Rückgabegewinn bei Anteilen an Immobilienfonds im Betriebsvermögen

Urteil vom 01. Juli 2020, XI R 10/18

ECLI:DE:BFH:2020:U.010720.XIR10.18.0

BFH XI. Senat

FGO § 99 , HGB § 252 Abs 1 Nr 4 , HGB § 255 Abs 1 , EStG § 5 Abs 1 S 1 , InvStG § 1 Abs 3 , InvStG § 2 Abs 1 , InvStG § 3 Abs 1 , InvStG § 3 Abs 3 S 1 , InvStG § 4 , InvStG § 8 Abs 5 , KAGG § 45 , EStG § 5 Abs 1 S 1 , EStG VZ 2007 , EStG VZ 2009 , EStG VZ 2010 , KStG VZ 2007 , KStG VZ 2009 , KStG VZ 2010

vorgehend FG Münster, 19. Februar 2018, Az: 13 K 1278/14 K,G,F

Leitsätze

Die von § 2 Abs. 1 InvStG 2004 nicht erfasste Ausschüttung eines sog. Liquiditätsüberhangs („negativ thesaurierte Erträge“) führt im Rahmen der betrieblichen Bewertung der Immobilienfonds-Anteile des Ausschüttungsempfängers nicht zu einer Minderung der Anschaffungskosten; vielmehr ist ein passiver Ausgleichsposten zu bilden, der im Zeitpunkt der Rückgabe/Veräußerung der Anteile gewinnerhöhend aufzulösen ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Zwischenurteil des Finanzgerichts Münster vom 19.02.2018 – 13 K 1278/14 K,G,F wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

A.

  1. Streitig ist, ob im Zeitpunkt der Rückgabe von Anteilen an Immobilienfonds, die im Betriebsvermögen gehalten wurden, während der Behaltenszeit angefallene sog. negativ thesaurierte Erträge einkommens- und gewerbeertragserhöhend anzusetzen sind.
  2. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Sparkasse in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts i.S. des Sparkassengesetzes Nordrhein-Westfalen, die mit ihrem gesamten Geschäftsbetrieb als Betrieb gewerblicher Art i.S. des § 4 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren (2007, 2009, 2010) geltenden Fassung (KStG) der Körperschaftsteuer unterliegt (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG). Zum Betriebsvermögen gehörten Anteile an mehreren (dem Investmentgesetz unterliegenden) Immobilienfonds. Die Fonds nahmen auch Ausschüttungen vor, die nicht als Erträge i.S. des § 2 des Investmentsteuergesetzes 2004 (InvStG 2004) bzw. –für eine Behaltenszeit vor dem Inkrafttreten des InvStG 2004 (s. dazu § 18 Abs. 1 InvStG 2004)– des § 45 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) steuerpflichtig waren („Liquiditätsüberhang“ infolge der Ermittlung der investmentsteuerrechtlichen Erträge durch Abzug von Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung –AfA/AfS–, sog. negativ thesaurierte Erträge). In welchen Jahren der Behaltenszeit der Anteile (seit 1998) und in welchem Umfang derartige Ausschüttungen erfolgt sind, ist offen.
  3. Im Zuge einer Außenprüfung (Prüfungsjahre 2007 bis 2010) vertrat der Prüfer die Ansicht, dass für jene Ausschüttungen jeweils passive Ausgleichsposten zu bilden und im Zeitpunkt der Rückgabe der Investmentanteile gewinnerhöhend aufzulösen seien. Insoweit berechnete er für einen solchen Posten einen (bisher von der Klägerin nicht angesetzten) Bestand aus den Vorjahren, den er erfolgsneutral zum 01.01.2007 erfasste, und führte ihn in den Prüfungsjahren fort. Im jeweiligen Zeitpunkt der Rückgabe von Anteilen löste er den Posten anteilig gewinnerhöhend auf (2007: … €, 2009: … €, 2010: … €).
