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II. Die Revision der Klägerin ist aus verfahrensrechtlichen Gründen begründet und hat auch in der Sache selbst Erfolg. |
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1. Die Vorentscheidung war aufzuheben, weil sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert hat (§ 127 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). An die Stelle des ursprünglichen Feststellungsbescheids, über den das FG entschieden hat, ist während des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom 19. August 2010 getreten, der nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Das angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos und aufzuheben (BFH-Urteile vom 17. Januar 2008 VI R 44/07, BFHE 220, 269; vom 12. Februar 2009 V R 61/06, BFHE 224, 467, BStBl II 2009, 828, und vom 30. Juni 2010 II R 60/08, BFH/NV 2010, 1691). Da sich aufgrund des Änderungsbescheids an den zwischen den Beteiligten streitigen Punkten nichts geändert hat, bedarf es keiner Zurückverweisung nach § 127 FGO. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen bilden nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des BFH; sie fallen durch die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils nicht weg, weil das finanzgerichtliche Verfahren nicht an einem Verfahrensmangel leidet (BFH-Urteile vom 15. März 2007 II R 5/04, BFHE 215, 540, BStBl II 2007, 472, und in BFH/NV 2010, 1691). |
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2. Die Sache ist spruchreif. Die Klage gegen den Feststellungsbescheid vom 19. August 2010 ist begründet. Sie führt zur Herabsetzung des festgestellten Grundstückswerts auf 60.860.014 DM (31.117.231,05 EUR). Da für das zu bewertende Grundstück kein vom Gutachterausschuss ermittelter Bodenrichtwert vorliegt, durfte bei der Feststellung des Grundstückswerts kein Bodenwert, sondern nur der Gebäudewert berücksichtigt werden. |
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a) Lässt sich für bebaute Grundstücke die übliche Miete (§ 146 Abs. 2 BewG) nicht ermitteln, bestimmt sich der Wert abweichend von § 146 BewG gemäß § 147 Abs. 1 Satz 1 BewG nach der Summe des Werts des Grund und Bodens und des Werts der Gebäude. Dies gilt nach § 147 Abs. 1 Satz 2 BewG insbesondere, wenn die Gebäude zur Durchführung bestimmter Fertigungsverfahren, zu Spezialnutzungen oder zur Aufnahme bestimmter technischer Einrichtungen errichtet worden sind und nicht oder nur mit erheblichem Aufwand für andere Zwecke nutzbar gemacht werden können. Zu den Spezialnutzungen gehört auch die Verwendung als Klinik (ebenso Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 147 Rz 3 f.; Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 147 BewG Rz 54; R 178 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 2003). In den in § 147 Abs. 1 BewG geregelten Fällen ist der Wert des Grund und Bodens gemäß § 145 i.V.m. § 147 Abs. 2 Satz 1 BewG wie bei unbebauten Grundstücken, aber mit der Maßgabe zu ermitteln, dass anstelle des in § 145 Abs. 3 BewG vorgesehenen Abschlags von 20 v.H. ein solcher von 30 v.H. tritt. Der Wert unbebauter Grundstücke bestimmt sich nach § 145 Abs. 3 Satz 1 und 2 i.V.m. § 138 Abs. 4 BewG nach ihrer Fläche und den um 20 v.H. ermäßigten Bodenrichtwerten, die die Gutachterausschüsse auf den 1. Januar 1996 nach dem BauGB ermittelt und den Finanzämtern mitgeteilt haben. Der Steuerpflichtige kann nach § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen. |
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b) Bei den Bodenrichtwerten handelt es sich nach § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB um durchschnittliche Lagewerte für den Boden, die die Gutachterausschüsse (§ 192 BauGB) aufgrund der Kaufpreissammlung (§ 193 Abs. 3, § 195 BauGB) für jedes Gemeindegebiet unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands, mindestens jedoch für erschließungsbeitragspflichtiges oder erschließungsbeitragsfreies Bauland, zu ermitteln haben. In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte nach § 196 Abs. 1 Satz 2 BauGB mit dem Wert zu ermitteln, der sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre. Die Bodenrichtwerte sind gemäß § 196 Abs. 1 Satz 3 BauGB jeweils zum Ende eines jeden Kalenderjahres zu ermitteln, soweit nichts anderes bestimmt ist. Für Zwecke der steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes sind nach § 196 Abs. 1 Satz 4 BauGB Bodenrichtwerte nach ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung u.a. zum jeweiligen für die Wertverhältnisse bei der Bedarfsbewertung maßgebenden Zeitpunkt zu ermitteln (vgl. dazu Halaczinsky, a.a.O., § 145 Rz 22). Die Bodenrichtwerte sind zu veröffentlichen und dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen (§ 196 Abs. 3 BauGB). |
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Der Gutachterausschuss kann sich seiner Verpflichtung, für jedes Gemeindegebiet einen Bodenrichtwert zu ermitteln und ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung für die Ermittlung von Bodenrichtwerten nachzukommen, nicht mit dem Hinweis darauf entziehen, die Ermittlung sei nicht möglich. Der Gesetzgeber ist bei der Formulierung des § 145 Abs. 3 BewG i.V.m. § 196 BauGB ersichtlich davon ausgegangen, dass eine flächendeckende Ermittlung von Bodenrichtwerten möglich sei. Andernfalls hätte er von vornherein eine Regelung für den Fall treffen müssen, dass für bestimmte Grundstücke ein Bodenrichtwert nicht ermittelt werden kann. Dass der Gesetzgeber die Ermittlung eines Bodenrichtwerts für alle Grundstücke als möglich ansieht, wird durch die Neufassung des § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB durch Art. 4 Nr. 2 Buchst. a des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018) bestätigt. Die Vorschrift bestimmt nunmehr ausdrücklich, dass die Bodenrichtwerte flächendeckend zu ermitteln sind. |
