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II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Sie führt zur AdV des angefochtenen Bescheides. |
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Es bestehen ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteueränderungsbescheides vom 30. Juni 2014. Denn bei der gebotenen summarischen Prüfung treten neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung der zugrunde liegenden Rechtsfragen bewirken (vgl. die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH– seit dem Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182). |
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1. Diese Zweifel ergeben sich bereits in Bezug auf das verfahrensrechtliche Problem, ob der Erlass des streitigen Einkommensteuerbescheides vom 30. Juni 2014 von einer entsprechenden Änderungsvorschrift gedeckt ist. Vor diesem Hintergrund kann die Frage nach der Bewertung der streitigen vGA –die zudem eine weitere Sachaufklärung in Bezug auf die tatsächliche Fahrzeugnutzung voraussetzte– im Beschwerdeverfahren offenbleiben. |
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a) Nach § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG kann ein Steuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid gegenüber dem Gesellschafter, dem die vGA zuzurechnen ist, erlassen, aufgehoben oder geändert werden, soweit gegenüber einer Körperschaft ein Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer vGA erlassen, aufgehoben oder geändert wird. |
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Die Regelung des § 32a KStG enthält eine formelle Änderungsmöglichkeit, begründet jedoch keine materielle Bindung der Steuerfestsetzung gegenüber dem Gesellschafter (z.B. BFH-Urteile vom 2. Dezember 2014 VIII R 45/11, BFH/NV 2015, 683; vom 18. September 2012 VIII R 9/09, BFHE 238, 512, BStBl II 2013, 149; BFH-Beschluss vom 20. März 2009 VIII B 170/08, BFHE 224, 439, BFH/NV 2009, 1029). Sie dient dem Ziel, die verfahrensrechtlichen Hemmnisse, die einer zutreffenden materiellen Besteuerung von Körperschaften und Anteilseignern entgegenstehen, zu beseitigen (BTDrucks 16/2712, S. 71; BFH-Beschluss vom 29. August 2012 VIII B 45/12, BFHE 238, 187, BStBl II 2012, 839). Die Regelung ist danach im Ergebnis auf die Kongruenz der Besteuerung der Ebenen der Gesellschaft und des Anteilseigners angelegt (BFH-Beschluss in BFHE 238, 187, BStBl II 2012, 839; BFH-Urteil vom 6. September 2011 VIII R 55/10, BFH/NV 2012, 269, 270) und gewährt einer materiell richtigen Einkommensteuerfestsetzung Vorrang gegenüber dem Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Bestandskraft der bereits erfolgten Steuerfestsetzung. |
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Gleichwohl folgt hieraus nicht, dass § 32a KStG eine uneingeschränkte Anpassungsmöglichkeit für bestandskräftige Bescheide eröffnet, denn § 32a KStG regelt –anders als § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO)– nicht die Anpassung eines Folgebescheides an den Grundlagenbescheid. |
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Dementsprechend stellt sich zumindest die Frage, ob eine auf § 32a KStG gestützte Korrektur eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides des Gesellschafters jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn –wie im Streitfall– dem FA nicht nur das Vorliegen der vGA dem Grunde nach bekannt war, sondern zudem der Körperschaftsteuerbescheid, an dessen Festsetzung eine Anpassung erfolgen soll, im Zeitpunkt des Erlasses des bestandskräftig gewordenen Einkommensteueränderungsbescheides bereits vorlag. Folgt das FA in einem solchen Fall der in Bezug auf die Höhe der vGA abweichenden Erklärung des Steuerpflichtigen und setzt dessen Einkommensteuer unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung erklärungsgemäß fest, so erscheint es zumindest fraglich, ob es eine spätere Durchbrechung der eingetretenen Bestandskraft dieses Bescheides auf § 32a KStG stützen kann, ohne dass der Körperschaftsteuerbescheid geändert wird (zweifelnd wohl auch Intemann in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 32a KStG Rz 9; Blümich/Rengers, § 32a KStG Rz 38). |
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b) Ernstliche, die Aussetzung rechtfertigende Zweifel bestehen auch daran, dass der Erlass des streitigen Änderungsbescheides von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gedeckt ist. |
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Danach sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Nachträglich werden Tatsachen oder Beweismittel bekannt, wenn deren Kenntnis nach dem Zeitpunkt erlangt wird, in dem die Willensbildung über die Steuerfestsetzung abgeschlossen ist. Maßgeblich ist die Kenntnis der zur Bearbeitung des Steuerfalls organisatorisch berufenen Dienststelle. Dieser ist allerdings grundsätzlich das bekannt, was sich aus den bei ihr geführten Akten ergibt, ohne dass es auf die individuelle Kenntnis des Bearbeiters ankommt (z.B. BFH-Urteil vom 28. April 1998 IX R 49/96, BFHE 185, 370, BStBl II 1998, 458). Tatsache im Sinne dieser Vorschrift ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestandes sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Keine Tatsachen in diesem Sinne sind Schlussfolgerungen aller Art, insbesondere juristische Subsumtionen (BFH-Urteile vom 20. Dezember 1988 VIII R 121/83, BFHE 156, 339, BStBl II 1989, 585; vom 27. Oktober 1992 VIII R 41/89, BFHE 170, 1, BStBl II 1993, 569). |
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Eine solche Tatsache ist der Kontrollmitteilung, auf die das FA sich im Zusammenhang mit dem Erlass des streitgegenständlichen Änderungsbescheides bezieht, nicht zu entnehmen. |
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Eine Tatsache i.S. des § 173 AO könnte zwar in der Nutzung des Audi Q5 durch die Ehefrau des Antragstellers zu sehen sein. Allerdings ist derzeit nicht zweifelsfrei feststellbar, wann dem FA diese Tatsache bekannt geworden ist, insbesondere ob ihm diese bereits im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Einkommensteueränderungsbescheides bekannt war. |
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Diese Frage ist auch streiterheblich. Denn wäre diese Tatsache dem FA bereits bekannt gewesen, so läge kein von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erfasster Fall einer Änderung aufgrund einer nachträglich bekannt gewordenen Tatsache, sondern einer abweichenden rechtlichen Beurteilung der Bewertung der dem Antragsteller zuzurechnenden streitgegenständlichen vGA durch das FA vor. Für eine so begründete Änderung eines bestandskräftigen Bescheides fehlte es indes im Streitfall an einer Änderungsnorm. |
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 1 FGO. |
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