  4. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erließ nach Maßgabe des Prüfungsberichts Änderungsbescheide unter dem 10.09.2012 (Körperschaftsteuer 2007 bis 2010; gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2007, 31.12.2008, 31.12.2009 und 31.12.2010; gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2007, 31.12.2008, 31.12.2009 und 31.12.2010) bzw. unter dem 21.09.2012 (Gewerbesteuermessbeträge 2007 bis 2010). In den jeweiligen Einspruchsverfahren der Klägerin ergingen Teilabhilfebescheide (unter dem 08.11.2013 bzw. unter dem 29.11.2013); soweit sich die Einsprüche auf die Bildung und Auflösung der passiven Ausgleichsposten bezogen, ergingen (unter Benennung der Teile des Einspruchs, über die nicht entschieden sein sollte) ablehnende Teil-Einspruchsentscheidungen, und zwar unter dem 20.03.2014 (Körperschaftsteuerbescheide 2007 bis 2010), dem 16.06.2014 (gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Körperschaftsteuer) und dem 07.08.2014 (Gewerbesteuermessbeträge 2009 und 2010; gesonderte Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste).
  5. Die dagegen erhobenen Klagen (nicht gegen Körperschaftsteuer 2008) wurden vom Finanzgericht (FG) Münster zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden; später wurde die Klage wegen Körperschaftsteuer 2007 zurückgenommen. Mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 781 veröffentlichten Zwischenurteil vom 19.02.2018 – 13 K 1278/14 K,G,F stellte das FG fest, dass die Gewinnerhöhungen zu Recht erfolgt seien, und ließ die Revision zu. Rechtsgrund für die Gewinnerhöhungen sei –ohne dass dies zu entscheiden sei– entweder die Auflösung passiver Ausgleichsposten oder (in entsprechender Höhe) der Ansatz von geminderten Anschaffungskosten der Anteile bei der gewinnrealisierenden Rückgabe.
  6. Mit ihrer Revision gegen das Zwischenurteil rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
  7. Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die durch die Teil-Einspruchsentscheidungen vom 20.03.2014 u.a. bezeichneten Besteuerungsgrundlagen der angefochtenen Bescheide dort in der Weise zu berücksichtigen, dass die vom FA vorgenommenen Gewinnerhöhungen rückgängig gemacht werden.
  8. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

B.

  1. I. Die Zuständigkeit des Senats folgt aus Teil A. –XI. Senat– Nr. 2 in Abgrenzung zu Teil A. –VIII. Senat– Nr. 8 der Regelungen des Geschäftsverteilungsplans des Bundesfinanzhofs (BFH) für das Jahr 2020 (Abdruck z.B. in BStBl II 2020, 71); Gegenstand des Rechtsstreits sind nicht Regelungen des Investmentsteuergesetzes in den ab dem Veranlagungszeitraum 2018 geltenden Fassungen.
  2. II. Die verfahrensrechtlichen Einwendungen der Klägerin gegen das Zwischenurteil greifen nicht durch.
  3. 1. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Zwischenurteils (§ 99 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) zur Rechtsfrage, ob der Ansatz der Gewinnerhöhungen „dem Grunde nach“ rechtmäßig ist, sind erfüllt. Da dies zwischen den Beteiligten, die der Verfahrensweise des FG auch zugestimmt haben, nicht streitig ist, sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab.
  4. 2. Die Rüge der Klägerin, der Tenor der angefochtenen Entscheidung sei („zu“) unbestimmt, hat keinen Erfolg.
