Antrag auf Stromsteuerentlastung bei Verschmelzung

Urteil vom 07. Juli 2020, VII R 6/19

ECLI:DE:BFH:2020:U.070720.VIIR6.19.0

BFH VII. Senat

StromStG § 9b , StromStV § 17b , UmwG § 2 Nr 1 , AO § 155 Abs 4 , AO § 169 Abs 2 S 1 Nr 1 , AO § 170 Abs 1 , AO § 47 , EGRL 96/2003 Art 17

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 24. Mai 2018, Az: 6 K 2410/17 Z

Leitsätze

1. NV: Im Falle der Umwandlung durch Verschmelzung nach § 2 Nr. 1 UmwG kann der übernehmende Rechtsträger als Rechtsnachfolger des übertragenden Rechtsträgers für diesen die Entlastung von der Stromsteuer nach § 9b StromStG beantragen. Die Rechtsnachfolge ist im Entlastungsantrag offenzulegen.

2. NV: Der Antragsteller hat in seinem Entlastungsantrag alle für die Bemessung der Steuerentlastung erforderlichen Angaben zu machen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 24.05.2018 – 6 K 2410/17 Z aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Mit Verschmelzungsvertrag vom 17.08.2012 wurde die A GmbH auf die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) verschmolzen. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 04.09.2012. Mit Schreiben vom 21.09.2012 wies der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt –HZA–) die Klägerin darauf hin, dass die Steuerentlastung für die A GmbH (vertreten durch ihre Gesamtrechtsnachfolgerin, die Klägerin) nur noch bis zum Entlastungsabschnitt August 2012 bzw. bis zum 03.09.2012 möglich sei und eine Jahresendabrechnung für den Zeitraum von Januar bis zu diesem Zeitpunkt abzugeben sei.
  2. Mit Antrag vom 17.12.2013 beantragte die Klägerin für die Monate August bis Dezember 2012 die Entlastung von der Stromsteuer gemäß § 9b des Stromsteuergesetzes (StromStG). Nachdem das HZA mit Schreiben vom 18.08.2014 darauf hingewiesen hatte, dass eine Steuerentlastung nicht für den gesamten Zeitraum unter der Firma der Klägerin erfolgen könne, stellte sie am 09.09.2014 entsprechend aufgeteilte Anträge. Für August 2012 beantragte sie für die A GmbH als Anmelderin eine Erstattung in Höhe von 456,71 € für den Standort B. Diesen Antrag lehnte das HZA mit Bescheid vom 23.10.2014 ab, weil der Antrag erst nach Ablauf der bis zum 31.12.2013 laufenden Antragsfrist gestellt worden sei.
  3. Das Finanzgericht (FG) urteilte, das HZA habe den Antrag der Klägerin auf Entlastung von der Stromsteuer zu Unrecht abgelehnt, weil sie im Dezember 2013 einen formgerechten und inhaltlich ausreichenden Antrag gemäß § 9b StromStG auch für den Betriebszweig der Gießerei B gestellt habe. Dem HZA hätten alle für die Entlastung erforderlichen Angaben bereits mit dem ersten Antrag vom Dezember 2013 vorgelegen. Dem HZA sei zudem die Verschmelzung bekannt gewesen. Der Streitfall unterscheide sich daher von dem vom Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 26.09.2017 – VII R 26/16 (BFHE 260, 280, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern –ZfZ–2018, 22) entschiedenen Sachverhalt. Die Klägerin sei zudem als Gesamtrechtsnachfolgerin berechtigt gewesen, den Entlastungsantrag für den übertragenden Rechtsträger zu stellen.
