Pflicht zur Einreichung einer E-Bilanz bei finanziellem Aufwand von ca. 40 €

Urteil vom 21. April 2021, XI R 29/20

ECLI:DE:BFH:2021:U.210421.XIR29.20.0

BFH XI. Senat

EStG § 5b , AO § 150 Abs 8 , GmbHG § 5a , KStG § 1 Abs 1 Nr 1 , KStG § 8 Abs 1 , KStG § 31 Abs 1 S 1 , EStG § 25 Abs 4 , GG Art 3 Abs 1 , GG Art 20 Abs 3 , EStG VZ 2018 , KStG VZ 2018

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht , 09. September 2020, Az: 3 K 6/20

Leitsätze

1. § 5b Abs. 1 EStG ist verfassungsgemäß.

2. Eine „unbillige Härte“ i.S. des § 5b Abs. 2 EStG liegt nicht bereits deshalb vor, weil die Einkünfte des bilanzierenden Steuerpflichtigen im Wirtschaftsjahr gering oder negativ sind. Vielmehr ist zu beurteilen, ob angesichts des Umfangs der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung die vom Steuerpflichtigen zu tragenden Kosten unverhältnismäßig sind. Nur wenn dies der Fall ist, liegt ein nicht unerheblicher finanzieller Aufwand i.S. des § 150 Abs. 8 Satz 2 Halbsatz 1 AO vor.

3. Ein finanzieller Aufwand in Höhe von 40,54 € für die durch § 5b Abs. 1 EStG vorgeschriebene elektronische Übermittlung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz ist auch für einen „Kleinstbetrieb“ nicht (wirtschaftlich) unzumutbar.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 09.09.2020 – 3 K 6/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) einen Anspruch darauf hat, dass der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) zur Vermeidung unbilliger Härten auf die elektronische Übermittlung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung der Klägerin verzichtet.
  2. Die Klägerin ist eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG) mit einem Stammkapital von 2.500 €. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb von sog. Internetplattformen. Gesellschafter-Geschäftsführer ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, ein Rechtsanwalt, der von der UG kein Geschäftsführer-Gehalt erhält.
  3. Die Steuererklärungen und Bilanzen für die Jahre 2011 bis 2016 reichte die Klägerin in Papierform ein. Für das Jahr 2017 übermittelte die Klägerin die Steuererklärungen elektronisch, während sie ihre Bilanz sowie ihre Gewinn- und Verlustrechnung weiterhin in Papierform einreichte.
  4. In der Begründung des Körperschaftsteuerbescheids für das Jahr 2017 vom 02.10.2018 wies das FA die Klägerin darauf hin, dass die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung nach § 5b des Einkommensteuergesetzes (EStG) elektronisch zu übermitteln seien. Gleichwohl reichte die Klägerin die Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2018 nicht nach dem amtlich vorgeschriebenen Datensatz elektronisch ein, während sie ihre Steuererklärungen erneut in elektronischer Form übermittelte.
  5. Mit Schreiben vom 29.10.2019 forderte das FA die Klägerin unter Verweis auf § 5b EStG, § 31 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und § 150 Abs. 6 der Abgabenordnung (AO) auf, die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung für das Wirtschaftsjahr 2018 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch zu übermitteln. Ein Verzicht auf die elektronische Übermittlung gemäß § 150 Abs. 8 AO komme nicht in Betracht.
  6. Mit E-Mail vom 01.11.2019 übersandte die Klägerin die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung für das Wirtschaftsjahr 2018 und beantragte gleichzeitig, die Unterlagen auf diesem Weg einreichen zu dürfen, da sie nur geringe Umsätze bzw. Gewinne erwirtschafte und eine Infrastruktur zur elektronischen Einreichung der Bilanz nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu errichten sei. Sie habe keinen Steuerberater beauftragt. Die Buchhaltung werde vom Geschäftsführer der Klägerin erledigt. Ein Programm für die Erstellung einer E-Bilanz sei nicht vorhanden. Ihre Buchführungssoftware stamme aus dem Jahr 2008. Kenntnisse, um diese Daten für eine E-Bilanz aufzubereiten, seien nicht vorhanden.
  7. Mit Schreiben vom 04.11.2019 und Bescheid vom 11.11.2019 lehnte das FA den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte es aus, dass eine Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen bereits deshalb nicht angenommen werden könne, da der Unternehmensgegenstand der Klägerin (Betrieb von Internetplattformen) entsprechende technische Fähigkeiten voraussetze. Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit sei auch nicht erkennbar. Der Erwerb einer entsprechenden Software sei auch als anteilige Investition in die Folgejahre zu sehen, in denen die Bilanzen ebenfalls elektronisch einzureichen seien.
