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I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte im Streitjahr 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einem Sanitärunternehmen. |
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) setzte zunächst die Einkommensteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Wege der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen fest. Später reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung ein. Zu dem Gewinn aus Gewerbebetrieb war ein Jahresabschluss beigefügt, der im Kontennachweis zur Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) mehrere Zeilen betreffend Abschreibungen enthielt. Darunter befanden sich insgesamt vier Beträge mit nachgeschaltetem Minuszeichen, ferner in der Zeile zu Konto 6241 die Angabe "Sonder-AfA § 7g/1, 2 a.F., § 7g/5 n.F. 10.000,00" ohne Minuszeichen. Beigefügt war ein Erklärungsvordruck "Ansparabschreibungen nach § 7g Abs. 3 EStG im Wirtschaftsjahr 2007". Dieser enthielt unter "Im Wirtschaftsjahr gebildete Rücklagen nach § 7g Abs. 3 EStG" Rücklagen zum Wirtschaftsjahr 2009 für verschiedene Wirtschaftsgüter in Höhe von 3.600 EUR sowie 2.400 EUR. Unter "Im Wirtschaftsjahr aufgelöste Rücklagen nach § 7g Abs. 3 EStG" für "Fahrzeuge" zum Wirtschaftsjahr 2005 war in der Spalte "Auflösung Rücklage" der Betrag von 16.000 EUR und in der Spalte "Gewinnzuschlag" der Betrag von 1.920 EUR angegeben. |
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Der Bearbeiter des FA (B) wies in einem Anschreiben vom 15. März 2010 den steuerlichen Vertreter der Kläger (S) darauf hin, dass er von den Angaben des Klägers abweichen wolle, zum einen durch Erhöhung des Gewinns um 16.000 EUR aus der Auflösung der § 7g-Rücklage, zum anderen durch Erhöhung des Gewinns um 10.000 EUR für die beantragte Sonder-AfA nach § 7g, da nicht ersichtlich sei, für was eine Sonder-AfA gewährt werden sollte. Das Schreiben blieb unbeantwortet. Das FA setzte darauf die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines –im Vergleich zur Erklärung– um 26.000 EUR erhöhten Gewinns fest. Auf einen aus anderen Gründen eingelegten Einspruch erging am 10. August 2010 ein Änderungsbescheid, mit dem das FA den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. |
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Am 14. April 2011 teilte S dem FA telefonisch mit, der Einkommensteuerbescheid 2007 enthalte eine offenbare Unrichtigkeit, und beantragte die Änderung nach § 129 der Abgabenordnung (AO). Bei der vermeintlichen Sonderabschreibung in Höhe von 10.000 EUR, die dem Gewinn hinzugerechnet worden sei, habe es sich nicht um Aufwand, sondern um Ertrag gehandelt, der bereits den Gewinn erhöht habe, da hinter dem Betrag in der GuV kein Minuszeichen stehe. Dies habe zu einer doppelten Zurechnung des Betrags von 10.000 EUR geführt. |
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In einem Änderungsbescheid vom 29. April 2011 setzte das FA die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines um 10.000 EUR geminderten Gewinns fest. |
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Am 5. Mai 2011 machte S gegenüber dem FA telefonisch geltend, der Lesefehler habe ein Berichtigungsvolumen von 20.000 EUR erzeugt, und beantragte am 27. Mai 2011 erneut die Änderung des Bescheids nach § 129 AO. Das FA lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30. Mai 2011 ab. |
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Mit ihrem Einspruch machten die Kläger geltend, B habe bei der Veranlagung den Betrag von 10.000 EUR fälschlich als "-10.000 EUR" gelesen und daher als Neubildung statt als Auflösung einer Ansparrücklage angesehen. Die Auswirkung dieses Fehlers betrage 20.000 EUR. |
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Der Einspruch blieb erfolglos. Das FA führte aus, B habe tatsächlich das fehlende Minuszeichen nicht gesehen, die Ertragsbuchung für eine Aufwandsbuchung gehalten, den Betrag von 10.000 EUR dem Gewinn hinzugerechnet und so die Buchung der angenommenen Sonder-AfA in der GuV neutralisiert. Diesen Fehler habe der Änderungsbescheid vom 29. April 2011 bereinigt. Die weitere Hinzurechnung über 16.000 EUR habe mit diesem Lesefehler nichts zu tun. Nach Auffassung von B sei die Rücklage aus dem Jahre 2005 nicht aufgelöst worden. Einen Zusammenhang mit der Buchung von 10.000 EUR auf dem Konto 6241 habe er nicht gesehen. Ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum sei nicht ausgeschlossen. Eine neue Ansparrücklage sei nach Änderung des § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes nicht mehr möglich gewesen. |
