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B. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. |
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I. Die Zuständigkeit für die Besteuerung der Kläger ist aufgrund des Erlasses des Finanzministeriums Baden-Württemberg … auf das FA übergegangen. Dieser während des Revisionsverfahrens durch einen Organisationsakt der Verwaltung eingetretene Zuständigkeitswechsel führt zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109, unter II.1. der Gründe; vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BFH/NV 2008, 1263, unter II.1.c der Gründe, jeweils m.w.N.). |
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II. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit einen Betrag in Höhe von 10 668 EUR entsprechend der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg steuerfrei zu belassen. Zutreffend hat das FG auch davon abgesehen, das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG die Frage der Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale vorzulegen. |
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1. Gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG sind u.a. steuerfrei die aus einer Landeskasse gezahlten Bezüge, die in einem Landesgesetz als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Steuerfreie Bezüge im Sinne dieser Vorschrift erhalten auch Abgeordnete des Landtags von Baden-Württemberg. Denn § 6 Abs. 1 AbgG BW gewährt den Landtagsabgeordneten zur Abgeltung der durch das Mandat veranlassten Aufwendungen eine Aufwandsentschädigung, die Geld- und Sachleistungen umfasst. Zu den Geldleistungen gehört nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgG BW eine Pauschale für "allgemeine Unkosten (Unkostenpauschale)", die nach der im Streitjahr geltenden Fassung 1 632 DM (bis 31. Juli) bzw. 1 652 DM (ab 1. August) monatlich betrug. |
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Dem Kläger steht diese steuerfreie Kostenpauschale nicht zu, da er im Streitjahr nicht zum Kreis der in § 6 Abs. 1 AbgG BW genannten Landtagsabgeordneten gehörte. |
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2. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG scheidet im Streitfall aus, weil es bei der Entscheidung des Rechtsstreits auf die Gültigkeit von § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgG BW, die nach Auffassung der Kläger in verfassungswidriger Weise Landtagsabgeordnete gleichheitswidrig begünstigen, nicht ankommt. Ob und inwieweit die steuerfreie Kostenpauschale der Landtagsabgeordneten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, kann daher im Streitfall offenbleiben. |
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a) Nach der ständigen zu Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ergangenen Rechtsprechung des BVerfG kommt es auf die Gültigkeit der vorgelegten Rechtsnorm nur dann im Sinne einer Entscheidungserheblichkeit an, wenn das Prozessgericht für den Fall der Verfassungsmäßigkeit der Norm zu einer anderen Entscheidung käme als bei ihrer Verfassungswidrigkeit. Dabei ist an die Entscheidungserheblichkeit ein strenger Maßstab anzulegen, um die verfassungsrechtlich vorgegebene Unterscheidung zwischen konkreter Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und abstrakter Normenkontrolle gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG zu wahren. Wird eine gleichheitswidrige Begünstigung gerügt, setzt die Entscheidungserheblichkeit voraus, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm für den Kläger die Chance offenhält, eine für ihn günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Hieran fehlt es, wenn der Gesetzgeber an der Schaffung einer für den Kläger günstigeren Regelung aus Rechtsgründen oder aus offenkundig tatsächlichen Gründen gehindert ist (vgl. BVerfG-Beschluss vom 17. April 2008 2 BvL 4/05, unter B.I.; zur Begründung im Einzelnen wird auf das Senatsurteil vom 11. September 2008 VI R 13/06, BFHE 223, 39 unter C.II.1. und 2. seiner Gründe verwiesen). |