  8. Der Einspruch, mit dem die Klägerin vortrug, dass sie grundsätzlich zur elektronischen Einreichung bereit sei, es ihr dazu aber an einer Eingabemöglichkeit bzw. Eingabemaske seitens der Finanzverwaltung mangele und der Erwerb einer entsprechenden Software bei einem Kleinstunternehmen einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde, blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 06.12.2019). Das FA ergänzte seine bisherigen Erwägungen dahin gehend, dass Kosten für eine neue Software nicht unverhältnismäßig seien, da allein auf der ELSTER-Website bereits neun Anbieter aufgelistet seien, die mit ihrer Software ELSTER unterstützen würden und kostenfrei erhältlich seien. Weitere Tatsachen, die eine unbillige Härte begründen könnten, seien nicht ersichtlich. Das Ermessen sei daher pflichtgemäß ausgeübt worden.
  9. Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der die Klägerin geltend machte, die kostenlose Basisversion einer E-Bilanz-Software sei für sie nicht zumutbar und es sei Aufgabe der Finanzverwaltung, eine zumutbare, kostenlose Möglichkeit zur Übermittlung der Buchhaltungsdaten zur Verfügung zu stellen, durch Urteil vom 09.09.2020 – 3 K 6/20 (Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2021, 176) ab. Der Ablehnungsbescheid und die Einspruchsentscheidung seien rechtmäßig. Das FA habe den Antrag auf Verzicht auf die elektronische Übermittlung der Bilanz für das Streitjahr zu Recht abgelehnt. Die elektronische Übermittlung sei weder persönlich noch wirtschaftlich unzumutbar. Eine persönliche Unzumutbarkeit sei nicht ersichtlich. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Klägerin ihre Steuererklärungen elektronisch übermittele. Darüber hinaus sei ihr Unternehmenszweck der „Betrieb von Internetplattformen“. Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit sei ebenfalls nicht gegeben. Die Klägerin verfüge unstreitig über eine taugliche Hardware, so dass es ihr nur an einer entsprechenden Software mangele. Auf der ELSTER-Website seien aber bereits mehrere Software-Anbieter aufgelistet, die die Möglichkeit der Übertragung einer E-Bilanz böten. Das Programm „myebilanz“ sei ein Programm, das die Funktion der Übertragung der E-Bilanz zur Verfügung stelle und in einer kostenfreien Basis-Version angeboten werde. Darüber hinaus werde eine kostenpflichtige „PLUS-Lizenz“ für 40,54 € pro Jahr angeboten, was keinen erheblichen finanziellen Aufwand darstelle. Darüber hinaus seien auf der ELSTER-Website noch weitere Anbieter gelistet, die ihre Software zu einem vergleichsweise günstigen Preis anböten. In einem Fall variierten die Kosten zwischen 10 € und 25 €. Auch diese Kosten stellten keinen erheblichen finanziellen Aufwand dar.
  10. Die Klägerin habe zwar ausweislich ihrer Gewinn- und Verlustrechnung im Jahr 2017 einen Verlust erzielt. In den Vorjahren seien aber zumeist Gewinne im unteren vierstelligen Bereich erwirtschaftet worden, so auch im streitgegenständlichen Wirtschaftsjahr 2018. Die vom FG ermittelten Kosten für eine entsprechende Softwarelösung seien auch in Bezug auf die Umsätze der Klägerin nicht als unverhältnismäßig anzusehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese Kosten steuermindernd geltend gemacht werden könnten.
  11. Zwar könne auch, wenn die Voraussetzungen des § 150 Abs. 8 AO nicht vorlägen, aus anderen Gründen eine unbillige Härte gegeben sein. Allerdings habe die Klägerin über ihre Auffassung hinaus, die Finanzverwaltung könne die elektronische Abgabe der Bilanz nur fordern, wenn sie selbst eine kostenfreie Eingabemöglichkeit zur Verfügung stelle, keine Gründe vorgetragen, die zu einer solchen unbilligen Härte führen könnten.
  12. Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts sowie Verfahrensfehler. Sie macht geltend, das FG habe entscheidungserhebliche Tatsachen falsch ermittelt und verkürzt einbezogen sowie daraus nicht nachvollziehbare Schlüsse gezogen.
  13. Mangels vorhandener Schnittstelle der Finanzverwaltung genüge eine normale „Medienkompetenz“ nicht, um eine E-Bilanz einzureichen.
