Erwerber und Schenker sind nach § 44 Abs. 1 Satz 1 AO Gesamtschuldner, weil sie nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden. |
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| Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt nach § 44 Abs. 2 Satz 1 AO auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit (§ 44 Abs. 2 Satz 2 AO). Andere Tatsachen wirken gemäß § 44 Abs. 2 Satz 3 AO nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Das gilt sowohl materiell-rechtlich als auch für Verfahrensvorgänge (Schwarz in Schwarz, AO, § 44 Rz 22). |
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| Entrichtet der Bedachte die ihm gegenüber festgesetzte Schenkungsteuer in vollem Umfang, so erlischt diese gemäß § 47 i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 AO auch mit Wirkung gegenüber dem Schenker und kann daher diesem gegenüber nicht mehr festgesetzt werden (Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 44 AO Rz 26; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 44 AO Rz 17; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 44 Rz 55; Schwarz, a.a.O., § 44 Rz 20; Klein/Ratschow, AO, 10. Aufl., § 44 Rz 16; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 44 Rz 18; zur Rechtslage vor Inkrafttreten der AO vgl. BFH-Urteil vom 4. Juni 1975 II R 7/73, BFHE 116, 319, BStBl II 1975, 895). |
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| Wird die Steuer später dem Bedachten oder einem von diesem bestimmten Dritten (Zessionar) zurückgezahlt, etwa weil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids aufgehoben (§ 361 Abs. 2 Satz 3 AO, § 69 Abs. 2 Satz 7, Abs. 3 Satz 3 FGO), einem Einspruch oder einer Klage stattgegeben oder aus anderen Gründen ein Änderungsbescheid zugunsten des Bedachten erlassen wird, handelt es sich um Tatsachen, die nicht in der Person des Schenkers eintreten und daher gemäß § 44 Abs. 2 Satz 3 AO nicht für und gegen diesen wirken. Die durch Zahlung gegenüber dem Schenker erloschene Steuer lebt somit in solchen Fällen diesem gegenüber nicht wieder auf und kann daher ihm gegenüber auch nicht festgesetzt werden (Schwarz, a.a.O., § 44 Rz 20; zur Rechtslage vor Inkrafttreten der AO vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs vom 7. März 1922 V A 157/21, RFHE 8, 280; a.A. Jüptner in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 3. Auflage § 20 Rz 10), und zwar nicht nur, wenn die Erstattung zu Unrecht erfolgt ist (so aber Boeker, a.a.O., § 44 AO Rz 30; Kruse, a.a.O., § 44 AO Rz 22; Klein/Ratschow, a.a.O., § 44 Rz 16), sondern auch, wenn sie auf einer finanzbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung beruht und daher jedenfalls formell rechtmäßig ist. Entscheidend ist nicht die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Erstattung der Steuer an den Bedachten oder einen von diesem bestimmten Dritten, sondern dass die Erstattung und die dieser zugrunde liegende finanzbehördliche oder gerichtliche Entscheidung keine Tatsachen sind, die in der Person des Schenkers eintreten, und daher ihm gegenüber nach § 44 Abs. 2 Satz 3 AO keine Wirkung entfalten. |
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| Es führt zu keinem anderen Ergebnis, wenn der Schenker durch sein Verhalten zu der vollständigen oder teilweisen Rückzahlung der Steuer beigetragen hat. Die entscheidenden Tatsachen, nämlich die Rückzahlung der Steuer an den Bedachten oder einen von diesem bestimmten Dritten und der Erlass der der Rückzahlung zugrunde liegenden finanzbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung gegenüber dem Bedachten, treten nämlich auch in diesem Fall nicht in der Person des Schenkers ein. Beruht die Herabsetzung der gegenüber dem Bedachten festgesetzten Steuer auf einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) und war der Schenker an dieser Steuerhinterziehung als (Mit-)Täter (§ 25 Abs. 1 und 2 des Strafgesetzbuchs –StGB–), Anstifter (§ 26 StGB) oder Gehilfe (§ 27 StGB) beteiligt, werden die berechtigten fiskalischen Interessen dadurch gewahrt, dass der Schenker nach § 71 AO für die verkürzte Steuer haftet. |
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| Für die vom FG vertretene Ansicht, der Erlass eines Änderungsbescheids, durch den die zwischenzeitlich herabgesetzte und teilweise erstattete Schenkungsteuer gegen den Bedachten wieder in der ursprünglichen Höhe festgesetzt wird, führe zur Entstehung eines neuen Steueranspruchs, für den auch der Schenker als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden könne, gibt es keine gesetzliche Grundlage (a.A. Buciek, a.a.O., § 44 Rz 61; Geck in Kapp/Ebeling, § 20 ErbStG, Rz 6.1). Die rechtmäßige Festsetzung einer Steuer durch Steuerbescheid nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO setzt das Bestehen eines Steueranspruchs voraus und führt nicht selbst zum Entstehen eines Steueranspruchs. Ein Steueranspruch entsteht nach § 38 AO, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft, und hängt nicht von einer Steuerfestsetzung ab (BFH-Urteile vom 13. Mai 1987 II R 189/83, BFHE 149, 514, BStBl II 1988, 188, und vom 17. Januar 1989 VIII R 370/83, BFHE 156, 103, BStBl II 1989, 563, unter 3.c; Schuster in HHSp, § 38 AO Rz 12, § 155 AO Rz 17; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 38 AO Rz 10 f.; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 155 AO Rz 14; Koenig, a.a.O., § 38 Rz 32). Die Finanzämter haben keinen Einfluss darauf, ob ein Steuerschuldverhältnis entsteht (BFH-Urteil vom 27. März 1990 VII R 26/89, BFHE 161, 390, BStBl II 1990, 939, unter III.3.b). |
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| b) Das FA durfte demgemäß die Schenkungsteuer nicht gegen die Klägerin festsetzen. Die Steuer war ihr gegenüber durch die vollständige Entrichtung durch die Bedachte erloschen (§ 47 AO). Die gegenüber der Bedachten ergangenen Änderungsbescheide und die teilweise Rückzahlung der Steuer stellen Tatsachen dar, die nicht in der Person der Klägerin eingetreten sind und ihr gegenüber gemäß § 44 Abs. 2 Satz 3 AO keine Wirkung entfalten. |
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