Versteuerung von „Earn-Out-Zahlungen“ im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils – BFH-Urteil vom 09. November 2023, IV R 9/21

Zusammenfassung des Urteils vom 09. November 2023, IV R 9/21:

Hintergrund: Die steuerliche Behandlung von variablen Kaufpreisbestandteilen, auch bekannt als „Earn-Out-Zahlungen“, bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils stand im Zentrum dieses Falls.

Kernpunkte der Entscheidung:

  • Earn-Out-Zahlungen, die gewinn- oder umsatzabhängig sind, werden nicht im Jahr der Unternehmensveräußerung, sondern erst im Jahr des tatsächlichen Zuflusses als Betriebseinnahmen versteuert.
  • Solche Zahlungen erhöhen den Veräußerungsgewinn des Jahres der Veräußerung nicht.

Details des Falles:

  • Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, und die Beigeladene, die alle Anteile hielt, verkauften die Unternehmensanteile mit einer Vereinbarung für zusätzliche zahlungen basierend auf zukünftigen Umsätzen.
  • Die Finanzverwaltung wollte diese zukünftigen Zahlungen rückwirkend dem Veräußerungsjahr zuschreiben, was die Klägerin bestritt.

Entscheidung des Gerichts:

  • Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte bereits entschieden, dass die Earn-Out-Zahlungen nicht rückwirkend für das Veräußerungsjahr berücksichtigt werden können.
  • Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Entscheidung, indem er argumentierte, dass solche Zahlungen aufgrund ihrer Abhängigkeit von zukünftigen Ereignissen nicht im Veräußerungsjahr realisiert und somit auch nicht versteuert werden können.

Tenor des Urteils:

  • Die Revision des Finanzamts wurde als unbegründet zurückgewiesen.
  • Die Kosten des Revisionsverfahrens wurden dem Finanzamt auferlegt.

Schlussfolgerungen: Diese Entscheidung bestätigt die steuerrechtliche Behandlung von Earn-Out-Zahlungen und stellt klar, dass diese als nachträgliche Betriebseinnahmen zu behandeln sind, wenn ihre Höhe und ihr Anfall ungewiss sind. Sie stärkt die Position von Verkäufern, die solche variablen Zahlungsstrukturen vereinbaren, indem sie sicherstellt, dass diese Zahlungen erst bei tatsächlichem Zufluss versteuert werden müssen und nicht den Veräußerungsgewinn des Jahres der Unternehmensveräußerung erhöhen.

Die Entscheidung wurde nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; sie war seit dem 11.01.2024 als NV-Entscheidung abrufbar.

ECLI:DE:BFH:2023:U.091123.IVR9.21.0

BFH IV. Senat

EStG § 2 Abs 1 S 1 Nr 2, EStG § 16 Abs 1 S 1 Nr 2, EStG § 24 Nr 2, EStG § 16 Abs 2 S 1, AO § 175 Abs 1 S 1 Nr 2, EStG VZ 2010 , BGB § 158 Abs 1, HGB § 252 Abs 1 Nr 4 Halbs 2

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 30. März 2021, Az: 5 K 2442/17

Leitsätze

1. Im Fall der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils sind neben dem Festkaufpreis zu leistende gewinn- oder umsatzabhängige Kaufpreisbestandteile erst im Zeitpunkt des Zuflusses als nachträgliche Betriebseinnahmen zu versteuern. Sie erhöhen den im Jahr der Veräußerung entstandenen Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes nicht (Bestätigung der Rechtsprechung).

2. Dies gilt auch für sogenannte Earn-Out-Klauseln, bei denen das Entstehen der sich hieraus ergebenden variablen Kaufpreisbestandteile sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss ist.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 30.03.2021 – 5 K 2442/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Tatbestand

I.

