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| II. Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Der Kläger hat seine Leistungen nach § 3a Abs. 1 UStG an seinem Unternehmensort im Inland zu versteuern, da es sich bei den von ihm erbrachten Leistungen weder um Arbeiten an noch um die Begutachtung von beweglichen körperlichen Gegenständen handelt und auch keine Beratungsleistungen vorliegen. Der Kläger kann sich gegen die Bescheide auch nicht auf Treu und Glauben berufen. Das Urteil des FG erweist sich deshalb im Ergebnis als zutreffend. |
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| 1. Die Voraussetzungen für eine von § 3a Abs. 1 UStG abweichende Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG liegen nicht vor. |
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| a) Nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG werden Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände dort ausgeführt, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird. Verwendet der Leistungsempfänger gegenüber dem leistenden Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte USt-Id-Nr., gilt die unter dieser Nummer in Anspruch genommene Leistung als in dem Gebiet des anderen Mitgliedstaates ausgeführt. Voraussetzung ist hierfür, dass der Gegenstand im Anschluss an die Leistung nicht in dem Mitgliedstaat verbleibt, in dem der leistende Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig geworden ist. |
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| Diese Regelung beruht auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. c dritter und vierter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach als Ort der Begutachtungen beweglicher körperlicher Gegenstände und der Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen der Ort gilt, an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt wurden, sowie auf Art. 28b Teil F der Richtlinie 77/388/EWG, wonach bei Begutachtungen von oder Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen, die an Empfänger erbracht werden, die eine USt-Id-Nr. in einem anderen Mitgliedstaat als dem haben, in dem diese Dienstleistungen tatsächlich erbracht werden, der Ort der Dienstleistungen als im Gebiet des Mitgliedstaats gelegen gilt, der dem Empfänger der Dienstleistung die USt-Id-Nr. erteilt hat, unter der ihm die Dienstleistung erbracht wurde. Dabei ist diese Abweichung nicht anzuwenden, wenn ein Versand oder eine Beförderung der Gegenstände aus dem Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistungen tatsächlich erbracht wurden, nicht erfolgt. |
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| b) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) umfasst der Begriff "Begutachtung" i.S. von Art. 9 Abs. 2 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG die Prüfung des körperlichen Zustands oder die Untersuchung der Echtheit eines Gegenstands zur Schätzung seines Wertes oder zur Bewertung etwa vorzunehmender Arbeiten oder des Umfangs eines Schadens (EuGH-Urteil vom 6. März 1997, C-167/95, Linthorst, Slg. 1997, I-1195 Rdnr. 13). Nicht als Begutachtung anzusehen sind die hauptsächlich und gewöhnlich von Tierärzten erbrachten Dienstleistungen. Selbst wenn die Dienstleistungen eines Tierarztes bisweilen in der Schätzung des Wertes eines Tieres oder eines Viehbestands bestehen können, handelt es sich hierbei nicht um die für die Funktion eines Tierarztes kennzeichnende Aufgabe (EuGH-Urteil Linthorst in Slg. 1997, I-1195 Rdnr. 14). Leistungen eines Tierarztes sind weiter auch nicht Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen, da sich dieser Begriff im Allgemeinen nur auf lediglich körperliche Eingriffe in bewegliche körperliche Gegenstände bezieht, die grundsätzlich nicht wissenschaftlicher oder intellektueller Natur sind (EuGH-Urteil Linthorst in Slg. 1997, I-1195 Rdnr. 16), was auf die Heilbehandlung von Tieren nach wissenschaftlichen Regeln nicht zutrifft (EuGH-Urteil Linthorst in Slg. 1997, I-1195 Rdnr. 17). |
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| c) Im Streitfall ist das FG zu Unrecht von einer Begutachtung beweglicher körperlicher Gegenstände i.S. von § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG ausgegangen. |