  4. Das HZA begründet seine Revision dahingehend, dass derjenige entlastungsberechtigt sei, der den Strom entnommen habe. Existiere der Entlastungsberechtigte nicht mehr, könne nur noch der Rechtsnachfolger den Entlastungsanspruch geltend machen. Da das HZA nur dann eine rechtmäßige Entscheidung über den Entlastungsanspruch treffen könne, wenn es darüber in Kenntnis gesetzt werde, für wen und für welchen Zeitraum der Rechtsnachfolger die Entlastung beantrage, müssten für eine wirksame Antragstellung unter Hinweis auf die Gesamtrechtsnachfolge getrennte Anträge für den Zeitraum vor und nach der Verschmelzung gestellt werden. Aufgrund des Antrags vom 17.12.2013 sei es dem HZA nicht möglich gewesen, die Entlastungsvoraussetzungen getrennt nach übertragendem und übernehmendem Rechtsträger zu beurteilen, weil die maßgeblichen Zählerstände zum 03.09.2012, nach denen der Entlastungsbetrag für die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu berechnen gewesen wäre, gefehlt hätten. Eine genaue Zuordnung der jeweiligen Strommengen zu den einzelnen Rechtsträgern sei somit nicht möglich gewesen. Darüber hinaus sei die Entlastung nach § 9b StromStG von der Zugehörigkeit des Unternehmens zum Produzierenden Gewerbe abhängig. Diese Zugehörigkeit sei eine höchstpersönliche Rechtsposition, die nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vom Rechtsvorgänger auf den Rechtsnachfolger übergehe. Das FG setze sich nicht damit auseinander, dass sich durch eine Verschmelzung der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit verschieben könne. Indem das FG allein auf die angebliche Kenntnis des HZA von den für die Bearbeitung des Entlastungsantrags erforderlichen Daten und Fakten abgestellt habe, habe es den Sinn und Zweck der maßgeblichen Stromsteuerentlastungsvorschriften nicht berücksichtigt. Zwischen den Ansprüchen des Rechtsvorgängers und des Gesamtrechtsnachfolgers müsste jedoch unterschieden werden. Zudem müsse die Beschreibung der wirtschaftlichen Tätigkeit jährlich neu vorgelegt werden. Schon aus Gründen des verwaltungsökonomischen Handelns sei es der Behörde nicht zuzumuten, sich die Entlastungsvoraussetzungen aus einem Konglomerat von irgendwann eingegangenen Schreiben zusammenzusuchen. Da der Antrag der Klägerin erst am 27.12.2013 eingegangen sei, habe die Klägerin nicht erwarten können, innerhalb eines Tages eine Rückmeldung zu erhalten. Sie habe sich vielmehr eine fristgerechte Korrektur selbst unmöglich gemacht, indem sie die Antragsfrist fast bis zum letzten Tag ausgenutzt habe. Abgesehen davon sei die Klägerin bereits mit Schreiben vom 21.09.2012 darauf hingewiesen worden, wie die Antragstellung im Zusammenhang mit der Verschmelzung zu erfolgen habe.
  5. Das HZA beantragt,
    die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
  6. Die Klägerin beantragt,
    die Revision zurückzuweisen.
  7. Das FG habe es für wesentlich erachtet, dass das HZA alle für die Bearbeitung und Gewährung der Entlastung erforderlichen Daten und Fakten gehabt habe. Das HZA sei daher sehr wohl in der Lage gewesen, ausgehend von dem im Dezember 2013 gestellten Antrag eine getrennte Beurteilung und Veranlagung für den übertragenden Rechtsträger hinsichtlich der in der Gießerei B im August 2012 verbrauchten Strommengen vorzunehmen. Insbesondere seien ihm die entlastungsfähige Strommenge, der streitgegenständliche Entlastungsbetrag und die Verschmelzung bekannt gewesen. Es habe ferner feststellen können, dass die A GmbH im Kalenderjahr 2011, dem maßgebenden Zeitraum nach § 15 Abs. 3 der Durchführungsverordnung zum Stromsteuergesetz (StromStV), ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes gewesen sei. Ausgehend vom Wortlaut des § 17b Abs. 3 StromStV, wonach der Antragsteller eine Beschreibung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit beizufügen habe, bedeute dies im Fall der Verschmelzung, dass es immer auf die Beschreibung des übernehmenden Rechtsträgers ankomme, weil der übertragende Rechtsträger erloschen sei. Entgegen der Ansicht des HZA müsse der übernehmende Rechtsträger bei einer Unternehmensverschmelzung nicht stets einen gesonderten Entlastungsantrag unter Hinweis auf die Rechtsnachfolge für die ursprünglich vom Rechtsvorgänger entnommenen Strommengen stellen. Ein getrennter Antrag sei jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn das zuständige HZA auch auf der Grundlage eines formal einheitlichen Antrags zu einer getrennten Beurteilung des übertragenden Rechtsträgers in der Lage sei. In seinem Urteil in BFHE 260, 280, ZfZ 2018, 22 habe der BFH nicht dazu Stellung genommen, ob und wann ein gemeinsamer Antrag zulässig sei. Der diesem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt weiche zudem insoweit vom Streitfall ab, als dort zum Zeitpunkt des Ablaufs der Festsetzungsverjährungsfrist beim HZA nicht die vollständigen Angaben über die entnommenen Strommengen vorgelegen hätten. Das FG sei auch nicht von dem Urteil des BFH vom 13.02.2008 – I R 11/07 (BFH/NV 2008, 1538) abgewichen. Verwaltungsinterne Anweisungen gehörten nicht zum Bundesrecht.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Vorentscheidung verletzt Bundesrecht. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entlastung von der Stromsteuer nach § 9b StromStG für August 2012, weil sie keinen fristgerechten Antrag gestellt hat.
  2. 1. Nach § 9b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StromStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag gewährt für nachweislich nach § 3 StromStG versteuerten Strom, den ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft für betriebliche Zwecke entnommen hat und der nicht nach § 9 Abs. 1 StromStG von der Steuer befreit ist. Die Steuerentlastung wird jedoch für die Entnahme von Strom zur Erzeugung von Licht, Wärme, Kälte, Druckluft und mechanischer Energie nur gewährt, soweit die vorgenannten Erzeugnisse nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft genutzt worden sind. Entlastungsberechtigt ist gemäß § 9b Abs. 3 StromStG derjenige, der den Strom entnommen hat. Nach § 2 Nr. 4 i.V.m. Nr. 3 StromStG handelt es sich bei einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes um die kleinste rechtlich selbständige Einheit.
  3. Wie der Senat mit Urteil in BFHE 260, 280, ZfZ 2018, 22, Rz 13, m.w.N. entschieden hat, ist die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der nachweislichen Versteuerung nicht von der Festsetzung der Steuer durch einen Steuerbescheid oder der Abgabe einer Steueranmeldung durch den Stromversorger oder Lieferer von Energieerzeugnissen abhängig. Vielmehr entsteht der Vergütungsanspruch (u.a.) bereits mit der steuerbegünstigten Verwendung des Stroms bzw. der Energieerzeugnisse, wobei im Falle der Verwendung von Strom der Vergütungsanspruch mit der Entnahme des Stroms aus dem Versorgungsnetz entsteht, die regelmäßig mit dem Verbrauch des Stroms zusammenfällt.
  4. Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 StromStV ist die Steuerentlastung nach § 9b StromStG bei dem für den Antragsteller zuständigen Hauptzollamt mit einer Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck für den Strom zu beantragen, der innerhalb eines Entlastungsabschnitts entnommen worden ist. Der Antragsteller hat in der Anmeldung alle Angaben zu machen, die für die Bemessung der Steuerentlastung erforderlich sind, und die Steuerentlastung selbst zu berechnen (§ 17b Abs. 1 Satz 2 StromStV). Die Steuerentlastung wird gemäß § 17b Abs. 1 Satz 3 StromStV nur gewährt, wenn der Antrag spätestens bis zum 31. Dezember des Jahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Strom entnommen worden ist, beim Hauptzollamt gestellt wird. Erfolgt die Festsetzung der Steuer erst, nachdem der Strom entnommen worden ist, wird abweichend von Satz 3 die Steuerentlastung gewährt, wenn der Antrag spätestens bis zum 31. Dezember des Jahres gestellt wird, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer festgesetzt worden ist (§ 17b Abs. 1 Satz 4 StromStV). Nach § 17b Abs. 3 StromStV hat der Antragsteller dem Antrag eine Beschreibung seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten im maßgebenden Zeitraum nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beizufügen, es sei denn, die Beschreibung liegt dem Hauptzollamt bereits vor.
  5. 2. Der A GmbH steht für den Monat August 2012 kein Anspruch auf Entlastung von der Stromsteuer nach § 9b StromStG zu, weil die Klägerin als ihre Rechtsnachfolgerin nicht innerhalb der Antragsfrist einen Antrag auf Steuerentlastung gestellt hat und der geltend gemachte Entlastungsanspruch daher mit Ablauf des 31.12.2013 gemäß § 47 der Abgabenordnung der im Streitjahr geltenden Fassung (AO) erloschen ist.
