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R B 194 Bewertung des Erbbaugrundstücks (belastetes Grundstück)

Zu § 194 BewG

R B 194 Bewertung des Erbbaugrundstücks (belastetes Grundstück)

(1) 1Der Wert des Erbbaugrundstücks ist vorrangig im Vergleichswertverfahren (> R B 183) zu ermitteln, wenn für das Erbbaugrundstück Vergleichspreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren für entsprechende Vergleichsgrundstücke vorliegen. 2Vergleichspreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren für ein Erbbaugrundstück liegen vor, wenn sie für Grundstücke ermittelt wurden, die nach der Grundstücksart übereinstimmen und hinsichtlich der Bebauung, der Erbbauzinssätze, der Bodenrichtwerte sowie der Restlaufzeit des Erbbaurechts nicht erheblich abweichen. 3Der Wert für das Erbbaugrundstück kann auch durch Anwendung eines Vergleichsfaktors auf den Wert des unbelasteten Grundstücks ermittelt werden.

(2) 1Kann das Vergleichswertverfahren nicht angewandt werden, setzt sich der Wert des Erbbaugrundstücks aus dem Bodenwertanteil nach § 194 Absatz 3 BewG und ggf. demGebäudewertanteil nach § 194 Absatz 4 BewG zusammen (finanzmathematische Methode).2Ist das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück unbebaut, besteht der Grundbesitzwert des Erbbaugrundstücks allein im Bodenwertanteil nach § 194 Absatz 3 BewG (vgl. aber R B 193 Absatz 7 Satz 4).

(3) 1Der Bodenwertanteil ergibt sich aus dem abgezinsten Bodenwert und dem kapitalisierten vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins. 2Die Abzinsung des Bodenwerts (§ 194 Absatz 3 Satz 2, § 193 Absatz 4 BewG in Verbindung mit der Anlage 26 zum BewG) und die Kapitalisierung des Erbbauzinses (§ 194 Absatz 3 Satz 3 BewG in Verbindung mit der Anlage 21 zum BewG)erfolgen nach der Restlaufzeit des Erbbaurechts3Der Abzinsungsfaktor nach Anlage 26 zum BewG ist abhängig vom maßgebenden Liegenschaftszinssatz und der auf volle Jahre abgerundeten Restlaufzeit des Erbbaurechts 4Dabei ist auf die von den Gutachterausschüssen ermittelten Liegenschaftszinssätze abzustellen. 5Wurden solche nicht ermittelt, sind die in § 193 Absatz 4 Satz 2 BewG genannten Zinssätze anzuwenden. 6Beträgt die Restlaufzeit des Erbbaurechts weniger als ein Jahr, ist der Abzinsungsfaktor 1 anzuwenden. 7R B 193 Absatz 6 Satz 5 gilt entsprechend.

(4) 1Dem abgezinsten Bodenwert ist der kapitalisierte Erbbauzins hinzuzurechnen. 2Maßgebender Erbbauzins ist nach § 194 Absatz 3 Satz 3 BewG der am Bewertungsstichtag zu zahlende Erbbauzins, umgerechnet auf einen Jahresbetrag. 3Dabei ist stets auf die vertraglichen Vereinbarungen abzustellen; auf den gezahlten Erbbauzins kommt es nicht an. 4Sind Erbbauzinsen während der Laufzeit des Erbbaurechts in unterschiedlicher Höhe vereinbart (z. B. bei Sonderzahlungen oder gestaffeltem Erbbauzins), kann aus Vereinfachungsgründen ein durchschnittlicher Jahresbetrag aus den insgesamt nach dem Bewertungsstichtag zu leistenden Erbbauzinsen in Abhängigkeit von der Restlaufzeit gebildet werden. 5Die künftigen Anpassungen auf Grund von Wertsicherungsklauseln (z. B. Anknüpfung der Erbbauzinsen an den Lebenshaltungskostenindex) sind nicht zu berücksichtigen.6Ist kein Erbbauzins zu zahlen, stellt der abgezinste Bodenwert den Bodenwertanteil dar. 7Zur Kapitalisierung des Erbbauzinses ist der Vervielfältiger für die auf volle Jahre abgerundete Restlaufzeit und des Liegenschaftszinssatzes der Anlage 21 zum BewG zu entnehmen. 8Beträgt die Restlaufzeit des Erbbaurechts weniger als ein Jahr, ist der Vervielfältiger mit einem Wert von Null zu berücksichtigen. 9Gibt der Gutachterausschuss andere Liegenschaftszinssätze als die in der Anlage 21 zum BewG aufgeführten vor, ist der Vervielfältiger nach der dort angegebenen Formel zu berechnen. 10R B 193 Absatz 6 Satz 5 gilt entsprechend.

