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II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Leistungen der Klägerin bei der Überlassung von Standplätzen bei Kirmessen insgesamt steuerfrei sind. |
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1. Die Klägerin war bei der Standplatzüberlassung als Unternehmerin tätig. |
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a) Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts bei richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Gestattet z.B. eine Gemeinde gegen Entgelt die Nutzung einer Sporthalle und Freizeithalle, ist sie gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG als Unternehmer tätig, wenn sie ihre Leistung entweder auf zivilrechtlicher Grundlage oder –im Wettbewerb zu Privaten– auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt (vgl. z.B. zuletzt Senatsurteile vom 10. November 2011 V R 41/10, BFHE 235, 554, und vom 1. Dezember 2011 V R 1/11, BFHE 236, 235). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest (vgl. zur bislang unterbliebenen Veröffentlichung der BFH-Rechtsprechung zu § 2 Abs. 3 UStG im BStBl z.B. Lohse/Zanzinger, Deutsches Steuerrecht 2013, 1105 ff., 1109). |
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b) Im Streitfall war die Klägerin bei der Leistungserbringung als Unternehmerin tätig, da sie die Standplätze nach dem vom FG ausdrücklich in Bezug genommenen Mustervertrag "über die Zusage eines Standplatzes" auf zivilrechtlicher Rechtsgrundlage, nicht aber öffentlich-rechtlich überließ. Im Hinblick auf die Höhe der von der Klägerin vereinnahmten Entgelte ist auch von einem Herausheben aus der wirtschaftlichen Gesamtbetätigung der Klägerin auszugehen. |
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2. Wie das FG zutreffend entschieden hat, erbrachte die Klägerin bei der Standplatzüberlassung ausschließlich steuerfreie Leistungen. |
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a) Steuerfrei ist gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. |
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aa) Ob eine Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich aufgrund richtlinienkonformer Auslegung nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts (BFH-Urteile vom 7. Juli 2011 V R 41/09, BFHE 234, 513, BStBl II 2014, 73, unter II.2.b, und vom 8. November 2012 V R 15/12, BFHE 239, 509, BStBl II 2013, 455, unter II.1.a). Das grundlegende Merkmal des umsatzsteuerrechtlichen Begriffs der "Vermietung von Grundstücken" i.S. von Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG –seit 1. Januar 2007 Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL– besteht vielmehr darin, dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht einzuräumen, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. EuGH-Urteile vom 16. Dezember 2010 C-270/09, MacDonald Resorts Ltd., Slg. 2010, I-13179 Rdnr. 46; vom 6. Dezember 2007 C-451/06, Walderdorff, Slg. 2007, I-10637 Rdnr. 17; vom 12. Juni 2003 C-275/01, Sinclair Collis, Slg. 2003, I-5965 Rdnr. 25; vom 4. Oktober 2001 C-326/99, Goed Wonen, Slg. 2001, I-6831 Rdnr. 55; vom 9. Oktober 2001 C-108/99, Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001, I-7257 Rdnr. 21; vom 9. Oktober 2001 C-409/98, Mirror Group, Slg. 2001, I-7175 Rdnr. 31). |
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bb) Entgegen der früheren BFH-Rechtsprechung kann nach dem Senatsurteil vom 24. Januar 2008 V R 12/05 (BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60) die Überlassung von Standplätzen durch den Veranstalter von Wochenmärkten an Markthändler nach den vorstehenden Grundsätzen als einheitliche Vermietungsleistung anzusehen sein. Entscheidend ist hierfür, ob eine einheitliche Leistung vorliegt, bei der das Vermietungselement prägend ist. |
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Dies stimmt mit der EuGH-Rechtsprechung überein. So hat der EuGH mit Urteil vom 27. September 2012 C-392/11, Field Fischer Waterhouse (Umsatzsteuer-Rundschau 2012, 964) entschieden, dass eine Vermietung von Grundstücken und die mit dieser Vermietung zusammenhängenden Dienstleistungen eine einheitliche Leistung darstellen können, wobei z.B. der Umstand, dass Dienstleistungen grundsätzlich von einem Dritten erbracht werden könnten, nicht den Schluss zulässt, dass diese keine einheitliche Leistung darstellen. |
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cc) Die Rechtsprechungsänderung durch das BFH-Urteil in BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60 wirkt sich auch auf die Standplatzüberlassung bei Kirmesveranstaltungen aus. Wie das FG zutreffend entschieden hat, ist eine derartige Standplatzüberlassung in vollem Umfang steuerfrei und nicht in eine steuerpflichtige und eine steuerfreie Leistung aufzuteilen. Der Senat hält daher auch insoweit an seiner dem entgegenstehenden Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 7. April 1960 V 142/58 U, BFHE 71, 41, BStBl III 1960, 261, und vom 25. April 1968 V 120/64, BFHE 93, 393, BStBl II 1969, 94) nicht mehr fest. |
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Das Vorliegen einer insgesamt steuerfreien Leistung ergibt sich im Streitfall nach dem Urteil des FG, das seiner Beurteilung die Rechtsprechung des erkennenden Senats zugrunde gelegt hat, daraus, dass die Überlassung der Standplätze das wesentliche Leistungselement war. Die darüber hinaus erbrachten Leistungen hat das FG zutreffend lediglich als Nebenleistungen angesehen, da es dem jeweiligen Händler gerade darauf ankommt, unter Ausschluss anderer Händler für die Dauer der Kirmes eine Standfläche zu erhalten, von der aus er sein Warensortiment vertreiben kann. Die Organisationsleistung der Klägerin sowie die Bereitstellung von Strom und die Reinigung sind danach für die Händler nur im Hinblick auf die Verkaufsmöglichkeit im Rahmen ihres Standplatzes von Interesse. Die besondere Bedeutung der Standplätze für die Händler sowie die Abhängigkeit der "Serviceleistungen" von der Überlassung der Standplätze rechtfertigen es, diese auch dann als Nebenleistung zu einer dann einheitlichen steuerfreien Leistung anzusehen, wenn die Attraktivität einzelner Wochenmärkte durch vereinzelte "Sonderveranstaltungen" gesteigert wird. |
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b) Das FG hat bei seiner Entscheidung auch nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens unberücksichtigt gelassen und damit nicht gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen. Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Diese Vorschrift verpflichtet das FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 14. November 2001 II B 29/00, BFH/NV 2002, 512). Die Rüge eines derartigen Verfahrensverstoßes setzt die Darlegung voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt habe, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen des Beteiligten nicht entspreche oder eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen habe (BFH-Beschluss vom 9. Juli 2012 III B 66/11, BFH/NV 2012, 1631). Hieran fehlt es im Streitfall, in dem sich das FA letztlich nur gegen eine aus seiner Sicht fehlerhafte Vertragsauslegung wendet (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Dezember 2012 X B 209/11, BFH/NV 2013, 722). |
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