|
|
|
II. Die Revision ist begründet (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils, des Ablehnungsbescheids vom 3. Mai 2004 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 16. Juli 2004 sowie zur Verpflichtung des FA, den Einkommensteuerbescheid 1992 vom 30. September 1998 den Feststellungen in dem Feststellungsbescheid vom 12. September 1994 entsprechend zu ändern. Denn die Kläger haben aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO einen Anspruch auf entsprechende Änderung dieses Einkommensteuerbescheids. |
|
|
1. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein für ihn bindender Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) erlassen, aufgehoben oder geändert wird. |
|
|
a) Aufgrund der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids für den Folgebescheid ist das für den Erlass des Folgebescheids zuständige FA verpflichtet, die Folgerungen aus dem Grundlagenbescheid zu ziehen. Ein solches Verhältnis zwischen Grundlagen- und Folgebescheid besteht insbesondere in den Fällen, in denen –wie hier– die Besteuerungsgrundlagen –abweichend von § 157 Abs. 2 AO– durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt werden (§§ 179 ff. AO). Insoweit ist das FA, das die Steuern festsetzt, an den Bescheid über die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gebunden; es hat demgemäß die Folgerungen aus dem Feststellungsbescheid zu ziehen und einen bereits vorhandenen Steuerbescheid dem Erlass, der Aufhebung oder der Änderung des Feststellungsbescheids anzupassen (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 28. November 2001 X R 23/97, BFH/NV 2002, 614). |
|
|
b) § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO begründet eine "absolute Anpassungsverpflichtung". Die Vorschrift stellt die Anpassung des Folgebescheids nicht in das Ermessen der Finanzbehörden. Sie bezweckt die Ermittlung und Festsetzung der zutreffenden Steuer, wobei sie der materiellen Richtigkeit des Folgebescheids den Vorrang vor der Bestandskraft eines bereits ergangenen Folgebescheids einräumt (z.B. BFH-Urteil vom 29. Juni 2005 X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749). |
|
|
2. Voraussetzung für die Anpassungspflicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist allerdings, dass der Grundlagenbescheid wirksam ist. Ein unwirksamer Bescheid erzeugt keine Rechtswirkungen (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1999 IV R 34/98, BFH/NV 2001, 409). An einen unwirksamen Grundlagenbescheid darf daher ein Folgebescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht angepasst werden (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Juni 2005 X B 72/05, BFH/NV 2005, 1490). |
|
|
Wurde ein unwirksamer Grundlagenbescheid gleichwohl in einem Folgebescheid ausgewertet, stellt sich die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen diese Anpassung des Folgebescheids wieder beseitigt werden kann. |
|
|
a) Der Folgebescheid ist jedenfalls dann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu ändern, wenn das FA, das den Grundlagenbescheid erlassen hat, diesen ausdrücklich und ersatzlos aufgehoben hat (vgl. BFH-Urteil vom 24. Mai 2006 I R 9/05, BFH/NV 2006, 2019; FG Hamburg, Urteil vom 22. Juni 1993 V 281/90, Entscheidungen der Finanzgerichte 1994, 73; Frotscher in Schwarz, AO, § 175 Rz 25). |
|
|
b) Gleiches gilt, wenn das FA den Grundlagenbescheid zwar nicht ausdrücklich aufhebt, aber im Rahmen eines Einspruchsverfahrens gegen den Grundlagenbescheid unter Hinweis auf dessen Unwirksamkeit dem Begehren des Einspruchsführers entspricht (vgl. für die Feststellung der Nichtigkeit des Grundlagenbescheids nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 5 AO z.B. von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 175 AO Rz 170; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 175 Rz 33; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 175 AO Rz 9; Pahlke/Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 175 Rz 8). Denn für die Entscheidung, ob die Auswertung eines unwirksamen Grundlagenbescheids in einem Folgebescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO beseitigt werden muss, ist es unerheblich, ob die für den Erlass des (unwirksamen) Grundlagenbescheids zuständige Finanzbehörde diesen –zur Beseitigung des Scheins der Wirksamkeit– ausdrücklich aufhebt oder aber durch Abhilfeentscheidung in dem gegen den Grundlagenbescheid gerichteten Einspruchsverfahren zum Ausdruck bringt, dass von dem angegriffenen Bescheid mangels Wirksamkeit keine Rechtswirkungen ausgehen. |