  6. a) Der Antrag auf Gewährung der Steuerentlastung war im Streitfall gemäß § 17b Abs. 1 Satz 3 StromStV bis zum 31.12.2013 beim HZA zu stellen, weil der Strom im August 2012 entnommen worden war. Innerhalb dieser Antragsfrist ging jedoch kein Entlastungsantrag für die A GmbH beim HZA ein. Den Antrag, der beim HZA am 09.09.2014 einging, stellte die Klägerin zwar richtigerweise für den übertragenden Rechtsträger als Anmelder. Er ging jedoch dem HZA erst nach Ablauf der Antragsfrist und damit verspätet zu.
  7. b) Die Gewährung der Steuerentlastung kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil mit Ablauf der Antragsfrist zugleich Festsetzungsverjährung eintrat und der Erstattungsanspruch gemäß § 47 AO erlosch.
  8. Bei der beantragten Steuerentlastung handelte es sich um eine Steuervergütung, weil die Klägerin nicht selbst Steuerschuldnerin war, sondern den Strom versteuert von einem Versorger bezogen hatte und dadurch zum Belastungsträger geworden war. Auf die Festsetzung einer Steuervergütung finden nach § 155 Abs. 4 AO die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäße Anwendung. Für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen beträgt die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ein Jahr. Sie beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.
  9. Demnach begann die Festsetzungsfrist im Streitfall mit Ablauf des 31.12.2012 und endete mit Ablauf des 31.12.2013. Bei Eingang des Entlastungsantrags im September 2014 war die Festsetzungsfrist daher schon abgelaufen.
  10. c) Soweit sich die Klägerin auf Vertrauensschutz beruft, weil sie den verspäteten Antrag erst nach einem Hinweis des HZA nach Eingang des Antrags am 27.12.2013 auf die Notwendigkeit getrennter Anträge für das übertragende Unternehmen und die Klägerin gestellt hatte, ergibt sich daraus kein Entlastungsanspruch. Abgesehen davon, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist und das damit verbundene Erlöschen eines etwaigen Anspruchs nicht disponibel sind, waren getrennte Anträge der beiden Unternehmen und die jeweiligen Zählerstände für das HZA schon deshalb erforderlich, um Entlastungsansprüche der Klägerin für spätere, hier nicht streitgegenständliche Zeiträume, prüfen zu können.
  11. 3. Der Entlastungsantrag, der von der Klägerin ohne Offenlegung der Rechtsnachfolge gestellt wurde und am 27.12.2013 beim HZA einging, kann nicht der A GmbH zugerechnet werden.
  12. a) Die A GmbH wurde gemäß § 2 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) und auf der Grundlage des Verschmelzungsvertrages vom 17.08.2012 auf die Klägerin als übernehmendem Rechtsträger verschmolzen. Mit der Eintragung in das Handelsregister (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UmwG) am 04.09.2012 ging das Vermögen der A GmbH einschließlich der Verbindlichkeiten auf die Klägerin über (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) und die A GmbH erlosch (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG). Die Klägerin hätte daher die Steuerentlastung als Rechtsnachfolgerin der erloschenen GmbH für August 2012 beantragen müssen (vgl. Senatsurteile in BFHE 260, 280, ZfZ 2018, 22, und vom 07.08.2012 – VII R 35/11, BFH/NV 2013, 382 zu § 51 Abs. 1 Nr. 1 des Energiesteuergesetzes). Dies hat sie jedoch nicht getan, sondern den Antrag im eigenen Namen gestellt, ohne auf die Rechtsnachfolge hinzuweisen. Zudem hätte sie für das übertragende Unternehmen einen gesonderten Entlastungsantrag stellen müssen und die geltend gemachten Entlastungsansprüche für die Zeit vor und nach dem Wirksamwerden der Verschmelzung nicht in einem Antrag zusammenfassen dürfen.