  1. Streitig ist die steuerliche Behandlung variabler Kaufpreisbestandteile (sogenannte Earn-Out-Zahlungen) im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
  2. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Personengesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ist die M GmbH, die am Vermögen der Klägerin nicht beteiligt ist. Alleinige Kommanditistin war die Beigeladene, die zugleich 100 % der Anteile an der M GmbH hielt. Diese Anteile waren dem Sonderbetriebsvermögen der Beigeladenen bei der Klägerin zugeordnet.
  3. Mit notariellem Vertrag vom xx.10.2010 veräußerte die Beigeladene ihren Kommanditanteil an der Klägerin sowie sämtliche Geschäftsanteile an der M GmbH an die R GmbH. Der Verkauf erfolgte mit der Maßgabe, dass der Kommanditanteil im Wege der Sonderrechtsnachfolge mit schuldrechtlicher Wirkung zum Ablauf des 30.06.2010 („Übertragungsstichtag“) auf die Käuferin übergehen sollte. Die dingliche Übertragung des Kommanditanteils war aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises und die Eintragung der Käuferin als Kommanditistin im Wege der Sonderrechtsnachfolge in das Handelsregister. Die Veräußerung der Anteile an der Komplementärin, der M GmbH, erfolgte wirtschaftlich zum Übertragungsstichtag.
  4. Als fester Kaufpreis für den Kommanditanteil und die Geschäftsanteile an der M GmbH wurde ein Betrag von … € vereinbart (Ziffer 3.1 des Kaufvertrags), der in Höhe von … € auf die Geschäftsanteile der M GmbH entfiel. Der Kaufpreis war am 15.10.2010 fällig, nicht jedoch vor Sicherstellung des Eintritts der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der Käuferin als Kommanditistin in das Handelsregister. Zusätzlich wurde unter Ziffer 3.4 des Kaufvertrags folgende Vereinbarung getroffen:“Zusätzlich zum Kaufpreis nach Ziff. 3.1 erhält die Verkäuferin einen zusätzlichen Kaufpreis in Form eines variablen Entgelts. Grundlage der Ermittlung des variablen Entgelts ist die in den Geschäftsjahren 2011, 2012 und 2013 erzielte Rohmarge, wobei Rohmarge als Nettoumsatz abzüglich der Materialeinstandskosten definiert ist. Übersteigt die erzielte Rohmarge in einem der vorgenannten Geschäftsjahre den Betrag von EUR …, so erhält die Verkäuferin für das betreffende Geschäftsjahr einen Betrag von EUR 533.000,00. Unterschreitet oder entspricht die Rohmarge in einem der vorgenannten Geschäftsjahre den bzw. dem Betrag von EUR …, so erhält die Verkäuferin für das entsprechende Geschäftsjahr kein variables Entgelt. Im Bereich zwischen einer Rohmarge von EUR … und EUR … errechnet sich das variable Entgelt, welches die Verkäuferin erhält, linear zwischen EUR 0,00 und EUR 533.000,00. […].“
  5. Unter Ziffer 6 enthielt der Kaufvertrag zu Steuern und Abgaben folgende Regelungen:“6.1 Soweit sich, insbesondere auch aufgrund von Betriebsprüfungen, Verbindlichkeiten der Gesellschaft hinsichtlich Steuern, Sozialabgaben und anderer öffentlicher Abgaben (jeweils einschließlich Zinsen, Strafen, Versäumniszuschlägen und andere Nebenleistungen) für vor oder am Übertragungsstichtag beendete Veranlagungszeiträume ergeben, wird die Verkäuferin diese Beträge an die Käuferin zahlen. […]6.2 Die Käuferin wird an die Verkäuferin alle von der Gesellschaft nach dem Stichtag erhaltenen Erstattungen (einschließlich im Wege der Verrechnung) Steuern, Sozialabgaben und anderen öffentlichen Abgaben zahlen, die sich auf vor oder am Stichtag beendete Veranlagungszeiträume beziehen. […]6.3 Die Verkäuferin hält die Käuferin und die Gesellschaft von jeder etwaigen auf den Veräußerungsgewinn anfallenden Steuer frei. Dies gilt ohne Beschränkungen im Übrigen insbesondere für eine etwaige Gewerbesteuerlast.6.4 Zahlungen nach Ziff. 6.1 und 6.2 gelten als nachträgliche Kaufpreisreduzierung oder -erhöhung.“
