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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
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Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin im Wege der Organschaft in die K-GmbH eingegliedert gewesen sei und ihre Leistungen an die Residenzen deshalb als Leistungen im Organkreis nicht der Umsatzsteuer unterlägen. |
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1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). |
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Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber von der Ermächtigung des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG –Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage– (Richtlinie 77/388/EWG) Gebrauch gemacht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 5. Dezember 2007 V R 26/06, BStBl II 2008, 451, BFH/NV 2008, 711; vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, jeweils m.w.N.), der bestimmt: |
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"Vorbehaltlich der Konsultation nach Artikel 29 steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln." |
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Danach eröffnet das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten zwar die Möglichkeit, bereits dann mehrere im Inland ansässige Personen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln, wenn sie "eng miteinander verbunden sind". Diesen Spielraum nutzt das nationale Recht aber nur teilweise aus. Die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erforderliche Eingliederung in ein anderes Unternehmen setzt nämlich ein Verhältnis der Über- und Unterordnung der beteiligten Gesellschaften voraus. Die Organgesellschaft muss als Unternehmensteil dem Unternehmen des Organträgers zuzuordnen sein (BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671; vom 18. Dezember 1996 XI R 25/94, BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441, unter II.1., m.w.N.). |
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2. Der Annahme einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft steht nicht bereits entgegen, dass es sich bei der K-GmbH um eine sog. Holdinggesellschaft gehandelt hat. Der Senat kann dabei offenlassen, ob eine Holdinggesellschaft ohne eigene wirtschaftliche Tätigkeit Organträger sein kann (vgl. bereits BFH-Urteil vom 22. Mai 2003 V R 94/01, BFHE 203, 185, BStBl II 2003, 954); denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) ist das bloße Erwerben und Halten von Gesellschaftsbeteiligungen keine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. der Richtlinie 77/388/EWG, mit der Folge, dass der Erwerber und Inhaber kein Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Beteiligung mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaften, an denen die Beteiligung besteht, einhergeht und die mit diesen Eingriffen verbundenen Leistungen gegen Entgelt erfolgen (EuGH-Urteil vom 27. September 2001 C-16/00, Cibo Participations, Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 2001, 500; Beschluss vom 12. Juli 2001 C-102/00, Welthgrove BV, Slg. 2001, I-5679, BFH/NV Beilage 2002, 5, UR 2001, 533; Urteil vom 14. November 2000 C-142/99, Floridienne u Berginvest, Slg. 2000, I-9567, BFH/NV Beilage 2001, 37, UR 2000, 530; BFH-Urteil in BFHE 203, 185, BStBl II 2003, 954). Nach den Feststellungen des FG ist die K-GmbH persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin "zahlreicher Personengesellschaften", u.a. der K-KG M und der K-KG L gewesen. Die Tätigkeit als Geschäftsführerin ist gegen Entgelt ausgeführt worden. |
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3. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG definiert die umsatzsteuerrechtliche Organschaft eigenständig, ohne auf andere z.B. aktienrechtliche Regelungen zu verweisen (BFH-Urteile in BFH/NV 2008, 711; vom 11. April 1991 V R 126/87, BFH/NV 1992, 140). Maßgeblich ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG allein, ob eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. |
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a) Für die Annahme einer Organschaft ist es nicht erforderlich, dass alle drei in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Merkmale einer Eingliederung (finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch) sich gleichermaßen deutlich feststellen lassen; nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Selbständigkeit auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. November 2001 V R 50/00, BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167; in BFH/NV 2008, 711). Insbesondere ist es unschädlich, wenn bei finanzieller und organisatorischer Eingliederung die wirtschaftliche Eingliederung weniger deutlich zu Tage tritt. Allerdings reicht es nicht aus, dass eine Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Merkmale besteht (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 711, unter II. 1. b, m.w.N.). |
