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Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob der Geschäftsführer B seine Pflichten zumindest grob fahrlässig verletzt hat. |
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Gemäß § 69 Satz 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO haften die gesetzlichen Vertreter einer GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt worden sind. Danach trifft den Geschäftsführer einer GmbH die Pflicht, für eine fristgerechte Anmeldung und Abführung der von der GmbH geschuldeten Lohnsteuer zu sorgen (§ 41a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). |
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1. Nach den mit der Revision nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war B im Haftungszeitraum Geschäftsführer der GmbH. Die für den Monat Februar 2013 angemeldete Lohnsteuer ist von der GmbH nicht entrichtet worden. |
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2. Zur Erfüllung des Haftungstatbestands muss die Nichtabführung der Lohnsteuer auf einer zumindest grob fahrlässigen Verletzung der Pflichten des B als Geschäftsführer beruhen. |
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats stellt die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Geschäftsführerpflichten dar (vgl. Senatsentscheidungen vom 20.04.1982 – VII R 96/79, BFHE 135, 416, BStBl II 1982, 521, und vom 09.12.2005 – VII B 124-125/05, BFH/NV 2006, 897, m.w.N.). |
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Zahlungsschwierigkeiten der GmbH ändern nach dieser Rechtsprechung weder etwas an jener Pflicht des GmbH-Geschäftsführers noch schließen sie sein Verschulden bei Nichterfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH aus. Reichen die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Befriedigung der arbeitsrechtlich geschuldeten Löhne (einschließlich des in ihnen enthaltenen Steueranteils) nicht aus, so darf der Geschäftsführer die Löhne nur entsprechend gekürzt auszahlen und muss aus den dadurch übrig bleibenden Mitteln die auf die gekürzten (Netto-)Löhne entfallende Lohnsteuer an das FA abführen (Senatsbeschluss vom 21.12.1998 – VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745, m.w.N.; Senatsurteil vom 01.08.2000 – VII R 110/99, BFHE 192, 249, BStBl II 2001, 271). |
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b) Durch den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens war B rechtlich nicht gehindert, die Lohnsteuer abzuführen. Allein der Antrag schränkt den Geschäftsführer in seiner Verfügungsbefugnis nicht ein (Senatsurteil vom 23.09.2008 – VII R 27/07, BFHE 222, 228, BStBl II 2009, 129). |
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c) Auch durch die Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters verlor B als Geschäftsführer der GmbH nicht seine Verfügungsmacht, weil es sich lediglich um einen sogenannten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 2 InsO handelte. Nach dem Beschluss des AG vom 08.03.2013 sollte das Recht zur Ausübung der Arbeitgeberbefugnis bei der GmbH verbleiben (§ 22 Abs. 2 InsO). Der Geschäftsführer B als gesetzlicher Vertreter der GmbH hatte also weiterhin die Pflichten, Löhne zu zahlen (§ 611 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) und Lohnsteuer abzuführen (§ 38 EStG). |
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Ob bei einem –wie im Streitfall– angeordneten Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 InsO ein Verschulden des GmbH-Geschäftsführers i.S. des § 69 Satz 1 AO zu verneinen ist, wenn er trotz fortbestehender Verfügungsbefugnis und vorhandener finanzieller Mittel die Begleichung der Steuerschuld in einem Fall unterlässt, in dem der vorläufige Insolvenzverwalter die erbetene Einwilligung hierzu versagt und deutlich zu erkennen gibt, eine getroffene Verfügung auch nicht genehmigen zu wollen, hat der Senat bislang offengelassen (vgl. Senatsurteil vom 26.09.2017 – VII R 40/16, BFHE 259, 423, BStBl II 2018, 772). Die Frage bedarf auch im Streitfall keiner Entscheidung, denn der Kläger beruft sich aufgrund anderer Umstände darauf, er habe eine individuelle Anfrage nach der Zahlung der Lohnsteuer für sinnlos halten dürfen. |