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Mit der Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter. Bei Übersehen eines Vorzeichens sei zwangsläufig der doppelte Betrag zu korrigieren. Aus dem Kontennachweis und dem Erklärungsvordruck zu § 7g-Rücklagen ergebe sich, dass sich die Gewinnauswirkung von 10.000 EUR aus einer Rücklage von 6.000 EUR (Aufwand) und der Auflösung einer Rücklage von 16.000 EUR (Ertrag) zusammensetze. |
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Zwar habe B irrtümlich ein Minuszeichen angenommen. Er habe aber die Beträge nicht mechanisch der Veranlagung zugrunde gelegt, sondern unabhängig voneinander zwei in Wirklichkeit nicht vorliegende Sachverhalte angenommen, nämlich die Bildung einer neuen Sonderabschreibung und das Unterbleiben der Auflösung der Rücklage aus dem Jahre 2005. Falsche Sachverhaltsannahmen seien nicht nach § 129 AO zu berichtigen. Das bewusste Handeln von B ergebe sich nicht zuletzt aus dessen Anschreiben an S. Zudem sei der Irrtum des B selbst unter Zuhilfenahme der Einkommensteuer- und Bilanzakten nicht ohne Weiteres offenbar, sondern erst nach intensivem Aktenstudium zu erkennen, da die Beträge von 16.000 EUR und 10.000 EUR voneinander abwichen und überdies die AfA in Höhe von 6.000 EUR schon materiell-rechtlich nicht hätte gebildet werden können – was die Kläger mittlerweile zugestehen. Eine erst nach derart intensivem Aktenstudium erkennbare Unrichtigkeit sei eben nicht offensichtlich. |
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Unbeachtlich sei, dass das FA die "erste Hälfte" des Fehlers tatsächlich korrigiert habe und nunmehr die "zweite Hälfte" logischerweise folgen müsse. Zwar sei der Betrag von 10.000 EUR zweimal zu Lasten der Kläger berücksichtigt worden, einmal als Folge der Ablehnung der durch B angenommenen Bildung einer Sonder-AfA, einmal als Teil der vermeintlich noch nicht aufgelösten Rücklage in Höhe von 16.000 EUR. Ungeachtet der Frage, ob für die erste Änderung überhaupt eine rechtliche Grundlage vorlag, fehle es für eine weitergehende Berichtigung an einer Rechtsgrundlage. Eine vorangegangene Teilabhilfe schaffe eine solche nicht. |
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Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision machen die Kläger geltend, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG gehe in zweierlei Hinsicht von Ausgangspunkten aus, die mit der Rechtsprechung des BFH nicht übereinstimmten. |
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Das betreffe zum einen die Annahme, B habe tatsächlich zwei voneinander in Wirklichkeit nicht vorliegende Sachverhalte angenommen. Das FG sei erkennbar –dies ergebe sich auch aus den Feststellungen im Tatbestand– der Auffassung, dass es diesbezüglich auf die tatsächlichen Annahmen des Sachbearbeiters ankomme. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH jedoch sei die Frage, ob der Fehler auf einem mechanischen Versehen einerseits oder aber einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler andererseits beruhe, maßgeblich aus der Sicht eines objektiven Dritten zu beurteilen (vgl. BFH-Urteile vom 6. November 2012 VIII R 15/10, BFHE 239, 296, BStBl II 2013, 307, sowie vom 27. August 2013 VIII R 9/11, BFHE 242, 302, BStBl II 2014, 439). |
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Es betreffe zum anderen die Annahme, der entsprechende Fehler sei lediglich nach intensivem Aktenstudium zu erkennen und daher nicht offensichtlich. Das FG sei daher erkennbar der Auffassung, neben dem Vorliegen eines mechanischen Fehlers bedürfte es eines zusätzlichen Merkmals der offensichtlichen Erkennbarkeit. Eine derartige Voraussetzung sei aber weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung des BFH zu entnehmen. Vielmehr sei in der Rechtsprechung des BFH geklärt, dass eine offenbare Unrichtigkeit erst dann ausgeschlossen sei, wenn der Sachbearbeiter etwa durch weitere Ermittlungen Erkenntnisse hätte gewinnen können (vgl. die Auffassung des FG in der Entscheidung in BFHE 242, 302, BStBl II 2014, 439). Das FG gehe aber selbst davon aus, dass das entsprechende Versehen sich unmittelbar aus der Akte ergebe. Das Erfordernis eines "intensiven" Aktenstudiums schließe die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit nicht aus, zumal bei sachgerechter Bearbeitung durch einen objektiven Dritten eine intensive Aktenbeschäftigung vorauszusetzen sei. Vielmehr sei die offenbare Unrichtigkeit dann nicht ausgeschlossen, wenn das Finanzamt von einem falschen Sachverhalt ausgehe, obwohl der richtige Sachverhalt bekannt und übersehen oder versehentlich falsch ausgewertet werde. |
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Das FA tritt der Beschwerde entgegen. |
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