|
|
|
Die Revision ist –wenn auch aus anderen Gründen, als vom FA geltend gemacht– begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung wegen Umsatzsteuer 2010 und 2011 und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
|
|
Da das FA seine Revision auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt hat, hat der Senat gemäß dem Grundsatz der Vollrevision (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 16.09.2015 – XI R 27/13, BFH/NV 2016, 252, Rz 19; vom 27.01.2016 – X R 2/14, BFHE 253, 89, BStBl II 2016, 534, Rz 13) das angefochtene Urteil in vollem Umfang auf die Verletzung revisiblen Rechts zu prüfen, ohne dabei an die vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (vgl. z.B. allgemein BFH-Urteil vom 07.05.2014 – X R 19/11, BFH/NV 2014, 1736, Rz 48). |
|
|
Danach kann die Vorentscheidung, soweit sie angefochten ist, keinen Bestand haben. Nur im Ergebnis zutreffend hat das FG entschieden, dass die Festsetzungen nicht wegen der streitigen Umsätze zu erhöhen sind. Bei den vom Kläger gegenüber der GmbH erbrachten Leistungen handelt es sich insgesamt um nichtsteuerbare Umsätze innerhalb eines umsatzsteuerrechtlichen Organkreises; weil der Kläger nach den Feststellungen des FG in den Streitjahren nur solche Umsätze ausgeführt hat, kommt es vorliegend auf die Frage der Ist- oder Sollbesteuerung nicht an. Die von der GmbH als Organgesellschaft gegenüber Dritten ausgeführten Umsätze sind dem Kläger als Organträger ebenso zuzurechnen wie die Leistungsbezüge der GmbH von Dritten, die den Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigen. Hierzu hat das FG keine Feststellungen getroffen, weshalb die Streitsache an das FG zur weiteren Sachaufklärung zurückzugeben ist. |
|
|
1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG). Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG). |
|
|
Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). |
|
|
2. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG beruht auf Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem –MwStSystRL– (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.05.2017 – V R 7/16, BFHE 258, 181, BStBl II 2017, 1261, Rz 14). Danach kann nach Konsultation des Beratenden Ausschusses für die Mehrwertsteuer jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln. |
|
|
3. Nach nationalem Recht ist es für die Annahme einer Organschaft i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG erforderlich, dass der Organträger finanziell über die Mehrheit der Stimmrechte bei der abhängigen juristischen Person verfügt, wirtschaftlich mit der Organgesellschaft verflochten ist und die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung auch rechtlich wahrnehmen kann (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29.10.2008 – XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, unter II.1.b, Rz 16; vom 08.08.2013 – V R 18/13, BFHE 242, 433, BStBl II 2017, 543, Rz 24 f.; vom 02.12.2015 – V R 12/14, BFH/NV 2016, 437, Rz 22 f.; vom 02.12.2015 – V R 15/14, BFHE 252, 158, BStBl II 2017, 553, Rz 20, 21, 42; vom 12.10.2016 – XI R 30/14, BFHE 255, 467, BStBl II 2017, 597, Rz 21). |
|
|
4. Diese Voraussetzungen sind nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) vorliegend erfüllt. |
|
|
a) Die GmbH war in den Streitjahren in das Unternehmen des Klägers finanziell eingegliedert. |
|
|
Dieser verfügte als Alleingesellschafter der GmbH über sämtliche Stimmrechte und konnte damit bei Beschlussfassungen der GmbH seinen Willen durchsetzen (vgl. z.B. allgemein BFH-Beschluss vom 11.12.2013 – XI R 38/12, BFHE 244, 94, BStBl II 2014, 428, Rz 66; BFH-Urteil in BFHE 255, 467, BStBl II 2017, 597, Rz 23 f.). |
|
|
b) Das Vorliegen einer organisatorischen Eingliederung der GmbH i.S. einer engen Verflechtung mit Über- und Unterordnung ist aufgrund der Stellung des Klägers als Geschäftsführer der GmbH ebenfalls zu bejahen (vgl. z.B. allgemein BFH-Beschluss in BFHE 244, 94, BStBl II 2014, 428, Rz 67; BFH-Urteil in BFHE 255, 467, BStBl II 2017, 597, Rz 26). |
|
|
c) Schließlich ist auch die wirtschaftliche Eingliederung der GmbH in das Unternehmen des Klägers gegeben. |
|
|
Für die wirtschaftliche Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG müssen die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auf entgeltlichen Leistungen des Mehrheitsgesellschafters (Organträger) gegenüber seiner Tochtergesellschaft (Organgesellschaft) beruhen, wenn diesen für das Unternehmen der Organgesellschaft mehr als nur unwesentliche (geringfügige) Bedeutung zukommt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 03.04.2003 – V R 63/01, BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434, unter II.1.c, Rz 17; vom 06.05.2010 – V R 26/09, BFHE 230, 256, BStBl II 2010, 1114, Rz 28, und in BFHE 255, 467, BStBl II 2017, 597, Rz 34 f.). |
|
|
So verhält es sich hier. Nach den Feststellungen des FG erbrachte der Kläger aufgrund des Kooperationsvertrags vom 28.12.2006 in den Streitjahren ausschließlich Leistungen gegenüber der GmbH, indem er Mandate im Auftrag der GmbH selbständig bearbeitete und zur Abrechnung brachte. |
|
|
5. Die umsatzsteuerrechtliche Organschaft hat zur Folge, dass die gewerbliche Tätigkeit der in das Unternehmen des Klägers (Organträger) eingegliederten GmbH (Organgesellschaft) nicht selbständig ausgeübt wird; die eingegliederte GmbH ist kein Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG. Sie ist als Organgesellschaft unselbständiger Teil des Unternehmens des Klägers, so dass die GmbH und der Kläger als ein Unternehmen zu behandeln sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG). |
|
|
a) Danach sind die zwischen der GmbH als Organgesellschaft und dem Kläger als Organträger erbrachten Leistungen –wie die streitbefangenen Umsätze– als Innenumsätze aufgrund von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG nicht steuerbar (vgl. z.B. allgemein BFH-Urteil vom 15.12.2016 – V R 14/16, BFHE 256, 562, BStBl II 2017, 600, Rz 17). Für diese Innenumsätze schuldet der Kläger auch keine Umsatzsteuer gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG, weil Abrechnungen über solche Umsätze mit gesondertem Steuerausweis keine tauglichen Rechnungen i.S. des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG sind (vgl. BFH-Urteil vom 16.05.2018 – XI R 28/16, BFHE 261, 451, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2018, 829, Rz 67). |
|
|
b) Die von der GmbH als Organgesellschaft gegenüber Dritten ausgeführten Umsätze sind allerdings dem Kläger als Organträger ebenso zuzurechnen wie die Leistungsbezüge der GmbH von Dritten (vgl. allgemein z.B. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Skandia America (USA) vom 17.09.2014 – C-7/13, EU:C:2014:2225, HFR 2014, 1031, Rz 29; BFH-Urteile vom 13.05.2009 – XI R 84/07, BFHE 225, 282, BStBl II 2009, 868, unter II.3.a, Rz 24; vom 01.06.2016 – XI R 17/11, BFHE 254, 164, BStBl II 2017, 581, Rz 38). |
|
|
6. Die Sache ist nicht spruchreif. |
|
|
Das FG hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe dem Kläger als Organträger Umsätze und Leistungsbezüge der GmbH als Organgesellschaft zuzurechnen sind. Die Sache geht daher zur Nachholung dieser Feststellungen an das FG zurück. |
|
|
7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. |
|