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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die angegriffenen Einkommensteuerbescheide nicht zur Berücksichtigung der Verluste aus dem ausländischen Investmentfonds geändert werden können. |
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1. Zutreffend hat das FG eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ausgeschlossen. Nach dieser Norm ist ein Steuerbescheid zu ändern, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Vorliegend sind die negativen Einnahmen aus einer eigenen Erwerbsgrundlage –die Beteiligung am N-Fonds– zwar eine neue Tatsache (vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember 1998 IX R 14/97, BFH/NV 1999, 743), die zu einer niedrigeren Steuer führt. Jedoch trifft die Kläger am nachträglichen Bekanntwerden dieser Tatsache ein grobes Verschulden. |
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a) Verschulden im Sinne der maßgeblichen Vorschrift setzt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus. Grob fahrlässig handelt, wer die ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt (Senatsurteil vom 21. Januar 2004 VIII R 15/02, BFH/NV 2004, 910). So handelt der Steuerpflichtige etwa grob fahrlässig, wenn er eine in einem Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beantwortet (BFH-Urteile vom 23. Oktober 2002 III R 32/00, BFH/NV 2003, 441; vom 21. April 1988 IV R 215/85, BFHE 153, 485, BStBl II 1988, 863). Ein Verschulden seines steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung muss sich der Steuerpflichtige zurechnen lassen. Denn der Steuerpflichtige, der für die Richtigkeit seiner Angaben in der Steuererklärung einzustehen hat (§ 150 Abs. 2 AO), kann sich dieser Verantwortung nicht dadurch entziehen, dass er die Ausarbeitung der Steuererklärung seinem steuerlichen Berater überträgt (BFH-Urteil vom 17. November 2005 III R 44/04, BFHE 211, 401, BStBl II 2006, 412). Ob ein Steuerpflichtiger danach grob fahrlässig gehandelt hat, ist im Wesentlichen eine Tatfrage. Die hierzu vom FG aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen vorgenommene Würdigung darf –abgesehen von zulässigen oder begründeten Verfahrensrügen– in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit richtig erkannt worden ist und ob die Würdigung der Umstände hinsichtlich des individuellen Verschuldens den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen nicht widerspricht. |
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b) Nach diesen Grundsätzen ist die Würdigung des FG, dass die Kläger das nachträgliche Bekanntwerden der negativen Einnahmen aus dem N-Fonds grob verschuldet haben, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Würdigung des FG, die von den Klägern nicht mit Verfahrensrügen angegriffen wurde, ist nicht nur möglich, sondern aufgrund der vom FG festgestellten einzelnen Umstände auch naheliegend. Die Kläger haben ihre Steuererklärungspflicht grob fahrlässig verletzt. |
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aa) Die Kläger haben weder in den abgegebenen Anlagen KAP die Frage nach ausländischen Investmentanteilen beantwortet, noch in der Anlage AUS des Klägers für 2003 den Namen der Fondsgesellschaft eingetragen. Für das Jahr 2002 gaben sie trotz der N-Beteiligung keine Anlage AUS ab. Damit haben sie ihre Pflicht zur vollständigen Abgabe von Steuererklärungen verletzt. Denn sie haben ihre Beteiligung an dem N-Fonds dem Grunde nach nicht offengelegt. Aus der Verpflichtung des § 150 AO, die Steuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen anzufertigen, ergibt sich, dass jeder Steuerpflichtige die Pflicht hat, sämtliche steuerrelevante Tatsachen vollständig offenzulegen. Sind bestimmte Tatsachen zum Abgabezeitpunkt ungewiss, entbindet dies den Steuerpflichtigen weder von seiner Pflicht zur fristgemäßen noch von der zur vollständigen Erklärungsabgabe (vgl. BFH-Beschluss vom 30. April 2001 VII B 325/00, BFH/NV 2001, 1227). Er hat in diesem Fall auf einen vorläufigen oder auf einen Vorbehaltsbescheid hinzuwirken und darzulegen, warum er zu bestimmten Tatsachen (noch) keine Angaben machen kann. |