  5. Zwar verweist die Klägerin zu Recht auf die Maßgabe, (gerade) bei einem Zwischenurteil in einem Verfahren, das mehrere Streitpunkte betrifft, sei durch eine eindeutige Tenorierung der Gegenstand der Entscheidung (d.h. die entschiedenen Streitpunkte) so genau abzugrenzen, dass die Reichweite ausreichend rechtssicher bestimmt werden kann (z.B. BFH-Beschluss vom 28.01.2015 – X B 103/14, BFH/NV 2015, 702; s.a. Brandis in Tipke/Kruse, § 99 FGO Rz 8; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 99 FGO Rz 40). Diesem Erfordernis wurde aber im angefochtenen Urteil in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Denn im Tenor wird –bei einer Auslegung unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe (z.B. BFH-Urteile vom 15.03.2017 – III R 12/16, BFHE 259, 229, BStBl II 2018, 789, Rz 39; vom 15.05.2018 – X R 42/17, BFH/NV 2018, 1275; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 105 Rz 21; Brandis in Tipke/Kruse, § 105 FGO Rz 5) und ungeachtet etwaiger Ungenauigkeiten bei der Benennung von Berechnungsgrundlagen („investmentrechtlicher Einbehalt“) oder dem Vorschriftenverweis– ausreichend deutlich, dass die angefochtene Entscheidung zu den Gewinnerhöhungen im Zusammenhang mit der Ermittlung von Rückgabegewinnen/-verlusten der Streitjahre ergangen ist, die (mit exakt dort angeführten Beträgen) Gegenstand der angefochtenen Teil-Einspruchsentscheidungen des FA sind („dem Grunde nach“). Dadurch ist mittelbar auch erkennbar, dass die Entscheidung „der Höhe nach“ –da „weitere umfangreiche, bis in das Jahr 1998 zurückreichende Ermittlungen zur Höhe … erforderlich werden“– dem Nachverfahren vorbehalten ist. Und in diesem Nachverfahren sind auch die von der Klägerin angeführten Fragen zu klären, inwieweit in den Ausschüttungen entsprechende Teilbeträge tatsächlich vorhanden sind, wie sich solche Teilbeträge (insbesondere unter Vermeidung einer Doppelerfassung) ermitteln lassen und mit welchem Betrag sie Gegenstand einer Belastungsentscheidung des Gesetzes sein können.
  6. III. Die Revision ist auch in der Sache unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht dahin erkannt, dass sog. negativ thesaurierte Erträge bei der gewinnrealisierenden Rückgabe der Anteile gewinnerhöhend zu berücksichtigen sind.
  7. 1. Die Klägerin hat nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) –hinsichtlich der Gewerbesteuer i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes– in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die „handelsrechtlichen“ GoB ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften für alle Kaufleute“ der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Zu diesen GoB gehört das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB geregelte Realisationsprinzip, demzufolge Gewinne (nur) dann zu berücksichtigen sind, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind (z.B. BFH-Urteile vom 12.05.1993 – XI R 1/93, BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786; vom 17.01.2018 – I R 27/16, BFHE 261, 1, BStBl II 2018, 449). Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin einen Gewinn aus der Rückgabe von Fondsanteilen in den Streitjahren realisiert. Dies steht zwischen den Beteiligten dem Grunde nach außer Streit und bedarf keiner weiteren Ausführungen.
  8. 2. Der bei der jeweiligen Rückgabe realisierte Gewinn entspricht der Differenz aus dem Rücknahmepreis einerseits und dem Buchwert des Anteils andererseits. Der Buchwert der Anteile entsprach nach den Feststellungen des FG sowohl im Rahmen der Erstbewertung als auch zum Ende der jeweiligen Streitjahre den Anschaffungskosten der Anteile (s.a. –zugleich allgemein zur Bilanzierung von Fondsanteilen– BFH-Urteil vom 29.03.2017 – I R 73/15, BFHE 258, 38, BStBl II 2017, 1065). Eine Minderung der Anschaffungskosten ist durch im Laufe der Behaltenszeit angefallene sog. negativ thesaurierte Erträge nicht eingetreten.
  9. a) Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dieser handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten ist in Ermangelung einer abweichenden Definition im Einkommensteuergesetz auch der steuerbilanziellen Beurteilung zugrunde zu legen (BFH-Urteile in BFHE 258, 38, BStBl II 2017, 1065; vom 22.05.2019 – XI R 44/17, BFHE 265, 124, BStBl II 2020, 44). Zu den Anschaffungskosten gehören neben den Nebenkosten sowohl die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB) als Folgekosten des Erwerbsvorgangs als auch etwaige Minderungen.