  14. Die persönliche Unzumutbarkeit dürfe nicht mit dem Argument verneint werden, der Steuerpflichtige könne die Leistungen Dritter (hier: Software-Anbieter) in Anspruch nehmen. Nur mit Hilfe ihrer eigenen Mittel und den Mitteln der Finanzverwaltung sei die Klägerin nicht in der Lage, den Datensatz für die E-Bilanz zu erzeugen und zu übermitteln. Die vom FG angeführte kostenlose Software sei eine „Bastelsoftware“ und der Verweis darauf unwürdig. Es handele sich um ein „Feigenblatt“, um zu verdecken, dass sich die Finanzverwaltung davon „freigesprochen“ habe, selbst einen Zugang zu eröffnen. Die kostenlose Variante der Software sei unbequem, um die Kunden zum Kauf der kostenpflichtigen Version zu bringen.
  15. Die elektronische Übermittlung sei außerdem wirtschaftlich unzumutbar. Der tatsächliche Mindestbetrag, den das FG falsch ermittelt habe, betrage seit 31.08.2020 nicht mehr 25 €, sondern 39 € für eine Datenübermittlung. Außerdem sei nicht ihr Gewinn maßgeblich, sondern das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Es sei von einem Betrag von 660 € auszugehen (39 € entspreche 5,9 %). Überdies bestehe ein Verlustvortrag. Abweichungen in dieser Größenordnung müssten vom Steuerpflichtigen nach dem Rechtsgedanken der § 156 AO, § 39 Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5a Satz 3, § 39a Abs. 5, § 41c, § 42d Abs. 5 EStG, § 1 bis 5 der Kleinbetrags-Verordnung (KBV) nicht mehr hingenommen werden. Der Gesetzgeber habe in den Gesetzesmaterialien die Kosten der Hardware, der üblichen Software und die Verbindungskosten im Blick gehabt. Nicht gemeint habe er die Kosten für spezielle Software; denn der Steuerpflichtige müsse ohnehin schon anteilig die allgemeinen Kosten tragen. Niemand würde der Finanzverwaltung zubilligen, für ein Papierformular 39 € zu verlangen oder dem Steuerpflichtigen ein unverständliches kostenloses Formular mit unsichtbaren Eingaben, das in einer Fremdsprache abgefasst sei, zur Verfügung zu stellen. Dass dies hier quasi im Verborgenen elektronisch geschehe, mache die Sache nicht annehmbarer.
  16. Jedenfalls liege ein in § 150 Abs. 8 AO nicht benannter Fall der Unzumutbarkeit vor. Die Pflicht zur Inanspruchnahme eines externen Dienstleisters, um die eigenen steuerlichen Verpflichtungen erfüllen zu müssen, sei unzumutbar. Dies stelle per se keinen ordnungsgemäßen Zugang zur Finanzverwaltung dar, so dass kein adäquater Weg vorhanden sei, um die steuerlichen Pflichten gegenüber der Finanzverwaltung zu erfüllen. Wo die Finanzverwaltung dem Steuerpflichtigen keinerlei Wege eröffne, seine Bilanz selbst zu übermitteln, sondern ihn auf Angebote Dritter verweise, müsse der Verhältnismäßigkeitsmaßstab zugunsten des Steuerpflichtigen verschoben werden.
  17. Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und den Ablehnungsbescheid aufzuheben sowie das FA zu verpflichten, die Klägerin von der Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung ihrer Bilanz zu befreien.
  18. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht erkannt, dass die Entscheidung des FA, den Antrag der Klägerin abzulehnen, einer gerichtlichen Überprüfung standhält.
  2. 1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Klägerin grundsätzlich verpflichtet ist, den Inhalt ihrer Bilanz sowie ihre Gewinn- und Verlustrechnung elektronisch an das FA zu übermitteln.
  3. a) Wird der Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 oder § 5a EStG ermittelt, so ist nach § 5b Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG der Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln.
  4. b) Die UG als Variante der GmbH (vgl. dazu Westermann in Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 5a Rz 7) ist eine Kapitalgesellschaft i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG (z.B. Klein in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 1 KStG Rz 36; Levedag in Rödder/Herlinghaus/Neumann, Körperschaftsteuergesetz, § 1 Rz 63; Blümich/Rengers, § 1 KStG Rz 70; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl., Rz 11.23; s.a. Senatsurteil vom 18.09.2018 – XI R 30/16, BFHE 262, 386, BStBl II 2019, 67, Rz 18), die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt.
  5. c) Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht kein Streit darüber, dass die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Daten an die Finanzverwaltung (einschließlich der Pflicht zur Schaffung der dafür erforderlichen Voraussetzungen) verfassungsgemäß ist (vgl. Senatsurteil vom 14.03.2012 – XI R 33/09, BFHE 236, 283, BStBl II 2012, 477, zur Umsatzsteuer-Voranmeldung; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 17.08.2015 – I B 133/14, BFH/NV 2016, 72, zur Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärung; vom 14.02.2017 – VIII B 43/16, BFH/NV 2017, 729, zur Einkommensteuererklärung bei Gewinneinkünften; kritisch aber HHR/Müller, § 5b EStG Rz 7).
