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II. Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zwar ist die rückwirkende Anwendung des § 15a UStG i.d.F. des StÄndG 2001 i.V.m. § 27 Abs. 8 UStG i.d.F. des StÄndG 2003 vom 15. Dezember 2003 nicht verfassungswidrig. Auch ist § 15a UStG i.d.F. des StÄndG 2001 bei einem zu Vermietungs- und Veräußerungszwecken erworbenen Grundstück unabhängig von der einkommensteuerrechtlichen Einordnung als Anlage- oder Umlaufvermögen anwendbar. Der Senat kann jedoch nicht abschließend entscheiden, weil Feststellungen dazu fehlen, ob die Veräußerung des Grundstücks steuerfrei oder steuerpflichtig war und ob ggf. eine die Vorsteuerkorrektur ausschließende Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegt. |
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1. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Voraussetzungen einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG i.d.F. des StÄndG 2001 vorliegen. Nach dieser Vorschrift ist eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen, wenn sich bei Grundstücken innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse geändert haben. Dies ist der Fall, weil die Klägerin den Vorsteuerabzug ursprünglich hinsichtlich des Obergeschosses und Staffelgeschosses entsprechend ihrer Absicht zur steuerpflichtigen Vermietung geltend gemacht hatte, die Vermietung jedoch tatsächlich ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung steuerfrei erfolgte. Die Klägerin hat daher jedenfalls insoweit den auf das Streitjahr 2001 entfallenden Anteil des gewährten Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 2 UStG zurückzuzahlen. Ob zusätzlich der gesamte restliche Vorsteuerabzug wegen der im Dezember 2001 erfolgten Veräußerung des Grundstücks zu korrigieren war, hängt gemäß § 15a Abs. 4 UStG davon ab, ob das Grundstück steuerfrei oder steuerpflichtig veräußert wurde. Hierzu hat das FG jedoch keine Feststellungen getroffen. Der Senat darf fehlende entscheidungserhebliche Feststellungen ohne Bezugnahme des FG nicht aus den Akten ergänzen. |
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2. Das FG geht zu Recht davon aus, dass die Vorschrift des § 15a UStG i.d.F. des StÄndG 2001 für das Streitjahr 2001 anwendbar ist. |
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a) § 15a UStG i.d.F. des StÄndG 2001 ist an die Stelle der Vorgängervorschrift des § 15a UStG i.d.F. vom 9. Juni 1999 getreten, wonach eine Vorsteuerkorrektur eine Änderung der Verhältnisse "seit dem Beginn der Verwendung" voraussetzte, woran es im Streitfall fehlen würde, weil die Absicht zur Verwendung zur steuerpflichtigen Vermietung bereits vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung (1. August 2000) aufgegeben wurde (am 6. April 2000). Die rückwirkende Anwendbarkeit der Neufassung des § 15a UStG beruht auf der Regelung des § 27 Abs. 8 UStG i.d.F. vom 15. Dezember 2003. Danach ist die Ende 2001 geänderte Fassung des § 15a UStG "auch für Zeiträume vor dem 1. Januar 2002 anzuwenden, wenn der Unternehmer den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezuges auf Grund der von ihm erklärten Verwendungsabsicht in Anspruch genommen hat und die Nutzung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung mit den für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen nicht übereinstimmt". Diese Voraussetzungen sind erfüllt. |
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b) Die Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 8 UStG i.d.F. des StÄndG 2003 verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil in BFHE 211, 74, BStBl II 2005, 907) ist die Rückwirkung eines Gesetzes durch Eingriff in bereits abgewickelte Tatbestände dann zulässig, wenn die bestehende Rechtslage keine ausreichende Vertrauensgrundlage darstellt und das Vertrauen des Steuerbürgers in den Fortbestand des geltenden Rechts nicht schutzwürdig ist. Dadurch, dass nach der früheren Rechtslage der Vorsteuerabzug nach den Verhältnissen der erstmaligen Verwendung gewährt oder versagt wurde, konnte ein Korrekturbedarf nur dann bestehen, wenn sich nach der erstmaligen Verwendung eine abweichende, den Vorsteuerabzug ausschließende Verwendung ergab. |
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Nachdem jedoch auf Grund der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21. März 2000 C-110/98, Gabalfrisa, Slg. 2000, I-1577; zusammenfassend Heidner in Bunjes/Geist, UStG, § 15 Rz 292) der Vorsteuerabzug bereits nach der jeweiligen Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezuges zu beurteilen war, bestand für die Fallgestaltungen, in denen sich die Verwendungsabsicht bereits vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung wieder geändert hatte, eine nach dem Gesetzesplan des UStG nicht vorhergesehene Regelungslücke, die der Gesetzgeber aufgrund der geänderten Fassung des § 15a UStG rückwirkend geschlossen hat. Für denjenigen, der sich auf den durch die Rechtsprechungsänderung des EuGH modifizierten Vorsteuerabzug nach Maßgabe der Verwendungsabsicht berief, bestand kein berechtigtes Vertrauen dahingehend, dass der Gesetzgeber diese verfahrensrechtliche Lücke nicht schließen werde. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem Fall einer unzulässigen Rückwirkung, bei der der Gesetzgeber einen abgeschlossenen Sachverhalt nachträglich mit anderen Rechtsfolgen verknüpft, dadurch, dass der Vorsteuerabzug und seine Korrektur bei Wegfall der Voraussetzungen in einem Regelungszusammenhang stehen und eine Änderung des maßgeblichen Zeitpunktes für den Vorsteuerabzug auch eine Änderung der Korrekturvorschrift nach sich ziehen muss. Dies gilt entgegen der Rechtsansicht der Klägerin nicht nur für den Veranlagungszeitraum 1990, sondern auch für das vorliegende Streitjahr 2001. Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass der Modifikation des Vorsteuerabzugs durch die Rechtsprechung keine Anpassung der Korrekturvorschrift folgen würde. |