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c) Wie sich aus dem in § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG verwendeten Ausdruck "bestimmt sich" ergibt, sind die für die Bewertung der unbebauten Grundstücke nach dieser Vorschrift maßgebenden, um 20 v.H. zu ermäßigenden Bodenrichtwerte, die die Gutachterausschüsse nach § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG auf den 1. Januar 1996 ermittelt und den Finanzämtern mitgeteilt haben, für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich. Die Übertragung der Ermittlung der Bodenrichtwerte auf eine außerhalb der Steuerverwaltung eingerichtete, mit dieser allerdings durch die in § 192 Abs. 3 Satz 2 BauGB vorgeschriebene Mitwirkung eines Bediensteten der zuständigen Finanzbehörde mit Erfahrung in der steuerlichen Bewertung von Grundstücken als Gutachter bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte personell verbundene Stelle beruht darauf, dass den Gutachterausschüssen aufgrund ihrer besonderen Sachkunde und Erfahrung (§ 192 Abs. 3 Satz 1 BauGB) und ihrer größeren Ortsnähe sowie der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung von Bodenrichtwerten für die Bedarfsbewertung zukommt. Der Gesetzgeber beabsichtigt mit dieser Regelung eine Typisierung (§ 138 Abs. 3 Satz 1 BewG) und Vereinfachung der Bedarfsbewertung (BFH-Urteile vom 11. Mai 2005 II R 21/02, BFHE 210, 48, BStBl II 2005, 686, und vom 26. April 2006 II R 58/04, BFHE 213, 207, BStBl II 2006, 793; ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH-Urteile vom 5. Dezember 2007 II R 70/05, BFH/NV 2008, 757, und vom 16. Dezember 2009 II R 15/09, BFH/NV 2010, 1085). Meinungsäußerungen der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses (§ 192 Abs. 4 BauGB) können die Ermittlung des Bodenrichtwerts durch den Gutachterausschuss selbst nicht ersetzen (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 1085). |
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Über die bloße Beachtung etwaiger vom Gutachterausschuss vorgegebener Differenzierungen hinaus dürfen die Finanzämter keine "eigenen" Bodenrichtwerte aus den von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Bodenrichtwerten ableiten. Bei einer solchen Ableitung würde es sich um eine Schätzung handeln, die mit der gesetzlichen Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Gutachterausschüssen und den Finanzämtern sowie mit der vom Gesetzgeber beabsichtigten Typisierung und Vereinfachung der Bedarfsbewertung nicht vereinbar wäre. Ein solcher abgeleiteter Bodenrichtwert wäre nicht der vom Gutachterausschuss nach dem BauGB ermittelte Bodenrichtwert i.S. des § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG, nach dem sich der Wert unbebauter Grundstücke gemäß § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG "bestimmt" (BFH-Urteile in BFHE 213, 207, BStBl II 2006, 793, und in BFH/NV 2010, 1085). |
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Aus dem durch Art. 18 Nr. 2 Buchst. c JStG 2007 eingefügten § 145 Abs. 3 Satz 4 BewG ergibt sich nichts anderes. Diese Vorschrift, nach der der Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten und um 20 v.H. zu ermäßigen ist, wenn für den Gutachterausschuss keine Verpflichtung besteht, nach § 196 BauGB einen Bodenrichtwert zu ermitteln, ist nach § 158 Abs. 1 BewG i.d.F. des Art. 18 Nr. 9 JStG 2007 erstmals für Besteuerungszeitpunkte nach dem 31. Dezember 2006 anzuwenden und wirkt daher nicht auf den Bewertungszeitpunkt 1. Januar 2001 zurück. Zudem betrifft die Vorschrift nicht solche Fälle, in denen der Gutachterausschuss zur Ermittlung eines Bodenrichtwerts verpflichtet ist, aber seiner Verpflichtung nicht nachkommt. |
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d) Bei der Feststellung des Grundstückswerts für das zu bewertende Grundstück war danach lediglich der Gebäudewert, nicht aber ein Bodenwert zu berücksichtigen. Das FA K durfte den fehlenden Bodenrichtwert nicht durch einen von ihm geschätzten Bodenrichtwert ersetzen. Die Ableitung eines Bodenrichtwerts aus dem Bodenrichtwert für eine benachbarte Richtwertzone ist allein dem Gutachterausschuss vorbehalten. Dass der Gutachterausschuss entgegen seiner Verpflichtung, für jedes Gemeindegebiet Bodenrichtwerte zu ermitteln (§ 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB), und trotz der auf § 196 Abs. 1 Satz 4 BauGB beruhenden Aufforderung durch das FA K und das FA nicht bereit war, einen Bodenrichtwert für das Krankenhausgelände auf den 1. Januar 1996 zu ermitteln und dem FA K mitzuteilen, geht zu Lasten des FA (BFH-Urteile in BFHE 213, 207, BStBl II 2006, 793, unter III.3., und in BFH/NV 2010, 1085). |
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Dies schließt es auch aus, bei der Feststellung des Grundstückswerts statt eines auf einem Bodenrichtwert beruhenden Bodenwerts den von der Klägerin nachgewiesenen gemeinen Wert des Grund und Bodens anzusetzen. Fehlt ein vom Gutachterausschuss ermittelter Bodenrichtwert für ein zu bewertendes Grundstück, geht der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG durch den Steuerpflichtigen ins Leere und kann daher nicht zu dessen Lasten berücksichtigt werden. Ebenso scheidet der Ansatz eines vom FA ermittelten gemeinen Werts aus. |
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