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Im Übrigen muss nach der Rechtsprechung des Senats der in Haftung genommene Geschäftsführer substantiiert darlegen und ggf. nachweisen, welche Schritte er zur Zahlung der Steuer am Fälligkeitstag eingeleitet hatte, deren Weiterverfolgung sich jedoch wegen der Haltung des vorläufigen Insolvenzverwalters als sinnlos darstellte (Senatsurteil in BFHE 259, 423, BStBl II 2018, 772). |
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d) Das FG hat das Verschulden des Geschäftsführers B dennoch verneint. Der Zeuge W als Mitarbeiter des vorläufigen Insolvenzverwalters habe gegenüber B unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er einer Tilgung der streitgegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten unter keinen Umständen zustimmen werde und deshalb eine individuelle Anfrage des Geschäftsführers von vornherein sinnlos sei. Das FG zog diese Schlussfolgerung aus der "faktischen" Sperrung des Geschäftskontos durch Übersendung des Anordnungsbeschlusses, dem Inhalt der E-Mail vom 08.03.2013, der schriftlichen Aussage des Zeugen W und der vom FG als gerichtsbekannt bezeichneten Tatsache, dass Insolvenzverwalter einer Tilgung von Lohnsteuerverbindlichkeiten betreffend den letzten Monat vor Insolvenzantragstellung nie zustimmten. |
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e) Diese Ausführungen des FG halten einer revisionsrechtlichen Würdigung nicht stand, weil das FG keine den Senat bindenden Feststellungen getroffen hat, die seine Beurteilung tragen. Unzureichende oder widersprüchliche Sachverhaltsdarstellungen im angefochtenen Urteil stellen einen materiell-rechtlichen Fehler dar, der auch ohne diesbezügliche Rüge zum Wegfall der Bindungswirkung des § 118 Abs. 2 FGO führt (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 17.11.2015 – VIII R 67/13, BFHE 252, 207, BStBl II 2016, 569, Rz 10). Die Würdigung des Sachverhalts durch das FG bindet das Revisionsgericht mithin nur, wenn sie auf logischen, einsichtigen, den Denkgesetzen entsprechenden und von den Tatsachenfeststellungen getragenen nachvollziehbaren Erwägungen beruht (Senatsurteil vom 23.08.1994 – VII R 93/93, BFH/NV 1995, 572). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. |
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Soweit das FG eine "faktische" Sperrung des Geschäftskontos der GmbH durch Übersendung des Anordnungsbeschlusses vom 08.03.2013 angenommen hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dieser Beschluss enthält lediglich den allgemeinen Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO. Daraus ergibt sich keine Sperrung eines Bankkontos. |
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Die E-Mail vom 08.03.2013, die vor der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung beim Geschäftsführer B einging, wiederholt lediglich den Inhalt des zu erwartenden Anordnungsbeschlusses vom gleichen Tage und kündigt ein persönliches Gespräch an. Allein zu "Aufträgen von Kunden zur Reparatur/Wartung von Fahrzeugen" äußert sich der Zeuge W in dieser E-Mail. |
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Auch der vom FG schriftlich vernommene Zeuge W wiederholte lediglich den Inhalt des Anordnungsbeschlusses. Darüber hinaus gab er gerade an, den B nicht angewiesen zu haben, keine Lohnsteuer mehr abzuführen. |