(5) 1Ein Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks ergibt sich nur dann, wenn bei Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf der verbleibende Gebäudewert nicht oder nur teilweise zu entschädigen ist. 2Dieser entspricht dem nach Anlage 26 zum BewG abgezinsten ggf. anteiligen Gebäudeertrags- bzw. Gebäudesachwert, der dem Eigentümer des Erbbaugrundstücks bei Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf entschädigungslos zufällt. 3Es ist dementsprechend eine Berechnung des Gebäudeertrags- bzw. Gebäudesachwerts auf den Zeitpunkt des Ablaufs des Erbbaurechts durchzuführen. 4Bei dieser Berechnung ist hinsichtlich des Rohertrags gemäß § 186 BewG vom gleichen Betrag wie am Bewertungsstichtag auszugehen. 5Beim Ansatz der pauschalierten Bewirtschaftungskosten gemäß § 187 BewG (Anlage 23 zum BewG) und dem Vervielfältiger nach Anlage 21 zum BewG im Ertragswertverfahren sowie bei der Ermittlung der Alterswertminderung im Rahmen der Gebäudesachwertermittlung gemäß § 190 Absatz 2 BewG ist auf den Zeitpunkt des Ablaufs des Erbbaurechts abzustellen. 6Bei der Ermittlung des Gebäudeertrags- bzw. Gebäudesachwerts gemäß § 194 Absatz 4 BewG ist der Mindestansatz gemäߧ 185 Absatz 3 Satz 5 BewG bzw. § 190 Absatz 2 Satz 4 BewG zu beachten. 7Verbleibt bei der Ermittlung des Gebäudeertragswerts nach Abzug der Bodenwertverzinsung vom Grundstücksreinertrag kein oder ein negativer Betrag, ist im Sinne des § 184 Absatz 3 Satz 2 BewGder Gebäudeertragswert mit 0 Euro anzusetzen. 8Befindet sich das Erbbaurecht im Zustand der Bebauung, stellt der ggf. bei Ablauf des Erbbaurechts nicht entschädigte und auf den Bewertungsstichtag abgezinste Anteil der am Bewertungsstichtag für die sich im Bau befindlichen Gebäude bzw. Gebäudeteile entstandenen Herstellungskosten den Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks dar (> R B 193 Absatz 7 Satz 4, R B 196.1 und R B 196.2).

(6) 1Der gemäß § 194 Absatz 4 BewG anzuwendende Abzinsungsfaktor ergibt sich aus Anlage 26 zum BewG; er ist abhängig vom angewandten Liegenschaftszinssatz gemäß § 193 Absatz 4 BewGund der auf volle Jahre abgerundeten Restlaufzeit des Erbbaurechts. 2Beträgt die Restlaufzeit des Erbbaurechts weniger als ein Jahr, ist der Abzinsungsfaktor 1 anzuwenden. 3Gibt der Gutachterausschuss andere Zinssätze als die in der Anlage 26 zum BewG aufgeführten vor, ist der Abzinsungsfaktor nach der dort angegebenen Formel zu berechnen.

(7) Eine Berücksichtigung weiterer wertbeeinflussender Umstände – beispielsweise vom Üblichen abweichende Auswirkungen vertraglicher Vereinbarungen, insbesondere die Berücksichtigung von fehlenden Wertsicherungsklauseln oder der Ausschluss einer Anpassung des Erbbaurechtsvertrags – sowie die Anwendung von Marktanpassungsfaktoren kommt nicht in Betracht.