  6. 2. Ebenfalls zutreffend hat das FG angenommen, dass im Streitfall die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass das FA zur Vermeidung unbilliger Härten („persönlich unzumutbar“) auf die elektronische Übermittlung verzichtet.
  7. a) Nach § 5b Abs. 2 EStG kann auf Antrag die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; § 150 Abs. 8 AO gilt entsprechend.
  8. b) Ordnen die Steuergesetze –wie insoweit z.B. § 5b Abs. 2 EStG– an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist nach § 150 Abs. 8 Satz 1 AO einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Liegt eine persönliche oder wirtschaftliche Unzumutbarkeit vor, besteht ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf den Verzicht auf elektronische Übermittlung des Inhalts der E-Bilanz durch die Finanzbehörde (vgl. Senatsurteil in BFHE 236, 283, BStBl II 2012, 477, Rz 38; BFH-Urteil vom 15.05.2018 – VII R 14/17, BFH/NV 2018, 1137, Rz 18).
  9. c) Für eine persönliche Unzumutbarkeit in diesem Sinne wäre nach § 150 Abs. 8 Satz 2 Alternative 2 AO erforderlich, dass die Klägerin nach den individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten der für sie handelnden Personen nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen. Daran fehlt es.
  10. aa) Anhaltspunkte dafür sind nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die den Senat insoweit binden (§ 118 Abs. 2 FGO), nicht ersichtlich. Dies ergibt sich, wie das FG zutreffend entschieden hat, bereits daraus, dass die Klägerin ihre Steuererklärungen elektronisch übermittelt.
  11. bb) Die Einwendungen der Klägerin führen zu keiner anderen Beurteilung; denn das Vorbringen, der Prozessbevollmächtigte als Geschäftsführer sei persönlich nicht dazu in der Lage, die vom FG in seinem Urteil angeführte kostenlose Software zu nutzen, da diese zu komplex sei, führt nicht zu der Annahme, dass die Klägerin nicht dazu in der Lage wäre, andere Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.
  12. 3. Auch die von der Klägerin geltend gemachte wirtschaftliche Unzumutbarkeit hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.
  13. a) Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit i.S. des § 5b Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 150 Abs. 8 AO (s. dazu oben unter II.2.a und b) liegt nach § 150 Abs. 8 Satz 2 Alternative 1 AO vor, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre. Die (Nicht-) Anwendung dieser Vorschrift durch das FA ist gerichtlich voll überprüfbar, es liegt insoweit kein (gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer) Ermessens- oder Beurteilungsspielraum der Finanzbehörde vor (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2018, 1137, Rz 18).
  14. b) Mit der Vorschrift hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass allein das Fehlen der für eine elektronische Übermittlung der Steuererklärung erforderlichen Technik keinen Anspruch i.S. des § 150 Abs. 8 Satz 1 AO auf Befreiung von der Abgabe der Steuererklärung in elektronischer Form begründet, wenn deren Anschaffung wirtschaftlich zumutbar ist (Senatsurteil in BFHE 236, 283, BStBl II 2012, 477, Rz 58). Technik in diesem Sinne sind u.a. der dazu notwendige Internetanschluss, die dazu notwendigen Geräte (Hardware) sowie die dazu notwendigen Programme (Software).
  15. c) Nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist indes, unter welchen Voraussetzungen ein „nicht unerheblicher finanzieller Aufwand“ i.S. des § 150 Abs. 8 AO, § 5b Abs. 2 EStG vorliegt.
  16. aa) Der VIII. Senat des BFH hat in seinen Urteilen vom 16.06.2020 – VIII R 29/17 (BFHE 269, 284, BStBl II 2021, 288, Rz 14, 20, zur Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung nach § 25 Abs. 4 EStG) sowie vom 16.06.2020 – VIII R 29/19 (BFHE 269, 289, BStBl II 2021, 290, Rz 16, zur Pflicht zur Einreichung einer Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 60 Abs. 4 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung –EStDV–) angenommen, dass bei der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung und der Einnahmenüberschussrechnung die Grenze zu einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand überschritten sei, wenn die Schaffung der technischen Voraussetzungen in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis mehr zu den Einkünften stehe, für die die Einkommensteuererklärung und die Einnahmenüberschussrechnung durch Datenfernübertragung zu übermitteln seien. Aus der dortigen Gesetzessystematik folge, dass dem finanziellen Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung der Datenfernübertragungsmöglichkeit nur die Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG im jeweiligen Veranlagungszeitraum gegenübergestellt werden dürften (a.A. Klein/Rätke, AO, 15. Aufl., § 150 Rz 96).