  6. In der Folge kam es auf Grundlage der Vereinbarung unter Ziffer 3.4 des Kaufvertrags zu Kaufpreiszahlungen in Höhe von 136.424 € (2011), 426.500 € (2012) beziehungsweise 252.895 € (2013), die von der Beigeladenen in den betreffenden Veranlagungszeiträumen als laufende Einkünfte erfasst wurden.
  7. In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … €. Darin waren Gewinne der Beigeladenen aus der Veräußerung des Kommanditanteils in Höhe von 235.471,06 € und aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der M GmbH in Höhe von 17.098,40 € enthalten. Am 06.02.2012 erließ der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) für die Klägerin einen erklärungsgemäßen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) für 2010. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑).
  8. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2014 gelangte der Betriebsprüfer zu der Auffassung, die auf Grundlage der Vereinbarung unter Ziffer 3.4 des Kaufvertrags in den Jahren 2011 bis 2013 geleisteten Kaufpreiszahlungen in Höhe von insgesamt 815.819 € („Earn-Out“) seien als nachträgliche Kaufpreiszahlungen gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO im Jahr der Veräußerung (2010) zu berücksichtigen. Der Veräußerungserlös sei um die auf die Erhöhung entfallende Gewerbesteuer zu reduzieren, da dieser Betrag nach den Regelungen des Kaufvertrags von der Beigeladenen als Verkäuferin zu tragen sei. Zudem minderten Beratungskosten im Zusammenhang mit der Veräußerung in Höhe von … € den Veräußerungserlös. Auf dieser Grundlage ermittelte der Betriebsprüfer einen Veräußerungsgewinn für den Kommanditanteil in Höhe von 816.838,80 € sowie einen Veräußerungsgewinn für die Anteile an der M GmbH in Höhe von 17.098,40 €. Der zuerst genannte Betrag setzte sich wie folgt zusammen:Festkaufpreis… €abzüglich Kaufpreisanteil M GmbH./. … €zuzüglich Kaufpreiszahlungen 2011 ff.+ 815.819,00 €abzüglich Kaufpreisrückzahlung./. … €abzüglich Gewerbesteuer auf erklärten Veräußerungsgewinn./. … €abzüglich Gewerbesteuer auf laufenden Gewinn./. … €abzüglich Gewerbesteuer auf Erhöhung des Veräußerungsgewinns nach Prüfung./. … €abzüglich Beratungskosten./. … €Zwischensumme… €abzüglich Kapital… €Veräußerungsgewinn816.838,80 €
  9. Dem folgend erließ das FA am 26.07.2016 für die Klägerin einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 2010, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von insgesamt … € auswies. Darin waren ‑‑neben dem Gewinn aus Gesamthandsbilanz in Höhe von … €‑‑ Veräußerungsgewinne der Beigeladenen in Höhe von 833.936 € (davon entfielen 816.838 € auf die Veräußerung des Kommanditanteils) enthalten. Den dagegen gerichteten Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, die geleisteten „Earn-Out-Zahlungen“ seien Kaufpreisraten, die erst mit Zufluss realisiert würden, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 22.11.2017 als unbegründet zurück.
  10. Während des nachfolgenden Klageverfahrens erließ das FA am 21.02.2019 (antragsgemäß) einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 2010, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von insgesamt … € auswies. Darin waren Veräußerungsgewinne der Beigeladenen in Höhe von 531.686,80 € (davon 514.588,80 € auf die Veräußerung des Kommanditanteils entfallend) enthalten. Bei der Ermittlung des den Kommanditanteil betreffenden Veräußerungsgewinns wurden eine im Jahr 2017 geleistete Kaufpreisrückzahlung in Höhe von 350.000 € sowie eine (geminderte) Gewerbesteuer auf die Erhöhung des Veräußerungsgewinns in Höhe von 45.050 € berücksichtigt. Dem liegt ein am 08.02.2017 geschlossener Prozessvergleich zwischen der R GmbH, die Schadenersatzansprüche wegen verletzter Garantieversprechen geltend gemacht hatte, und der Klägerin zugrunde. Danach verpflichtete sich die Klägerin, 350.000 € netto (unter Verrechnung mit einem „Earn-Out-Anspruch“ in Höhe von 50.000 € netto) an die R GmbH zu zahlen.