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| Nach der Rechtsprechung des EuGH sind medizinische Analysen, die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung von Patienten dienen (Laboruntersuchungen), der Art nach "ärztliche Heilbehandlungen" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG erbringt (EuGH-Urteil vom 8. Juni 2006 C-106/05, L. u. P. GmbH, Slg. 2006, I-5123 Rdnrn. 31, 39). |
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| Medizinische Analysen und Laboruntersuchungen, durch die nicht Feststellungen zum menschlichen, sondern zum tierischen Gesundheitszustand getroffen werden, sind daher zwar keine humanärztliche, jedoch eine tierärztliche Leistung. Da diese nach der EuGH-Rechtsprechung weder als Begutachtung von noch –aufgrund ihrer wissenschaftlichen oder intellektuellen Natur– als Arbeiten an beweglichen Gegenständen anzusehen sind, kommt eine Leistungsortbestimmung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG nicht in Betracht. Darüber hinaus liegt auch keine Prüfung eines körperlichen Zustands zur Schätzung eines Wertes, zur Bewertung vorzunehmender Arbeiten oder eines Schadensumfangs vor. Die Probenuntersuchungen dienten der Feststellung, ob ein Versuchstierbestand frei von Infektionskrankheiten war. |
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| 2. Es handelt sich auch nicht um Beratungsleistungen i.S. von § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG. |
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| a) Nach § 3a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Nr. 3 UStG wurden die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Die Vorschrift beruht auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG, wonach als Ort der Leistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstiger ähnlicher Leistungen sowie der Datenverarbeitung und der Überlassung von Informationen der Ort gilt, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. |
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| b) Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH sollen durch die Aufzählung einzelner Berufe in § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG einzelne Arten von Leistungen definiert werden (EuGH-Urteil vom 16. September 1997 C-145/96, von Hoffmann, Slg. 1997, I-4857 Rdnr. 15). Es muss sich um Leistungen handeln, die hauptsächlich und gewöhnlich im Rahmen eines dieser Berufe erbracht werden (EuGH-Urteil von Hoffmann in Slg. 1997, I-4857 Rdnr. 16). § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG gilt auch, wenn die Leistung einer der Leistungen, die hauptsächlich und gewöhnlich im Rahmen der ausdrücklich genannten Berufe erbracht werden, ähnlich ist. Maßgeblich ist, dass die Leistung dem gleichen Zweck dient; nicht erforderlich ist eine Ähnlichkeit zu einem § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG insgesamt gemeinsamen Element (vgl. EuGH-Urteil von Hoffmann in Slg. 1997, I-4857 Rdnrn. 20 f.). Weiter reicht nach der Rechtsprechung des EuGH der Umstand, dass die Aufgaben des Tierarztes manchmal Beratungs- oder Studienaspekte enthalten, nicht aus, um die hauptsächlich und gewöhnlich mit dem Tierarztberuf verbundenen Tätigkeiten als Leistungen von "Beratern" oder "Studienbüros" oder als "ähnliche Leistungen" anzusehen (EuGH-Urteil Linthorst in Slg. 1997, I-1195 Rdnr. 22). Der Kläger übt auch nicht als Mikrobiologe eine ähnliche Tätigkeit aus. |
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| Die Voraussetzungen für eine Beratungsleistung liegen im Streitfall nicht vor, weil tierärztliche Leistungen, zu denen auch die Labor- und Analysetätigkeit gehört (s. oben II.1.c), nach der EuGH-Rechtsprechung keine Beratungsleistungen sind. |
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| 3. Die angefochtenen Bescheide verstoßen entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Hierfür muss ein Verhalten der Finanzbehörde vorliegen, aus dem der Steuerpflichtige bei objektiver Beurteilung den Schluss ziehen darf, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werden soll (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. April 2009 V R 3/08, BFHE 226, 144, BFH/NV 2009, 1734, unter II.1.c). Dies trifft auf das Schreiben des FA vom 6. Juli 1994 nicht zu. Der Erklärungsinhalt dieses Schreibens erschöpft sich in der Abgrenzung zwischen steuerfreien Umsätzen mit und ohne Recht auf Vorsteuerabzug für Zwecke der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen, ohne sich zur Frage des Leistungsorts zu äußern. |
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