  17. bb) Weiterhin hat der VIII. Senat des BFH im Urteil in BFHE 269, 289, BStBl 2021, 290 angenommen, bei Einkünften eines Steuerpflichtigen in Höhe von 14.534 € liege eine einem Kleinstbetrieb vergleichbare Situation vor, in der die Kosten für die Umstellung auf den elektronischen Rechtsverkehr mit dem FA, zu denen nicht nur die Aufwendungen für die Bereitstellung einer Internetverbindung, sondern auch für die Anschaffung oder Umrüstung und dauerhafte Pflege der erforderlichen Hard- und Software gehören, erheblich ins Gewicht fielen (BFH-Urteil in BFHE 269, 289, BStBl II 2021, 290, Rz 16). Im dortigen Fall verfügte der Steuerpflichtige –anders als im Streitfall– weder über entsprechende technische Geräte (Hardware) noch über einen Internetanschluss für die elektronische Übermittlung der Steuererklärung an das FA, ohne dass dem Urteil die konkreten Kosten für deren Anschaffung zu entnehmen wären.
  18. cc) In ähnlicher Weise hatte es das Bundesministerium der Finanzen (BMF) bis zum Veranlagungszeitraum 2016 bei Betriebseinnahmen von weniger als 17.500 € im Wirtschaftsjahr nicht beanstandet, wenn der Steuererklärung eine formlose Gewinnermittlung beigefügt wurde, und auf die elektronische Übermittlung der Einnahmenüberschussrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung (§ 60 Abs. 4 EStDV) verzichtet (vgl. BMF-Schreiben vom 29.09.2016, BStBl I 2016, 1019). Seit dem Veranlagungszeitraum 2017 besteht diese Regelung jedoch nicht mehr fort (vgl. BMF-Schreiben vom 09.10.2017, BStBl I 2017, 1381).
  19. dd) Der erkennende Senat hat sich mit der Frage, wann ein nicht unerheblicher finanzieller Aufwand i.S. des § 150 Abs. 8 Satz 2 Alternative 1 AO vorliegt, für den Bereich der Umsatzsteuer in seinem Urteil in BFHE 236, 283, BStBl II 2012, 477 befasst. Er hat dort im Rahmen seiner Prüfung sowohl auf die Höhe der anzumeldenden Umsätze (Rz 49 f.) als auch auf den Gewinn des Unternehmers abgestellt (Rz 54). Weiterhin war zu berücksichtigen, dass –was nach wie vor gilt– das Umsatzsteuerrecht mit der Kleinunternehmerregelung dem Unternehmer bis zu dem in § 19 Abs. 1 und 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) genannten Gesamtumsatz (früher 17.500 €, jetzt 22.000 €) ermöglicht, keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen (§ 18 Abs. 1 UStG) abzugeben und im Rahmen der elektronisch einzureichenden Umsatzsteuer-Jahreserklärung (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG) nur sehr wenige Angaben machen zu müssen. Sind darüber hinaus weitere Angaben erforderlich, beruht dies auf einem freiwilligen Verzicht des Steuerpflichtigen oder auf der Verwirklichung von Sachverhalten, die nach § 19 Abs. 1 Satz 3 UStG nicht von der Kleinunternehmerregelung umfasst sind.
  20. ee) In Bezug auf § 5b EStG hat der VII. Senat des BFH mit Urteil in BFH/NV 2018, 1137 (Rz 22) eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit verneint, wenn die technischen Möglichkeiten für die elektronische Übermittlung offensichtlich vorlägen.
  21. ff) Das FG Münster hat zu § 5b EStG in seinem Urteil vom 28.01.2021 – 5 K 436/20 AO (EFG 2021, 705, Rz 24 ff.) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH zu § 25 Abs. 4 EStG angenommen, dass über die Frage der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit unter Berücksichtigung des Umsatzes und des Gewinns des Gewerbebetriebs zu entscheiden sei, weil es sich dabei um die maßgeblichen Kriterien für die Einteilung in Betriebsgrößenklassen handele, auf die der Gesetzgeber mit dem Begriff „Kleinstbetrieb“ erkennbar Bezug genommen habe. Es hat einen Aufwand von 267 € für ein Buchhaltungsprogramm zuzüglich der anteiligen Arbeitszeit des entgeltlich angestellten Geschäftsführers als für einen Kleinstbetrieb nicht unerheblichen Aufwand angesehen, wobei die dortige Klägerin im maßgeblichen Veranlagungszeitraum einen Verlust erwirtschaftet hatte. Ein überwiegender Vorteil, der durch die elektronische Übermittlung einträte, sei nicht zu erkennen, weil hinsichtlich der Besteuerung von Klein- bzw. Kleinstunternehmern die auf der maschinellen Übermittlung beruhenden Vorteile der Finanzverwaltung geringer ausfielen.