  11. Die Klage, mit welcher die Klägerin begehrte, einen Veräußerungsverlust der Beigeladenen in Höhe von 219.806,80 € festzustellen, war in vollem Umfang erfolgreich. Mit Urteil vom 30.03.2021 – 5 K 2442/17 änderte das Finanzgericht (FG) den Gewinnfeststellungsbescheid für 2010 vom 21.02.2019 dahingehend, dass es für die Beigeladene einen Veräußerungsverlust in Höhe von insgesamt 219.806,80 € (Verlust aus der Veräußerung des Kommanditanteils: 236.905,20 €) feststellte. Das FA habe die in den Jahren 2011 bis 2013 zugeflossenen Kaufpreiszahlungen in Höhe von insgesamt 815.819 € zu Unrecht bei der Ermittlung des im Jahr 2010 angefallenen Veräußerungsgewinns berücksichtigt. Bei gewinn- und umsatzabhängigen Kaufpreisabreden mache die Rechtsprechung eine Ausnahme vom Grundsatz der stichtagsbezogenen Ermittlung des Veräußerungsgewinns auf den Veräußerungszeitpunkt und stelle auf die Realisation des Veräußerungsentgelts im Zeitpunkt des Zuflusses ab (Hinweis auf Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 19.12.2018 – I R 71/16, BFHE 264, 115, BStBl II 2019, 493). Bei dem mit Vertrag vom 05.10.2010 vereinbarten zusätzlichen variablen Entgelt handele es sich um eine derartige umsatzabhängige Kaufpreisabrede. Das Entgelt sei von der erzielten Rohmarge abhängig gewesen. Dies gelte nicht nur für die Entstehung des Anspruchs dem Grunde nach, sondern auch für die Höhe des Entgelts. Die mögliche Entgeltspanne habe zwischen 0 € und 533.000 € je Geschäftsjahr gelegen. Damit sei die Entstehung eines zusätzlichen Kaufpreisanspruchs im Zeitpunkt der Veräußerung im Jahr 2010 weder dem Grunde noch der Höhe nach „so gut wie sicher“ gewesen, so dass eine Berücksichtigung unter Beachtung des Realisationsprinzips nicht in Betracht komme.
  12. Dagegen richtet sich die Revision des FA, mit der eine Verletzung materiellen Rechts (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, §§ 16, 24 Nr. 2 EStG) gerügt wird. Die variablen Entgelte seien nicht als nachträgliche Einkünfte im Sinne von § 24 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im Jahr des Zuflusses zu versteuern, sondern als rückwirkende Erhöhung des Kaufpreises nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO im Veräußerungszeitpunkt.
  13. Das FA beantragt,
    das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 30.03.2021 – 5 K 2442/17 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
  14. Die Klägerin beantragt,
    die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
  15. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG ist zutreffend (stillschweigend) von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen (dazu 1.). Zudem hat es die variablen Kaufpreisbestandteile zu Recht nicht bei der Ermittlung des im Streitjahr angefallenen Veräußerungsgewinns der Beigeladenen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG berücksichtigt (dazu 2.).
  2. 1. Die Klage, die sich gegen die Höhe des in dem Gewinnfeststellungsbescheid für 2010 nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO festgestellten Gewinns der Beigeladenen aus der Veräußerung ihres Mitunternehmeranteils richtet (z.B. BFH-Urteil vom 21.12.2021 – IV R 13/19, Rz 16, zur selbständigen Anfechtbarkeit dieser Feststellung), ist zulässig. Wenngleich der Rechtsstreit eine selbständige Feststellung betrifft, die allein die Beigeladene als ausgeschiedene Gesellschafterin persönlich angeht, ist die Klägerin nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt (dazu ausführlich BFH-Urteil vom 10.09.2020 – IV R 14/18, BFHE 270, 363, BStBl II 2021, 367, Rz 12 ff.).