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Schließlich hat das FG ohne weitere Begründung angenommen, es sei gerichtsbekannt, dass vorläufige Insolvenzverwalter einer Tilgung von Lohnsteuerverbindlichkeiten betreffend den letzten Monat vor Insolvenzantragstellung grundsätzlich nicht zustimmten, weil in einer solchen Tilgungsmaßnahme eine anfechtbare Gläubigerbenachteiligung i.S. von §§ 129 ff. InsO liegen würde. Ungeachtet der Frage, ob eine solche Tatsache überhaupt gerichtsbekannt ist, widerspricht diese Annahme der ständigen Rechtsprechung des Senats zu hypothetischen Kausalverläufen. Nach dem Sinn und Zweck des § 69 AO kann in diesen Fällen eine Schadenszurechnung nicht deshalb entfallen, weil bei nachträglicher Betrachtung des tatsächlichen Geschehensablaufs tatsächlich geleistete Zahlungen oder gedachte Zahlungen infolge einer Anfechtung nach insolvenzrechtlichen Vorschriften durch Erstattung der Beträge an die Finanzbehörde wieder hätten rückgängig gemacht werden müssen. Insoweit kann ein hypothetischer Kausalverlauf keine Berücksichtigung finden (Senatsurteil vom 26.01.2016 – VII R 3/15, BFH/NV 2016, 893, m.w.N.). |
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f) Die Vorentscheidung war insoweit aufzuheben. Weil der Senat mangels Spruchreife nicht abschließend zu entscheiden vermag, war die Sache an das FG zurückzuverweisen. |
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Zu beachten sind im vorliegenden Streitfall die erhöhten Pflichten des Geschäftsführers in der Krise der Gesellschaft. So hat der Senat mehrfach entschieden, dass sich ein Geschäftsführer auf eine schriftlich fixierte Aufgabenverteilung in der Krise nicht mehr berufen kann (Senatsbeschluss vom 20.04.2006 – VII B 280/05, BFH/NV 2006, 1441, m.w.N.). Gerade in der finanziellen Krise lebt die uneingeschränkte Gesamtverantwortung jedes einzelnen Geschäftsführers wieder auf. Daraus folgt auch, dass der Geschäftsführer sich nicht allein mit der Behauptung entlasten kann, er habe angenommen, der vorläufige Insolvenzverwalter werde seine Zustimmung zur Abgabentilgung verweigern. Im Regelfall wird vom Geschäftsführer zumindest eine entsprechende dokumentierte Anfrage an den vorläufigen Insolvenzverwalter zu erwarten sein. Nur in seltenen Ausnahmefällen kann darauf verzichtet werden, wenn nämlich konkrete und eindeutige objektive Anhaltspunkte für die Sinnlosigkeit einer solchen Anfrage bestehen. In diesem Zusammenhang ist die Rechtsprechung des Senats zu beachten, wonach ein hypothetischer Kausalverlauf keine Berücksichtigung finden kann (Senatsurteil in BFH/NV 2016, 893, m.w.N.). |
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Bei seiner erneuten Entscheidung wird das FG deshalb zu prüfen und zu beurteilen haben, ob konkrete und eindeutige objektive Anhaltspunkte für die Sinnlosigkeit einer solchen Anfrage bestanden haben. |
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3. Soweit eine Drittschuldnerin des B im Wege der Vollstreckung am 09.10.2014 9.596,90 EUR gezahlt hatte, führt dies –anders als das FG im Rahmen seiner hilfsweisen Ausführungen meint– nicht zu einer Reduzierung der Haftungssumme. |
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Zwar ist der Haftungsbescheid zu ändern bzw. aufzuheben, wenn die Erstschuld noch vor Erlass der Einspruchsentscheidung niedriger festgesetzt wird (Grundsatz der Akzessorietät, vgl. BFH-Urteile vom 08.08.1991 – V R 19/88, BFHE 165, 307, BStBl II 1991, 939, und vom 17.10.1980 – VI R 136/77, BFHE 131, 449, BStBl II 1981, 138). Gleiches gilt, wenn vor Erlass der Einspruchsentscheidung Zahlungen erbracht werden, die nach § 225 AO zur Tilgung der Erstschuld hätten verwendet werden müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 10.03.2005 – VII B 307/04, BFH/NV 2005, 1474). Im Streitfall liegt jedoch keine Zahlung des B auf die Steuerschuld vor, weil das FA den Haftungsbescheid vollstreckt hat und eine Tilgung sich deshalb nur auf die Haftungsschuld beziehen kann. |
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. |
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5. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO). |
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