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II. Die Revision des FA ist im Ergebnis begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Lieferungen der Klägerin als Ausfuhrlieferungen nach § 6 UStG steuerfrei sind. |
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1. Ausfuhrlieferungen sind nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG steuerfrei. |
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a) Die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, befördert oder versendet hat. Erfolgt die Beförderung oder Versendung durch den Abnehmer, ist die Lieferung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 UStG nur steuerfrei, wenn der Abnehmer seinen Wohnort oder Sitz im Ausland hat und daher ausländischer Abnehmer ist. Gemeinschaftsrechtlich beruht diese Regelung auf Art. 15 Nr. 1 und Nr. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Steuerfrei sind danach die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer oder für dessen Rechnung nach Orten außerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden und die Lieferungen von Gegenständen, die durch den nicht im Inland ansässigen Abnehmer oder für dessen Rechnung nach Orten außerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden. |
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b) Der Unternehmer muss nach § 6 Abs. 4 UStG die Voraussetzungen der steuerfreien Ausfuhrlieferung nachweisen, wobei das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung bestimmen kann, wie der Nachweis zu führen ist. Nach § 8 ff. UStDV hat der Unternehmer einen Ausfuhrnachweis durch Belege zu erbringen sowie nach § 13 UStDV buchmäßige Aufzeichnungen zu führen. Der Unternehmer muss insbesondere nach § 8 Abs. 1 UStDV durch Belege nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat. Im Fall der Beförderung durch den Unternehmer oder den Abnehmer muss der Ausfuhrbeleg nach § 9 Abs. 1 UStDV Name und Anschrift des Abnehmers, die handelsübliche Bezeichnung und Menge des ausgeführten Gegenstands, den Ort und den Tag der Ausfuhr und eine Ausfuhrbestätigung der Grenzzollstelle enthalten. Nach § 17 UStDV sind im nichtkommerziellen Reiseverkehr zusätzliche Angaben zu Namen und Anschrift des Abnehmers und eine Bestätigung der Grenzzollstelle, dass die Angaben zu Namen und Anschrift des Abnehmers mit dem vom Beförderer vorgelegten Pass oder Grenzübertrittpapier übereinstimmen, erforderlich. |
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Die beleg- und buchmäßigen Nachweispflichten beruhen gemeinschaftsrechtlich auf Art. 15 Nr. 1 und Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, wonach die Mitgliedstaaten Ausfuhrlieferungen "unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen", von der Steuer befreien (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 31. Juli 2008 V R 21/06, BFHE 222, 143, BFH/NV 2009, 95, unter II. 2. a). |
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c) Liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 UStG vor und hat der Steuerpflichtige den Buch- und Belegnachweis erbracht, ist für die Steuerbefreiung der Lieferung grundsätzlich unerheblich, ob nach der Beförderung in das Drittlandsgebiet aufgrund der Rückbeförderung in das Gemeinschaftsgebiet Einfuhrumsatzsteuer zu erheben war und ob die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit der Einfuhr nach § 12 der Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung vorlagen. |
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2. Das Urteil des FG verletzt § 6 UStG und war daher aufzuheben. Zwar hat die Klägerin den Beleg- und Buchnachweis erbracht, wie das FG zutreffend entschieden hat. Nicht hinreichend berücksichtigt hat das FG demgegenüber den nur vorläufigen Nachweischarakter der Beleg- und Buchangaben. Sein Urteil war daher aufzuheben. |
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a) Nach den Beleg- und Buchangaben der Klägerin war F der Abnehmer der Lieferungen. Die Klägerin hat nach den Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) den Namen und die Anschrift des im Ausland ansässigen F, der die Gegenstände in das Drittlandsgebiet beförderte, als Abnehmer aufgezeichnet (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 UStDV). Weiter enthielten auch die Ausfuhrbelege (§ 17 UStDV) den Namen und die Anschrift des F als Abnehmer. |
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Die Klägerin hat damit nach den Feststellungen des FG die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG hinsichtlich der Person des Abnehmers F beleg- und buchmäßig nach § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 ff. UStDV nachgewiesen. |
