BFH-Urteil vom 30.1.1980 (II R 44/77) BStBl. 1980 II S. 362

BFH-Urteil vom 30.1.1980 (II R 44/77) BStBl. 1980 II S. 362

Der Erwerb eines Grundstückes „zur Vermeidung einer Umlegung“ nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 des nordrheinwestfälischen GrEStBBauG vom 25. Juni 1962 setzt voraus, daß ein Bebauungsplan vorliegt (Anschluß an das Urteil vom 23. März 1977 II R 142/73, BFHE 121, 547, BStBl II 1977, 487).

Nordrhein-Westfälisches GrEStBBauG vom 25. Juni 1962 § 1 Abs. 1 Nr. 5.

Sachverhalt

 

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Gemeinde, erwarb mit notariellem Vertrag vom 19. Februar 1964 (Vertrag I) verschiedene landwirtschaftliche Grundstücke.

Ihren Auflassungsanspruch trat die Klägerin in derselben notariellen Urkunde an die Eheleute X zu je 1/2-Anteil ab.

Im vorliegenden Fall geht es um die Grunderwerbsteuer für den Erwerb (in Form der Abtretung des Auflassungsanspruchs) durch Herrn X von der Klägerin, welche die Zahlung der Steuer übernommen hat.

Die Klägerin beantragte Steuerbefreiung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 des nordrhein-westfälischen Gesetzes über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Grunderwerb nach dem Bundesbaugesetz (GrEStBBauG) vom 25. Juni 1962 (Gesetz- und Verordnungsblatt Nordrhein-Westfalen 1962 S. 347 – GVBl NW 1962, 347 -). Sie hatte ihrerseits durch Verträge vom 25. und 26. Februar 1964 (Verträge II) von den Eheleuten X verschiedene Grundstücke in D erworben. Die darin enthaltenen Bauflächen sollten nach Vortrag der Klägerin erschlossen werden. Das durch den Vertrag I erworbene Gelände diene den Eheleuten X als Ersatz für die abgegebenen Grundstücke in D. Der Erwerb der Grundstücke durch den Vertrag I habe daher eine Umlegung vermieden.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt – FA -) setzte für den Erwerb des Herrn X durch den Vertrag I Grunderwerbsteuer fest. Den Bescheid übersandte es der Klägerin.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben.

Mit seiner Revision begehrt das FA, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

 

II.

Die Revision des FA ist begründet.

Der Vertrag I unterliegt – soweit es sich um den vom FA besteuerten Erwerb des Herrn X handelt – der Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 des Grunderwerbsteuergesetzes – GrEStG -).

Steuerfreiheit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStBBauG kann die Klägerin nicht in Anspruch nehmen.

Die hier in Betracht kommende erste Alternative der genannten Vorschrift setzt voraus, daß eine Umlegung vermieden wurde, diese also formell und materiell bei Abschluß des Vertrages I möglich war. Diesen Anforderungen genügt der vorliegende Sachverhalt nicht.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBauG können „im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Sinne des § 30“ Umlegungen durchgeführt werden. Ein Bebauungsplan im Sinne des § 30 BBauG (sog. qualifizierter Bebauungsplan) ist demnach zunächst verfahrensrechtliche Voraussetzung einer Umlegung. Zwar kann das Umlegungsverfahren ausnahmsweise schon vor der Aufstellung eines Bebauungsplanes eingeleitet werden. Dieser Plan muß dann jedoch vor der Auslegung der Umlegungskarte in Kraft getreten sein (§ 45 Abs. 2 BBauG). Der Auffassung des FG, daß i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStBBauG ein Rechtsgeschäft auch dann zur Vermeidung einer Umlegung abgeschlossen werden könne, wenn kein Bebauungsplan vorhanden ist, schließt sich der Senat nicht an. Die Bedeutung eines solchen Planes besteht nämlich nicht nur darin, verfahrensmäßige Voraussetzung des Umlegungsverfahrens zu sein. Er hat vielmehr zugleich materiellen Einfluß auf den Inhalt der Umlegung. Denn erst seine rechtsverbindlichen Festsetzungen (§ 8 Abs. 1, § 30 BBauG) geben Aufschluß darüber, ob überhaupt Maßnahmen erforderlich sind, die Gegenstand eines Umlegungsverfahrens sein können. Erst dann läßt sich entscheiden, ob ein Rechtsvorgang der Vermeidung einer Umlegung dient; denn ein Erwerb kann nur dann der Vermeidung einer Umlegung dienen, wenn er sich auch im Rahmen eines förmlichen Umlegungsverfahrens hätte vollziehen können (Urteil vom 17. Juli 1974 II R 18/67, BFHE 113, 389, BStBl II 1975, 19). Der Senat sieht daher keine Möglichkeit, in solchen Fällen auf einen Bebauungsplan als Voraussetzung der Steuerbefreiung zu verzichten (vgl. das Urteil vom 23. März 1977 II R 142/73, BFHE 121, 547, BStBl II 1977, 487).


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