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Die Revision ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Familienkasse hat durch die Bescheide vom 4. April 2001 und vom 19. April 2000, in denen die Festsetzung von Kindergeld bis einschließlich September 2004 bzw. bis Juni 2003 befristet wurde, zur Gänze und nicht nur zum Teil über die ursprünglichen Kindergeldanträge entschieden. |
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1. Beantragt ein Kindergeldberechtigter Kindergeld, ohne eine zeitliche Bestimmung des Zeitraums zu treffen, für den der Antrag gestellt wird, so ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass er damit eine Prüfung der Anspruchsberechtigung in weitgehendem Umfang begehrt. Allerdings kann nur für vergangene Zeiträume vollständig geprüft werden, ob die für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Insoweit ist es gerechtfertigt, einen Kindergeldantrag, der sich auf die Vergangenheit bezieht, in der Regel dahingehend auszulegen, dass der Kindergeldanspruch umfassend und ohne zeitliche Beschränkung durch die Familienkassen geprüft werden soll (BFH-Urteile vom 28. Januar 2004 VIII R 12/03, BFH/NV 2004, 786; vom 9. Februar 2012 III R 45/10, BFHE 236, 413, BStBl II 2013, 1028, und vom 20. Juni 2012 V R 56/10, BFH/NV 2012, 1775). |
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2. Dagegen kann bei einer in die Zukunft reichenden Festsetzung von Kindergeld zunächst nur unterstellt werden, dass die gegenwärtig erfüllten Voraussetzungen weiterhin vorliegen werden. Eine abschließende Prüfung ist für künftige Zeiträume nicht möglich. Ein Kindergeldberechtigter, der einen Kindergeldantrag ohne zeitliche Einschränkungen stellt, kann nicht erwarten, dass die Familienkasse die Anspruchsberechtigung für alle künftig auch nur theoretisch in Betracht kommenden Zeiträume unterstellt. Es liegt deshalb die Annahme nahe, dass ein Kindergeldberechtigter mit einem zeitlich unbestimmten, in die Zukunft reichenden Kindergeldantrag die zeitliche Konkretisierung der nachfolgenden Kindergeldfestsetzung der Familienkasse überlässt. Erhält er auf einen solchen Antrag hin einen Festsetzungsbescheid, der eine zeitliche Begrenzung bis zu einem in der Zukunft liegenden Monat vorsieht, so hat die Familienkasse damit in der Regel in vollem Umfang zu seinen Gunsten entschieden. Da der Anspruch auf Kindergeld monatlich mit der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes entsteht (s. Blümich/Treiber, § 66 EStG Rz 20), liegt eine Befristung der Festsetzung noch nicht entstandener Ansprüche in künftigen Zeiträumen im Ermessen der Familienkasse (§ 120 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 5 der Abgabenordnung –AO–). |
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3. Aber auch dann, wenn ein Kindergeldberechtigter bewusst und erkennbar eine in die Zukunft reichende Festsetzung ohne zeitliche Begrenzung beantragt haben sollte, würde eine nachfolgende befristete Kindergeldfestsetzung nicht bedeuten, dass die Familienkasse damit nur eine Teilentscheidung getroffen hätte und nach Ablauf der Befristung eine weitere Entscheidung über den ursprünglichen Antrag treffen werde. |
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a) Vielmehr wird in einem derartigen Fall der auf eine unbefristete Festsetzung gerichtete Kindergeldantrag durch eine Festsetzung, die als Nebenbestimmung eine Befristung enthält, zum Teil abgelehnt. Eine endgültige Ablehnung der Festsetzung von Kindergeld für den nachfolgenden Zeitraum ist darin aller-dings nicht zu sehen, da eine Kindergeldfestsetzung nur bis zu dem Monat abgelehnt werden kann, in dem die letzte Verwaltungsentscheidung bekannt gegeben worden ist (BFH-Urteil vom 25. Juli 2001 VI R 164/98, BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89; Senatsurteil vom 4. August 2011 III R 71/10, BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380). |
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b) Ist ein Kindergeldberechtigter mit einer in der Zukunft liegenden Befristung nicht einverstanden, weil er eine unbefristete Festsetzung begehrt, so muss er mit Einspruch geltend machen, die Befristung sei ermessenswidrig. Unterlässt er dies, so erwächst die befristete Festsetzung in Bestandskraft. Begehrt er Kindergeld für Zeiten nach der Befristung, so muss er einen neuen Antrag stellen. Der ursprüngliche Kindergeldantrag entfaltet für den über die Befristung hinausreichenden Zeitraum keine Wirkung mehr, er ist vielmehr "verbraucht". |