  22. gg) Das Schrifttum folgt in Bezug auf die angefochtene Vorentscheidung der Auffassung des FG (BeckOK EStG/Paetsch, 9. Ed. [01.01.2021], EStG § 5b Rz 54b; s.a. Born-Otremba, EFG 2021, 178) und verweist ansonsten auf die allgemeinen Grundsätze zu § 150 Abs. 8 AO (z.B. HHR/Müller, § 5b EStG Rz 34; Blümich/Hofmeister, § 5b EStG Rz 45).
  23. d) Entgegen der Ansicht der Revision liegt eine „unbillige Härte“ i.S. des § 5b Abs. 2 EStG nicht schon dann vor, wenn die Einkünfte des bilanzierenden Steuerpflichtigen im Wirtschaftsjahr gering oder negativ sind. Vielmehr ist zu beurteilen, ob angesichts des Umfangs der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung die vom Steuerpflichtigen zu tragenden Kosten unverhältnismäßig sind. Nur wenn dies der Fall ist, liegt ein nicht unerheblicher finanzieller Aufwand i.S. des § 150 Abs. 8 Satz 2 Halbsatz 1 AO vor.
  24. aa) Im Rahmen der Prüfung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit bei § 5b Abs. 2 EStG i.V.m. § 150 Abs. 8 AO sind die unter II.3.c aa und bb genannten (zu Steuererklärungen entwickelten) Grundsätze zu modifizieren, da § 5b EStG nicht der Gesetzessystematik des § 25 Abs. 4 EStG folgt. Daher sind nicht nur der erklärte Gewinn und Umsatz im Veranlagungszeitraum, die u.a. Eingang in die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung des bzw. der Wirtschaftsjahre(s) finden, sondern auch der übrige Inhalt der zu übermittelnden Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung in die Betrachtung mit einzubeziehen; denn die maschinelle Übermittlung von steuererheblichen Daten an die Finanzverwaltung dient sowohl der Sicherstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes –GG–; s.a. § 88 AO) als auch der Gewährleistung einer effektiven, möglichst einfachen Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. BFH-Urteile vom 16.11.2011 – X R 18/09, BFHE 235, 452, BStBl II 2012, 129, Rz 68; vom 28.10.2020 – X R 36/19, BFHE 271, 199, Rz 38; zum Zweck des § 5b EStG im Hinblick auf die §§ 85 ff., 88 AO s.a. Blümich/Hofmeister, § 5b EStG Rz 6; BeckOK/Paetsch, a.a.O., § 5b EStG Rz 3; Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 5b Rz 1; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 40. Aufl., § 5b Rz 1). Soweit diese beiden Gemeinwohlinteressen es rechtfertigen, Steuerpflichtigen die Pflicht aufzuerlegen, bestimmte Daten elektronisch an das FA zu übermitteln, hängt in Bezug auf eine elektronisch zu übermittelnde Bilanz und eine elektronisch zu übermittelnde Gewinn- und Verlustrechnung das zu berücksichtigende Gemeinwohlinteresse nicht (nur) von der Höhe der erklärten Umsätze oder der erklärten Einkünfte, sondern (auch) vom Umfang des Jahresabschlusses ab; denn der in der Möglichkeit zur (veranlagungszeitraumübergreifenden) maschinellen Prüfung elektronischer Daten liegende Vorteil der Finanzverwaltung (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 235, 452, BStBl II 2012, 129, Rz 64; in BFHE 271, 199, Rz 38; s. zu Risikomanagement-Systemen auch § 88 Abs. 5 AO) ist umso größer, je umfangreicher und komplexer eine Bilanz sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung sind. Ob die erklärten Einkünfte in einem bestimmten Veranlagungszeitraum positiv oder negativ sind, spielt insoweit, anders als bei § 25 Abs. 4 EStG, eine untergeordnete Rolle. Es erscheint aus Sicht des erkennenden Senats z.B. –zumal vor dem Hintergrund des Bilanzenzusammenhangs– fernliegend, dass ein börsennotiertes Unternehmen aufgrund einer isolierten Betrachtung seiner Einkünfte in einem Verlustjahr nicht verpflichtet sein könnte, seine Bilanz elektronisch an das FA zu übermitteln. Dies entspricht auch dem Gesetzeszweck; denn der Umfang der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung ist bei den vom Gesetzgeber bei Schaffung des § 150 Abs. 8 AO besonders erwähnten „Kleinstbetrieben“ (vgl. BTDrucks 16/10940, S. 10; s. dazu auch Klein/Rätke, a.a.O., § 150 Rz 97) typischerweise übersichtlich, wie der Jahresabschluss der Klägerin im Streitfall zeigt. Verluste können hingegen sowohl „Kleinstbetriebe“ als auch Großunternehmen erleiden.
