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II. Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, weil seine Feststellungen für eine abschließende Entscheidung in der Revisionsinstanz nicht ausreichen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
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1. Entgegen der Auffassung des Klägers beruht das FG-Urteil nicht auf mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO). Das Gericht hat in den Entscheidungsgründen maßgeblich darauf abgestellt, in der Vereinbarung vom 4. Januar 1996 käme nicht zum Ausdruck, dass die Zahlung von insgesamt 5 Mio. DM auch für die Wettbewerbsabrede geleistet worden sei. Ein möglicherweise abweichender Wille der Vertragsparteien sei daher nicht heranzuziehen. |
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Ausgehend von dieser Rechtsauffassung durfte das FG von einer weiteren Sachaufklärung durch Anhörung des Zeugen X absehen, da es nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts –eindeutiger Wortlaut der Vereinbarung vom 4. Januar 1996– nicht darauf ankam, ob der Kläger und X übereinstimmend ein entgeltliches Wettbewerbsverbot vereinbaren wollten. |
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2. Die Annahme des Gerichts, der Wille der Vertragsparteien sei nicht maßgebend, da er in der Vereinbarung selbst nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen sei, ist jedoch materiell-rechtlich fehlerhaft. Sie widerspricht § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). |
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a) Das Entgelt für ein umfassendes Wettbewerbsverbot im Rahmen einer Betriebsveräußerung nach § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder gemäß den Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes kann ertragsteuerlich eine Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG sein oder als unselbständiger Teil des Kaufpreises zum Veräußerungsgewinn gehören. Gleiches gilt hinsichtlich des Entgelts für ein Wettbewerbsverbot im Rahmen der Veräußerung einer Beteiligung nach § 17 Abs. 2 EStG. Eine Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG ist dann zu bejahen, wenn der Verpflichtung zum Unterlassen von Wettbewerb eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt (vgl. BFH-Urteile vom 11. März 2003 IX R 76/99, BFH/NV 2003, 1161; vom 23. Februar 1999 IX R 86/95, BFHE 188, 552, BStBl II 1999, 590; vom 13. Februar 1996 VIII R 39/92, BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409; vom 24. März 1983 IV R 138/80, BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233; vom 21. September 1982 VIII R 140/79, BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289). |
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Auch das Entgelt für das Wettbewerbsverbot eines Handelsvertreters, das in Zusammenhang mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses vereinbart wird, kann unselbständiger Teil des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB und damit den Einkünften i.S. des § 15 EStG zuzurechnen sein oder kann ertragsteuerlich eine sonstige Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG darstellen mit der Folge, dass es den Gewerbeertrag nach § 7 GewStG nicht erhöht. |
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b) Der Anspruch auf Wettbewerbsentschädigung nach § 90a HGB entsteht unabhängig vom Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB. Der Handelsvertreter kann beide Ansprüche nebeneinander geltend machen (Thume in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 2, 8. Aufl. 2008, XV Rz 9, m.w.N.). Der Anspruch auf Wettbewerbsentschädigung beeinflusst den Ausgleichsanspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach und umgekehrt. Der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist beim Warenvertreter –anders als beim Versicherungsvertreter– eine zusätzliche Entlohnung für die bis zur Vertragsbeendigung ausgeübte Tätigkeit. Die Wettbewerbsentschädigung i.S. von § 90a HGB vergütet hingegen die vom Handelsvertreter für die Zeit nach Vertragsbeendigung geschuldete Wettbewerbsenthaltung (Thume in Küstner/Thume, a.a.O., XV Rz 10). |
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Schützt sich der Unternehmer vor der Konkurrenz seines ausgeschiedenen Handelsvertreters durch eine Wettbewerbsabrede i.S. von § 90a HGB, muss er diesem nach Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift zwingend eine Entschädigung bezahlen. Ein ohne ausdrückliche Entschädigung vereinbartes Wettbewerbsverbot ist wirksam; dem Handelsvertreter steht ein gesetzlicher Anspruch auf angemessene Entschädigung zu (MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene, § 90a Rz 39). |
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Im Streitfall haben die Parteien kein Wettbewerbsverbot i.S. von § 90a HGB vereinbart. Aus § 90a Abs. 2 HGB folgt, dass nur vor dem Ende des Handelsvertretervertrags geschlossene Vereinbarungen von der Vorschrift erfasst werden. Wettbewerbsabreden, die nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses oder –wie im Streitfall– zugleich mit dessen Beendigung durch Vereinbarung getroffen werden, unterliegen nicht den inhaltlichen Einschränkungen des § 90a HGB (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Dezember 1968 VII ZR 102/66, BGHZ 51, 184; Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 90a Rz 20). Die Vertragsfreiheit der Parteien ist nur durch §§ 134, 138 und 242 BGB eingeschränkt. Auch das Gebot der bezahlten Karenz gilt nicht (MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene, § 90a Rz 76). |