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bb) Der Senat kann offenlassen, ob die Kläger selbst diese Pflicht grob fahrlässig verletzt haben. Dafür könnte sprechen, dass sie von ihrer Beteiligung an dem N-Fonds wussten und in Anbetracht der Vorjahre es ihnen zudem bekannt war, dass der Fonds –auch bei negativen Einnahmen– als "Einkunftsquelle" auf der Anlage AUS angegeben werden muss. Jedenfalls müssen sich die Kläger die grobe Fahrlässigkeit ihres steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung zurechnen lassen. Übernimmt ein Steuerberater die Erstellung von Steuererklärungen, hat er den für die Abgabe einer vollständigen Steuererklärung maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln (BFH-Urteil vom 3. Dezember 2009 VI R 58/07, BFHE 227, 365, BStBl II 2010, 531). Von Angehörigen der steuerberatenden Berufe muss dabei verlangt werden, dass sie den Inhalt der Merkblätter kennen und die üblichen Vordrucke beherrschen. Die Pflicht zur Erklärung einer Beteiligung an einem ausländischen Investmentfonds ergab sich vorliegend sowohl aus der Anlage AUS selbst als auch aus der Anleitung zur Anlage AUS 2003. In dieser wird –nach Quellenstaaten sortiert– nach ausländischen Investmenteinkünften konkret gefragt. Insbesondere sind dort die Namen der einzelnen Fonds einzutragen. Der steuerliche Berater hätte die Kläger nach ihren ausländischen Beteiligungen oder anderen Kapitalanlagen fragen müssen. Das gilt umso mehr, weil ihm im Hinblick auf die Vorjahre die Existenz der Beteiligung an dem N-Fonds bekannt war. Hätte er auf Nachfrage erfahren, dass die Beteiligung weiterhin bestand, hätte er die Kläger zur Informationsbeschaffung auffordern müssen. Wenn es unmöglich gewesen wäre, die Höhe der Einkünfte zu ermitteln, hätte er zumindest die Beteiligung in der Anlage AUS angeben und die Höhe der Einkünfte offenlassen oder mit "0" beziffern müssen. Zudem hätte er auf die fehlenden Bescheinigungen hinweisen müssen. Diese Vorgehensweise hatte der steuerliche Berater im Hinblick auf andere ausländische Einkunftsquellen in den Vorjahren selbst praktiziert. Zu Recht geht das FG davon aus, dass es sich nicht um ein üblicherweise immer wieder auftretendes Versehen handelt. Denn in Anbetracht der wenigen ausländischen Kapitalbeteiligungen der Kläger hätte das Fehlen einer Quelle –beim Abgleich mit dem Vorjahr– auffallen müssen (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 743). |
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c) Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO kommt vorliegend auch nicht wegen eines nachträglich bekanntgewordenen Beweismittels in Gestalt der Bescheinigungen in Betracht. Denn diese waren zum Zeitpunkt der Erstveranlagungen noch nicht existent. Dies ist aber eine Voraussetzung für eine derartige Änderung (BFH-Beschluss vom 12. August 1997 IV B 98/96, BFH/NV 1998, 147). |
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2. Im Ergebnis zutreffend hat das FG eine Änderung der angegriffenen Einkommensteuerbescheide gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO verneint. Nach dieser Norm ist ein Steuerbescheid zu ändern, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Die von den Klägern nachträglich vorgelegten Bescheinigungen sind keine rückwirkenden Ereignisse. |
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a) Ein rückwirkendes Ereignis liegt vor, wenn der nach dem Steuertatbestand rechtserhebliche Sachverhalt sich später anders gestaltet und sich steuerlich in der Weise in die Vergangenheit auswirkt, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897). Eine andere rechtliche Beurteilung des unverändert bleibenden Sachverhalts genügt insoweit nicht. Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, also bereits eingetretene steuerliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, ist den Normen des materiellen Steuerrechts zu entnehmen (BFH-Urteile vom 27. Januar 2011 III R 90/07, BFHE 232, 485, BStBl II 2011, 543; vom 4. Mai 2006 VI R 17/03, BFHE 213, 383, BStBl II 2006, 830). Auch die Vorlage einer Bescheinigung kann ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sein, nämlich dann, wenn sie ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal bildet. Dagegen sind Beweismittel, die ausschließlich dazu dienen, eine steuerrechtlich relevante Tatsache zu belegen und die als solche keinen Eingang in eine materielle Steuerrechtsnorm gefunden haben, auch dann kein rückwirkendes Ereignis, wenn sie erst nach Bestandskraft eines Bescheids beschafft werden können (BFH-Urteil vom 6. März 2003 XI R 13/02, BFHE 201, 421, BStBl II 2003, 554). |
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b) Nach diesen Grundsätzen sind die von den Klägern vorgelegten Bescheinigungen über die Verluste des N-Fonds keine rückwirkenden Ereignisse. Denn diese Bescheinigungen sind nicht materiell-rechtliche Voraussetzung zur Berücksichtigung von Einnahmen aus ausländischen Investmentfonds. Für alle Arten dieser Fonds (vgl. § 17 Abs. 3, § 18 Abs. 1 und 3 des Auslandsinvestmentgesetzes –AuslInvestmG–) ermöglicht das Gesetz den Nachweis der Einkünfte durch verschiedene Beweismittel. Anders als bei der Spendenbescheinigung, die auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erteilen ist (§ 50 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung –EStDV–), und anders als beim Nachweis der Kapitalertragsteuer (§ 45a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes –EStG–), ist die Art des Nachweises bei Einnahmen aus ausländischen Investmentfonds nicht vorgeschrieben. Dies ergibt sich aus § 19 Abs. 4 AuslInvestmG. Danach hat der Steuerpflichtige den Nachweis über die Höhe der ausländischen Einkünfte und der Abzugssteuern durch geeignete Unterlagen zu führen. Aus den §§ 17, 18 AuslInvestmG folgt nichts anderes. Denn sie regeln lediglich die materielle Steuerpflicht bestimmter Einnahmen in Abhängigkeit von der Mitwirkung und der Transparenz der Investmentgesellschaften oder des Anlegers. Diesem stehen damit sämtliche Nachweismittel offen. Allerdings steht der Finanzbehörde ein Prüfungsrecht über die Echtheit und Wahrheit von Urkunden zu (vgl. zu § 34c EStG BFH-Urteil vom 5. Februar 1992 I R 9/90, BFHE 167, 109, BStBl II 1992, 607). Auch § 68b EStDV, der auf § 34c Abs. 7 EStG basiert, verlangt für den Nachweis der ausländischen Einkünfte i.S. des § 34c EStG lediglich geeignete Urkunden. Wenn aber keine bestimmte (amtliche) Bescheinigung als materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung gefordert ist, sind die von den Klägern eingereichten Bescheinigungen bloße Beweismittel. |
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Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus den Grundsätzen der Senatsentscheidung vom 18. April 2000 VIII R 75/98 (BFHE 192, 80, BStBl II 2000, 423). Denn in diesem Urteil wird (nur) die Bescheinigung über anrechenbare Körperschaftssteuer i.S. des § 44 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) als materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer qualifiziert. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Bescheinigungen der Kläger über Verluste aus einem ausländischen Investmentfonds nicht vergleichbar mit einer amtlichen Bescheinigung einer ausschüttenden Körperschaft gemäß § 44 KStG. Denn diese Bescheinigung war nach § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b EStG in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung eine zwingende materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer. Wie bereits ausgeführt, verknüpft § 19 Abs. 4 AuslInvestmG aber gerade nicht die Anerkennung von Erträgen im Sinne des AuslInvestmG mit dem Vorliegen einer ganz bestimmten Bescheinigung. Der Nachweis ist durch geeignete Unterlagen zu erbringen. Dies reicht nicht weiter als die allgemeine erhöhte Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung von Auslandssachverhalten (§ 90 Abs. 2 AO). |
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