  25. bb) Auch wenn der Klägerin darin beizupflichten ist, dass die Prüfung einer unbilligen Härte im Rahmen des § 5b EStG trotz des Umstands durchzuführen ist, dass die Klägerin ihre Steuererklärungen elektronisch an das FA übermittelt, weil sich Anforderungen und Investitionsaufwand im Bereich des § 5b EStG von denen für die Übermittlung der Steuererklärung unterscheiden können (vgl. Martini in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5b Rz C 13), führt dies aber umgekehrt auch nicht dazu, dass –wie die Klägerin möglicherweise meint– bei einem (wie auch immer definierten) „Kleinstbetrieb“ oder „Verlustbetrieb“ bzw. einer „übersichtlichen“ Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung mit nur wenigen Bilanzpositionen immer eine „unbillige Härte“ i.S. des § 5b Abs. 2 EStG zu bejahen wäre, weil jeglicher finanzieller Aufwand (ab dem ersten Euro) ein „nicht unerheblicher finanzieller Aufwand“ i.S. des § 150 Abs. 8 Satz 2 AO wäre. Auch bei Kleinstbetrieben besteht kein voraussetzungsloser, „automatischer“ Anspruch auf eine Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Bilanz. Weder § 5b Abs. 2 EStG noch § 150 Abs. 8 AO sehen einen derartigen „Automatismus“ vor, sondern verlangen das Vorliegen einer „unbilligen“ Härte bzw. –im Fall der behaupteten wirtschaftlichen Unzumutbarkeit– eines „nicht unerheblichen“ finanziellen Aufwands.
  26. e) Nach diesen Grundsätzen ist das FG, auch wenn es teilweise von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass im Streitfall eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit zu verneinen ist.
  27. aa) Das FG hat angenommen, dass die Klägerin, die sowohl über einen Internetanschluss als auch über eine für die elektronische Übermittlung taugliche Hardware verfügt, entweder keine Kosten für eine Software, die die von § 5b Abs. 1 EStG geforderte elektronische Übermittlung ermöglicht, tragen müsse, soweit sie dazu eine frei zugängliche Software nutzen könne. Wenn die Klägerin diese nicht nutzen könne oder wolle, stehe alternativ eine kommerzielle Version/Software zur Verfügung, deren Kosten zwischen 10 € und 40 € lägen. Dieser Betrag sei auch für ein Kleinstunternehmen, das im maßgeblichen Wirtschaftsjahr einen Gewinn im vierstelligen Bereich erzielt habe, wirtschaftlich möglich und damit nicht unbillig, zumal dieser Betrag steuerlich in Abzug gebracht werden könne.
  28. bb) Ausgehend davon greift die Verfahrensrüge der Klägerin, die Kosten für eine vom FG angeführte Software lägen nicht zwischen 10 € und 25 €, sondern jedenfalls seit Ende August 2020, und damit vor Schluss der mündlichen Verhandlung, bei 39 €, was das FG bei der Urteilsfindung über die Verpflichtungsklage der Klägerin habe berücksichtigen müssen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 269, 284, BStBl II 2021, 288, Rz 18), nicht durch; denn das FG ist in Rz 23 der Vorentscheidung (EFG 2021, 176) davon ausgegangen, dass selbst Kosten in Höhe von 40,54 € pro Wirtschaftsjahr keinen erheblichen finanziellen Aufwand darstellten. Dieser Betrag liegt über den von der Klägerin angegebenen 39 €.
