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II. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und des angefochtenen Änderungsbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). FG und FA sind für das Streitjahr zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Tätigkeitsstätte des Klägers in W als regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in seiner im Veranlagungszeitraum 1998 geltenden Fassung (EStG) anzusehen ist. Deshalb ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn in dem ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 1998 vom 20. März 2000 –wie von den Klägern erklärt– die bei Benutzung eines privaten Fahrzeugs entstandenen Fahrtkosten des Klägers unter Abzug steuerfreier Erstattungen der Arbeitgeberin mit einem pauschalen Kilometersatz von 0,52 DM je Fahrtkilometer (vgl. H 38 des für das Streitjahr gültigen Lohnsteuer-Handbuchs i.V.m. dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. Oktober 1991, BStBl I 1991, 925) statt mit der in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG genannten Entfernungspauschale (0,70 DM je Entfernungskilometer) als Werbungskosten berücksichtigt worden sind. Auf die Frage, ob die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vorgelegen haben, kommt es nicht mehr an. |
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1. Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte waren (auch) im Streitjahr nach Maßgabe der in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG genannten Entfernungspauschalen als Werbungskosten zu berücksichtigen. |
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a) Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser Vorschrift ist nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder aufsucht; dies ist regelmäßig der Betrieb des Arbeitgebers oder ein Zweigbetrieb (Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 5. August 2004 VI R 40/03, BFHE 207, 225, BStBl II 2004, 1074; vom 11. Mai 2005 VI R 15/04, BFHE 209, 515, BStBl II 2005, 788; VI R 16/04, BFHE 209, 518, BStBl II 2005, 789, und VI R 25/04, BFHE 209, 523, BStBl II 2005, 791; vom 14. September 2005 VI R 93/04, BFH/NV 2006, 53; vom 4. April 2008 VI R 85/04, BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887; vom 10. Juli 2008 VI R 21/07, BFHE 222, 391, BFH/NV 2008, 1923; vom 18. Dezember 2008 VI R 39/07, BFHE 224, 111, BStBl II 2009, 475). |
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Liegt eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, so kann sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken. Dies kann etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ggf. durch eine entsprechende Wohnsitznahme geschehen (z.B. BFH-Urteile vom 10. April 2008 VI R 66/05, BFHE 221, 35, BStBl II 2008, 825; in BFHE 222, 391, BFH/NV 2008, 1923). Für diesen Grundfall erweist sich die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip (z.B. BFH-Urteile in BFHE 209, 523, BStBl II 2005, 791; in BFHE 222, 391, BFH/NV 2008, 1923; in BFHE 224, 111, BStBl II 2009, 475). |
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b) Liegt keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer typischerweise in der aufgezeigten Weise einstellen kann, ist eine Durchbrechung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sachlich nicht gerechtfertigt. Dies ist insbesondere bei Auswärtstätigkeiten der Fall (Senatsurteile vom 11. Mai 2005 VI R 7/02, BFHE 209, 502, BStBl II 2005, 782; VI R 70/03, BFHE 209, 508, BStBl II 2005, 785; in BFHE 221, 35, BStBl II 2008, 825). Ein auswärts tätiger Arbeitnehmer hat typischerweise nicht die vorbezeichneten Möglichkeiten, seine Wegekosten gering zu halten, insbesondere scheidet ein Familienumzug an die Tätigkeitsstätte aus. |
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c) In seinem Urteil in BFHE 222, 391, BFH/NV 2008, 1923 ist der erkennende Senat auch bei einem Arbeitnehmer, der vorübergehend ausschließlich am Betriebssitz eines Kunden für seinen Arbeitgeber tätig ist, davon ausgegangen, dass dieser typischerweise nicht die Möglichkeit hat, sich auf diese Tätigkeitsstätte einzustellen. Hieraus hat der Senat geschlossen, dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist, und insoweit ausgeführt, dass diese Vorschrift auch dann nicht zur Anwendung komme, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Kunden längerfristig eingesetzt wird. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Denn die Beurteilung, ob sich ein Arbeitnehmer in der genannten Weise auf eine bestimmte Tätigkeitsstätte einstellen kann, hat stets aus der Sicht zum Zeitpunkt des Beginns der jeweiligen Tätigkeit ("ex ante") zu erfolgen. Soll ein Arbeitnehmer in der betrieblichen Einrichtung eines Kunden seines Arbeitgebers eingesetzt werden, so ist prägend für diese Sicht des Arbeitnehmers allein das Arbeitsverhältnis und nicht die Vertragsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Kunde. Auf die konkrete Ausgestaltung und die Dauer jener vertraglichen Beziehung kann und muss sich der Arbeitnehmer typischerweise weder rechtlich noch faktisch mit dem Ergebnis der Minderung der Wegekosten einstellen. Vielmehr ist es gerade Ausdruck des Arbeitsverhältnisses, dass der beim Kunden eingesetzte Arbeitnehmer hinsichtlich des Orts, an dem er seine Arbeitsleistung zu erbringen hat, in besonderer Weise dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Auch bei längerfristigem Einsatz beim Kunden steht die dortige Tätigkeit unter einem dem Einfluss des Arbeitnehmers entzogenen Vorbehalt, dass die vom Arbeitsverhältnis unabhängige Vertragsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Kunde Bestand hat. |
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2. Nach diesen Rechtsgrundsätzen führt auch der längerfristige Einsatz des Klägers in W nicht zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte. Dass der Kläger nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Geschäftsführer der GmbH A gewesen ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn die GmbH A wurde bei der AG nur im Unterauftrag der GmbH B tätig. Umstände, nach denen der Kläger als Geschäftsführer von vorneherein von einem über lange Jahre gesicherten Auftrag zur Beratung der AG hätte ausgehen können, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Auch der Gegenstand der bei der AG ausgeübten Beratungstätigkeit spricht nicht schon für sich gesehen für eine von vorneherein langfristig ausgelegte Tätigkeitsstätte in W. Deshalb kann im Streitfall offen bleiben, ob sich der Kläger besondere, als Geschäftsführer erlangte Kenntnisse über die seinem Einsatz in W zugrunde liegenden Vertragsbeziehungen seiner Arbeitgeberin hätte als Arbeitnehmer zurechnen lassen müssen. |
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