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Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. |
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I. Die Revision ist ordnungsgemäß begründet und deshalb nicht unzulässig, wie das FA geltend macht. |
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1. Nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO muss die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Dies erfordert, dass die erhobene Rüge eindeutig erkennen lassen muss, welche Norm des Bundesrechts der Revisionskläger für verletzt hält. Ferner muss der Revisionskläger die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Denn er ist gehalten, Inhalt, Umfang und Zweck des Revisionsangriffs von vornherein klarzustellen. Demgemäß muss sich der Revisionskläger mit den tragenden Gründen des finanzgerichtlichen Urteils auseinandersetzen und darlegen, weshalb er diese für unrichtig hält (z.B. BFH-Urteil vom 18.06.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121, BStBl II 2015, 935, Rz 25, m.w.N.). |
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2. Die Revisionsbegründung der Klägerin benennt –wie auch das FA einräumt– ausdrücklich die aus ihrer Sicht verletzte Rechtsnorm, nämlich § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB a.F. Soweit die Klägerin geltend macht, das FG habe die vertretungsvertraglichen Regelungen fälschlich dahin gewürdigt, dass keine (Nach-)Betreuungspflicht bestanden habe, macht ihre Revisionsbegründung hinreichend deutlich, dass sie sich von den Argumenten des FG nicht hat überzeugen lassen und dass sie weiter an ihrer schon im Klageverfahren begründeten Rechtsansicht festhält. Wenn alle Argumente angesprochen sind und mehr zu den Streitfragen nicht zu sagen ist, bedarf es keiner weiter gehenden Revisionsbegründung (BFH-Urteil in BFHE 250, 121, BStBl II 2015, 935, Rz 26, m.w.N.). Soweit das FA der Ansicht ist, die Klägerin habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darlegen müssen, verkennt es, dass diese nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nur im Zusammenhang mit der Zulassung der Revision von Bedeutung ist. |
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II. Die Revision ist jedoch unbegründet, denn das FG hat unter einer Gesamtwürdigung der Umstände des Streitfalls zu Recht entschieden, dass in den Streitjahren schon dem Grunde nach keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden sind. |
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1. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB a.F. sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden. Ein Bilanzausweis ist u.a. aber dann geboten, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.06.1997 – GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735, m.w.N.). Es entspricht gefestigter BFH-Rechtsprechung, dass eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands zu bilden ist, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält (z.B. BFH-Urteile vom 12.12.2013 – X R 25/11, BFHE 244, 309, BStBl II 2014, 517, Rz 21, m.w.N.; vom 09.06.2015 – X R 27/13, Rz 16; vom 13.07.2017 – IV R 34/14, Rz 19). Ein Erfüllungsrückstand setzt jedoch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung voraus, dass der Steuerpflichtige zur Betreuung der Versicherungen rechtlich –vertraglich oder gesetzlich (vgl. BFH-Urteil vom 16.09.2014 – X R 38/13, Rz 18 ff. und 28 ff.)– verpflichtet ist. Leistungen, die ohne Rechtspflicht erbracht werden, sind für die Bemessung der Rückstellung irrelevant (BFH-Urteile vom 27.02.2014 – III R 14/11, BFHE 246, 45, BStBl II 2014, 675, Rz 11, m.w.N.; vom 09.06.2015 – X R 27/13, Rz 16; vom 13.07.2017 – IV R 34/14, Rz 19). |
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2. Nach diesen Maßstäben ist die Gesamtwürdigung des FG, dass die Klägerin in den Streitjahren zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen rechtlich nicht verpflichtet gewesen sei, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. |
