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II. Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet. |
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Zwar bringt der Kläger sowohl gegen die Hauptbegründung (dazu unten 1.) als auch gegen die erste Hilfsbegründung des FG (unten 2.) durchgreifende Zulassungsgründe vor. Die Beschwerdebegründung befasst sich jedoch nicht mit der weiteren Hilfsbegründung des FG, die das angefochtene Urteil selbständig trägt (unten 3.). |
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1. In seiner Hauptbegründung hat das FG die Auffassung vertreten, die gegen den Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid gerichtete Fortsetzungsfeststellungsklage sei unzulässig, weil während des Verfahrens der Jahressteuerbescheid ergangen und gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden sei. |
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a) In diesem Zusammenhang rügt der Kläger zu Recht, die Begründung des angefochtenen Urteils sei insoweit widersprüchlich, als das FG einerseits annimmt, gemäß § 68 FGO sei der Einkommensteuerbescheid 2009 vom 12. Oktober 2010 (bzw. der zuletzt ergangene Änderungsbescheid) zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden, andererseits aber die Klage –ohne jede Auseinandersetzung mit dieser sich auf der Grundlage seiner eigenen Rechtsauffassung aufdrängenden Frage– nicht als gegen diesen Bescheid gerichtet angesehen hat. Ebenfalls zutreffend verweist der Kläger darauf, dass das FG ihn mit Schreiben vom 14. Februar 2011 um Mitteilung gebeten hatte, ob er die Klage für erledigt erkläre, sofern inzwischen der Einkommensteuerbescheid 2009 ergangen sein sollte. Diese Anfrage lässt erkennen, dass auch das FG zunächst nicht von der Anwendbarkeit des § 68 FGO ausgegangen war. In den Akten findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass das FG den Kläger im weiteren Verlauf des Verfahrens von seiner geänderten Rechtsauffassung unterrichtet haben könnte. Auch in dem Hinweisschreiben des FG vom 27. Juni 2012 wird die Vorschrift des § 68 FGO nicht erwähnt. |
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b) Tatsächlich ist § 68 FGO zwar anwendbar, wenn ein Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid während eines anhängigen Verfahrens durch den Jahresbescheid ersetzt wird (Senatsurteil vom 26. November 2008 X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.3.a). Das FG hat indes übersehen, dass dies eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen den Vorauszahlungsbescheid nicht in jedem Fall ausschließt. So ist eine derartige Fortsetzungsfeststellungsklage trotz Ergehens des Jahressteuerbescheids jedenfalls dann unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zulässig, wenn die maßgebende Frage nur in einem Verfahren gegen einen Vorauszahlungsbescheid geklärt werden kann (zur Umsatzsteuer Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 1. Oktober 1992 V R 81/89, BFHE 169, 117, BStBl II 1993, 120, unter II.1.b, und vom 10. Februar 2010 XI R 3/09, BFH/NV 2010, 1450, unter II.3. vor a; zur Einkommensteuer BFH-Urteil vom 22. November 2011 VIII R 11/09, BFHE 235, 470, BStBl II 2012, 329). |
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Eine solche Fallgestaltung hat der Kläger im Klageverfahren aber vorgetragen, indem er –was durch den Akteninhalt gestützt wird– darauf hingewiesen hat, dass das FA regelmäßig Verluste aus Mitunternehmerschaften, die bei der letzten Veranlagung angesetzt worden waren, nicht der Bemessung der Vorauszahlungen zugrunde lege. Die Rechtsfrage, ob diese Verfahrensweise mit der Vorschrift des § 37 Abs. 3 Satz 2 EStG vereinbar ist, kann nicht im Klageverfahren gegen einen Einkommensteuerbescheid geklärt werden, weil die angeführte Norm ausschließlich für Vorauszahlungsbescheide gilt. Würde man die Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Vorauszahlungsbescheide in derartigen Fällen als unzulässig ansehen, entstünde eine nicht zu rechtfertigende Rechtsschutzlücke, weil Rechtsfragen, die ausschließlich das Vorauszahlungsverfahren betreffen, regelmäßig nicht in der bis zum Ergehen des Jahressteuerbescheids verbleibenden Zeit gerichtlich geklärt werden können, wie auch der Streitfall zeigt, in dem bereits das Einspruchsverfahren gegen den Vorauszahlungsbescheid knapp 24 Monate anhängig war. |
