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| II. Die Revision ist begründet. Das FG-Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
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| Das FG hat einen inländischen Wohnsitz der T bejaht. Die Feststellungen des FG reichen indes nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die Tochter des Klägers im Streitzeitraum ihren Wohnsitz im Inland (beibehalten) hatte. |
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| 1. Für Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die auch nicht im Haushalt eines Berechtigten i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG leben, wird nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG kein Kindergeld gewährt. Das Existenzminimum dieser Kinder wird nur durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG von der Besteuerung freigestellt, die keine unbeschränkte Steuerpflicht des Kindes voraussetzen (vgl. § 32 Abs. 1 und 6 EStG). |
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| 2. Die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz (§ 8 AO) im Inland hat, sind durch langjährige Rechtsprechung im Wesentlichen geklärt (z.B. Senatsurteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564; Senatsbeschluss vom 19. September 2013 III B 53/13, BFH/NV 2014, 38). |
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| a) Nach § 8 AO, der auch im Rahmen der Prüfung des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG über § 1 Abs. 1 AO i.V.m. § 31 Satz 3 EStG Anwendung findet, hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Damit knüpft der Wohnsitzbegriff des § 8 AO ausschließlich an die tatsächliche Gestaltung und nicht an subjektive Vorstellungen an (BFH-Urteil vom 12. Januar 2001 VI R 64/98, BFH/NV 2001, 1231; Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 38, Rz 7 ff.). |
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| Ein Wohnsitz nach § 8 AO setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen das Innehaben der Wohnung in dem Sinn voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit –wenn auch in größeren Zeitabständen– aufsucht (BFH-Urteil vom 23. November 2001 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294, unter II.2.a). Der Wohnsitzbegriff setzt zwar weder voraus, dass die Wohnung im Inland den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet (BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 I R 56/02, BFH/NV 2004, 917, unter II.3.a) noch einen Aufenthalt während einer Mindestzeit (BFH-Urteile vom 19. März 1997 I R 69/96, BFHE 182, 296, BStBl II 1997, 447, unter II.3.; in BFH/NV 2001, 1231); erforderlich ist aber eine Nutzung, die über bloße Besuche, kurzfristige Ferienaufenthalte und das Aufsuchen der Wohnung zu Verwaltungszwecken hinausgeht (BFH-Urteil vom 10. April 2013 I R 50/12, BFH/NV 2013, 1909, unter II.2.c aa, m.w.N.). |
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| Das Wesen eines Wohnsitzes im steuerrechtlichen Sinn besteht nicht nur darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber jederzeit zur Verfügung steht, sondern auch darin, dass diese von ihm subjektiv zu einem entsprechenden Aufenthalt mit Wohncharakter bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz (BFH-Urteile vom 26. Februar 1986 II R 200/82, BFH/NV 1987, 301, unter 1.a; in BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294, unter II.2.a; vom 13. November 2013 I R 38/13, BFH/NV 2014, 1046, unter II.2.b). |
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| b) Bei Kindern, die zum Zwecke der Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung auswärtig untergebracht sind, reicht es für einen Inlandswohnsitz daher nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht. Einen allgemeinen Grundsatz, dass die Aufnahme im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils grundsätzlich für die Dauer der Ausbildung fortbesteht, gibt es nicht (Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 8 AO, Rz 40; vgl. Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351, unter II.1.c). |
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| aa) Es muss, um einen inländischen Wohnsitz in diesen Fällen annehmen zu können, eine Beziehung zur elterlichen Wohnung vorhanden sein, die über die allein durch das Familienverhältnis begründete Beziehung hinausgeht und erkennen lässt, dass der Steuerpflichtige die elterliche Wohnung nach wie vor auch als seine eigene betrachtet (BFH-Urteil vom 17. März 1961 VI 185/60 U, BFHE 73, 82, BStBl III 1961, 298). |