  3. Nicht angegriffen ist der in diesem Veräußerungsgewinn enthaltene ‑‑auf die Veräußerung der Geschäftsanteile an der M GmbH entfallende‑‑ Gewinn in Höhe von 17.098,40 €, der unter § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG beziehungsweise § 8b des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) fällt (z.B. BFH-Urteil vom 25.07.2019 – IV R 47/16, BFHE 265, 273, BStBl II 2020, 142, Rz 12, 14, zur selbständigen Anfechtbarkeit dieser Feststellung). Dieser festgestellte Veräußerungsgewinnbestandteil steht zwischen den Beteiligten nicht in Streit (zur Zulässigkeit der „Bruttofeststellung“ vgl. BFH-Urteil vom 25.07.2019 – IV R 47/16, BFHE 265, 273, BStBl II 2020, 142, Rz 23).
  4. 2. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die streitigen variablen Kaufpreisbestandteile den aus der Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) nach § 16 Abs. 2 EStG zu ermittelnden Veräußerungsgewinn im Streitjahr nicht erhöhen.
  5. a) Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb Gewinne, die bei der Veräußerung des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG), erzielt werden. Im Streitfall hat die Beigeladene ihren Mitunternehmeranteil an der Klägerin im Jahr 2010 veräußert. Der Tatbestand der Veräußerung des Mitunternehmeranteils ist mit der Übertragung der wirtschaftlichen Inhaberstellung auf den Erwerber verwirklicht (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.07.1993 – GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.2.b; BFH-Urteil vom 19.12.2018 – I R 71/16, BFHE 264, 115, BStBl II 2019, 493, Rz 20). Demnach hat das FA dem Grunde nach zutreffend einen Gewinn der Beigeladenen aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils für 2010 gesondert und einheitlich festgestellt. Zu diesem Veräußerungsgewinn gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung der ‑‑im Interesse der Klägerin gehaltenen und damit zum Sonderbetriebsvermögen II der Beigeladenen gehörenden (vgl. nur BFH-Urteil vom 21.12.2021 – IV R 15/19, BFHE 275, 206, BStBl II 2022, 651, Rz 33)‑‑ Beteiligung an der M GmbH als Komplementärin (BFH-Urteil vom 03.12.2015 – IV R 4/13, BFHE 252, 441, BStBl II 2016, 544, Rz 17, zur Aufgabe eines Mitunternehmeranteils). Letzteres ist ‑‑wie vorstehend erwähnt‑‑ zwischen den Beteiligten nicht streitig. Der erkennende Senat sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab.
  6. b) Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG ist nach § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) übersteigt. Der Wert des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG zu ermitteln. Zwischen den Beteiligten ist allein die Höhe des Veräußerungspreises für den Kommanditanteil der Beigeladenen streitig.
  7. aa) Veräußerungspreis im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der tatsächlich erzielte Erlös (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.07.1993 – GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.2.; BFH-Urteil vom 31.08.2006 – IV R 53/04, BFHE 214, 550, BStBl II 2006, 906, unter B.II.2.a, zur Betriebsaufgabe). Dazu gehören alle Leistungen, die der Veräußerer vom Erwerber für die Übertragung erhält, sowie Leistungen, die der Veräußerer in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung vom Erwerber oder ‑‑ohne dass dies der Erwerber veranlasst hat‑‑ von einem Dritten erlangt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17.09.2014 – IV R 33/11, BFHE 248, 121, BStBl II 2015, 717, Rz 26; vom 27.10.2015 – VIII R 47/12, BFHE 252, 80, BStBl II 2016, 600, Rz 36). Das ist regelmäßig der vereinbarte Kaufpreis mit seinem Nennwert (BFH-Urteil vom 19.12.2018 – I R 71/16, BFHE 264, 115, BStBl II 2019, 493, Rz 26).
