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II. Der Antrag auf Gewährung von PKH wird abgelehnt. |
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1. Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. |
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2. Das beabsichtigte Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. |
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Die hinreichende Aussicht auf Erfolg fehlt zwar nicht schon deshalb, weil der Antragsteller nicht innerhalb der Frist des § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO durch eine zur Vertretung vor dem BFH befugte Person (§ 62 Abs. 4 FGO) Beschwerde erhoben hat. Denn einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, eine vertretungsberechtigte Person mit der Einlegung der Beschwerde zu beauftragen, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) gewährt werden. |
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Die Nichtzulassungsbeschwerde hätte jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil bei der gebotenen summarischen Prüfung des Vortrages des Antragstellers, des Inhalts der Akten und des Urteils des FG keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgeführten Gründe für die Zulassung der Revision vorliegt. |
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a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Im Allgemeinen besteht kein Klärungsbedarf mehr, wenn eine Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden ist. In einem solchen Fall bedarf es besonderer Ausführungen, warum eine nochmalige höchstrichterliche Entscheidung notwendig erscheint (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 27 f., m.w.N.). |
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Der BFH hat bereits in dem vom Antragsteller betriebenen Revisionsverfahren VIII R 106/03 entschieden, dass § 64 Abs. 1 i.V.m. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 208, 220, BStBl II 2008, 762). Unter Verweis auf diesen Beschluss hat der BFH den vom Antragsteller zu einem weiteren Verfahren gestellten Antrag auf PKH mit Beschluss vom 29. November 2007 (BFH/NV 2008, 777) abgelehnt. |
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Bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der aufgeworfenen Fragen durch den BFH erforderlich machen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwiefern § 64 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 EStG, wonach für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt wird, gegen die vom Antragsteller angeführten verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorschriften verstoßen sollte. Auch soweit der Antragsteller zusätzlich vorträgt, es bestehe nach dem Erlass des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl I 2011, 453) und auf Grund neuerer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine neue Rechtslage hinsichtlich der Bedarfsermittlung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, lässt sich seinen Ausführungen nicht entnehmen, dass deshalb die Regelung in § 64 Abs. 1 EStG keinen Bestand mehr haben könnte. Denn diese betrifft nicht die Frage der Höhe des Kindergeldes, sondern die Frage, an wen es ausbezahlt wird. |
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b) Aus dem gleichen Grund ist die Zulassung der Revision nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) erforderlich; auch dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass im Streitfall über eine klärungsbedürftige Rechtsfrage zu entscheiden ist. |
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c) Die Revision ist schließlich nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen. |
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aa) Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ergibt sich bereits aus dem FG-Urteil, dass sich die Kinder –wie der Antragsteller in seinem PKH-Antrag vorträgt– zu 65 % bei der Mutter und zu 35 % bei ihm aufgehalten haben. Davon ist das FG ausgegangen und davon geht auch der erkennende Senat aus. |
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bb) Soweit der Antragsteller vorträgt, das FG habe sich nicht mit den aufgeworfenen grund-, europa- und menschenrechtlichen Fragen befasst, rügt er keinen Verfahrensmangel, vielmehr wendet er sich damit gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils des FG. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Revision (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92, und vom 28. November 2008 VIII B 206/07, BFH/NV 2009, 601). Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 20. Februar 2008 VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980, und vom 23. Juni 2010 II B 32/10, BFH/NV 2010, 2075). |
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Im Streitfall hat das FG auch nicht gegen das Verbot der Entziehung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen, weil es eine Vorlage an das BVerfG und den Gerichtshof der Europäischen Union unterlassen hat. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen in dem dem Antragsteller vorliegenden Beschluss in BFH/NV 2008, 777. |
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cc) Eine Zulassung der Revision kommt auch nicht insoweit in Betracht, als der Antragsteller vorträgt, das FG habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt und sei nur deshalb zu dem falschen Urteil gelangt, dass die Rückforderung der gezahlten Beträge rechtmäßig sei, weil die Familienkasse den Bescheid vom 26. November 2009 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung rückwirkend wieder habe aufheben können. |
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Er führt hierzu u.a. aus, der Familienkasse sei bekannt gewesen, dass sich die Kinder schon seit Jahren zu 65 % bei der Mutter und nur zu 35 % bei ihm aufgehalten hätten und er habe auch weder behauptet, dass sich hieran etwas geändert habe, noch werde in dem ihm von der Familienkasse zugeschickten Formblatt "Haushaltsbescheinigung" danach gefragt. Nach dem vorliegend praktizierten "Wechselmodell" widerspreche es einer Haushaltsaufnahme bei ihm auch nicht, wenn die Kinder zugleich auch in den Haushalt der Mutter aufgenommen seien. Er habe der Familienkasse angeboten, seine Wohnung und die Unterbringung der Kinder in Augenschein zu nehmen. |
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Das FG hat dagegen darauf verwiesen, es liege nicht außerhalb der Lebenserfahrung, dass Kinder in jugendlichem Alter bei geschiedenen Eltern von dem Haushalt des einen Elternteils in den des anderen wechselten. Die Familienkasse habe daher nicht weitere Ermittlungen veranlassen müssen. Schließlich habe der auf Grund früher geführter Kindergeld-Verfahren bezüglich der rechtlichen Kindergeld-Voraussetzungen nicht unbedarfte Antragsteller einen Antrag auf Kindergeld gestellt und das Vorliegen der Voraussetzungen durch die Vorlage der Bescheinigungen untermauert. |
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Angesichts dieser Begründung des FG erweist sich das Vorbringen des Antragstellers auch insoweit als –nicht zur Zulassung der Revision führender– Einwand gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung bzw. gegen die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG. Denn da das FG davon überzeugt war, dass die Familienkasse davon ausgehen durfte, der in Fragen des Kindergeldrechts kundige Antragsteller zeige mit seinen Unterlagen an, dass nunmehr er der alleinige Berechtigte i.S. des § 64 Abs. 1 EStG sei, bestand auch für das FG keine Veranlassung mehr, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH braucht das Finanzamt eindeutigen Steuererklärungen nicht mit Misstrauen zu begegnen, sondern kann regelmäßig von deren Vollständigkeit und Richtigkeit ausgehen; nur wenn sich Unklarheiten oder Zweifelsfragen aufdrängen, ist es zu Ermittlungen verpflichtet (Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 10/03, BFHE 206, 303, BStBl II 2004, 911). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem der Antragsteller um die Bedeutung der Vorschrift des § 64 EStG aus den früher von ihm geführten Verfahren wusste und daher zumindest damit rechnen musste, dass die Familienkasse sein Verhalten in dem von ihr im Klageverfahren vorgetragenen Sinne auffassen würde. Indem er es unterlassen hat, die Familienkasse darauf hinzuweisen, dass sich die für die Kindergeldzahlung gemäß § 64 EStG maßgeblichen Verhältnisse seit den zuletzt geführten Verfahren nicht verändert haben, hat er seinerseits gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen. |
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Nach alledem hat es das FG zu Recht nicht beanstandet, dass die Familienkasse die Zahlung von Kindergeld im Vertrauen auf den Antrag des Antragstellers und ohne weitere Ermittlungen ab November 2009 festgesetzt hatte. Es ist weder ersichtlich, dass das FG damit gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) hat, noch dass eine unterlassene Beweiserhebung oder Ermittlungsmaßnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (BFH-Beschluss vom 29. Februar 2008 IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974). |
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3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von PKH ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis der Anlage 1). |
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