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Von der –im Streitfall aufgrund der 70 %-Beteiligung der K-GmbH an der Klägerin vorliegenden– finanziellen Eingliederung kann daher weder auf die wirtschaftliche Eingliederung noch auf die organisatorische Eingliederung geschlossen werden (BFH-Beschluss vom 20. September 2006 V B 138/05, BFH/NV 2007, 281 zur wirtschaftlichen Eingliederung; BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 V R 32/98, BFHE 187, 355, BStBl II 1999, 258; in BFH/NV 2008, 711, unter II. 1. b). Die aktienrechtliche Abhängigkeitsvermutung nach § 17 AktG hat deshalb –entgegen der Auffassung des FG– keine Bedeutung in Bezug auf einzelne Eingliederungsvoraussetzungen, insbesondere auch nicht für das Merkmal der organisatorischen Eingliederung (ausführlich BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 711, unter II. 1., m.w.N.). |
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b) Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wirklich wahrgenommen wird (BFH-Urteil in BFHE 187, 355, BStBl II 1999, 258). Es kommt deshalb darauf an, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht (BFH-Urteile in BFH/NV 2008, 711, unter II. 2.; vom 9. Oktober 2002 V R 64/99, BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375) oder aber zumindest durch die Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht stattfindet (BFH-Urteile vom 13. März 1997 V R 96/96, BFHE 182, 426, BStBl II 1997, 580; in BFHE 187, 355, BStBl II 1999, 258; vom 16. August 2001 V R 34/01, BFH/NV 2002, 223; vom 1. April 2004 V R 24/03, BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905, und BFH-Beschluss vom 13. Juni 2007 V B 47/06, BFH/NV 2007, 1936). Die organisatorische Eingliederung geschieht in aller Regel durch die personelle Verflechtung der Geschäftsführungen (z.B. BFH-Urteile vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, und in BFH/NV 2008, 711, m.w.N.). |
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c) Das FG ist mit seiner Auffassung, die aktienrechtliche Konzernvermutung nach § 17 AktG sei für die organschaftliche Eingliederung von Bedeutung, von anderen Grundsätzen ausgegangen. Das Urteil war deshalb aufzuheben. |
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4. Die Sache ist spruchreif, so dass der Senat nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO entscheiden kann. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide in der Gestalt der Einspruchsentscheidung sind entgegen der Auffassung des FG rechtmäßig, da eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG unter keinem denkbaren Gesichtspunkt besteht. Es fehlt bereits am Erfordernis der organisatorischen Eingliederung der Klägerin, weil § 17 AktG im Rahmen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ohne Bedeutung ist (s. oben 3. c). Im Streitfall liegt auch keine Personenidentität in den Vertretungsorganen vor, denn Geschäftsführer der Klägerin waren U und H, Geschäftsführer der K-GmbH waren HB und RT. Ob und inwieweit die organisatorische Eingliederung darüber hinaus auch durch rein organisatorische Maßnahmen (vgl. BFH in BFH/NV 2008, 711, unter II. 3.) erfolgen kann, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn weder die mit der finanziellen Eingliederung zwangsläufig einhergehende Möglichkeit der Weisung durch Gesellschafterbeschluss (vgl. hierzu Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 37 Rz 18) noch regelmäßige (hier: monatliche) Berichte über die Geschäftsführung, auch wenn diese auf einer vertraglichen Pflicht zur Berichterstattung beruhen, reichen zur Sicherstellung der organisatorischen Eingliederung aus. Erforderlich sind vielmehr institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeiten in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. |
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Auf die Frage der wirtschaftlichen Eingliederung braucht deshalb nicht mehr eingegangen zu werden. |
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5. Dem Hilfsantrag der Klägerin, die Sache an das FG zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zurückzuverweisen, konnte nicht entsprochen werden. Es fehlt insoweit an einer wirksamen Gegenrüge der Klägerin. |
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Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein Steuerpflichtiger, der im finanzgerichtlichen Verfahren obsiegt hat, als Revisionsbeklagter befugt, tatsächliche oder lückenhafte Feststellungen des FG, die zu einer ihm ungünstigen Entscheidung des BFH führen können, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung mit Verfahrensrügen (Gegenrüge) anzugreifen. An die Zulässigkeit dieser Rügen sind jedoch die gleichen formellen Anforderungen zu stellen wie an Verfahrensrügen des Revisionsklägers (BFH-Urteile vom 11. Februar 2004 II R 43/01, BFH/NV 2004, 922; vom 8. Mai 2003 IV R 54/01, BFHE 202, 219, BStBl II 2003, 854; vom 7. Juli 1992 VIII R 56/88, BFH/NV 1993, 25). Wird –wie im Streitfall– geltend gemacht, der Sachverhalt bedürfe angesichts des vom Revisionsgericht eingenommenen Rechtsstandpunkts noch weiterer Aufklärung, ist u.a. vorzutragen, welche Tatsachen noch einer Aufklärung bedürfen und sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme durch das FG voraussichtlich ergeben würden. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Sie hat keine entscheidungserheblichen konkreten Tatsachen genannt, die noch aufklärungsbedürftig sind. |
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