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c) Das vorliegende Verfahren ist entgegen dem Antrag der Klägerin auch nicht bis zur Entscheidung des BVerfG wegen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit anderweitiger rückwirkender Steuergesetze ruhen zu lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung), da hierfür keine übereinstimmenden Anträge der Beteiligten vorliegen. Soweit die Klägerin sinngemäß nicht das Ruhen des Verfahrens, sondern dessen Aussetzung begehrt, ist dem Antrag nicht zu entsprechen, da die Verfahren 2 BvL 57/06 (zur rückwirkenden Ersetzung des halben Steuersatzes in § 34 des Einkommensteuergesetzes durch die sog. Fünftelungsregelung) und 1 BvL 5/07 (zur Kürzung des gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrages) keine vergleichbaren Sachverhalte betreffen. |
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3. Die Anwendung des § 15a UStG scheitert auch nicht daran, dass es sich bei der Veräußerung des vermieteten Grundstücks nach Ansicht der Klägerin einkommensteuerrechtlich um Umlaufvermögen handelt. |
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a) Wie der Senat bereits entschieden hat, besteht für vor dem 1. Januar 2005 ausgeführte Umsätze keine Möglichkeit der Vorsteuerberichtigung, wenn diese zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern führen, die nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet werden und bei denen es sich "regelmäßig um Gegenstände des Umlaufvermögens" handelt, da entgegen der Rechtsansicht des FG auch Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG keine Möglichkeit der Vorsteuerberichtigung vorsieht (BFH-Urteil vom 12. Februar 2009 V R 85/07, BFHE 224, 473, BFH/NV 2009, 1048). Die Regelung des § 15a Abs. 4 UStG 2005, wonach eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs auch bei einem Wirtschaftsgut vorzunehmen ist, das nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, ist erst für Umsätze ab dem 31. Dezember 2004 anwendbar (§ 27 Abs. 11 UStG). |
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b) Allerdings bestand die fehlende gesetzliche Korrekturmöglichkeit in § 15a UStG der im Streitjahr 2001 geltenden Fassung lediglich für solche Wirtschaftsgüter, die nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen bestimmt sind (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2001 V R 8/98, BFHE 197, 347, BStBl II 2002, 557). Zwar wird es sich dabei in aller Regel auch einkommensteuerrechtlich um Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens handeln. Indes kommt es für die Frage, ob ein längerfristig nutzbares "Wirtschaftsgut" i.S. des § 15a UStG vorliegt, nicht entscheidend darauf an, ob das Wirtschaftsgut auch ertragsteuerrechtlich als Umlaufvermögen zu qualifizieren ist. Die ertragsteuerrechtliche Qualifikation als Anlage- oder Umlaufvermögen, die nach § 247 Abs. 2 HGB erfolgt und u.a. materiell von Bedeutung für das Aktivierungsverbot des § 248 Abs. 2 HGB, die Abschreibungsregeln des § 253 Abs. 2 HGB und die Anwendung des strengen Niederstwertprinzips des § 253 Abs. 3 Satz 1 und 2 HGB ist (z.B. Walz in Heymann/Kommentar zum HGB, Band 3 § 247), folgt anderen Regeln. Bei der Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen handelt es sich vielmehr nur um Hilfsbegriffe, die umsatzsteuerrechtlich den Blick auf die entscheidende Zahl der Verwendungsumsätze nicht verstellen dürfen (Birkenfeld, Das Große Umsatzsteuer-Handbuch, § 193 Rz 73; Lippross, UStG, 22. Aufl., S. 887 und 905; Reiss, Umsatzsteuerrecht, 10. Aufl. 2009, Rz 346). |
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Im Streitfall kann daher offen bleiben, ob es sich bei einem vermieteten und später veräußerten Grundstück einkommensteuerrechtlich um Anlage- oder Umlaufvermögen handelt (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1128). Da das vorliegende Grundstück zunächst über einen Zeitraum von über 15 Monaten zu Vermietungszwecken genutzt und anschließend veräußert wurde, war es nicht nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen bestimmt und daher als "Wirtschaftsgut" i.S. des § 15a Abs. 1 UStG der im Streitjahr 2001 geltenden Fassung anzusehen. |
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4. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da Feststellungen dazu fehlen, ob die Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG wegen einer eventuellen Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG nach § 15a Abs. 6 UStG ausgeschlossen ist. Dies wäre der Fall, wenn die Klägerin durch die Veräußerung des Grundstücks oder eines selbständigen Unternehmensteils ein Vermietungsunternehmen übereignet hätte, bei dem der Erwerber die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs beabsichtigte (vgl. hierzu das Senatsurteil vom 18. September 2008 V R 21/07, BFHE 222, 170, BStBl II 2009, 254). Das FG hat lediglich festgestellt, dass das vermietete Grundstück veräußert wurde, ohne Feststellungen zum Umfang des Erwerbsgegenstandes, zur Person des Erwerbers und zum Zweck des Erwerbs zu treffen. An einer Geschäftsveräußerung würde es fehlen, wenn lediglich der Mieter eines Grundstücks das gemietete Objekt zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken erwirbt, ohne das Vermietungsunternehmen fortzuführen. |
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