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Auf das BFH-Urteil vom 9. Mai 2012 I R 91/10 (BFH/NV 2012, 2004) kann sich das FG für seine Auffassung nicht berufen, da diese Entscheidung nicht das Verhältnis zwischen Vorauszahlungs- und Jahressteuerbescheiden, sondern zwischen mehreren aufeinander folgenden AdV-Verfügungen betraf, und in dieser Entscheidung zudem ausdrücklich auf die anderslautende Rechtsprechung zu Vorauszahlungsbescheiden hingewiesen wird (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 2004, unter B.III.4.b aa). |
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2. In seiner ersten Hilfsbegründung hat das FG ausgeführt, Wiederholungsgefahr bestehe nicht, weil das wahre Interesse des Klägers nur auf die Vermeidung negativer Kostenfolgen der gegen den erledigten Vorauszahlungsbescheid gerichteten Klage gerichtet sei, zur Maßgeblichkeit der Vorjahresfestsetzung für die Bemessung der Vorauszahlungen bereits eine Entscheidung ergangen sei und vollwertiger Rechtsschutz zudem im Billigkeitsverfahren auf Erlass der Säumniszuschläge gewährt werden könne. |
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a) Insoweit spricht viel für die Richtigkeit des Vorbringens des Klägers, das FG habe mit diesen Erwägungen seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es seinen Vortrag zur Wiederholungsgefahr übergangen habe. |
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Die Beurteilung der Zulässigkeit einer Klage ist –wie bei Anfechtungsklagen (hierzu BFH-Urteil vom 28. Juli 2005 III R 68/04, BFHE 211, 107, BStBl II 2008, 350, unter II.3.)– auch bei Fortsetzungsfeststellungsklagen aus Sicht des Schlusses der mündlichen Verhandlung vorzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Januar 1995 IV R 83/92, BFHE 177, 4, BStBl II 1995, 488). Danach hätte das FG das Vorbringen des Klägers zur Wiederholungsgefahr nicht mit der Erwägung zurückweisen dürfen, der Kläger habe sich hierzu erstmals in der mündlichen Verhandlung geäußert. Das FG scheint davon auszugehen, der Kläger habe eine von Anfang an unzulässige Klage durch Vorspiegeln einer konstruierten Wiederholungsgefahr wenigstens hinsichtlich seines Kosteninteresses "retten" wollen. Für diese Vermutung spricht jedoch nichts, zumal das FG in rechtlicher Hinsicht verkannt hat, dass Fortsetzungsfeststellungsklagen gegen Vorauszahlungsbescheide grundsätzlich zulässig sind, wenn ein Rechtsproblem aufgeworfen wird, das nur in einem Verfahren gegen den Vorauszahlungsbescheid geklärt werden kann (siehe oben 1.b). |
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b) Die vom FG angeführte frühere Entscheidung zur Frage der Bemessung von Vorauszahlungen beruhte nicht auf einer umfangreichen rechtlichen Prüfung, sondern ist in einem AdV-Verfahren ergangen. In seinem dortigen Beschluss hat das FG bereits ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheids ausreichen lassen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese nicht überwiegen müssen. Das FG hat seine rechtliche Prüfung in dem angeführten Beschluss sehr knapp gehalten, sie ausdrücklich als summarisch bezeichnet und auf eine Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Meinungen verzichtet. Ein solcher AdV-Beschluss bewirkt für das künftige Handeln des FA nicht dieselbe faktische Bindungswirkung wie ein fundiert begründetes, in einem Hauptsacheverfahren ergangenes Urteil. |
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c) Auch der Hinweis des FG auf die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheids inzident in einem auf Erlass von Säumniszuschlägen gerichteten Billigkeitsverfahren überprüfen zu lassen, geht fehl. In der ersten vom FG hierfür angeführten Entscheidung (BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 43/06, BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134) ging es weder um einen Vorauszahlungsbescheid noch um ein auf Erlass von Säumniszuschlägen gerichtetes Billigkeitsverfahren. Das weitere vom FG genannte BFH-Urteil vom 20. Mai 2010 V R 42/08 (BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955) betraf einen Spezialfall, in dem die Gewährung weiterer AdV nach Ergehen des Jahressteuerbescheids ausschließlich an der Regelung des § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO scheiterte. Damit ist der Streitfall nicht vergleichbar, zumal das Billigkeitsverfahren nicht dazu dient, einen allgemeinen Ausgleich für die Folgen rechtswidriger, aber nicht mehr anfechtbarer Steuerbescheide zu gewähren (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 2/04, BFHE 212, 23, BStBl II 2006, 612, unter II.2.a). |
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Im Übrigen hatte das FA im zuletzt ergangenen Vorauszahlungsbescheid vom 12. Mai 2010 ausdrücklich auf die Erhebung von Säumniszuschlägen verzichtet. |