  8. (1) Der Veräußerungsgewinn entsteht grundsätzlich im Veräußerungszeitpunkt, das heißt mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen, und zwar unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Verkaufserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt. Der Veräußerungsgewinn ist damit regelmäßig stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt zu ermitteln. Später eintretende Veränderungen beim ursprünglich vereinbarten Veräußerungspreis sind solange und soweit materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückzubeziehen, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises noch nicht erfüllt hat. Dabei ist es unerheblich, welche Gründe für die Minderung oder Erhöhung des Erlöses maßgebend waren (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.07.1993 – GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.2.b). Dies gilt auch für die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen (BFH-Urteil vom 19.03.2009 – IV R 20/08, BFHE 225, 292, BStBl II 2010, 528, unter II.2.d aa aaa).
  9. (2) Ist die Gegenleistung indes bereits erbracht und die Anteilsveräußerung vollzogen, liegt eine materiell-rechtliche und deshalb nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auch verfahrensrechtliche Rückwirkung auf das abgeschlossene Rechtsgeschäft nur vor, wenn der Rechtsgrund für die später geleistete Zahlung im ursprünglichen Rechtsgeschäft ‑‑der Anteilsveräußerung‑‑ angelegt ist (vgl. BFH-Urteile vom 04.10.2016 – IX R 8/15, BFHE 255, 436, BStBl II 2017, 316, Rz 12; vom 04.02.2020 – IX R 7/18, Rz 27; beide zum Tatbestand des § 17 EStG, dem allerdings dieselben Grundsätze zugrunde liegen wie § 16 EStG; dazu BFH-Urteil vom 14.06.2005 – VIII R 14/04, BFHE 210, 278, BStBl II 2006, 15, unter II.2.a). Ist die nach Vollziehung der Veräußerung geleistete Zahlung jedoch Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung steht, wirkt diese nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens des Veräußerungsgewinns zurück (BFH-Urteil vom 04.10.2016 – IX R 8/15, BFHE 255, 436, BStBl II 2017, 316, Rz 13; vom 04.02.2020 – IX R 7/18, Rz 29).
  10. (3) Eine Ausnahme gilt bei gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreisforderungen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist in diesen Fällen auf die Realisation des Veräußerungsentgelts abzustellen, da der Veräußerer die Gewinne erst im Zuflusszeitpunkt erzielt. Eine stichtagsbezogene Betrachtung (Rückwirkung auf den Veräußerungszeitpunkt) wird nicht angestellt. Dies liegt darin begründet, dass es sich bei gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreisforderungen um aufschiebend bedingte Kaufpreisansprüche (§ 158 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) handelt, bei denen im Zeitpunkt der Veräußerung weder feststeht, ob rechtlich in einem der Folgejahre eine Kaufpreisforderung entsteht, noch, wie hoch diese sein wird (vgl. BFH-Urteile vom 06.05.2010 – IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261, Rz 29; vom 17.09.2014 – IV R 33/11, BFHE 248, 121, BStBl II 2015, 717, Rz 42; vom 27.10.2015 – VIII R 47/12, BFHE 252, 80, BStBl II 2016, 600, Rz 36 f., mit Hinweis auf BFH-Urteile vom 14.05.2002 – VIII R 8/01, BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532 und vom 17.07.2013 – X R 40/10, BFHE 242, 58, BStBl II 2013, 883; vom 19.12.2018 – I R 71/16, BFHE 264, 115, BStBl II 2019, 493, Rz 27; gleicher Ansicht H 16 (11) der Einkommensteuer-Richtlinien; Schmidt/Wacker, EStG, 42. Aufl., § 16 Rz 250; Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 16 Rz 69; Schiffers in Korn, § 24 EStG Rz 49; Ettinger/Schmitz, GmbH-Rundschau ‑‑GmbHR‑‑ 2016, 966, 971; der Vorentscheidung zustimmend Kobor in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rz 446; Intemann, Neue Wirtschafts-Briefe 2021, 1776; vgl. auch Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock ‑‑D/P/M‑‑, Kommentar zum KStG, § 8b Rz 159, zu § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG). Zudem steht bei gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreisforderungen eine stichtagsbezogene Ermittlung des Veräußerungsgewinns im Widerstreit zur Systematik der §§ 16, 34 EStG sowie zum Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (dazu ausführlich BFH-Urteil vom 14.05.2002 – VIII R 8/01, BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532, unter II.2.c aa bbb).