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a) Zutreffend hat das FG eine gesetzliche Verpflichtung der Klägerin zur nachlaufenden Betreuung verneint. Eine Nachbetreuungspflicht ergibt sich weder aus § 34d der Gewerbeordnung noch aus Vorschriften des HGB oder des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (näher z.B. BFH-Urteil vom 16.09.2014 – X R 38/13, Rz 29 ff., m.w.N.). Da dies zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab. |
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b) Das FG ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auch zu dem Schluss gelangt, dass in den Streitjahren keine vertragliche Verpflichtung der Klägerin zur Nachbetreuung bestanden habe. Die Würdigung des FG beruht im Wesentlichen auf seiner Auslegung der Tz. 2.1.1 der gleich lautenden Vertretungsverträge vom 12.12.2002 und der von der Klägerin im Laufe des Klageverfahrens vorgelegten Unterlagen. Die Vertragsauslegung obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Vorliegend entspricht sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Sie ist jedenfalls möglich und damit für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend (z.B. BFH-Urteil vom 13.07.2017 – IV R 34/14, Rz 20, m.w.N.), zumal das FG bei seiner Vertragsauslegung auch die außerhalb der Verträge liegenden Umstände berücksichtigt hat (vgl. BFH-Urteil vom 09.06.2015 – X R 27/13, Rz 20). |
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aa) Nicht gegen Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt die Würdigung des FG, dass die Vertreterverträge vom 12.12.2002 keine eindeutige Vereinbarung zur Nachbetreuung von Bestandsverträgen enthalten. |
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(1) Soweit das FG keine verbindliche vertragliche Pflicht zur Nachbetreuung daraus abgeleitet hat, dass es in Tz. 2.1.1 Abs. 2 der Vertreterverträge heißt, der Vertreter pflege im Rahmen seiner Möglichkeiten laufend Kontakt mit den Kunden, um die bestehenden Verträge zu erhalten, ist dieser Schluss jedenfalls möglich. Aus dem Vertragspassus wird –wie das FG ausgeführt hat– insbesondere nicht deutlich, um welche Art von Nachbetreuungsverpflichtungen es sich handeln soll. Dass die "Erhaltenspflicht" lediglich "im Rahmen der Möglichkeiten" des Vertreters bestehe, hat das FG nachvollziehbar als zu unverbindlich –und damit im Ergebnis als zivilrechtlich nicht durchsetzbar– angesehen (vgl. dazu auch BFH-Urteile vom 19.07.2011 – X R 26/10, BFHE 234, 239, BStBl II 2012, 856, Rz 41; vom 09.06.2015 – X R 27/13, Rz 23). Dass die Vertragsklausel im Gesamtkontext eher darauf hindeute, dass die laufende Kontaktaufnahme mit den Kunden dem Abschluss weiterer Verträge gedient habe ("… berät sie aus eigener Initiative oder auf deren Wunsch"; "Ziel ist es dabei immer, dass der Kunde umfassend versichert ist …"), ist unter den Umständen des Streitfalls ebenfalls möglich. Denn die Verpflichtung zur laufenden Kontaktaufnahme zum Abschluss weiterer Verträge ist nicht deckungsgleich mit einer rechtlichen Verpflichtung des Versicherungsvertreters zur Nachbetreuung (vgl. BFH-Urteil vom 09.06.2015 – X R 27/13, Rz 23). Dies rechtfertigt die Folgerung des FG, dass derartige Bestandserweiterungstendenzen keinen Erfüllungsrückstand für bereits bestehende Verträge auslösen. |
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(2) Zu einem möglichen Ergebnis führt auch die Auslegung der Tz. 2.1.1 Abs. 1 Satz 2 der Vertretungsverträge. Soweit dort festgelegt wird, dass der Vertreter verpflichtet sei, sich mit ganzer Kraft um den regelmäßigen Zugang neuer und die Erhaltung bestehender Verträge zu bemühen, hat das FG nach Maßgabe eines verobjektivierten Empfängerhorizonts (§§ 133, 157 BGB) nachvollziehbar verneint, dass es sich danach hinreichend konkret bestimmen lasse, welche genauen Pflichten zu den Nachbetreuungspflichten gehören sollten. Auch hier ist der Schluss möglich, dass aufgrund der inhaltlichen Unbestimmtheit der Klausel die Einhaltung der von der Klägerin angeführten Nachbetreuungspflichten in den Streitjahren zivilrechtlich nicht durchsetzbar gewesen wäre und etwaige Verstöße hiergegen keine vertraglichen Konsequenzen für die Klägerin bzw. deren Gesellschafter (Schadensersatz; Kündigung etc.) gehabt hätten. |