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b) Danach kommt es im Rechtsstreit der Kläger um die Rechtmäßigkeit des gegen sie gerichteten Einkommensteuerbescheides auf die Gültigkeit des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgG BW nicht an, weil der Gesetzgeber sowohl aus rechtlichen Gründen als auch aus offenkundig tatsächlichen Gründen daran gehindert ist, im Rahmen einer Neuregelung eine für den Kläger günstigere Regelung zu schaffen. |
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aa) Entspräche die steuerfreie Kostenpauschale in ihrem personellen Anwendungsbereich verfassungsrechtlichen Anforderungen, könnte sie durch den Gesetzgeber allenfalls auf solche Steuerpflichtige ausgedehnt werden, die im Hinblick auf den Zweck der Begünstigung einer mit den Landtagsabgeordneten vergleichbaren Gruppe angehören. Zu einer solchen Gruppe gehört der Kläger nicht. |
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(1) Die auch andere Steuerpflichtige einbeziehende Neuregelung einer Kostenpauschale bedürfte als steuerliche Begünstigungsnorm und Ausnahme von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes und hätte insbesondere den Zweck der steuerfreien Kostenpauschale der Landtagsabgeordneten zu beachten. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das Senatsurteil vom 11. September 2008 VI R 13/06 unter C.II.3. a) aa) seiner Gründe verwiesen. |
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Der Zweck der steuerfreien Kostenpauschale besteht darin, die den Landtagsabgeordneten bei der politischen Arbeit typischerweise entstehenden Aufwendungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des verfassungsrechtlich geregelten Abgeordnetenstatus zu erstatten. |
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Die mandatsbedingten Aufwendungen der Landtagsabgeordneten sind im Lichte des verfassungsrechtlich definierten Abgeordnetenstatus zu bestimmen. Der Abgeordnete ist Inhaber eines öffentlichen Amtes und Träger eines freien Mandats (BVerfG-Urteil vom 4. Juli 2007 2 BvE 1-4/06, BVerfGE 118, 277, 324, m.w.N.). Gemäß Art. 27 Abs. 3 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg sind die Abgeordneten Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Die Abgeordneten sind bei der Ausübung ihres freien Mandats unabhängig. Sie bestimmen in eigener Verantwortung, wie sie ihr Amt ausüben, wo sie den Schwerpunkt ihrer Arbeit sehen und welche Kosten sie dabei auf sich nehmen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 118, 277, 336 f.; Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 15. Dezember 1982 Vf. 22 – VII – 80, Deutsches Verwaltungsblatt 1983, 706, 710; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Kommentar zum Grundgesetz, 11. Aufl., Art. 38 Rz 62; Kissel, Festschrift für Zeuner, S. 79, 81). |
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Die Kostenpauschale wird den Landtagsabgeordneten gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgG BW insbesondere für die Betreuung des Wahlkreises, Bürokosten und Porto sowie sonstige Auslagen, die sich aus der Stellung des Abgeordneten ergeben, gewährt. Sie erfasst damit Aufwendungen, die den Landtagsabgeordneten typischerweise entstehen (vgl. zur Kostenpauschale der Bundestagsabgeordneten BTDrucks 7/5903, S. 12). Mit der Kostenpauschale werden die genannten Aufwendungen der Abgeordneten unabhängig davon abgegolten, in welcher Höhe sie tatsächlich anfallen. Die pauschale Erstattung dieser Aufwendungen soll der Verwaltungsvereinfachung dienen (vgl. BFH-Urteil vom 29. März 1983 VIII R 97/82, BFHE 138, 430, BStBl II 1983, 601, unter 2. der Gründe; Braun/Jantsch/Klante, Abgeordnetengesetz, § 12 Rz 10) und zudem Abgrenzungsschwierigkeiten vermeiden, die beim Einzelnachweis mandatsbedingter Aufwendungen dadurch auftreten, dass die Aufgaben eines Abgeordneten aufgrund der Besonderheiten des Abgeordnetenstatus nicht in abschließender Form bestimmt werden können (vgl. "Zweites Gutachten zur Neuregelung der Diäten der Mitglieder des Bundestages" des Beirates für Entschädigungsfragen beim Präsidium des Deutschen Bundestages, BTDrucks 7/5531, S. 32, 44). |
