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II. Die Beschwerde ist begründet. Es liegt ein von dem Kläger geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). |
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1. Der Kläger hat einen Verfahrensmangel in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt. |
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Wird das Übergehen von Beweisanträgen gerügt, so muss neben dem Beweisthema und dem angebotenen Beweismittel vorgetragen werden, inwiefern das Urteil des FG auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann und welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätte (Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 9. Dezember 1998 VIII B 54/97, BFH/NV 1999, 802). Ferner muss dargelegt werden, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2003 VII B 10/03, BFH/NV 2004, 529). |
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Im Streitfall hat der Kläger zum Beweisthema und Beweismittel angegeben, dass gemäß Ziffer 3 seines Klageschriftsatzes vom 8. August 2009 der Zeuge X zum Beweis der Tatsachen vernommen werde sollte, dass T auch nach Oktober 2005 an Heimfahrtwochenenden teilweise bei ihm gewohnt habe, dass T ab Ende 2005 durchschnittlich einmal im Monat ein Wochenende bei ihrer Schwester verbracht habe, dass T seit 2008 ein Zimmer bei ihrer Schwester gehabt habe und dass dieser Sachverhalt in 2008 im Wesentlichen gleich gewesen sei, nur mit dem Unterschied, dass dem Zeugen die Abholung nicht mehr möglich gewesen sei. Ferner hat er angegeben, dass die Beweisaufnahme ergeben hätte, dass T sich auch in 2008 nicht nur bei der Beigeladenen aufgehalten habe, sondern ca. jedes zweite Heimfahrtwochenende bei ihrer Schwester verbracht und teilweise auch beim Kläger gewohnt habe. Des Weiteren hat der Kläger dargelegt, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann, weil das FG bei Durchführung der Beweisaufnahme nicht zu der Annahme habe kommen können, dass T regelmäßig fast wöchentlich für mehrere Tage in den Haushalt der Beigeladenen zurückkehre. Schließlich hat der Kläger vorgetragen, dass er die Nichterhebung des Beweises durch erneute Stellung des Beweisantrags zum Ende der mündlichen Verhandlung gerügt hat. |
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2. Der gerügte Verfahrensmangel liegt auch tatsächlich vor. Das FG hat seine aus § 76 Abs. 1 FGO folgende Pflicht zur Sachaufklärung verletzt, indem es den gestellten Antrag auf Vernehmung des Zeugen X übergangen hat. |
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a) aa) Ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder absolut untauglich ist oder wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juni 2011 X B 242/10, BFH/NV 2011, 1715, m.w.N.). |
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bb) Keiner dieser Ausnahmegründe lag hinsichtlich der im Streitfall gestellten Beweisanträge vor. Insbesondere war das Beweismittel nach dem insoweit maßgeblichen materiellen Rechtsstandpunkt des FG (s. hierzu Senatsbeschluss vom 14. Januar 2011 III B 96/09, BFH/NV 2011, 788) nicht unerheblich. |
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Zwar hat der Kläger ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2010 auf Nachfrage erklärt, dass die zu beweisenden Tatsachen nicht das Streitjahr 2009 betreffen, sondern frühere Jahre. In dem Tatbestand und in den Entscheidungsgründen hat das FG dann aber zur Feststellung der Tatsache, ob T (im Streitzeitraum ab Februar 2009) in den Haushalt der Beigeladenen, aufgenommen war, mehrfach Umstände dargelegt bzw. auf diese abgestellt, die vor 2009 entstanden sind (S. 3 unten: "In der Einspruchsentscheidung … führte die Beklagte aus, dass entsprechend der Bestätigung der R…-Stiftung vom 11.05.2009 … (T) sich im Jahr 2008 an 116 Tagen im Haushalt der Mutter … aufgehalten habe"; S. 5 der Entscheidungsgründe: "Vorliegend steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass … (T) spätestens seit 2008 in einem Haushalt ihrer Eltern, nämlich dem der Beigeladenen aufgenommen war …"; S. 7 der Entscheidungsgründe: "Vorliegend ist die Beigeladene seit rund sieben Jahren Betreuerin für ihre Tochter … (T) und kümmert sich um die Belange von … (T)") bzw. hat das FG nicht näher erläutert, auf welchen Zeitraum sich die Feststellungen beziehen (S. 6 der Entscheidungsgründe: "Davon ist auch vorliegend auszugehen, denn … (T) kehrt regelmäßig fast wöchentlich für mehrere Tage in den Haushalt der Beigeladenen zurück und wird dort betreut und versorgt"). |
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Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich aus der Vernehmung des Zeugen zu vor 2009 stattgefundenen Aufenthalten bei ihrer Schwester oder bei dem Kläger entscheidungserhebliche Feststellungen ergeben hätten. |
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b) Anders als die Familienkasse meint, hat der Kläger sein Rügerecht nicht nach § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung verloren. |
