V R 1/09 – Änderung der Bemessungsgrundlage – Herabsetzung des Entgelts aufgrund späterer Vereinbarung – Kein Entgeltcharakter für Verzugszinsen – Keine Entgeltminderung bei Zahlung einer Vertragsstrafe

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 17.12.2009, V R 1/09

Änderung der Bemessungsgrundlage – Herabsetzung des Entgelts aufgrund späterer Vereinbarung – Kein Entgeltcharakter für Verzugszinsen – Keine Entgeltminderung bei Zahlung einer Vertragsstrafe

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Gesamtrechtsnachfolgerin der auf sie verschmolzenen W-GmbH. Die W-GmbH hatte am 1. Februar 1993 mit der S-AG einen Bauvertrag über die Errichtung eines Betriebsgebäudes abgeschlossen. Die Vergütung belief sich auf 4.800.000 DM zzgl. Umsatzsteuer. Die Abnahme erfolgte im Oktober 1994. Seit 1997 kam es zunächst zwischen der W-GmbH und der S-AG und später zwischen der Klägerin und der S-AG zu Streitigkeiten wegen zahlreicher Baumängel. Zur Unterbrechung der Gewährleistungsfristen beantragte die Klägerin 1998 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens beim zuständigen Landgericht. Der gerichtlich bestellte Sachverständige stellte in seinen Gutachten fest, dass sich die Kosten zur Beseitigung der festgestellten Mängel (Mängelbeseitigungskosten) auf 140.994,10 DM und der Minderwert der Bauleistung (Wertminderungskosten) auf 366.311 DM beliefen (Gesamtkosten netto 507.305,10 DM). Eine Mängelbeseitigung war zwar technisch möglich, wäre jedoch mit einem wirtschaftlich unverhältnismäßigen Aufwand verbunden gewesen. In einer Vergleichsvereinbarung vom 10. Mai/13. Juni 2002 vereinbarten die Klägerin und die S-AG, dass die S-AG der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der W-GmbH "einen Betrag in Höhe von 300.000,00 DM / 153.387,56 EUR" zahlen sollte, um damit den "Ausgleich aller wechselseitigen Ansprüche" herbeizuführen. Die Zahlung erfolgte noch im Streitjahr 2002. Die festgestellten Mängel an dem Bauwerk wurden nicht beseitigt. Die Klägerin behandelte die Zahlung der S-AG als nichtsteuerbaren Schadensersatz.
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Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) davon aus, dass die Zahlung der S-AG an die Klägerin zu einer Entgeltminderung führe. Dementsprechend seien die abziehbaren Vorsteuerbeträge der Klägerin gemäß § 17 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) um 21.156,90 EUR zu mindern. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass sich aufgrund der zwischen der Klägerin und der S-AG abgeschlossenen Vereinbarung die Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG geändert habe. Durch die Zahlung der S-AG an die Klägerin in Höhe von 300.000 DM (153.387,56 EUR) sei es zu einem "Ausgleich aller wechselseitigen Ansprüche aus dem … Bauvertrag" gekommen. Dies habe sich auf die Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegenüber der S-AG gemäß §§ 634 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) a.F. bezogen.