  10. b) Der auf dieser Grundlage erforderliche (Veranlassungs-)Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang (s. insbesondere Senatsurteil in BFHE 265, 124, BStBl II 2020, 44) besteht allerdings nicht, wenn es im Laufe der Behaltenszeit der Anteile zu Ausschüttungen aus dem Investmentvermögen kommt, die den Rechtsbegriff der ausgeschütteten Erträge (§ 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004) oder den der ausschüttungsgleichen Erträge (§ 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG 2004) nicht erfüllen. Ein Beispiel sind sog. negativ thesaurierte Erträge. Sie liegen vor, wenn aus dem Investmentvermögen der dort aufgrund von nicht liquiditätswirksamer AfA/AfS (Minderung der zugeflossenen Einnahmen [der Saldo ist als Nettobetrag der „ausgeschüttete Ertrag“ – s. z.B. BFH-Urteil vom 30.07.2019 – VIII R 22/16, BFHE 265, 504, BStBl II 2020, 82, Rz 25, m.w.N.]) entstandene geschäftsjahrbezogene „Liquiditätsüberhang“ an die Anleger „steuerneutral“ –da nicht von § 1 Abs. 3 und § 2 InvStG 2004 erfasst– ausgeschüttet wird (Beschreibung dieses Geschäftsvorfalls z.B. in BTDrucks 17/3549, 29 [zu § 8 Abs. 5 Satz 6 InvStG/Entwurf eines Jahressteuergesetzes –JStG– 2010]; BTDrucks 17/12603, 32; s.a. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen –BMF– vom 18.08.2009, BStBl I 2009, 931, Rz 16b; Schäfer/Schinzl in Baur/Tappen, Investmentgesetze, 3. Aufl., § 3a InvStG Rz 18; Haug, Finanz-Rundschau –FR– 2019, 1058, 1059 f.; Brosda, EFG 2018, 785; s. nun auch § 35 Abs. 4 Satz 1 InvStG 2018 [„Absetzungsbeträge“] und dazu Buge in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, Anhang zu § 20 EStG [§ 35 InvStG Rz 20]; Blümich/Wenzel, § 35 InvStG 2018 Rz 25; Köhler, Praxisleitfaden Investmentsteuerrecht, S. 125 f.). Dass Empfänger dieser Ausschüttungen ausschließlich Anleger sind, reicht für den Veranlassungszusammenhang mit dem Erwerbsvorgang nicht aus. Und es ist entgegen der Ansicht der Vorinstanz auch nicht ersichtlich, dass § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 3 InvStG 2004 die Funktion haben sollten, den Anschaffungskostenbegriff bei betrieblichen Anlegern zu modifizieren (im Ergebnis ebenso FG Münster, Urteil vom 16.01.2020 – 10 K 1848/16 K,G,F, EFG 2020, 749, Rz 60 [beim BFH anhängige Revision I R 15/20]; Borgdorf, EFG 2020, 755, 756; in der Sache wohl auch HHR/Haisch, § 5 EStG Rz 1093 „Sog. Absetzungsbeträge“; abweichend Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, 2. Aufl., § 8 Rz 130 ff.).
  11. 3. Sog. negativ thesaurierte Erträge sind beim betrieblichen Anleger durch einen (bilanziellen) passiven Ausgleichsposten abzubilden, der im Zeitpunkt der Realisation (Veräußerung/Rückgabe) der Anteile gewinnerhöhend aufzulösen ist. Die Vorentscheidung erweist sich insoweit als rechtmäßig.