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Wie die Kostenpauschale selbst dient auch ihre Steuerfreiheit der Vereinfachung und der Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten, da die Besteuerung der Kostenpauschale und die Geltendmachung der mandatsbezogenen Aufwendungen als Werbungskosten entfallen (vgl. v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 3 Rz B 12/32). |
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(2) Der Kläger gehört als Rechtsanwalt und Steuerberater nicht zu einer Gruppe von Steuerpflichtigen, die im Hinblick auf den Zweck der steuerfreien Kostenpauschale mit den Landtagsabgeordneten vergleichbar ist. Nach der Einkommensteuererklärung der Kläger für das Streitjahr, die nach den tatsächlichen und für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) vom FA X unverändert der Veranlagung zugrunde gelegt worden ist, hat der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit keine Werbungskosten geltend gemacht. Beim Kläger sind somit im Streitjahr dem Grunde nach keine Aufwendungen angefallen, die als typische Aufwendungen der Landtagsabgeordneten nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgG BW durch die steuerfreie Kostenpauschale erfasst werden. |
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(3) Im Übrigen unterscheiden sich unabhängig von Art und Umfang der dem Kläger im Streitjahr tatsächlich entstandenen Werbungskosten die in der steuerfreien Kostenpauschale zusammengefassten mandatsbedingten Aufwendungen der Abgeordneten auch in ihrer Struktur grundlegend von den Aufwendungen anderer Berufsgruppen. Sie bestehen im Wesentlichen aus besonderen, berufseigenen Aufwendungen, die anderen Berufsgruppen –und damit auch dem Kläger– fremd sind. Es kommt hinzu, dass die beruflich veranlassten Aufwendungen anderer Berufsgruppen im Gegensatz zu den besonderen, mandatsbedingten Aufwendungen der Abgeordneten nicht durch eine Einheitspauschale mit Abgeltungswirkung gemäß § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG erfasst werden. Insoweit wird auf die unter C.II.3. a) cc) näher ausgeführten Gründe des Senatsurteils vom 11. September 2008 VI R 13/06 Bezug genommen. |
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bb) Sollte die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten in ihrer derzeitigen Form indessen nicht realitätsgerecht ausgestaltet sein und insbesondere den Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Orientierung am tatsächlichen, wenn auch pauschalierten Aufwand überschreiten, diente die Pauschale faktisch in diesem Umfang der Alimentation und führte insoweit zu einem verschleierten Einkommen. Dies umginge unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG die Steuerpflicht der Abgeordnetenentschädigung. |
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In diesem Fall wäre der Gesetzgeber allerdings ebenfalls daran gehindert, neben den Abgeordneten auch andere Steuerpflichtige wie den Kläger durch eine pauschale Steuerfreistellung zu begünstigen. Denn die Erstreckung einer solchen verfassungswidrigen Pauschale auf den Kläger käme erst recht nicht in Betracht. Auf die unter C.II.3. b) näher ausgeführten Gründe des Senatsurteils vom 11. September 2008 VI R 13/06 wird Bezug genommen. |
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c) Die Entscheidungserheblichkeit der vom Kläger als verfassungswidrig gerügten Normen ergibt sich schließlich auch nicht durch eine Einbeziehung der allgemeinen Vorschriften des EStG zum Tarif und zur Bemessungsgrundlage. Auch das Recht des Klägers aus Art. 3 Abs. 1 GG auf eine gleichmäßige Steuerbelastung gewährt schließlich kein allgemeines und generelles Abwehrrecht. Die Annahme der Entscheidungserheblichkeit allein aufgrund der Möglichkeit einer anderweitigen Verteilung der Steuerlast eröffnete letztlich die allgemeine Popularklage. Insoweit nimmt der Senat auf die unter C.II.4. und 5. näher ausgeführten Gründe seines Urteils vom 11. September 2008 VI R 13/06 Bezug. |
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