  11. bb) In Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen in den Jahren 2011 bis 2013 („Earn-Out-Periode“) vereinnahmten variablen Entgelte den im Jahr 2010 erzielten Anteilsveräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht erhöht haben. Vielmehr sind sie im Zeitpunkt des Zuflusses als nachträgliche gewerbliche Betriebseinnahmen (§ 24 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) zu versteuern.
  12. (1) Bei den variablen Kaufpreisbestandteilen handelt es sich um Entgelte auf gewinnabhängige Kaufpreisforderungen, da sie von den in den drei Jahren nach der Anteilsveräußerung von der Klägerin erzielten Rohmargen (definiert als Nettoumsatz abzüglich Materialeinstandskosten) ‑‑das heißt von dem Rohgewinn‑‑ abhängig waren. Das Entstehen der Kaufpreisforderungen war also sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss (ebenso Feld, Finanz-Rundschau ‑‑FR‑‑ 2023, 647, 652: „stetige Earn-Out-Vereinbarung“ mit Besonderheiten). Damit wirken diese variablen Kaufpreisbestandteile nicht auf den Veräußerungszeitpunkt zurück. Sie sind genauso zu behandeln wie (andere) gewinn- oder umsatzabhängige Kaufpreisforderungen.
  13. Der erkennende Senat folgt insoweit dem BFH-Urteil vom 19.12.2018 – I R 71/16 (BFHE 264, 115, BStBl II 2019, 493). Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreisforderungen im Allgemeinen und sogenannten Earn-Out-Zahlungen der hier vorliegenden Art im Besonderen sind nicht ersichtlich (anders dagegen Gosch KStG, 4. Aufl., § 8b Rz 195f, allerdings speziell zu § 8b KStG; Bahns/Vogel, Die Unternehmensbesteuerung ‑‑Ubg‑‑ 2015, 634, 636; kritisch auch Geiger/Kurrle, Ubg 2019, 495). Denn auch bei „Earn-Out-Zahlungen“ wie den im Streitfall vereinbarten handelt es sich um ‑‑aufschiebend bedingte‑‑ Kaufpreisbestandteile, deren Entstehen im Veräußerungszeitpunkt sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss ist; eine Schätzung ihres Kapitalwerts ist im Veräußerungszeitpunkt nicht möglich (BFH-Urteil vom 17.07.2013 – X R 40/10, BFHE 242, 58, BStBl II 2013, 883, Rz 30). Diese Unsicherheit rechtfertigt es, derartige „Earn-Out-Zahlungen“ unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und in ‑‑jedenfalls gedanklicher‑‑ Anlehnung an das Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 des Handelsgesetzbuchs; zur Verdrängung der Regeln der laufenden Bilanzierung durch die Bestimmungen des § 16 EStG im Allgemeinen vgl. BFH-Urteil vom 31.08.2006 – IV R 53/04, BFHE 214, 550, BStBl II 2006, 906, unter B.II.3.a) von der stichtagsbezogenen Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 16 EStG auszunehmen. Die Entstehung derartiger Kaufpreisbestandteile ist im Veräußerungszeitpunkt noch nicht „so gut wie sicher“ (vgl. BFH-Urteil vom 14.05.2002 – VIII R 8/01, BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532). Die dem Grunde und der Höhe nach unsicheren „Earn-Out-Zahlungen“ sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses zu besteuern.
  14. (2) Soweit teilweise eine materiell-rechtliche Rückwirkung ‑‑mangels gewinn- oder umsatzabhängiger Kaufpreisforderung‑‑ angenommen wird, wenn nur das Entstehen einer bereits betragsmäßig festgelegten Zahlung vom Gewinn oder Umsatz abhängig ist (Geiger/Kurrle, Ubg 2019, 495, 498, unter Hinweis darauf, dies sei die in der Praxis weitaus häufiger anzutreffende Art von „Earn-Out-Klauseln“; Pung in D/P/M, § 8b Rz 159; anderer Ansicht Frey/Wind, GmbHR 2021, 1122; Feld, FR 2023, 647, 653), kann der Senat offenlassen, ob er dem beitreten könnte. Denn vorliegend waren die Kaufpreisforderungen ‑‑wie dargelegt‑‑ auch der Höhe nach ungewiss. Wenngleich die Berechnungsparameter vertraglich fixiert waren, hing die Höhe der zu leistenden variablen Kaufpreisbestandteile von der Höhe der in den betreffenden Jahren erzielten Rohmargen ab.
  15. cc) Die vom FA gegen die Besteuerung der variablen Kaufpreisbestandteile erst im Zeitpunkt ihres Zuflusses vorgetragenen Einwände greifen nicht durch.