  29. cc) Das FG hat bei seiner Würdigung, dass dieser Aufwand nicht wirtschaftlich unzumutbar sei, in Rz 24 der Vorentscheidung (EFG 2021, 176) dem Aufwand zwar vorrangig die Ertragslage des Unternehmens im jeweiligen Veranlagungszeitraum gegenübergestellt, aber auch auf die Umsätze der Klägerin abgehoben. Den sonstigen Umfang der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung hat es nicht untersucht. Die Bilanz der Klägerin, deren Inhalt das FG durch Bezugnahme tatsächlich festgestellt hat (vgl. dazu allgemein z.B. BFH-Urteile vom 07.12.2017 – IV R 23/14, BFHE 260, 312, BStBl II 2018, 444, Rz 31; vom 20.12.2017 – III R 23/15, BFHE 260, 271, BStBl II 2019, 469, Rz 13) und die vom Senat daher berücksichtigt werden darf, zeigt, dass die Klägerin auch insoweit ein „Kleinstbetrieb“ ist, was auch das FG –im Ergebnis zutreffend– seiner Prüfung zugrunde gelegt hat. Sie weist eine Bilanzsumme von 16.277 € und Gewinnrücklagen in Höhe von 3.810 € aus. Die Gewinn- und Verlustrechnung weist Umsätze von 2.648 € und ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 660 € aus. Als Aktivvermögen sind Sachanlagen und ein „Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten, Postgiro“ vorhanden. Allerdings führt allein dieser Umstand nicht dazu, dass die Klägerin von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung zu befreien wäre, sondern nur dazu, dass zu prüfen ist, ob vor diesem Hintergrund der finanzielle Aufwand für die Klägerin unzumutbar ist (s. oben II.3.d bb).
  30. dd) Ausgehend davon begegnet das Ergebnis der Beurteilung des FG, ein finanzieller Aufwand in Höhe von 40,54 € pro Jahr für die elektronische Übermittlung einer Bilanz sei auch bei einem Kleinstunternehmen kein erheblicher finanzieller Aufwand und nicht unverhältnismäßig, auch unter Berücksichtigung einer Bilanzsumme von 16.277 €, von Gewinnrücklagen in Höhe von 3.810 €, Umsatzerlösen von 2.648 € und einem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 660 € keinen Bedenken, zumal dieser Betrag gewinnmindernd zu berücksichtigen ist.
  31. f) Die Einwendungen der Klägerin führen zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere ist der den Steuerpflichtigen zumutbare Aufwand für die Datenübermittlung nicht auf Kleinbeträge i.S. des § 156 AO i.V.m. der KBV begrenzt, so dass sich auch aus der Überschreitung des Betrags von 25 € kein Anspruch auf Befreiung ergibt.
  32. 4. Soweit die Klägerin einwendet, es liege ein sonstiger Ausnahmefall vor, der die auferlegte Pflicht zur elektronischen Datenübermittlung unverhältnismäßig erscheinen lasse, bleibt auch dies ohne Erfolg; das FG hat zu Recht angenommen, dass das FA das ihm insoweit eingeräumte Ermessen (vgl. allgemein Senatsurteil in BFHE 236, 283, BStBl II 2012, 477; BFH-Urteil in BFH/NV 2018, 1137; Klein/Rätke, a.a.O., § 150 Rz 100) nicht überschritten habe.
  33. a) Einen solchen Ausnahmefall leitet die Klägerin daraus ab, dass der Fiskus einerseits vom Steuerpflichtigen fordere, dass er dem Fiskus seine Daten elektronisch übermittele, aber andererseits dem Steuerpflichtigen nicht die Möglichkeit eröffne, diese Daten ohne fremde Hilfe elektronisch an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Insbesondere bestehe keine Übermittlungsmöglichkeit durch ein Programm der Finanzverwaltung oder eine Online-Anwendung der Finanzverwaltung, z.B. über www.elster.de.
  34. b) Es trifft zwar zu, dass für die nach § 5b EStG zu übermittelnden Daten –anders als z.B. für die Einnahmenüberschussrechnung– eine direkte Eingabemöglichkeit über www.elster.de nicht besteht. Aber selbst wenn eine solche kostenlose Eingabemöglichkeit über „Elster“ aus Sicht der Steuerpflichtigen wünschenswert wäre, besteht darauf kein rechtlicher Anspruch. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch die Einreichung einer Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung auf Papier Kosten verursacht und das Vorhandensein entsprechender „Technik“, die der Steuerpflichtige auf seine Kosten selbst beschaffen muss, voraussetzt. Diese Kosten mussten schon bisher nicht vom Fiskus erstattet, sondern konnten, soweit es um die Einkünfteermittlung geht, aufgrund des objektiven Nettoprinzips gewinnmindernd berücksichtigt werden.
  35. Außerdem ist es nach der unter II.1.c angeführten Rechtsprechung nicht verfassungswidrig, dass der Gesetzgeber vom Steuerpflichtigen –innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 150 Abs. 8 AO, die vorliegend nicht überschritten sind– fordert, dass er ggf. noch fehlende technische Voraussetzungen zur Datenübermittlung auf seine Kosten schafft, also z.B. für einen noch fehlenden Internetzugang sorgt und sich ein Eingabegerät sowie die dazu erforderliche Software (z.B. ein Betriebssystem) beschafft. Auch diese Mittel müssen vom Fiskus nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Für die Software zur Übermittlung gilt nichts anderes.
  36. 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
  37. 6. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO).