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II. Die Revision ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. |
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Das FG konnte bei seiner Entscheidung noch nicht berücksichtigen, dass nach der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 22. August 2013 V R 37/10, BStBl II 2014, 128, BFH/NV 2014, 130) § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass es für die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Dazu sind vom FG weitere Feststellungen zu treffen. |
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1. Die im Streitjahr 2007 maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar: |
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a) Nach § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG in der seinerzeit geltenden Fassung schuldet in den in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG genannten Fällen der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, der Leistungen i.S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt. § 13b Abs. 1 UStG lautet wie folgt: |
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"(1) Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats: … 4. Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. …" |
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b) § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 UStG beruhten im Streitjahr 2007 unionsrechtlich auf Art. 199 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). |
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aa) Art. 199 der MwStSystRL hat auszugsweise folgenden Wortlaut: |
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"(1) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der steuerpflichtige Empfänger die Mehrwertsteuer schuldet, an den folgende Umsätze bewirkt werden:
a) Bauleistungen, einschließlich Reparatur-, Reinigungs-, Wartungs-, Umbau- und Abbruchleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken sowie die auf Grund des Art. 14 Abs. 3 als Lieferung von Gegenständen betrachtete Erbringung bestimmter Bauleistungen; …
(2) Bei der Anwendung der in Abs. 1 geregelten Möglichkeit können die Mitgliedstaaten die Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen und die Kategorien von Lieferern und Dienstleistungserbringern sowie von Erwerbern oder Dienstleistungsempfängern bestimmen, für die sie von diesen Maßnahmen Gebrauch machen. …" |
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Gemäß Art. 14 Abs. 3 der MwStSystRL können die Mitgliedstaaten die Erbringung bestimmter Bauleistungen als Lieferung von Gegenständen betrachten. |
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bb) Zur Begründung des Art. 199 der MwStSystRL ist im 42. Erwägungsgrund ausgeführt, die Mitgliedstaaten sollten in die Lage versetzt werden, in bestimmten Fällen den Erwerber von Gegenständen oder den Dienstleistungsempfänger als Steuerschuldner zu bestimmen. Dies würde es den Mitgliedstaaten erlauben, die Vorschriften zu vereinfachen und die Steuerhinterziehung und -umgehung in bestimmten Sektoren oder bei bestimmten Arten von Umsätzen zu bekämpfen. |
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2. Ausgehend davon ist –wie der V. Senat des BFH in seinem Urteil in BStBl II 2014, 128, BFH/NV 2014, 130 unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 13. Dezember 2012 C-395/11 –BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH– (Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 63, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2013, 190) entschieden hat– im Hinblick auf das sich aus dem Unionsrecht ergebende Erfordernis der Rechtssicherheit § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG dahingehend teleologisch einschränkend auszulegen, dass eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger nur dann in Betracht kommt, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. |
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3. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung an. |
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Das bezeichnete Urteil des V. Senats des BFH ist zwar zur Rechtslage im Jahr 2005 ergangen, in dem bei Bauleistungen unionsrechtliche Rechtsgrundlage für die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger Art. 2 Nr. 1 der Entscheidung 2004/290/EG des Rates vom 30. März 2004 zur Ermächtigung Deutschlands zur Anwendung einer von Artikel 21 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichenden Regelung (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 94 vom 31. März 2004, S. 59) war, während im Jahr 2007 –wie unter II.1.b dargelegt– Art. 199 der MwStSystRL maßgeblich ist. Mit Einführung des Art. 199 der MwStSystRL zum 1. Januar 2007 wurden jedoch lediglich alle Mitgliedstaaten durch eine unbefristete Bestimmung in die Lage versetzt, in bestimmten Fällen den Leistungsempfänger als Steuerschuldner zu bestimmen, um die Vorschriften zu vereinfachen und die Steuerhinterziehung und -umgehung in bestimmten Sektoren oder bei bestimmten Arten von Umsätzen zu bekämpfen. An § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 UStG hat sich dadurch nichts geändert. |