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Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der W-GmbH habe für den Erhalt der erbrachten Leistungen "letztendlich" nur noch einen geminderten Geldbetrag aufzuwenden gehabt; die S-AG wiederum habe "letztendlich" nur einen entsprechend geminderten Geldbetrag vereinnahmt. Für die Bestimmung des "letztendlich" gezahlten Entgelts i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG komme es nicht auf zivilrechtliche, sondern auf umsatzsteuerrechtliche Kriterien an. Umsatzsteuerrechtlich mache es keinen Unterschied, ob der Besteller eines Werks, das sich als mangelhaft erweise, den Werklohn mindere oder das Werk behalte und statt der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 635 BGB a.F. verlange. Demzufolge könne dahinstehen, ob die Vereinbarung zivilrechtlich eine Minderung des Werklohns gemäß § 634 BGB a.F. oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 635 BGB a.F. sei. Selbst wenn die Zahlung der S-AG an die Klägerin zivilrechtlich als ("kleiner") Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 635 BGB a.F. zu qualifizieren sein sollte, liege umsatzsteuerrechtlich Schadensersatz nur vor, wenn durch die Zahlung der S-AG andere Schadenspositionen kompensiert worden wären, die nicht das Äquivalenzinteresse, sondern das Integritätsinteresse der Klägerin berührt hätten wie etwa ein entgangener Gewinn oder Mangelfolgeschäden an anderen Rechtsgütern der Klägerin. Hierfür lägen jedoch keinerlei Anhaltspunkte vor. Ausweislich des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen habe der Schaden der Klägerin in Höhe von 507.305,10 DM (259.380,98 EUR) überwiegend in mangelbedingtem Minderwert des Bauwerks, im Übrigen in mangelbedingten Aufwendungen bestanden. Auch wenn, wie im Streitfall, der Besteller die geschuldete Vergütung zunächst in voller Höhe gezahlt habe und erst danach aufgrund aufgetretener Mängel von dem leistenden Unternehmer Schadensersatz verlange, liege eine Entgeltminderung, nicht aber "echter Schadensersatz" vor. Bei der Zahlung der S-AG an die Klägerin im Streitjahr habe es sich auch nicht um eine Vertragsstrafe gehandelt.
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Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2009, 520 veröffentlicht.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Das vereinbarte Entgelt und damit die Bemessungsgrundlage habe sich zunächst auf 4,8 Mio. DM belaufen. Durch die nachträgliche Vereinbarung habe sich die Bemessungsgrundlage nicht geändert. Eine Entgeltminderung könne auch vorliegen, wenn die Parteien vor Zahlung des Werklohns eine Minderung aufgrund einer Schlechtleistung vereinbarten. Werde die vom Leistungsempfänger geschuldete Vergütung aber zunächst in voller Höhe gezahlt und erst danach aufgrund von Mängeln Schadensersatz verlangt, sei der Leistungsaustausch bereits vollständig abgeschlossen. Eine erst nach vielen Jahren erfolgende Regulierung des Schadensersatzanspruchs habe auf den bereits abgeschlossenen Leistungsaustausch keine Auswirkungen. Dies gelte zumindest dann, wenn die Rückgabe des Werks unterbleibe. Hierfür spreche auch, dass im Streitfall zunächst das Werk als mangelfrei abgenommen worden sei und daher ein bloß mittelbarer Zusammenhang zwischen dem Werk und dem Schadensersatz bestehe. Zwischen dem Entgelt und damit auch zwischen einer Entgeltrückgewähr und der Leistung müsse eine finale Verknüpfung bestehen. § 17 UStG erfasse nur ein Auseinanderfallen von Soll- und Istprinzip bei der Besteuerung. Ebenso wie bei Verzugszinsen oder einem Angeld sei die von ihr erhaltene Zahlung als nichtsteuerbarer Schadensersatz anzusehen.
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Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 14. März 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. November 2007 in der Weise abzuändern, dass die abziehbaren Vorsteuerbeträge um 21.156,90 EUR erhöht werden.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Es mache keinen Unterschied, ob der Besteller des Werks das Werk behalte und den Werklohn mindere oder die geschuldete Vergütung zunächst in voller Höhe zahle und danach Schadensersatz verlange.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und war daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht eine Änderung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 UStG im Streitjahr 2002 bejaht.
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1. Bei der Bemessungsgrundlage, deren Änderung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zur Berichtigung führt, handelt es sich um das Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 UStG und damit um den im unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung erhaltenen oder zu erhaltenden Gegenwert (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 28. Mai 2009 V R 2/08, BFHE 226, 166, BStBl II 2009, 870, unter II.3.a).
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a) Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStG).