  12. a) Für die Besteuerung von Erträgen aus einer Investmentfondsanlage gelten für den betrieblichen Anleger und die bilanzielle Gewinnermittlung die Maßgaben der §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG und der GoB (z.B. Häuselmann, Investmentanteile, Kap. 8 Rz 80, 139 f.; Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente, § 7 Rz 151; Moritz/Strohm in Moritz/Jesch, InvStG, § 2 Rz 54 ff.; Schulz/Petersen, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2008, 335), da das Investmentsteuerrecht insoweit keine eigenständige (bzw. abschließende) Regelung trifft. Insoweit kommt es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht in Betracht, der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 (i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 2) InvStG 2004 zum Umfang der Steuerpflicht von aus dem Fonds ausgeschütteten Erträgen (auf der Grundlage einer Ermittlung der Erträge des Investmentvermögens entsprechend § 3 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 InvStG 2004) eine Rechtswirkung beizumessen, die auch den Umfang einer besteuerbaren Betriebsvermögensmehrung beim bilanzierenden Anleger abschließend (und zugleich andere Umstände ausschließend) beschreibt (so im Ergebnis wohl auch BFH-Urteil in BFHE 265, 504, BStBl II 2020, 82, Rz 30; BMF-Schreiben vom 02.06.2005, BStBl I 2005, 728, und BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 931, jeweils Rz 56; s.a. Lübbehüsen in Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 3 InvStG Rz 92; Ernst in Bödecker/Ernst/Hartmann, InvStG, § 3 Rz 79; Levedag, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2020, 34; Haug, FR 2019, 1058, 1060; abweichend Schulz/Petersen, DStR 2008, 335, 336 f.). Insoweit ist die Wirkung des § 3 Abs. 1 InvStG 2004 auf die Ermittlung der Einkünfte auf der Ebene des Investmentfonds beschränkt (so im Ergebnis wohl auch Blümich/Wenzel, § 3 InvStG 2004 Rz 7).
  13. b) Wenn damit bei der Gewinnermittlung des bilanzierenden Anlegers auch Vermögensmehrungen einkommenserheblich sein können, die beim privaten Anleger kraft Gesetzes als nicht besteuerbar anzusehen sind, ist aber der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung –unabhängig von einer handelsrechtlichen Wertung (z.B. Köhler, a.a.O., S. 127 f.; allgemein Schulz/Petersen, DStR 2008, 335)– für die steuerrechtliche Gewinnermittlung nicht mit dem Zuflusszeitpunkt gleichzusetzen, wenn eine sachliche Nähe zum „inneren Wert“ der Anteile besteht und dies einen engen Zusammenhang mit dem (künftigen) Realisationsakt für diese Wirtschaftsgüter rechtfertigt. Insoweit wird der Zufluss unter Beachtung der investmentsteuerrechtlichen Maßgaben nicht dem (laufenden) Ertragsbereich zugewiesen, sondern der (Betriebs-)Vermögenssphäre des betrieblichen Anlegers und es besteht eine steuerrechtliche Auswirkung (erst) bei einer darauf bezogenen Realisation durch Veräußerung/Rückgabe der Anteile.
  14. aa) Dies ist in der Situation sog. negativ thesaurierter Erträge der Fall. Denn die Ausschüttung des „Liquiditätsüberhangs“ durch den Fonds (finanziert aus den laufenden Einnahmen) berührt –ähnlich einer sog. Substanzausschüttung (s. zu dieser § 3a InvStG 2004 seit dem Gesetz vom 18.12.2013, BGBl I 2013, 4318)– (mindernd) den „inneren Wert“ der Anteile (z.B. Bödecker in Bödecker/Ernst/Hartmann, a.a.O., § 2 Rz 41.8, und Hartmann, ebenda, § 8 Rz 71; HHR/Link, Anhang zu § 20 EStG [§ 49 InvStG Rz 15]; Levedag, HFR 2020, 34, 36), der bei einer Rückgabe der Anteile in der Höhe des