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c) Im Unterschied zu dem im Rahmen einer Betriebsveräußerung vereinbarten Wettbewerbsverbot kommt der Wettbewerbsabrede bei Beendigung eines Handelsvertretervertragsverhältnisses im Regelfall eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung bei. Nur sie schützt den Unternehmer vor der Konkurrenz seines früheren Handelsvertreters (vgl. oben II.2.b). Nur durch eine Wettbewerbsabrede kann der Unternehmer verhindern, dass der Handelsvertreter nach Beendigung des Vertretervertrags für ein Konkurrenzunternehmen tätig wird oder die für den Unternehmer geworbenen Kunden für eine andere Firma bearbeitet (Thume in Küstner/Thume, a.a.O., XVI Rz 31). |
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Ein gesondertes Entgelt für ein im Rahmen der Beendigung des Handelsvertretervertragsverhältnisses vereinbartes Wettbewerbsverbot kann –ebenso wie bei der Vereinbarung im Rahmen der Veräußerung eines Betriebs (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 1161)– auch verdeckt vereinbart werden, wenn dessen Wert in der Ausgleichszahlung gemäß § 89b HGB seinen Niederschlag findet. Ob diese Voraussetzung vorliegt, richtet sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles, die vom FG als Tatsacheninstanz insgesamt zu würdigen sind (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 1161, m.w.N.). Das Revisionsgericht kann die Feststellungen des FG nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen; die Schlussfolgerungen des FG sind rechtmäßig, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (vgl. BFH-Urteile in BFHE 188, 552, BStBl II 1999, 590). |
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d) Nach diesen Maßstäben kann die Würdigung des FG, angesichts des eindeutigen Inhalts und Zwecks der abgegebenen Erklärungen des Klägers und seiner Vertragsparteien sei ein ggf. abweichender Wille der Vertragsparteien nicht heranzuziehen, weil er im Vergleich selbst nicht zum Ausdruck gebracht worden sei, keinen Bestand haben. |
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aa) Nach § 133 BGB ist bei Auslegung von Willenserklärungen der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Außerdem sind nach § 157 BGB Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Verboten ist damit die Buchstabeninterpretation; geboten ist hingegen die Berücksichtigung des sprachlichen Zusammenhangs der abgegebenen Willenserklärungen, der Stellung der auslegungsbedürftigen Formulierung im Gesamtzusammenhang des Textes und sämtlicher Begleitumstände (BFH-Urteil vom 25. August 1999 X R 38/95, BFHE 190, 302, BStBl II 2000, 21, unter II.4.b). Nur wenn der Vertrag nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt hat, ist für eine Auslegung kein Raum (Palandt/Heinrichs/Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl., § 133 Rz 6, m.w.N. aus der Rechtsprechung). |
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bb) Die Frage, ob der Kläger und X ein entgeltliches Wettbewerbsverbot vereinbart haben, lässt sich nur über eine Auslegung des zwischen beiden geschlossenen Vertrags vom 4. Januar 1996 beantworten. Maßgeblich ist, wie der erkennende Senat schon an anderer Stelle geäußert hat (Urteil vom 5. November 2003 X R 55/99, BFHE 205, 30, BStBl II 2004, 706), was die Vertragsbeteiligten wirklich gewollt haben. Dabei ist nicht nur die Erklärung selbst, sondern die objektive Bedeutung des Gesamtverhaltens des Erklärenden einschließlich der Nebenumstände in die Auslegung einzubeziehen (Palandt/Heinrichs/ Ellenberger, a.a.O., § 133 Rz 15). Besteht ein übereinstimmender Wille der Vertragsparteien, so ist dieser rechtlich auch dann allein maßgebend, wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (Palandt/ Heinrichs/Ellenberger, a.a.O., § 133 Rz 8; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 24). |
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cc) Diese Rechtsgrundsätze hat das FG auf den Streitfall nicht zutreffend angewendet. Entgegen der Rechtsauffassung des FG ist die Vereinbarung vom 4. Januar 1996 nach Wortlaut und Zweck angesichts der Regelung in Ziffer 3, wonach eine etwaige Entschädigung für das Wettbewerbsverbot durch die Ausgleichszahlung abgegolten wird, nicht eindeutig. Das FG hätte durch Anhörung des X als Zeugen klären müssen, ob der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet war, ein entgeltliches Wettbewerbsverbot zu vereinbaren. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang zu klären haben. Sollte sich durch die Zeugeneinvernahme des X ergeben, dass ein entgeltliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden sollte, wird das FG ferner festzustellen haben, welcher Teil des insgesamt vereinbarten Abfindungsbetrags in Höhe von 5 Mio. DM auf den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB und wie viel auf das Wettbewerbsverbot entfällt. |
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