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II. 1. Der Antrag ist zulässig. |
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a) Der Antrag auf AdV für das Streitjahr 2010 war auszulegen und entgegen seinem Wortlaut auf den insoweit im Hauptsacheverfahren gestellten Revisionsantrag zu begrenzen. |
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Der im AdV-Verfahren gestellte Antrag, die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides vom 5. März 2012 (insgesamt) auszusetzen, geht über den Antrag im Revisionsverfahren hinaus. Der vorläufige Rechtsschutz nach § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann aber nicht weiter reichen als der im Hauptsacheverfahren erstrebte Rechtsschutz (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 17. Januar 2000 II S 6/99, BFH/NV 2000, 1100, Leitsatz 2). Weil Prozesserklärungen unter Beachtung des Grundsatzes der rechtsschutzgewährenden Auslegung von Verfahrensvorschriften (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) so auszulegen sind, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was rechtlich vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26. Januar 2010 VI B 115/09, BFH/NV 2010, 935, Rz 17, m.w.N.), hat der Senat den Antrag auf AdV für das Streitjahr 2010 so ausgelegt, dass dieser mit dem Revisionsantrag übereinstimmt. |
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b) Da die Antragstellerin gegen das Urteil des FG wirksam Revision eingelegt hat, ist der BFH nach § 69 Abs. 3 FGO als Gericht der Hauptsache für den Antrag auf AdV zuständig (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 26. Oktober 2011 I S 7/11, BFH/NV 2012, 583, Rz 8; vom 18. Juli 2012 X S 19/12, BFH/NV 2012, 2008, Rz 12). |
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2. Der Antrag ist begründet. |
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Nach § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Juli 2013 XI B 41/13, BFH/NV 2013, 1647, Rz 16, m.w.N.). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 7. September 2011 I B 157/10, BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590, Rz 12; in BFH/NV 2013, 1647, Rz 16, jeweils m.w.N.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590, Rz 12; vom 25. April 2013 XI B 123/12, BFH/NV 2013, 1273, Rz 12; in BFH/NV 2013, 1647, Rz 16). |
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3. Nach diesen Maßgaben bestehen im Streitfall insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide, als darin die Montagen der PV-Anlagen als Bauleistungen i.S. von § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG (bis zum 30. Juni 2010 § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG), der für die Streitjahre unionsrechtlich auf Art. 199 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht, eingestuft wurden. |
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a) Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt insbesondere die Errichtung eines Gebäudes unter den Begriff der Bauleistung (EuGH-Urteil –BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH– in HFR 2013, 190, UR 2013, 63, Rz 26). |
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b) Der BFH hat entschieden, dass § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG (bis zum 30. Juni 2010 § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG) nicht alle "Bauleistungen", die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, sondern nur Werklieferungen und sonstige Leistungen erfasst, die diesen Bauwerksbezug aufweisen (BFH-Urteil vom 22. August 2013 V R 37/10, BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128, Rz 29). Danach fallen jedenfalls die Erstellung eines Wohnhauses (BFH-Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128, Rz 32 und 36) sowie Rohbauarbeiten (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2013 XI R 21/11, BFHE 244, 115, BStBl II 2014, 425, UR 2014, 276, Rz 3 und 37) in den Anwendungsbereich des § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG (bis zum 30. Juni 2010 § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG). |
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c) Weder der EuGH noch der BFH hatten bisher über die hier streitige Einstufung der Montage von PV-Anlagen als Bauleistungen zu entscheiden. |
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Dass die vom FG weder höchstrichterlich noch in der Rechtsprechung der Finanzgerichte geklärte Rechtsfrage, ob die Montage von PV-Anlagen unter § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG (bis zum 30. Juni 2010 § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG) zu fassen ist (vgl. auch Büchter-Hole, EFG 2014, 509), nicht eindeutig zu beantworten ist, zeigt die Zulassung der Revision durch das FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO). |
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d) Angesichts dieser ungeklärten Rechtslage war die beantragte AdV zu gewähren. |
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Denn ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen grundsätzlich nicht im summarischen Beschlussverfahren zu entscheiden; die Klärung muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14. Oktober 2002 V B 60/02, BFH/NV 2003, 87, unter II.3.; vom 25. November 2005 V B 75/05, BFHE 212, 176, BStBl II 2006, 484, unter II.3.b; vom 13. März 2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611, Rz 22; vom 12. Dezember 2013 XI B 88/13, BFH/NV 2014, 550, Rz 26, jeweils m.w.N.). |
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4. Dem ferner gestellten Antrag auf Aufhebung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide war mit der Maßgabe zu entsprechen, dass die entstandenen Säumniszuschläge entfallen. |
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Nach § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO kann das Gericht der Hauptsache ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung anordnen, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen ist. Diese Vorschrift gestattet es auch, die Vollziehung eines Steuerbescheides mit der Folge aufzuheben, dass in der Vergangenheit entstandene Säumniszuschläge entfallen (vgl. BFH-Beschluss vom 31. März 1998 I S 8/97, BFH/NV 1998, 1318, unter II.6., m.w.N.; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 69 FGO Rz 252). |
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5. Die Aussetzung erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Anhaltspunkte dafür, dass die Durchsetzung der Steuerforderung nach einem Unterliegen der Antragstellerin in der Hauptsache gefährdet oder erschwert sein könnte, sind weder vom FA vorgetragen worden noch aus der Akte ersichtlich (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 5. Juni 2007 III S 6/07, BFH/NV 2007, 2256, unter II.3.; vom 18. Dezember 2013 I B 85/13, BFHE 244, 320, BFH/NV 2014, 970, Rz 37). |
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. |
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