Rückgabewerts besteuerungsrelevant ist. Insoweit ist damit die für den betrieblichen Anleger relevante Besteuerung der Vermögenssubstanz angesprochen. Auf dieser Grundlage sind entsprechende Ausschüttungen während der Behaltenszeit der Anteile durch den Ansatz eines passiven Ausgleichspostens zu neutralisieren, um im Realisationszeitpunkt (z.B. der Rückgabe der Anteile) im Zusammenhang mit der Ermittlung des Rückgabegewinns/-verlustes ertragswirksam („Nachversteuerung“) aufgelöst zu werden (s. z.B. das –entgegen der Ansicht der Klägerin nach der Überzeugung des erkennenden Senats insoweit nicht nur als beschreibende Darstellung der üblichen Gegebenheiten in der Praxis zu verstehende [gl.A. Haug, FR 2019, 1058, 1060]– BFH-Urteil in BFHE 265, 504, BStBl II 2020, 82, Rz 29; FG Münster, Urteil in EFG 2020, 749, Rz 60 f.; BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 931, Rz 16b; aus der Literatur z.B. Bauderer/Mundel in Haase, a.a.O., § 1 Rz 328, und Steinmüller, ebenda, § 3 InvStG Rz 218; Berger in Berger/Steck/Lübbehüsen, a.a.O., § 1 InvStG Rz 278, 283, und Lübbehüsen, ebenda, § 2 InvStG Rz 92; Bödecker in Bödecker/Ernst/Hartmann, a.a.O., § 2 Rz 41.8; Moritz/Strohm in Moritz/Jesch, a.a.O., § 2 Rz 56, und Völker, ebenda, § 5 Rz 214, 216; HHR/Haisch, § 5 EStG Rz 1093 „Sog. Absetzungsbeträge“; Häuselmann, a.a.O., Kap. 8 Rz 80, 140; Levedag, HFR 2020, 34, 36, 37; Haug, FR 2019, 1058, 1060; Borgdorf, EFG 2020, 755, 756; s.a. BTDrucks 18/8045, 121 [Begründung des Gesetzentwurfs zur Reform der Investmentbesteuerung –Investmentsteuerreformgesetz–/ hier: § 49 InvStG 2018]; abl. Schulz/Petersen, DStR 2008, 335, 336).
  15. bb) Diese steuerbilanzrechtliche Beurteilung hat eine Nähe zu den Rechtsprechungsgrundsätzen des BFH zu sog. ausschüttungsgleichen Erträgen (§ 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG 2004), die im Wege eines aktiven steuerlichen Ausgleichspostens berücksichtigt werden. Dabei geht es um eine Diskrepanz zwischen den nach dem InvStG (kraft Zuflussfiktion, § 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004) steuerpflichtigen Erträgen und der Höhe der tatsächlichen Auszahlung: Um eine „zweite Besteuerung“ im Zeitpunkt der Rückgabe oder Veräußerung der Investmentfondsanteile (durch einen erhöhten Rückgabepreis) zu vermeiden, wird ein aktiver Ausgleichsposten gebildet, der bei Rückgabe oder Veräußerung der Anteile (gewinnmindernd) aufgelöst wird (BFH-Urteil in BFHE 258, 38, BStBl II 2017, 1065, Rz 17; s.a. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 931, Rz 29; Blümich/Wenzel, § 2 InvStG 2004 Rz 11; Lübbehüsen in Berger/Steck/Lübbehüsen, a.a.O., § 2 InvStG Rz 93; Moritz/Strohm in Moritz/Jesch, a.a.O., § 2 Rz 56 und 74; Rockel/Patzner, DStR 2008, 2122, 2123 und 2126). Dabei ist der Vorinstanz zur Frage der im BFH-Urteil in BFHE 258, 38, BStBl II 2017, 1065 offen gebliebenen „Verortung“ eines solchen Postens für den hier streiterheblichen passiven Ausgleichsposten darin beizupflichten, dass es sich um eine Position handelt, die innerbilanziell abzubilden ist (s.a. Levedag, HFR 2020, 34, 36; Anemüller, Erbschaftsteuer-Berater 2018, 237, 238), da es beim betrieblichen Anleger im Augenblick der Ausschüttung des „Liquiditätsüberhangs“ zu einer „realen“ (und handelsbilanziell abzubildenden) Vermögensmehrung gekommen ist; nicht zuletzt kann der Geschäftsvorfall nach Auffassung des erkennenden Senats mit Blick auf die alternativ diskutierte Auffassung (Minderung der Anschaffungskosten) nur auf diese Weise kongruent gelöst werden.