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(3) Möglich ist schließlich auch der vom FG auch auf den in Tz. 2.1.1 Abs. 1 Satz 2 der Vertretungsverträge benutzten Begriff "Bemühungspflicht" gestützte Schluss, dass es nahe liege, dass die Klägerin ihre –unstreitig tatsächlich wahrgenommenen– Nachbetreuungsaufgaben wegen der unbestimmten Formulierung der Vertretungsverträge als Erwerbsobliegenheiten verstanden habe, für deren Aufwendungen bilanzsteuerrechtlich keine Rückstellung gebildet werden dürfe. |
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bb) Über die Auslegung der Vertretungsverträge hinaus ist jedenfalls nachvollziehbar auch die Würdigung des FG, dass sich die Bescheinigung der B-AG vom 14.01.2014 in einer bloßen Rechtsbehauptung erschöpfe. Die Aussage, dass die Bemühungspflicht einer Betreuungspflicht gleichzusetzen sei, erbringt nicht den Nachweis einer eindeutig und konkret vertraglich vereinbarten Nachbetreuungspflicht. |
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cc) Möglich ist ungeachtet der Auffassung der Klägerin, dass es sich insoweit nur um eine "Klarstellung" gehandelt habe, auch die Würdigung des FG, dass die mit "Nachtrag zur Betreuungsverpflichtung" überschriebene Vereinbarung vom 23./29.06.2016 erstmals –und damit nach Ablauf der Streitjahre– eine vertragliche Nachbetreuungsverpflichtung der Klägerin für die bereits im Bestand befindlichen Versicherungsverträge konkretisiere. Nachvollziehbar sieht das FG den Anlass für den Nachtrag in der im Schreiben des Berichterstatters des FG vom 02.06.2016 geäußerten Ansicht, dass die in den Verträgen vom 12.12.2002 benannte Bemühungspflicht nicht den Konkretisierungserfordernissen der BFH-Rechtsprechung genügen dürfte. Möglich ist auch die Würdigung, dass die sodann im Wege der "Klarstellung" einzeln aufgezählten Leistungen zwar den –inhaltlich unstreitigen– Nachbetreuungsaufwand der Klägerin belegten, hingegen nicht, dass jene Aufwendungen bereits von Anfang an rechtlich durchsetzbare Verpflichtungen und nicht nur Erwerbsobliegenheiten der Klägerin waren. Dabei konnte sich das FG auch darauf stützen, dass die Klägerin auch nicht vorgetragen habe, dass beim seinerzeitigen Abschluss der Vertretungsverträge –über die schriftlichen Klauseln hinaus– exakt die im Nachtrag niedergelegten Betreuungspflichten mündlich vereinbart worden seien. Wäre dies –so der zulässige Schluss des FG– der Fall gewesen, hätte nichts näher gelegen, als jene Pflichten auch explizit von Anbeginn in die Verträge mit aufzunehmen. Aus alledem ergibt sich auch die nicht gegen Denkgesetze verstoßende Folgerung des FG, dass die von der Klägerin behauptete "Klarstellung" nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vertretungsverträge aus dem Jahr 2002 und somit bilanzsteuerrechtlich nicht auf die Streitjahre habe zurückwirken können. |
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dd) Auch die Würdigung der von der Klägerin vorgelegten E-Mail vom 17.06.2016 ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Danach hätte eine Kündigung, die auf einen Verstoß gegen Nachbetreuungspflichten gestützt würde, nur dann rechtlichen Bestand, wenn es sich bei dieser Pflicht auch um eine rechtliche Pflicht und nicht nur um eine bloße Obliegenheit handeln würde. Solches hat das FG jedoch –wie ausgeführt– in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. |
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3. Ist der BFH danach an die Vertragsauslegung und die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls durch das FG nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, kann die Revision der Klägerin keinen Erfolg haben. |
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. |
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