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b) Entgegen der Auffassung des FA sind weitergehende belegmäßige Nachweise zur ausländischen Ansässigkeit des Abnehmers oder zum Abschluss der den Lieferungen zugrunde liegenden Kaufverträge durch einen Bevollmächtigten im Rahmen der Nachweispflichten gemäß § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 ff. UStDV nicht zu erbringen. Denn der Unternehmer muss seine steuerlichen Verpflichtungen im Voraus kennen (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften –EuGH– vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos, Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25 Rz 48). Die Finanzverwaltung darf daher die Anforderungen in §§ 8 ff. UStDV nicht um weitere Voraussetzungen wie z.B. das Erfordernis, die Bevollmächtigung eines für den Abnehmer handelnden Beauftragten belegmäßig nachzuweisen, erweitern. Dementsprechend kann deshalb die Steuerfreiheit einer Ausfuhrlieferung nicht allein unter Hinweis auf das Fehlen von anderen als den in den §§ 8 ff. UStDV aufgeführten Nachweisen versagt werden. |
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c) Der Steuerpflichtige ist zwar aufgrund eines vollständigen Beleg- und Buchnachweises berechtigt, die Lieferung als steuerfrei zu behandeln. Die aufgrund des Beleg- und Buchnachweises vorliegenden Angaben unterliegen jedoch der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung (BFH-Urteile in BFHE 222, 143, unter II. 2. b; vom 14. Dezember 1994 XI R 70/93, BFHE 176, 494, BStBl II 1995, 515, unter II. 2.). Ergibt sich bei einer Überprüfung der Buch- und Belegangaben nach den allgemeinen Beweisregeln und -grundsätzen deren Unrichtigkeit, ist die Ausfuhrlieferung trotz eines formal geführten Nachweises vorbehaltlich besonderer Umstände grundsätzlich steuerpflichtig. |
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d) Im Streitfall bestehen hinsichtlich der Person des Abnehmers erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Nachweisangaben. Die Sache war daher an das FG zurückzuverweisen. |
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Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) holte K die Waren bei der Klägerin als "Beauftragter" des "Abnehmers" F ab, der in der Elfenbeinküste und später in Benin ansässig war, übergab sie F, der sie zunächst in das Drittlandsgebiet beförderte, dann aber nach "Europa" und damit wohl in das Gemeinschaftsgebiet zurückbeförderte und sie an K zurückgab, der sie schließlich veräußerte. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist fraglich, ob das der Lieferung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, nach dem sich die Person des Leistungsempfängers und damit die Person des Abnehmers bestimmt (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Februar 2004 V B 180/03, BFH/NV 2004, 988, unter II. 2 b zur innergemeinschaftlichen Lieferung), entsprechend den Beleg- und Buchangaben der Klägerin zu dem ihr nicht näher bekannten F oder zu dem gegenüber der Klägerin unmittelbar handelnden K bestand, der die Waren nach ihrer Rückbeförderung in die Gemeinschaft unter Umständen auf eigene Rechnung veräußerte, während F ggf. nur als Gehilfe des K für die Beförderung in das Drittlandsgebiet und die Rückbeförderung in das Gemeinschaftsgebiet zu sorgen hatte. Ist Abnehmer der Lieferungen der ggf. im Inland ansässige K, liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht vor. |
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3. Sollte das FG im zweiten Rechtsgang feststellen, dass K und nicht F Abnehmer der Lieferungen war, ist nicht im Steuerfestsetzungsverfahren zu entscheiden, ob eine Steuerfreiheit aufgrund unrichtiger Abnehmerangaben in Betracht kommt, da die Beurteilung über die für den Unternehmer nicht erkennbare Unrichtigkeit von Abnehmerangaben nach der Rechtsprechung des Senats bei Ausfuhrlieferungen im Billigkeitsverfahren nach § 163 der Abgabenordnung zu erfolgen hat (BFH-Urteil vom 30. Juli 2008 V R 7/03, BFH/NV 2009, 438, unter II. 5.). |
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In einem etwaigen Billigkeitsverfahren werden die vom EuGH entwickelten Grundsätze zum Vertrauensschutz zu berücksichtigen sein (EuGH-Urteile vom 21. Februar 2008 Rs. C-271/06, Netto Supermarkt, BFH/NV Beilage 2008, 199; Teleos in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV 2008, 25). |
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