  16. cc) Dem Einwand der Klägerin, es fehle entsprechend zur BFH-Rechtsprechung zu den organschaftlichen Mehrabführungen vor dem Inkrafttreten des § 14 Abs. 4 KStG i.d.F. des JStG 2008 vom 20.12.2007, BGBl I 2007, 3150 (BFH-Urteil vom 07.02.2007 – I R 5/05, BFHE 216, 530, BStBl II 2007, 796) eine gesetzliche Grundlage (ebenso Schulz/Petersen, DStR 2008, 335, 336 f.; a.A. Haisch/Helios, a.a.O., § 7 Rz 167), ist nicht zu folgen. Auch wenn das InvStG 2004 dazu –da § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG 2004 als Regelung zur Bekanntgabe- und Nachweispflicht nicht zureicht (Schulz/Petersen, DStR 2008, 335, 336)– keine ausdrückliche Anweisung enthält, lässt sich der passive Ausgleichsposten aus der anlegerbezogenen Verstrickung des Betriebsvermögens begründen, der wegen der sachlichen Anknüpfung an einen Realisationsakt während der Behaltenszeit der Anteile den betrieblichen Anleger von einer Einkommenswirkung einer tatsächlich eingetretenen Vermögensmehrung befreit und dadurch eine systemgerechte Veräußerungsgewinnbesteuerung sicherstellt. Dabei wird dieser Posten entgegen der Ansicht der Klägerin auch durch die „Schlussbesteuerung“ in § 8 InvStG 2004, die sich auf den spezifischen Posten der „Einnahmen aus der Rückgabe …“ bezieht und Teilbeträge besonderen Rechtsfolgen zuordnet, nicht berührt (s.a. Häuselmann, a.a.O., Kap. 8 Rz 140). Nicht zuletzt kann die Ausgleichspostenbildung im Kern ihres Bestandes und im zeitlichen Nachgang zu den Streitjahren auch als durch das JStG 2010 vom 08.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) bestätigt angesehen werden. Denn nach § 8 Abs. 5 Satz 6 InvStG 2004 i.d.F. des JStG 2010 erhöhen diese (vormals ausgeschütteten) „Liquiditätsüberhänge“ beim Privatanleger den Veräußerungsgewinn (s.a. BTDrucks 17/3549, 29), was im Ergebnis auf eine Gleichstellung mit der Besteuerungssituation bei betrieblichen Anlegern hinausläuft. Im InvStG 2018 ist diese Rechtsfolge § 49 Abs. 3 Satz 4 InvStG 2018 zu entnehmen, wobei diese Regelung unter Hinweis auf ein redaktionelles Versäumen des Gesetzgebers auch für den Bereich des betrieblichen Anlegers für anwendbar gehalten wird (z.B. HHR/Link, Anhang zu § 20 EStG [§ 49 InvStG Rz 15]; gl.A. Blümich/Wenzel, § 49 InvStG 2018 Rz 24, Ergänzungslieferung März 2020 [mit Hinweis auf BTDrucks 18/8045, 121]).
  17. 4. Das FG hat im Streitfall auch ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass die gewinnneutrale Berichtigung des Bilanzansatzes (Berechnung eines Anfangsbestandes des passiven Ausgleichspostens zum 01.01.2007) mit Blick auf die bestandskräftigen Veranlagungen der Vorjahre nach den steuerrechtlichen Grundsätzen zur Bilanzberichtigung (s. z.B. BFH-Urteile vom 21.10.1976 – IV R 222/72, BFHE 120, 369, BStBl II 1977, 148; vom 26.11.2008 – X R 23/05, BFHE 224, 61, BStBl II 2009, 407; vom 08.11.2018 – IV R 38/16, BFH/NV 2019, 551, Rz 34, m.w.N.) wirksam erfolgen konnte.