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| Die Beantwortung der Frage, ob ein Kind, das sich zeitweise außerhalb des elterlichen Haushalts im Ausland zu Ausbildungszwecken aufhält, seinen inländischen Wohnsitz bei den Eltern beibehält oder aber zunächst aufgibt und bei einer späteren Rückkehr wieder neu begründet, liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet unter Berücksichtigung der objektiven Umstände des jeweiligen Falles. Generelle Regeln lassen sich nicht aufstellen. Die Umstände müssen aber nach der Lebenserfahrung den Schluss zulassen, dass das Kind die Wohnung innehat, um sie als solche zu nutzen. |
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| Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat auf Grund zahlreicher Entscheidungen konkrete objektive Anhaltspunkte dargelegt, die Rückschlüsse auf die Beibehaltung oder die Aufgabe eines inländischen Wohnsitzes zulassen können. Neben der voraussichtlichen Dauer der auswärtigen Unterbringung, der Art der Unterbringung am Ausbildungsort auf der einen und im Elternhaus auf der anderen Seite, dem Zweck des Auslandsaufenthalts, den persönlichen Beziehungen des Kindes am Wohnort der Eltern einerseits und am Ausbildungsort andererseits (Senatsbeschluss vom 22. November 2011 III B 154/11, BFH/NV 2012, 375, unter II.), kommt der Dauer und Häufigkeit der Inlandsaufenthalte erhebliche Bedeutung zu (Senatsurteil in BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013, unter II.1.a; Senatsbeschlüsse vom 27. Dezember 2011 III B 14/10, BFH/NV 2012, 555, unter II.1.; vom 17. Mai 2013 III B 121/12, BFH/NV 2013, 1381, unter 1.b aa; BFH-Beschluss vom 12. Februar 2014 V B 39/13, BFH/NV 2014, 715, unter 2.). Danach reicht bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Urlaubszwecken, Besuchszwecken oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen, nicht aus, um "zwischenzeitliches Wohnen" und damit einen inländischen Wohnsitz anzunehmen (Senatsurteil in BFH/NV 2009, 564, unter II.1.b; Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 38, unter II.2.b). |
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| bb) Kinder, die sich zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben, behalten ihren Wohnsitz bei den Eltern daher nur dann bei, wenn sie diese in ausbildungsfreien Zeiten nutzen (Senatsurteil in BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013, unter II.1.a). |
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| Da die ausbildungsfreien Zeiten von der Art bzw. der Gestaltung des Studiums (z.B. Trimester), von länderspezifisch unterschiedlich ausgestalteten Semesterferien und auch von Anwesenheitsobliegenheiten (Seminar-/Hausarbeiten in der unterrichtsfreien Zeit, Examens-/Prüfungsvorbereitungen) abhängen können, kann eine Mindestdauer der Inlandsaufenthalte nicht verlangt werden. Erforderlich ist jedoch im Regelfall, dass die ausbildungsfreien Zeiten zumindest überwiegend im Inland verbracht werden und es sich um Inlandsaufenthalte handelt, die Rückschlüsse auf ein zwischenzeitliches Wohnen zulassen. |
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| Bei der Ermittlung der Dauer der Inlandsaufenthalte bleiben solche Zeiten außer Betracht, in denen sich das Kind vor dem Beginn und nach dem Ende des Studiums im Inland aufhält (Senatsurteil in BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013, unter II.1.b). |
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| Regelmäßig nicht ausreichend sind bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehungen begründete Besuche. Dies ist bei lediglich kurzzeitigen Aufenthalten –zwei bis drei Wochen pro Jahr (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2012, 555, unter II.1.)– nach der Lebenserfahrung der Fall. |
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| cc) Keine ausschlaggebende Bedeutung für die Beibehaltung des Wohnsitzes haben regelmäßig die Staatsangehörigkeit des Kindes, die Feststellung der Rückkehrabsicht ins Inland (BFH-Urteil in BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294, unter II.3.b), Aufenthalte der Eltern mit den Kindern außerhalb von Deutschland und melderechtliche Vorgaben. |
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| Entgegen der Ansicht des FG können fehlende finanzielle Mittel für Heimreisen des Kindes nicht die fehlenden wesentlichen Inlandsaufenthalte in den ausbildungsfreien Zeiten kompensieren. Die gesetzliche Regelung (§ 8 AO) setzt neben dem Vorhandensein einer Wohnung, das "Innehaben" einer solchen voraus. Dabei sind die Voraussetzungen für das "Innehaben" einer Wohnung im steuerrechtlichen Sinn objektiviert (BFH-Urteil vom 23. November 1988 II R 139/87, BFHE 155, 29, BStBl II 1989, 182, unter 1.b). Entscheidend sind daher die tatsächlichen Verhältnisse ohne Rücksicht auf subjektive Momente oder Absichten. Die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die fehlenden Inlandsaufenthalte und damit für das fehlende "Innehaben" sind für die Frage des Wohnsitzes unerheblich (FG Köln, Urteil vom 22. Februar 2007 15 K 3039/04, EFG 2007, 1174). |