|
|
3. Das Schreiben des FA vom 14. Februar 2002 enthält eine Abhilfeentscheidung im dargestellten Sinn und keine bloße Meinungsäußerung des FA. |
|
|
a) Nach § 367 Abs. 1 Satz 1 AO entscheidet die Finanzbehörde über den Einspruch durch Einspruchsentscheidung. Einer solchen bedarf es nach § 367 Abs. 2 Satz 3 AO allerdings nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Einspruch nicht abhilft. Hat die Finanzbehörde durch Erlass eines Abhilfebescheids dem Einspruchsbegehren in vollem Umfang entsprochen, hat sich das Einspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt (z.B. BFH-Urteil vom 6. September 2006 XI R 51/05, BFHE 214, 193, BStBl II 2007, 83). |
|
|
b) Ein Abhilfebescheid bedarf keiner bestimmten Form. Ob die Finanzbehörde dem Einspruchsbegehren ganz oder teilweise abschließend stattgegeben hat, ist durch Auslegung ihrer Erklärung zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 13. September 1994 IX R 89/90, BFHE 175, 323, BStBl II 1995, 39). |
|
|
aa) Ob ein Verwaltungsakt oder lediglich eine behördliche Meinungsäußerung ohne Regelungscharakter vorliegt, ist –in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs– danach zu beurteilen, wie der Adressat nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der behördlichen Äußerung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (z.B. BFH-Urteile vom 15. November 2005 VII R 55/04, BFHE 212, 297, BFH/NV 2006, 466, und vom 9. April 2008 II R 31/06, BFH/NV 2008, 1435). An die Auslegung einer behördlichen Erklärung durch das FG ist der BFH als Revisionsinstanz nicht gebunden (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 25; BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1435). |
|
|
bb) Danach handelt es sich bei dem Schreiben des FA vom 14. Februar 2002 um einen Vollabhilfebescheid, durch den das Einspruchsverfahren gegen den Feststellungsbescheid vom 25. November 1998 beendet wurde, und nicht lediglich um eine behördliche Meinungsäußerung. |
|
|
Hierfür spricht zunächst der Wortlaut des Schreibens. Die Erklärung des FA erschöpft sich nicht lediglich in der Mitteilung, dass der Bescheid vom 25. November 1998 wegen Bekanntgabemängeln unwirksam sei. Vielmehr wird dem Prozessbevollmächtigten –hier als Vertreter des Einspruchsführers– mitgeteilt, dass damit der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 vom 12. September 1994 weiterhin Gültigkeit habe, weshalb sich der Einspruch erledigt habe. Diese Erklärung konnte von dem Prozessbevollmächtigten nur als Abschluss des Einspruchsverfahrens durch Vollabhilfe verstanden werden. Für eine entsprechende Abhilfeentscheidung und gegen eine bloße behördliche Meinungsäußerung spricht auch, dass das FA den Klägern im Dezember 2002 mitteilte, dass die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids vom 30. September 1998 beendet sei, weil sich das dieser Aussetzung zugrunde liegende Rechtsbehelfsverfahren "durch die Erledigung des Einspruchsverfahrens in der Grundlagensache 1992 der KG i.L. vom 14.2.2002 erledigt" habe, und dass das FA in dem Einspruchsverfahren gegen den geänderten Feststellungsbescheid auch keine Einspruchsentscheidung mehr erlassen hat. |
|
|
4. Dem Antrag der Kläger, das FA zu einer Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 30. September 1998 zu verpflichten, steht keine Verjährung entgegen. Zwar ist die gemäß § 171 Abs. 10 AO nach Erlass, Änderung oder Aufhebung eines Grundlagenbescheids eintretende Ablaufhemmung von zwei Jahren bereits abgelaufen, weil die Abhilfeentscheidung schon am 14. Februar 2002 ergangen ist. Die Kläger haben jedoch innerhalb dieser Frist –am 21. Januar 2003– die Änderung des Einkommensteuerbescheids beantragt. Dies führte dazu, dass die Frist für die Anpassung des Einkommensteuerbescheids gemäß § 171 Abs. 3 AO gehemmt wurde (z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 2019, und vom 3. Dezember 2008 X R 3/07, BFH/NV 2009, 711). |
|
|
5. Da die Kläger bereits mit ihrem Hauptantrag Erfolg haben, ist über den Hilfsantrag nicht zu entscheiden. |
|