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II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
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Das FG hat den streitigen Vorsteuerabzug der Klägerin zu Recht als abziehbar anerkannt. |
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1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist u.a. die Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). |
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Der Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug, das mit dem jeweiligen Leistungsbezug entsteht, richtet sich nach der objektiv belegten Verwendungsabsicht bei Bezug der Leistung, soweit –wie teilweise im Streitfall– deren tatsächliche Verwendung erst in einem späteren Besteuerungszeitraum begann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 22. Februar 2001 V R 77/96, BFHE 194, 498, BStBl II 2003, 426). |
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2. Der Klägerin steht der Vorsteuerabzug zu, weil sie gemäß § 9 UStG wirksam auf die Steuerbefreiung verzichtet hat, soweit ihre an die IHK erbrachte bzw. im Streitjahr beabsichtigte Vermietungsleistung den Teil der Büroflächen und der Tiefgarage umfasst, den die IHK ihrerseits langfristig und umsatzsteuerpflichtig an andere Unternehmer weitervermietet hat bzw. im Streitjahr weiter zu vermieten beabsichtigte. |
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a) Nach § 9 Abs. 1 UStG in der im Streitjahr 1995 geltenden Fassung kann der Unternehmer einen Umsatz, der –wie hier die Vermietung des Gebäudes an die IHK– nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. |
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b) Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG liegen im Streitfall vor, weil die IHK mit der langfristigen Vermietung der Büroräume und PKW-Stellplätze –bei richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts– unternehmerisch tätig geworden ist. |
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aa) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig, soweit –wie hier– keiner der in § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG geregelten Sonderfälle vorliegt. |
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bb) Der BFH legt § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG in seiner neueren Rechtsprechung unter Beachtung des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG und der zu dieser Bestimmung ergangenen Rechtsprechung richtlinienkonform aus (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27. Februar 2003 V R 78/01, BFHE 201, 554, BStBl II 2004, 431, unter II. 3., m.w.N.; vom 5. Februar 2004 V R 90/01, BFHE 205, 323, BStBl II 2004, 795, unter II. 4. b bb, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 31. Juli 2007 V B 44/06, BFH/NV 2007, 2365). |
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aaa) Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG lautet: |
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"Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben (Unterabs. 1). |
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Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Leistungen als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (Unterabs. 2). |
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Die vorstehend genannten Einrichtungen gelten in jedem Fall als Steuerpflichtige in Bezug auf die in Anhang D aufgeführten Tätigkeiten, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist (Unterabs. 3). |
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Die Mitgliedstaaten können die Tätigkeiten der vorstehend genannten Einrichtungen, die nach Art. 13 oder 28 von der Steuer befreit sind, als Tätigkeiten behandeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen (Unterabs. 4)." |
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bbb) Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts –wie die IHK– unternehmerisch (wirtschaftlich) tätig, wenn sie auf privatrechtlicher Grundlage und nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen handelt (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 205, 323, BStBl II 2004, 795, unter II. 4. b bb, m.w.N.; vom 22. September 2005 V R 28/03, BFHE 211, 566, BStBl II 2006, 280, unter II. 2., m.w.N.). |
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Danach war die IHK im Streitfall unternehmerisch tätig, weil sie die Büroräume und die Stellplätze auf privatrechtlicher Grundlage Dritten überlassen hat (vgl. zur Abgrenzung: BFH-Urteil in BFHE 201, 554, BStBl II 2004, 431). |
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ccc) Diesem Ergebnis steht keine mit Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG vereinbare Ausnahmeregelung entgegen. |
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(1) Die Mitgliedstaaten können eine steuerbefreite Tätigkeit –hier nach Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG– nur dadurch gemäß Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG als Tätigkeit behandeln, die den Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegt, dass sie dies ausdrücklich gesetzlich regeln. Erforderlich ist eine entsprechende Regelung im Gesetz selbst oder in einer aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassenen Rechtsverordnung (vgl. EuGH-Urteil Salix in BFH/NV Beilage 2009, 1222, UR 2009, 484, DStR 2009, 1196, Leitsatz 1 und Randnrn. 40 bis 58; Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 221, 80, BStBl II 2008, 454, unter III. 2. b aa). Hieran fehlt es (vgl. den Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 221, 80, BStBl II 2008, 454, unter II. 2. b). |
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(2) Es kann mithin offen bleiben, ob die Anwendung von Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG im Streitfall hinsichtlich der Vermietung der Stellplätze in der Tiefgarage darüber hinaus deshalb ausscheidet, weil diese Vermietung nicht –wie Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG voraussetzt– steuerfrei, sondern steuerpflichtig war (vgl. dazu EuGH-Urteil Salix in BFH/NV Beilage 2009, 1222, UR 2009, 484, DStR 2009, 1196 Randnrn. 37 bis 39). |
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c) Auch die Voraussetzung des § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG für einen wirksamen Verzicht der Klägerin auf die Steuerbefreiung ihrer Vermietungsumsätze an die IHK ist erfüllt. Die IHK als Leistungsempfänger hat das Grundstück –soweit es um den streitigen Vorsteuerabzug geht– ausschließlich für (langfristige) Vermietungsumsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die bei ihr den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. |
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aa) Soweit die IHK die ihr von der Klägerin vermieteten Büroräume ihrerseits langfristig an umsatzsteuerpflichtige Dritte weitervermietet hat bzw. sich im Streitjahr um eine solche Vermietung bemüht hat, versteht der Senat die entsprechenden Feststellungen des FG dahin, dass die IHK insoweit auf die Steuerfreiheit ihrer Vermietungsumsätze (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG) wirksam gemäß § 9 UStG verzichtet hat, so dass i.S. des § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG der Vorsteuerabzug der IHK als Leistungsempfänger nicht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen war. |
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bb) Soweit die IHK die ihr von der Klägerin ebenfalls vermieteten Tiefgaragenplätze ihrerseits langfristig an Dritte weitervermietet hat bzw. sich im Streitjahr um eine solche Vermietung bemüht hat, greift der Ausschluss des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG bei der IHK ebenfalls nicht. |
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Die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG und nach Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG steuerpflichtig (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 52/05, BFHE 213, 253, BStBl II 2006, 731; EuGH-Urteil Salix in BFH/NV Beilage 2009, 1222, UR 2009, 484, DStR 2009, 1196 Randnr. 37). |
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Selbst wenn die Vermietung der Stellplätze in der Tiefgarage an die Mieter der Büroräume nicht selbständig zu beurteilen wäre, sondern insoweit zusammen mit der langfristigen Vermietung der Büroräume ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang anzunehmen wäre (vgl. dazu EuGH-Urteil Salix in BFH/NV Beilage 2009, 1222, UR 2009, 484, DStR 2009, 1196 Rdnrn. 38, 39, sowie allgemein: BFH-Beschluss vom 28. Juni 2007 V B 12/06, BFH/NV 2007, 2363, m.w.N.), wäre die –gegenüber der Büroraumvermietung untergeordnete– Stellplatzvermietung Kraft Option steuerpflichtig. |
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