  18. a) Dabei kann die Berichtigung im ersten noch änderbaren Jahr erfolgsneutral durch eine Berichtigung des betroffenen Bilanzpostens in der Anfangsbilanz erfolgen (s. zur Abgrenzung Kanzler in Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl., Rz 1156, m.w.N.), da sich der Fehler (der im Streitfall –soweit im gegenwärtigen Verfahrensstadium erkennbar– ohne bisherige ertragswirksame Auswirkung geblieben ist) im Rahmen des Bilanzenzusammenhangs nicht i.S. eines späteren erfolgswirksamen Fehlerausgleichs aufheben würde (z.B. allgemein BFH-Urteile in BFHE 120, 369, BStBl II 1977, 148, a.E.; vom 28.04.1998 – VIII R 46/96, BFHE 185, 492, BStBl II 1998, 443; vom 09.05.2012 – X R 38/10, BFHE 237, 329, BStBl II 2012, 725; Schubert in Beck Bil-Komm., 12. Aufl., § 253 HGB Rz 813; Kahle/Goldschmidt in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht, 2018, § 252 HGB Rz 36).
  19. b) Gegen eine solche Berichtigung kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, erst im Zusammenhang mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 931, Rz 16b zuverlässig über den Rechtsstandpunkt der Finanzverwaltung informiert worden zu sein und daher in Vorjahren den Ansatz des passiven Ausgleichspostens zu Recht unterlassen zu haben. Denn das BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 931 ist nicht die Rechtsgrundlage der bilanzrechtlichen Verpflichtung – vielmehr sind es die bilanzrechtlichen Grundlagen im Zusammenhang mit dem Realisationsprinzip, was wiederum die Durchbrechung des Bilanzenzusammenhangs rechtfertigt, um auszuschließen, dass sich ein relevanter Geschäftsvorfall (endgültig) nicht gewinnwirksam auswirkt. Dies entspricht auch den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 31.01.2013 – GrS 1/10 (BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317) zur Bilanzberichtigung.
  20. c) Im Übrigen ist es dem Senat in dem hier anhängigen Verfahren verwehrt, zur Höhe des Wertansatzes zum 01.01.2007 Stellung zu nehmen; die Frage, ob und inwieweit die Klägerin Teilbeträge der Vorjahre bereits einkommenswirksam erfasst haben sollte, ist Gegenstand des weiteren Verfahrens beim FG zur Höhe des einkommens- und gewerbeertragswirksamen Rückgabegewinns.
  21. 5. Soweit sich dem Vortrag der Klägerin weitere Einwendungen entnehmen lassen (z.B. Steuerfreiheit gemäß § 4 InvStG 2004 für AfA/AfS-Teilbeträge, die auf Auslandsgrundstücke entfallen; unzulässiger Einfluss von Veräußerungsgewinnen aus der Veräußerung der im Vermögen des Investmentfonds befindlichen Immobilien auf die Höhe des passiven Ausgleichspostens), betreffen sie allenfalls die im konkreten Fall besteuerungsrelevante Höhe des passiven Ausgleichspostens und berühren daher nicht die Rechtmäßigkeit des in diesem Revisionsverfahren gegenständlichen Zwischenurteils.
  22. IV. Die Kostenentscheidung, die sich nur auf die Kosten des Revisionsverfahrens bezieht, beruht auf § 135 Abs. 2 FGO; denn bei einer unbegründeten Revision gegen ein Zwischenurteil wird der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung durch diese Regelung verdrängt (BFH-Urteile vom 16.06.2004 – X R 34/03, BFHE 207, 120, BStBl II 2005, 378; vom 15.12.2005 – III R 35/04, BFH/NV 2006, 1262; vom 23.09.2008 – I R 47/07, BFHE 223, 56, BStBl II 2009, 986; s.a. Lange in HHSp, § 99 FGO Rz 57; Brandis in Tipke/Kruse, § 143 FGO Rz 5; jeweils m.w.N.).