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| 3. Die Beurteilung, ob objektiv erkennbare Umstände auf eine Beibehaltung und Nutzung der Wohnung schließen lassen, obliegt im Wesentlichen dem FG; seine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ist nur begrenzt überprüfbar (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). |
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| a) Die vom FG im Streitfall vorgenommene Würdigung ist auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs zu beanstanden. Das FG-Urteil enthält keine tragfähige Tatsachengrundlage für die Annahme eines inländischen Wohnsitzes der T (zum Fehlen einer tragfähigen Tatsachengrundlage vgl. BFH-Urteil vom 26. Mai 2009 VII R 28/08, BFHE 225, 543; Senatsurteil vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483). Hierin liegt ein Rechtsfehler, den der erkennende Senat auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten hat (BFH-Urteil vom 12. Mai 2009 IX R 18/08, BFH/NV 2009, 1627, unter II.2.; Lange in HHSp, § 118 FGO, Rz 230, 100, m.w.N.). |
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| aa) Das FG hat die Annahme eines inländischen Wohnsitzes der T im Wesentlichen aus den teilweise nur sehr kurzzeitigen Aufenthaltszeiten in ihrem ehemaligen Kinderzimmer, den zu Hause wohnenden jüngeren Geschwistern, der daraus abzuleitenden familiären Bindung an das elterliche Wohnhaus und aus den fehlenden finanziellen Mitteln für weitere Heimreisen abgeleitet. Diese tatsächlichen Umstände sind aber weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau ausreichend, nachvollziehbar die Beibehaltung eines inländischen Wohnsitz der T anzunehmen. |
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| bb) Das FG hat die jeweilige Dauer der ausbildungsfreien Zeiten der T nicht festgestellt. Es hat lediglich ausgeführt, es sei nicht ausschlaggebend, dass T nicht die gesamte ausbildungsfreie Zeit in der inländischen Wohnung verbracht habe. So bleibt unklar, ob T sich weit überwiegend während der ausbildungsfreien Zeiten im Inland, in den USA oder an anderen Orten aufgehalten hat. Die Feststellung des FG, dass T die inländische Wohnung im streitgegenständlichen Zeitraum mehrfach für mehrere Wochen genutzt hat, betrifft nur das Jahr 2011. Im Jahr 2009 hat T ihr Zimmer im väterlichen Haus zwei Wochen und im Jahr 2010 lediglich an vier Tagen genutzt. |
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| b) Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG lassen weder eine Beurteilung darüber zu, ob T ihren Wohnsitz im väterlichen Haus im gesamten Streitzeitraum beibehalten oder zunächst beibehalten, dann aufgegeben und ggf. wieder neu begründet hat. Das FG hat die fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes im zweiten Rechtsgang nachzuholen. |
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| Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass T zunächst nur einen vorübergehenden einjährigen Aufenthalt in den USA als Au-Pair geplant hatte. Bei voraussichtlicher Rückkehr innerhalb eines Jahres liegt regelmäßig keine Aufgabe des Wohnsitzes vor (vgl. Buciek in Beermann/Gosch, AO, § 8 Rz 23, 43, 49 "Ausbildung"), so dass Inlandsaufenthalte für die Beibehaltung des Wohnsitzes nicht erforderlich sind. Wird die Absicht zur Rückkehr innerhalb eines Jahres aufgegeben, so kann in diesem Moment eine Aufgabe des Wohnsitzes erfolgen. Entscheidend ist insoweit, in welchem Zeitpunkt Umstände eintreten, die nunmehr Rückschlüsse auf einen längerfristigen Auslandsaufenthalt zulassen. Ab diesem Zeitpunkt kommt den Inlandsaufenthalten bei der Frage der Beibehaltung des Wohnsitzes im Elternhaus wieder erhebliche Bedeutung zu. Das FG hat hierzu –aus seiner Sicht konsequent– keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die ebenfalls nachzuholen sind. |
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| 4. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung nicht verzichtet. Der Senat hält es für sachdienlich gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 90a Abs. 1 FGO durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. |
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| 5. Die Kostenentscheidung wird gemäß § 143 Abs. 2 FGO dem FG übertragen. |
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