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b) Der Umsatz wird nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt "bemessen". Zum Entgelt gehört gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer.
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§ 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG beruht gemeinschaftsrechtlich auf Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG. Danach ist Besteuerungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen … "alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen".
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Die Höhe des Entgelts bestimmt sich nach dem zwischen Leistendem und Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis, aus dem sich der für die Steuerbarkeit der Leistung maßgebliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 2003 V R 36/01, BFH/NV 2003, 667, unter II.2.a). Auf eine finale Verknüpfung von Entgelt und Leistung kommt es somit nicht an.
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c) Handelt es sich bei der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG um das Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG, ist die Leistung des Unternehmers letztlich nur mit der Bemessungsgrundlage zu besteuern, die sich aus den vom Leistenden empfangenen Aufwendungen des Leistungsempfängers abzüglich der Umsatzsteuer und damit korrespondierend aufgrund der vom leistenden Unternehmer vereinnahmten Gegenleistung abzüglich der Umsatzsteuer ergibt (BFH-Urteil in BFHE 226, 166, BStBl II 2009, 870, unter II.3.a; vgl. auch BFH-Urteile vom 16. Januar 2003 V R 72/01, BFHE 201, 335, BStBl II 2003, 620, unter II.1.a; vom 18. September 2008 V R 56/06, BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250, unter II.1.a). Dementsprechend spielt es keine Rolle, ob der Unternehmer auf den zunächst vereinbarten Preis einen Abschlag gewährt oder nur einen von vornherein geminderten Preis fordert (BFH-Urteil in BFHE 226, 166, BStBl II 2009, 870, unter II.3.a).
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Weiter ist es unerheblich, ob der Besteller statt der Minderung der Vergütung Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 635 BGB a.F. verlangt und ob die Minderung der Bemessungsgrundlage auf einem Vergleich beruht (BFH-Urteil in BFHE 201, 335, BStBl II 2003, 620). Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, ob die Zahlung zivilrechtlich als Schadensersatz bezeichnet wird (z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs –BGH– vom 14. März 2007 VIII ZR 68/06, BFH/NV 2007, Beilage 3, 316).
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2. Das FG hat im Streitfall zu Recht entschieden, dass sich die Bemessungsgrundlage gemindert hat, so dass die Klägerin den von ihr geltend gemachten Vorsteuerabzug für die von ihr bezogene Bauleistung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zu berichtigen hatte.
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a) Der für eine Änderung der Bemessungsgrundlage erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der von der S-AG erbrachten Bauleistung und der aufgrund des Vergleichs erfolgten Zahlung durch die S-AG ergibt sich nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) im Streitfall daraus, dass die Klägerin vor Abschluss der Vergleichsvereinbarung Mängelbeseitigungs- und Wertminderungskosten, nicht aber –ohne dass es dabei zwingend auf die Beurteilung nach nationalem Zivilrecht ankäme– Mangelfolgeschäden hinsichtlich anderer Rechtsgüter gegen den Leistenden geltend gemacht hatte. Die Zahlung diente daher zum Ausgleich eines mängelbedingten Minderwerts der Bauleistung. Die Zahlung erfolgte darüber hinaus auch entsprechend dem Senatsurteil in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250 im Streitjahr.
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b) Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.
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aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt der Zahlung kein Schadensersatzcharakter zu. Zahlungen des Leistenden sind nur dann als Schadensersatz für die Höhe des Entgelts ohne Bedeutung, wenn zwischen der Zahlung des leistenden Unternehmers und seiner Leistung kein unmittelbarer Zusammenhang besteht (BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 667, unter II.2.a und b; BGH-Urteil in BFH/NV 2007, Beilage 3, 316, unter II.1.), der nach den Feststellungen des FG im Streitfall aber zu bejahen ist.