  16. (1) Der Hinweis des FA, der Streitfall unterscheide sich von den bislang von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschiedenen Fällen, geht fehl. Im Streitfall sind die variablen Kaufpreisbestandteile wie diejenigen in den BFH-Urteilen vom 27.10.2015 – VIII R 47/12 (BFHE 252, 80, BStBl II 2016, 600), vom 14.05.2002 – VIII R 8/01 (BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532) und vom 19.12.2018 – I R 71/16 (BFHE 264, 115, BStBl II 2019, 493) ‑‑wie vorstehend aufgezeigt‑‑ auch der Höhe nach ungewiss.
  17. Danach kann der erkennende Senat auch nicht der in der mündlichen Verhandlung nochmals vorgetragenen Argumentation des FA folgen, wonach im Streitfall eine steuerliche Rückwirkung auf den Veräußerungszeitpunkt (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) anzunehmen sei, weil ein fester ‑‑die variablen Kaufpreisbestandteile enthaltender‑‑ Kaufpreis vereinbart worden und lediglich dessen Zahlung noch vom Eintritt bestimmter Bedingungen abhängig gewesen sei. Denn im Streitfall ist das Entstehen der variablen Kaufpreisbestandteile ‑‑wie dargestellt‑‑ sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss gewesen. Soweit die variablen Kaufpreisbestandteile betroffen sind, kann daher nicht von der Reduzierung eines fest vereinbarten Kaufpreises ausgegangen werden. Fest vereinbart war nur ein Kaufpreis in Höhe von … €.
  18. (2) Ebenso ist der Einwand nicht durchgreifend, die den BFH-Urteilen vom 04.10.2016 – IX R 8/15 (BFHE 255, 436, BStBl II 2017, 316) und vom 04.02.2020 – IX R 7/18 zugrunde liegenden Sachverhalte seien mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Zwar hat der BFH dort für maßgebend erachtet, dass die nach Erfüllung des Erwerbsgeschäfts geleistete Zahlung Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts war, das nicht in sachlichem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung stand (BFH-Urteile vom 04.10.2016 – IX R 8/15, BFHE 255, 436, BStBl II 2017, 316, Rz 13; vom 04.02.2020 – IX R 7/18, Rz 29). Dies schließt es jedoch nicht aus, in den (Ausnahme-)Fällen gewinn- oder umsatzabhängiger Kaufpreisforderungen (ebenfalls) auf die Realisation des Veräußerungsentgelts abzustellen.
  19. dd) Auch aus dem BFH-Urteil vom 14.05.2002 – VIII R 8/01 (BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532) folgt für das Streitjahr keine andere Beurteilung. Nach dieser Entscheidung steht dem Steuerpflichtigen bei umsatz- oder gewinnabhängigen Veräußerungsentgelten kein Wahlrecht zwischen der sofortigen Versteuerung eines Veräußerungsgewinns nach den §§ 16, 34 EStG und einer nicht tarifbegünstigten Besteuerung der nachträglichen Betriebseinnahmen im Jahr des Zuflusses zu. Vielmehr habe er das Entgelt zwingend als laufende nachträgliche Betriebseinnahme in der Höhe zu versteuern, in der die Summe der Entgelte das ‑‑gegebenenfalls um zusätzliche Einmalleistungen gekürzte‑‑ Schlusskapitalkonto zuzüglich der Veräußerungskosten überschreitet (BFH-Urteile vom 14.05.2002 – VIII R 8/01, BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532, unter II.2.b; vom 06.05.2010 – IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261, Rz 29). Dies betrifft jedoch die Besteuerung der Beigeladenen in den Jahren des Zuflusses der „Earn-Out-Zahlungen“ (2011, 2012 und 2013). In diesen Jahren hat sie die Zahlungen (ohne Berücksichtigung des Schlusskapitalkontos) in voller Höhe zu versteuern. Hingegen gilt für den Veräußerungszeitpunkt, das heißt das Streitjahr (2010), dass bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns die (geminderte) Einmalzahlung dem Kapitalkonto und den Veräußerungskosten gegenüberzustellen ist. Dies hat das FG beachtet.
  20. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2, § 139 Abs. 4 FGO.

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