Anhörungsrüge – Vertretungszwang – BFH-Beschluss vom 08. März 2024, IX S 3/24

Zusammenfassung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 08. März 2024, IX S 3/24

Grundlage des Falles: Der Kläger legte eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des BFH vom 31. März 2023 ein, in dem seine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen wurde. Dies geschah, weil er die Beschwerde selbstständig ohne einen Prozessbevollmächtigten eingereicht hatte, was gegen den vorgeschriebenen Vertretungszwang verstößt.

Kernpunkte des Beschlusses:

  • Zulässigkeit der Anhörungsrüge: Die Anhörungsrüge des Klägers wurde trotz der Nichtbeachtung des Vertretungszwangs als zulässig anerkannt. Der Kläger machte geltend, dass seine Umstände, die nach seiner Auffassung eine Ausnahme vom Vertretungszwang geboten hätten, im vorherigen Urteil nicht berücksichtigt wurden.
  • Begründetheit der Anhörungsrüge: Die Anhörungsrüge wurde als unbegründet zurückgewiesen. Der BFH stellte fest, dass der Kläger durch das Einlegen der Rüge nicht die Verletzung seines rechtlichen Gehörs geltend machte, sondern gegen die prozessrechtlichen Anforderungen des Vertretungszwangs opponierte. Diese Argumentation konnte die Anhörungsrüge nicht stützen.
  • Kosten des Verfahrens: Der Kläger wurde zur Tragung der Gerichtskosten verpflichtet, die auf 66 € festgesetzt wurden.

Schlussfolgerung: Die Entscheidung unterstreicht die strikte Einhaltung des Vertretungszwangs in Verfahren vor dem BFH und klärt, dass eine Anhörungsrüge, die sich gegen prozessrechtliche Anforderungen richtet, nicht erfolgreich ist. Die besondere Zulässigkeit der Anhörungsrüge in diesem Fall betont die Möglichkeit, in Ausnahmefällen rechtliches Gehör zu finden, auch wenn die formellen Anforderungen zunächst nicht erfüllt waren.

ECLI:DE:BFH:2024:B.080324.IXS3.24.0

BFH IX. Senat

FGO § 62 Abs 4, FGO § 133a

vorgehend BFH , 31. März 2023, Az: IX B 4/23

Leitsätze

NV: Eine Anhörungsrüge ist trotz Nichtbeachtung des Vertretungszwangs zulässig, wenn der Rügeführer geltend macht, die von ihm vorgetragenen Umstände, die nach seiner Auffassung eine Ausnahme vom Vertretungszwang geböten, seien nicht berücksichtigt worden.

Tenor

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 31.03.2023 – IX B 4/23 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Durch Beschluss vom 31.03.2023 – IX B 4/23 verwarf der beschließende Senat die Beschwerde des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision als unzulässig, da der Kläger die Beschwerde unter Nichtbeachtung des Vertretungszwangs vor dem Bundesfinanzhof (BFH) trotz entsprechenden Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils des Finanzgerichts selbst eingelegt hatte. Eine weitere Beschwerdeeinlegung durch einen Prozessbevollmächtigten erfolgte außerhalb der Rechtsmittelfrist. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger persönlich mit Schreiben vom 05.02.2024.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Das Vorbringen des Klägers ist als Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs und damit als Anhörungsrüge auszulegen.
  2. 1. Die Anhörungsrüge ist zulässig.
  3. Zwar gilt der Vertretungszwang gemäß § 62 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für Verfahren vor dem BFH auch für die Erhebung einer Anhörungsrüge, wenn für die beanstandete Entscheidung ihrerseits Vertretungszwang galt (z.B. Senatsbeschlüsse vom 30.05.2012 – IX S 5/12 und vom 11.03.2015 – IX S 6/15). Das ist hier der Fall. Der Kläger hat den Vertretungszwang auch im vorliegenden Verfahren nicht beachtet.
  4. Die Anhörungsrüge (§ 133a FGO) ist jedoch ausnahmsweise gleichwohl zulässig, weil sich der Kläger mit der Anhörungsrüge gerade dagegen wendet, dass der Senat seine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Nichtbeachtung des Vertretungszwangs als unzulässig verworfen hat. Wird ‑‑wie vorliegend‑‑ geltend gemacht, darin liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil der Senat vom Kläger vorgetragene Umstände nicht beachtet habe, die nach der Auffassung des Klägers zu einer Ausnahme vom Vertretungszwang hätten führen müssen, so ist die Anhörungsrüge trotz Nichtbeachtung des Vertretungszwangs zulässig.
  5. 2. Die Anhörungsrüge ist nicht begründet.
  6. Der Senat hat die Ausführungen des Klägers im vorangegangenen Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zur Kenntnis genommen und erwogen. Soweit der Kläger mit der Anhörungsrüge geltend macht, er habe aufgrund des Zwangs zur Benennung eines vertretungsbefugten Bevollmächtigten seine Interessen nicht eigenständig wahren können, rügt er nicht die Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern wendet sich gegen die besonderen Anforderungen des Prozessrechts für ein Verfahren vor dem BFH. Mit dieser Begründung kann die Anhörungsrüge keinen Erfolg haben.
  7. 3. Die Gerichtskosten richten sich nach Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz ‑‑GKG‑‑ (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Es fällt eine Festgebühr von 66 € an. Diese hat der Kläger zu tragen.