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3. In seiner zweiten Hilfsbegründung verweist das FG darauf, dass das FA beim Erlass der Einspruchsentscheidung von einer zu erwartenden Einkommensteuer von 257.202 EUR ausgegangen sei, so dass sich auch bei voller Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Beteiligungsverluste von 209.466,64 EUR (Steuerminderung 94.260 EUR) noch eine Einkommensteuer von 162.942 EUR ergeben hätte. Dieser Betrag liege weit oberhalb der festgesetzten Vorauszahlungen, so dass die Frage des Ansatzes der Beteiligungsverluste für die Entscheidung über den Einspruch gegen den Vorauszahlungsbescheid nicht erheblich gewesen sei. |
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a) Mit dieser zweiten Hilfsbegründung des FG befasst sich die Beschwerdebegründung nicht. Weil das angefochtene Urteil auch durch die zweite Hilfsbegründung selbständig getragen wird und daher nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf der rechtsfehlerhaften Haupt- und ersten Hilfsbegründung "beruhen" kann, können die –für sich genommen durchgreifenden– Rügen des Klägers gegen die Haupt- und erste Hilfsbegründung des FG nicht zum Erfolg der Beschwerde führen. |
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b) Bei der Entscheidung über die Beschwerde muss unberücksichtigt bleiben, dass der erkennende Senat bei objektiver Betrachtung auch gegen die zweite Hilfsbegründung des FG Bedenken hätte. Bereits in dem zwei Wochen nach Erlass der Einspruchsentscheidung und noch vor Klageerhebung ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 12. Oktober 2010 hatte das FA nur eine Steuer von 124.737 EUR festgesetzt, nicht aber den in der Einspruchsentscheidung –ohne nähere Begründung– genannten Betrag von 257.202 EUR. Zieht man von der tatsächlich festgesetzten Einkommensteuer den vom FG angegebenen streitigen Steuerbetrag von 94.260 EUR sowie die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge von 3.847 EUR ab, ergibt sich ein verbleibender Betrag von 26.630 EUR, der deutlich unterhalb der festgesetzten Vorauszahlungen (44.600 EUR) liegt. |
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Dies gilt erst recht, wenn man berücksichtigt, dass die der Einspruchsentscheidung zugrunde liegende Auffassung des FA, die im Jahr 2007 –nach dem Ende des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 7g EStG a.F.– vom Kläger zu Unrecht gebildete Ansparrücklage sei im Jahr 2009 gewinnerhöhend aufzulösen, rechtlich nicht vertretbar war. Vielmehr war eine außerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 7g EStG a.F. geltend gemachte Ansparabschreibung gar nicht erst zu gewähren, so dass die Steuerfestsetzung des Jahres 2007 –die materiell noch nicht bestandskräftig war– zu korrigieren war. Hierauf hatte der Kläger in seiner Sprungklage zutreffend hingewiesen, so dass das FA die Einkommensteuer 2009 bereits mit Änderungsbescheid vom 23. Mai 2011 auf 38.513 EUR herabgesetzt hatte. Die –schon bei Erlass der Einspruchsentscheidung objektiv erkennbare– geringe Höhe dieser verbleibenden Steuerfestsetzung hätte dem FG vor Augen führen müssen, dass der Streit über die Höhe der anzusetzenden Verluste aus den Mitunternehmerschaften für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheids erheblich gewesen war. Abgesehen davon war die Einkommensteuer 2009 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG mehrfach weiter auf zuletzt nur noch 14.491 EUR herabgesetzt worden. |
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4. Die weiteren vom Kläger angeführten Zulassungsgründe greifen ebenfalls nicht durch. |
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a) Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids vom 12. Oktober 2010, der an den Kläger persönlich, nicht aber an dessen späteren Prozessbevollmächtigten adressiert war, stellen sich nicht, da zu diesem Zeitpunkt noch kein Klageverfahren anhängig war. |
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b) Die vom Kläger formulierte Rechtsfrage, ob das FA berechtigt ist, negative Beteiligungseinkünfte bei der Bemessung von Vorauszahlungen außer Acht zu lassen, wenn die Einkünfte glaubhaft gemacht worden sind, wäre nur dann in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig, wenn das FG festgestellt hätte, dass der Kläger die Höhe der Beteiligungseinkünfte glaubhaft gemacht hätte. Eine solche Feststellung ist dem angefochtenen Urteil jedoch nicht zu entnehmen. |
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