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bb) Dass Verzugszinsen nicht als Leistungsentgelt anzusehen sind (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften –EuGH– vom 1. Juli 1982 Rs. 222/81, Slg. 1982, 2527, Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 1982, 159), spricht nicht für die Rechtsauffassung der Klägerin, da Verzugszinsen den sich aus der verspäteten Zahlung des Leistungsempfängers ergebenden Schaden für das Vermögen des leistenden Unternehmers, nicht aber einen Schaden des Leistungsempfängers hinsichtlich der erbrachten Leistung ausgleichen sollen.
23 
cc) Auch das EuGH-Urteil vom 18. Juli 2007 Rs. C-277/05, Société thermale d’Eugénie-les-Bains (Slg. 2007, I-6415, BFH/NV 2007, Beilage 4, 424, UR 2007, 643) zum sog. Angeld, das eine Vermutung für das Bestehen des der versprochenen Leistung zugrunde liegenden Vertrages begründet (EuGH-Urteil in Slg. 2007, I-6415, BFH/NV 2007, Beilage 4, 424, UR 2007, 643 Rdnr. 30), rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Denn bei erbrachter Leistung ist das Angeld auf die geschuldete Gegenleistung anzurechnen, während es für den Fall einer unterbliebenen Leistungserbringung als Entschädigung, nicht aber als Entgelt für eine Leistung anzusehen ist (EuGH-Urteil in Slg. 2007, I-6415, BFH/NV 2007, Beilage 4, 424, UR 2007, 643 Rdnr. 32). Im Gegensatz zu einer Entschädigung für den Fall einer unterbliebenen Leistung geht es im Streitfall um eine Entgeltminderung für eine von der Klägerin bezogene Leistung.
24 
dd) Unerheblich ist schließlich auch, dass der BFH das Vorliegen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und einer vom leistenden Unternehmer zu entrichtenden Vertragsstrafe und damit eine Entgeltminderung aufgrund einer Vertragsstrafe verneint hat (BFH-Urteil vom 4. Mai 1994 XI R 58/93, BFHE 174, 480, BStBl II 1994, 589). Denn der BFH hat die Vertragsstrafe nicht als "modifizierte Erfüllung der Hauptverbindlichkeit" angesehen, von der im Streitfall aber nach den Feststellungen des FG auszugehen ist.
25 
3. Der Minderung der Bemessungsgrundlage steht es entgegen der Auffassung der Klägerin (vgl. auch Widmann, UR 2003, 254, 255) nicht entgegen, dass die Vereinbarung, die zur Herabsetzung des Entgelts führt, im Streitfall erst nach vollständiger Vereinnahmung des Entgelts durch den leistenden Unternehmer, der S-AG, abgeschlossen wurde (vgl. EuGH-Urteile vom 24. Oktober 1996 Rs. C-317/94, Elida Gibbs Ltd., Slg. 1996, I-5339, UR 1997, 265 zu Preiserstattungsgutscheinen, und vom 29. Mai 2001 Rs. C-86/99, Freemans, Slg. 2001, I-4167, BFH/NV 2001, Beilage 3, 185 zu Gutschriften auf den Katalogpreis gelieferter Waren, sowie allgemein BFH-Urteil in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250 zur Rückzahlung des Entgelts nach Leistungsausführung und vollständiger Entgeltentrichtung; offen gelassen im BFH-Urteil in BFHE 201, 335, BStBl II 2003, 620). Aus dieser Rechtsprechung folgt nicht nur, zu welchem Zeitpunkt die Berichtigung nach § 17 UStG vorzunehmen ist, sondern weitergehend, dass es zu einer Änderung des Entgelts auch noch nach vollständiger Vereinnahmung des Entgelts kommen kann (BFH-Urteil in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250). Die Bedeutung von § 17 UStG beschränkt sich daher nicht darauf, der sich aus dem "Sollprinzip des § 15 UStG" ergebenden "Gefährdungslage", die sich aus einem Vorsteuerabzug aufgrund eines bloßen Leistungsbezugs vor Entgeltentrichtung ergeben kann, entgegenzutreten.

Quelle: bundesfinanzhof.de


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