  13. Dass es sich bei dem übertragenden und dem übernehmenden Unternehmen um zwei verschiedene und getrennt zu betrachtende Rechtssubjekte handelt, wird durch die BFH-Rechtsprechung bestätigt. Mit Urteil vom 22.11.2011 – VII R 22/11 (BFHE 235, 95, ZfZ 2012, 54) hat der Senat entschieden, dass im Falle einer Umwandlung durch Verschmelzung unter Beteiligung von zwei Rechtsträgern die Identität des übertragenden Rechtsträgers nicht gewahrt wird und die Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Auch im Körperschaftsteuerrecht werden die übertragende und die übernehmende Gesellschaft als zwei selbständige Rechtsträger angesehen, die als solche getrennt zu veranlagen sind (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1538).
  14. b) Die Tatsache, dass das HZA im Streitfall von der Verschmelzung und dem Eintrag im Handelsregister Kenntnis hatte, ändert nichts daran, dass auch in diesem Fall ein gesonderter Antrag für den erloschenen Rechtsträger unter Hinweis auf die Gesamtrechtsnachfolge hätte gestellt werden müssen. Auf ein positives Wissen oder Wissenmüssen der Finanzbehörde wird in § 9b StromStG nicht abgestellt. Vielmehr hat der Antragsteller nach § 17b Abs. 1 Satz 2 StromStV in seiner Anmeldung alle für die Bemessung der Steuerentlastung erforderlichen Angaben zu machen.
  15. Es muss sich aus dem Entlastungsantrag eindeutig ergeben, welches Unternehmen den Strom entnommen und damit verbraucht hat. Weiterhin stellt das StromStG auf das Unternehmen als die kleinste rechtlich selbständige Einheit ab (§ 2 Nr. 4 StromStG), was eine Zusammenfassung von Anträgen für mehrere Unternehmen verbietet. Im August 2012 war die A GmbH noch selbständig, weil die Gesamtrechtsnachfolge erst mit der Eintragung in das Handelsregister am 04.09.2012 eintrat, weshalb eine eindeutige Unterscheidung zwischen den vom übertragenden Rechtsträger und den von der Klägerin entnommenen Strommengen hätte erfolgen müssen.
  16. Abgesehen davon hängt die Begünstigung davon ab, dass es sich bei dem Antragsteller um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes handelt, was das HZA zu prüfen hat. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn offengelegt wird, für welches Unternehmen die Entlastung beantragt wird. Daher verfängt auch der Hinweis der Klägerin nicht, dass es gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 StromStV für die Beurteilung der Eigenschaft als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes auf das Kalenderjahr ankommt, das dem Kalenderjahr vorangeht, für das eine Steuerentlastung beantragt wird. Abgesehen davon kann sich durch eine Verschmelzung der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit mit der Folge verschieben, dass eine Zuordnung des übernehmenden Rechtsträgers zum Produzierenden Gewerbe nicht mehr möglich ist (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 235, 95, ZfZ 2012, 54, Rz 11).
  17. c) Der Antrag vom 09.09.2014 ergänzt auch nicht den im Jahr 2013 beim HZA eingegangenen Antrag, weil er für ein anderes Unternehmen gestellt wurde.
  18. 4. Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union mit seinem Urteil Petrotel-Lukoil vom 07.11.2019 – C-68/18 (EU:C:2019:933, ZfZ 2019, 383) entschieden hat, dass es gegen Unionsrecht verstößt, wenn die Verletzung nationaler formeller Anforderungen dadurch sanktioniert wird, dass eine Steuerbegünstigung nach der Richtlinie (EG) 2003/96 des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom –EnergieStRL– (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51) verweigert wird, kann dies nicht auf den Streitfall übertragen werden, weil kein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt.
  19. Die Steuerbegünstigung nach § 9b StromStG beruht auf der fakultativen Steuerermäßigung für energieintensive Unternehmen nach Art. 17 EnergieStRL. Ob ein Unternehmer diese Stromsteuerbegünstigung beantragt, liegt in seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit. Stellt er keinen Antrag, kann ihm diese Steuerbegünstigung nicht gewährt werden. Zudem hat der Antragsteller in seinem Antrag alle Angaben zu machen, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung prüfen und diese berechnen zu können. Diese Angaben (z.B. die Strommengen) liegen der Behörde jedoch nicht vor, wenn der Berechtigte –wie vorliegend– keinen Antrag stellt. Aus diesen Gründen kann der Streitfall nicht mit dem Fall einer Sanktionierung von Verfahrensverstößen gleichgestellt werden.
  20. 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.