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II. Die Beschwerde ist begründet. Das angefochtene Urteil des FG wird aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 116 Abs. 6 FGO). |
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Das Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Das FG hat wegen seiner fehlenden Ermessensausübung gegen § 74 FGO verstoßen. |
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1. Nach § 74 FGO kann das Gericht ein Verfahren aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. |
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a) Obwohl die Entscheidung gemäß § 74 FGO über die Aussetzung des Klageverfahrens eine Ermessensentscheidung des FG ist, kann ein Verfahrensfehler anzunehmen sein, wenn das FG sein Ermessen fehlerhaft ausübt. Das FG muss bei seiner Entscheidung über eine Aussetzung prozessökonomische Gesichtspunkte einerseits und die Interessen der Beteiligten andererseits gegeneinander abwägen. Fehlt es an einer solchen Abwägung, liegt bereits in dem Ermessensnichtgebrauch ein Verfahrensfehler, selbst wenn das Klageverfahren nicht ausgesetzt werden musste, weil das Ermessen des FG noch nicht auf Null reduziert war, da im Einzelfall nicht alle Erwägungen ausschließlich oder ganz überwiegend für die Aussetzung des Verfahrens sprachen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 18. Juli 1990 I R 12/90, BFHE 161, 409, BStBl II 1990, 986). |
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b) An einer solchen notwendigen Abwägung hat es das FG fehlen lassen. Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, dass das FG die Möglichkeit einer Verfahrensaussetzung in Betracht gezogen hat, obwohl es ausreichende Hinweise für eine Aussetzung gab. |
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Der Kläger hatte die Auffassung vertreten, er und seine Ehefrau hätten das Restaurant in der Rechtsform einer GbR betrieben. Die Zurechnung der Einkünfte im Gewerbesteuermessbescheid ihm allein gegenüber sei erfolgt, ohne dass ein Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung ergangen sei. |
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Die Annahme einer Mitunternehmerschaft musste aus den folgenden Gründen ernstlich in Betracht gezogen werden: |
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aa) Die Möglichkeit einer Mitunternehmerschaft ergab sich zum einen aus der Rechtsprechung des BFH, wonach Ehegatten regelmäßig Mitunternehmer eines Betriebs werden, wenn zum Vermögen eines Ehegatten bei vereinbarter Gütergemeinschaft ein Gewerbebetrieb mit einem ins Gewicht fallenden Betriebskapital gehört (BFH-Urteil vom 4. November 1997 VIII R 18/95, BFHE 185, 153, BStBl II 1999, 384, m.w.N.). Eine Gütergemeinschaft führt jedoch nicht unmittelbar und zwangsläufig zur Annahme einer Mitunternehmerschaft. Vielmehr bleibt stets für das Bejahen der Merkmale des Mitunternehmerrisikos und der Mitunternehmerinitiative eine Gesamtwürdigung im Einzelfall erforderlich. |
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Bei Ehegatten niederländischer Staatsangehörigkeit, die –wie hier der Kläger und die Beigeladene in den Streitjahren– in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind, reicht als steuerrechtlich notwendige Grundlage für die Mitunternehmerschaft regelmäßig auch das Bestehen der allgemeinen Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht aus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 185, 153, BStBl II 1999, 384). Dabei ist aber zu beachten, dass hinsichtlich des Nachweises einer solchen ausländischen Gütergemeinschaft den Steuerpflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung). |
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bb) Den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens erschien eine Mitunternehmerschaft möglich. Der Kläger hat auf das Bestehen einer Mitunternehmerschaft hingewiesen, indem er spätestens mit Schreiben vom 13. Oktober 2004 behauptete, die Einkünfte aus dem Betrieb des Chinarestaurants seien nicht allein von ihm erzielt worden, sondern von der mit seiner Frau betriebenen GbR. Dass auch das FA die Möglichkeit einer Mitunternehmerschaft in Betracht gezogen hat, ergibt sich aus seinem Antrag an das FG vom 20. November 2002, die Ehefrau des Klägers beizuladen. |
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2. Im Rahmen seiner Ermessensentscheidung hat das FG bei der Abwägung prozessökonomischer Gesichtspunkte und der Interessen der Beteiligten zu beachten, dass die vorgreifliche Entscheidung bzw. Feststellung für das auszusetzende Verfahren nicht bindend sein muss (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 350/83, BFHE 152, 401, BStBl II 1988, 600). Es genügt, dass das andere Verfahren irgendwie für die Entscheidung präjudiziell ist, d.h. dass es irgendeinen rechtlichen Einfluss auf das auszusetzende Verfahren hat (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 74 Rz 2, m.w.N.). |
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a) Ein Rechtsstreit ist auszusetzen, um ein Verfahren zur einheitlichen und gesonderten Feststellung durchzuführen, wenn ernstlich zweifelhaft ist, ob überhaupt einkommensteuerpflichtige Einkünfte erzielt werden und/oder ob diese mehreren Personen zuzurechnen sind. Grund dafür ist, dass über diese (Vor-)Fragen –entsprechend dem materiell-rechtlichen Zweck des Verfahrens, eine inhaltlich identische Sachbehandlung gegenüber allen potentiell betroffenen Steuerpflichtigen sicherzustellen– nur einheitlich gegenüber allen (potentiell) an den Einkünften Beteiligten entschieden werden kann (BFH-Beschluss vom 4. April 2008 IV R 91/06, BFH/NV 2008, 1289, m.w.N.). Eine solche Bindung liegt beispielsweise in dem Parallelverfahren des Klägers wegen der gesonderten Gewinnfeststellung der Jahre 1994 und 1995 an die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung vor. |
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b) Bei der Überprüfung der vorliegenden Gewerbesteuermessbeträge ist aber zu beachten, dass die Gewerbeertragsermittlung nach § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewSt) materiell-rechtlich eigenständig erfolgt; auch verfahrensrechtlich stellen die Einkommensteuer- und die Gewinnfeststellungsbescheide insoweit keine Grundlagenbescheide dar, die die Finanzverwaltung und das FG daran hindern könnten, die steuerliche Einordnung der Einkünfte im Gewerbesteuerverfahren anders zu treffen als im Einkommensteuerverfahren (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 22. April 2008 X B 154/07, BFH/NV 2008, 1361). Dennoch könnten die prozessökonomischen Erwägungen für eine Aussetzung des Verfahrens auch in diesen Fällen sprechen: Zum einen fungieren aufgehobene oder geänderte Einkommensteuer- und Feststellungsbescheide in einem gewissen Umfang als de facto Grundlagenbescheide (vgl. Selder in Glanegger/ Güroff, GewStG, 7. Aufl., § 35b Rz 2, m.w.N.). Zum anderen ist gemäß § 35b Abs. 1 GewStG ein Gewerbesteuermessbescheid von Amts wegen aufzuheben oder zu ändern, wenn der Einkommensteuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid "aufgehoben oder geändert wird und die Aufhebung oder Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt". Es erscheint daher sinnvoll, aus Gründen der Übersichtlichkeit der Prozesssituation in den Fällen, in denen das Verfahren wegen der gesonderten Feststellung des Gewinns eines bestimmten Jahres ausgesetzt werden muss, auch das Verfahren in Bezug auf die Gewerbesteuermessbeträge auszusetzen. |
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Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang abzuwägen haben, ob es die Aussetzung auch dieses Verfahrens bis zur für die Gewinnfeststellung notwendigen Durchführung des einheitlichen und gesonderten Feststellungsverfahrens für ermessensgerecht hält oder nicht. |
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