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4. Wäre die Ansicht der Klägerin zur Fortwirkung der ursprünglichen Anträge zutreffend, so könnte ein unbefristeter, in die Zukunft reichender Kindergeldantrag nicht nur bei einer nachfolgenden Befristung fortwirkende Rechtswirkungen entfalten, sondern auch dann, wenn die Familienkasse auf einen solchen Antrag hin das Kindergeld ab einem bestimmten Monat zunächst ohne zeitliche Beschränkung festsetzt und die Festsetzung in der Folgezeit ab einem späteren Monat wieder aufhebt. Auch in diesem Fall könnte ein Kindergeldberechtigter geltend machen, die Familienkasse habe auf einen unbefristeten Antrag hin nur bis zum Monat der Bekanntgabe des Aufhebungsbescheids bzw. der Einspruchsentscheidung eine verbindliche Entscheidung getroffen, so dass über den ursprünglichen Antrag nicht vollständig entschieden worden sei. Ein solches Verständnis würde zu einem "unendlichen" Verwaltungsverfahren führen, weil die Familienkasse nach Ablauf der Befristung oder nach einer Aufhebung der Festsetzung von sich aus neu die Anspruchsvoraussetzungen prüfen müsste. |
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5. Soweit die Klägerin auf die Korrekturmöglichkeiten nach § 70 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verweist, vermag der Senat darin kein Argument gegen den Verbrauch des Antrags zu sehen. Vielmehr sollen § 70 Abs. 2 und Abs. 3 EStG das Korrektursystem nach §§ 172 ff. AO, das nicht auf Dauerverwaltungsakte zugeschnitten ist, ergänzen. Das bedeutet aber nicht, dass die Familienkassen nur mit diesen Instrumentarien auf mögliche künftige Änderungen der Verhältnisse reagieren könnten. Gerade die Begrenzung des in die Zukunft reichenden Bewilligungszeitraums ermöglicht das Funktionieren der Verwaltung und nimmt den Kindergeldberechtigten in die Pflicht, bei einem Fortbestehen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Stellung eines erneuten Kindergeldantrags die Fortzahlung des Kindergelds zu erreichen. |
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6. Das Ergebnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung zum zeitlichen Regelungsumfang eines Kindergeld-Ablehnungsbescheids (BFH-Urteil in BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89; Senatsurteil in BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380). Diese Rechtsprechung geht davon aus, dass ein Bescheid, durch den die Festsetzung von Kindergeld auf einen unbestimmten, in die Zukunft gerichteten Antrag hin abgelehnt wird, den Antrag in vollem Umfang ausschöpft und nicht lediglich eine Teilentscheidung trifft, die bis zu dem Monat reicht, in dem der ablehnende Verwaltungsakt bekannt gegeben worden ist. Nur ausnahmsweise kann ein noch nicht beschiedener, außerhalb des Klageverfahrens liegender Kindergeldantrag anzunehmen sein, wenn ein Kindergeldberechtigter in einem finanzgerichtlichen Verfahren gegen einen noch nicht bestandskräftigen Ablehnungsbescheid zum Ausdruck bringt, dass er auch für Zeiträume, die nach der Einspruchsentscheidung liegen, Kindergeld begehrt (Senatsurteil vom 22. Dezember 2011 III R 41/07, BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681, sowie BFH-Urteil vom 5. Juli 2012 V R 58/10, BFH/NV 2012, 1953). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. |
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7. Im Streitfall enthielten die ursprünglichen Kindergeldanträge nach der übereinstimmenden Ansicht der Verfahrensbeteiligten keine zeitliche Einschränkung. Dies ist auch naheliegend, da in den von den Familienkassen verwendeten Vordrucken üblicherweise keine Eintragungen für eine zeitliche Begrenzung vorgesehen sind. Die auf die ursprünglichen Anträge hin ergangenen Festsetzungen waren nach den dargelegten Grundsätzen keine Teilentscheidungen. Der Umstand, dass die Kindergeldakten des früheren Arbeitgebers der Klägerin –möglicherweise unter Verstoß gegen Aufbewahrungspflichten– vernichtet wurden, ist für den Ausgang des Verfahrens nicht von Bedeutung. |
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8. Die Verfahrensrüge, wonach das FG das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt habe (§ 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO), greift nicht durch. Insoweit rügt die Klägerin letztlich die unzutreffende Rechtsanwendung durch das FG. |
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