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Im Streitfall hat der Kläger seinen in der Klagebegründung vom 8. August 2009 gestellten Antrag auf Zeugenvernehmung zum einen mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2009 und zum anderen in der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2010, zu welcher das FG den benannten Zeugen nicht geladen hatte, wiederholt. Er hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er auf der beantragten Beweiserhebung besteht. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat er in dieser Verhandlung die Nichterhebung des Beweises zwar nicht nochmals ausdrücklich gerügt. Dies kann nach der Rechtsprechung dann einen Verlust des Rügerechts zur Folge haben, wenn zu erkennen war, dass das Gericht die beantragte Vernehmung nicht durchführen werde (BFH-Beschluss vom 15. Juni 2005 X B 180/03, BFH/NV 2005, 1843, m.w.N.). |
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Im Streitfall bestand jedoch die Besonderheit, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung seinen Beweisantrag unmittelbar im Zusammenhang mit der Stellung seines Sachantrags wiederholt hat. Ausweislich der Sitzungsniederschrift haben danach die Beteiligten nicht mehr weiter zur Sache verhandelt. Bei einer solchen Sachlage kann das Verhalten des Klägers jedenfalls dann nicht als Rügeverzicht gewertet werden, wenn dieser nicht damit rechnen musste, das FG werde dem Beweisantrag nicht entsprechen. Der Kläger hat hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er auf der Beweiserhebung besteht. Er musste, sofern keine besonderen Umstände vorlagen, bei einer solchen Sachlage nicht in Betracht ziehen, das FG werde eine notwendige Beweiserhebung unterlassen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1843, m.w.N.). Solche besonderen Umstände lagen hier auch nicht vor. Der von dem Kläger benannte Zeuge war in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend. Der Kläger konnte nicht erkennen, dass das FG die Zeugenvernehmung nicht durchführen werde. Dass der Kläger aus der Nachfrage des Einzelrichters zum Beweisantrag nicht von einer mangelnden Entscheidungserheblichkeit der zu bezeugenden Tatsachen ausgehen musste, ergibt sich zum einen bereits aus der tatsächlichen Verwertung von Umständen aus der Zeit vor 2009 (s. oben unter 2. a bb). Zum anderen ist der Kläger ausweislich seines Schriftsatzes vom 8. August 2009 erkennbar von der –fehlerhaften– Auffassung ausgegangen, dass nur Tatsachen berücksichtigt werden dürften, die sich vor Erlass des Bescheides vom 8. Januar 2009 ereignet haben, und nicht auch solche, die jedenfalls noch bis zur Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2009 entstanden sind. Zudem hat ausweislich der Prozessakten weder die Familienkasse oder die Beigeladene einer Beweiserhebung widersprochen, noch hat das FG zum Ausdruck gebracht, eine Beweiserhebung sei entbehrlich. |
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c) Die Vorentscheidung kann auf diesem Verfahrensmangel beruhen, da nicht auszuschließen ist, dass das FG nach Durchführung der Zeugenvernehmung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Dem FG wird daher Gelegenheit gegeben, die unterbliebene Zeugenvernehmung im zweiten Rechtsgang nachzuholen. |
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Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BFH ein behindertes Kind trotz dauernder Heimunterbringung weiterhin zum Haushalt der Eltern gehören kann, wenn es dort in einem zeitlich bedeutsamen Umfang betreut wird (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. BFH-Urteile vom 14. November 2001 X R 24/99, BFHE 197, 296, BStBl II 2002, 244; vom 26. August 2003 VIII R 91/98, BFH/NV 2004, 324). Das FG wird daher festzustellen haben, ob und gegebenenfalls in welchem jeweiligen zeitlichen Umfang sich T vor dem Streitzeitraum in dem Haushalt des Klägers und dem der Beigeladenen aufgehalten hat und ob sich insoweit für den Streitzeitraum grundlegende Änderungen ergeben haben. Ergibt sich danach, dass sich T im Streitzeitraum in den Haushalten beider Elternteile in einer einen Besuchscharakter überschreitenden Weise aufgehalten hat, ist sie demjenigen Elternteil zuzuordnen, in dessen Haushalt sie sich überwiegend aufgehalten hat und in dem sie ihren Lebensmittelpunkt hat (BFH-Beschluss vom 14. Dezember 2004 VIII R 106/03, BFHE 208, 220, BStBl II 2008, 762). Sofern sich T in annähernd gleichem zeitlichen Umfang bei beiden Elternteilen aufgehalten haben sollte, ist nach den von dem Senat in dem BFH-Urteil vom 23. März 2005 III R 91/03 (BFHE 209, 338, BStBl II 2008, 752) entwickelten Grundsätzen zu verfahren. |
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Ob die weiteren Rügen des Verfahrens- und des materiellen Rechts durchgreifen, bedarf hiernach keiner Entscheidung. Die Sache geht deshalb an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück (§ 116 Abs. 6 FGO). |
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