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4. Entgegen der Auffassung des FA ist nicht entscheidungserheblich, ob sich die Beteiligten über die Handhabung der Steuerschuldnerschaft ursprünglich einig waren und ob möglicherweise der Leistungsempfänger dem Leistenden eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorgelegt hatte. Denn das Gesetz stellt den Übergang der Steuerschuldnerschaft zur Sicherung des Steueranspruchs nicht zur Disposition der Vertragsparteien (BFH-Urteil in BStBl II 2014, 128, BFH/NV 2014, 130, Rz 55, m.w.N.). |
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5. Die Vorentscheidung ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen; sie ist deshalb aufzuheben. Über die vom Kläger hilfsweise erhobene Verfahrensrüge (Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG) muss folglich nicht mehr entschieden werden. |
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6. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob und inwieweit der angefochtene Umsatzsteuerbescheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. |
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a) Zunächst hat das FG –aus seiner Sicht folgerichtig– keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger die Bauleistungen der GmbH ganz oder teilweise zur Ausführung von Bauleistungen verwendet hat. Die Tz. 15 und 17 des Berichts vom 11. März 2008 über die Außenprüfung beim Kläger könnten zwar dafür sprechen, dass der Kläger die Vorleistungen der GmbH nicht zur Erbringung von Bauleistungen verwendet hat, zumal das FG den Kläger als "Bauträger" bezeichnet hat. Vom FG i.S. des § 118 Abs. 2 FGO hinreichend tatsächlich festgestellt ist dies indes nicht. |
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b) Weiter steht nicht fest, ob der Kläger Umsatzsteuer aus von ihm erbrachten Bauleistungen schuldet, die bisher vom FA –auf Basis seiner Rechtsauffassung konsequenterweise– nicht erfasst worden ist. Dies kann vom Senat schon deshalb nicht beurteilt werden, weil das FG nicht festgestellt hat, in welchem Umfang der Kläger im Streitjahr 2007 überhaupt Bauleistungen erbracht hat. Die Feststellungen des FG beziehen sich auf das Jahr 2006, das nicht Streitjahr ist. Zum Streitjahr 2007 sind deshalb tatsächliche Feststellungen nachzuholen. Sollte der Kläger Bauleistungen erbracht haben, wird vom FG zusätzlich festzustellen sein, ob die Leistungsempfänger des Klägers diese ihrerseits zu Ausführungen von Bauleistungen verwendet haben und der Kläger die darauf entfallende Umsatzsteuer darum nicht schuldet. |
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c) Vom FG sind außerdem im zweiten Rechtsgang Feststellungen zu der –vorrangigen, zwischen den Beteiligten jedoch erstmals im Revisionsverfahren streitig gewordenen– Frage zu treffen, ob zwischen dem Kläger als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft im Streitjahr eine Organschaft bestand. Dazu müsste –worauf bereits das FG von sich aus beide Beteiligte im Klageverfahren hingewiesen hatte– neben einer (vom FG tatsächlich festgestellten) finanziellen und organisatorischen Eingliederung auch eine wirtschaftliche Eingliederung bestehen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434; vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256). Dazu hat das FG keine Feststellungen getroffen. |
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d) Das FG muss im zweiten Rechtsgang überdies noch der Frage nachgehen, ob der Kläger mit der Schlussrechnung der GmbH vom 17. Dezember 2007 ein –ggf. ganz oder teilweise bestehendes– Recht auf Vorsteuerabzug (vgl. dazu Tz. 17 des Berichts vom 11. März 2008) ausüben kann. |
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aa) Dazu ist u.a. zu klären, ob die Leistungsbeschreibung (vgl. dazu Senatsurteil vom 15. Mai 2012 XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836, m.w.N.) "Rohbau" und "Mehrmassen Stahl" deshalb ausreicht, weil in der Rechnung auf ein Angebot vom 28. Februar 2007 Bezug genommen wird, dessen Inhalt indes nicht festgestellt ist. |
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bb) Außerdem ist zu klären, ob der Leistungszeitraum (vgl. dazu Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432) mit der Bezeichnung "November bis Dezember 2007" richtig angegeben ist. Dagegen spricht, dass nach den Feststellungen des FG von der GmbH bereits bis Oktober 2007 insgesamt 12 Abschlagsrechnungen erteilt worden sind. |
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cc) Eine zukünftige Berichtigung der Schlussrechnung durch die GmbH hätte nach dem EuGH-Urteil vom 8. Mai 2013 C-271/12 –Petroma Transports S.A. u.a.– (Mehrwertsteuerrecht 2013, 272, HFR 2013, 656, Rz 34 ff.) keine Auswirkungen auf das Streitjahr. |
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