Einheitlicher Steuergegenstand der Gewerbesteuer bei mehreren Betätigungen derselben natürlichen Person

Urteil vom 17. Juni 2020, X R 15/18

ECLI:DE:BFH:2020:U.170620.XR15.18.0

BFH X. Senat

GewStG § 2 Abs 1 S 1 , AO § 119 Abs 1 , GewStG VZ 2010 , GewStG VZ 2011

vorgehend FG Münster, 10. Oktober 2017, Az: 7 K 3662/14 G

Leitsätze

1. Übt eine natürliche Person mehrere gewerbliche Tätigkeiten aus, kann es sich gewerbesteuerrechtlich entweder um einen einheitlichen Betrieb (Steuergegenstand) oder aber um mehrere selbständige Betriebe –und damit um mehrere Steuergegenstände– handeln.

2. Für die Unterscheidung zwischen einem einheitlichen Betrieb und mehreren selbständigen Betrieben kommt der Gleichartigkeit bzw. Ungleichartigkeit der Betätigungen wesentliche Bedeutung zu. Dabei ist jedoch nicht von einer strikten Zweiteilung in gleichartige bzw. ungleichartige Betätigungen auszugehen; vielmehr steigt das notwendige Maß des für eine Zusammenfassung der Betätigungen erforderlichen wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhangs in Abhängigkeit vom zunehmenden Grad der Verschiedenartigkeit der Betätigungen.

3. Wenn Gewerbesteuermessbescheide für mehrere Betriebe desselben Inhabers ergehen, setzt ihre hinreichende inhaltliche Bestimmtheit in der Regel voraus, dass sie einen Hinweis auf den jeweiligen Betrieb (Steuergegenstand) enthalten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 10.10.2017 – 7 K 3662/14 G aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Münster zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

  1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb seit dem Jahr 2009 sowohl ein Eiscafé als auch einen Grillimbiss. Er übte beide Tätigkeiten im selben Gebäude aus. Das Finanzgericht (FG) hat zur Lage der Geschäftsräume im Gebäude und zueinander lediglich festgestellt, einerseits seien die jeweiligen Geschäftsräume nicht miteinander verbunden gewesen; andererseits sei für das Eiscafé und den Grillimbiss „dieselbe Kundentoilette“ genutzt worden.
  2. Mit beiden Tätigkeiten trat der Kläger unter derselben Bezeichnung auf; es gab nur eine einheitliche Telefonnummer und eine einheitliche Telefaxnummer. Für die Außengastronomie waren zwölf Tische und 36 Stühle vorhanden, die gemeinsam genutzt wurden. Zum Betriebsvermögen des Grillimbisses gehörte ein Kfz, das auch für Zwecke des Eiscafés genutzt wurde. Ein Teil der Wareneinkäufe wurde für beide Betätigungen gemeinsam vorgenommen. Einzelne Lieferantenrechnungen benennen beide Tätigkeiten; hier hieß es im Anschriftenfeld: „<Name des Klägers> Grill + Eiscafé“. Einige Mitarbeiter des Klägers kamen für beide Betätigungen zum Einsatz. Anlässlich eines Stadtfestes, das an zwei Tagen im Jahr 2010 stattfand, erhielten Kunden, die im Grillimbiss ein bestimmtes Gericht bestellten, einen Gutschein für eine Kugel Eis, der im Eiscafé einzulösen war.
  3. Der Kläger unterhielt für jede der beiden Betätigungen ein gesondertes Girokonto. Die beiden Bankkonten wurden aber beim selben Kreditinstitut und unter derselben Stammnummer geführt; zudem bestand eine einheitliche Kreditlinie für beide Bankkonten. Lohnzahlungen für Mitarbeiter des Eiscafés wurden teilweise auch vom Bankkonto des Grillimbisses getätigt.
  4. Im Jahr 2014 übergab der Kläger das Eiscafé seinem Sohn und im Jahr 2015 den Grillimbiss seiner Schwiegertochter.
  5. Der Kläger ermittelte die Gewinne beider Betätigungen durch getrennte Einnahmen-Überschuss-Rechnungen. Darin wies er für die Streitjahre 2010 und 2011 die folgenden Ergebnisse aus:                                Jahr   GrillimbissEiscaféSaldo 2010   + 57.103 €./. 27.136 €+ 29.967 €2011   + 59.058 €./. 24.312 €+ 34.746 €
  6. In seinen Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre fasste der Kläger die Ergebnisse der beiden Betätigungen zusammen, weil er davon ausging, dass es sich um einen einheitlichen Betrieb handele. Demgegenüber vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die Auffassung, der Kläger sei Inhaber zweier getrennter Betriebe. Auf dieser Grundlage erließ er für den Grillimbiss einerseits und für das Eiscafé andererseits gesonderte Gewerbesteuermessbescheide.
  7. Einspruch und Klage gegen die für den Grillimbiss ergangenen Gewerbesteuermessbescheide blieben ohne Erfolg. Das FG führte in seiner –in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 1281 veröffentlichten– Entscheidung aus, zwar bestehe zwischen beiden Betätigungen ein organisatorischer und auch ein gewisser finanzieller Zusammenhang. Entscheidend sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber der wirtschaftliche Zusammenhang. Daran fehle es hier, so dass auch in der Gesamtbetrachtung kein einheitlicher Betrieb angenommen werden könne.
  8. Das Fehlen des wirtschaftlichen Zusammenhangs folge daraus, dass es sich um ungleichartige Betätigungen handele, die einander weder förderten noch ergänzten. Auch wenn in beiden Betrieben Lebensmittel zum Verzehr angeboten würden, gehörten sie zu verschiedenen Gewerbezweigen und seien daher nicht gleichartig. Die Betriebsausstattung (Eismaschine einerseits, Kaffeemaschine andererseits) sowie die benötigten Waren seien unterschiedlich. Die Kunden „dürften“ in den weit überwiegenden Fällen nur einen einzigen Betrieb des Klägers genutzt haben; nur in den wärmeren Monaten „dürfte“ eine gleichzeitige Nutzung in Betracht gekommen sein. Die Rabattaktion sei lediglich als punktuell anzusehen. Von einer nachhaltigen gegenseitigen Förderung sei „nicht auszugehen“. Hierfür wäre erforderlich gewesen, dass im Eiscafé Produkte des Grillimbisses verkauft würden oder umgekehrt. Dies sei nicht der Fall gewesen. Die Eigenständigkeit beider Betriebe folge auch daraus, dass sie zeitlich nacheinander angemeldet worden seien. Ihre spätere Übergabe an unterschiedliche Personen zu unterschiedlichen Zeitpunkten spreche ebenfalls für die Eigenständigkeit, sei aber nicht streitentscheidend.
  9. Mit seiner Revision bringt der Kläger vor, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei bisher nicht definiert worden, unter welchen Voraussetzungen mehrere gewerbliche Betätigungen einer natürlichen Person als gleichartig anzusehen seien bzw. unter welchen Voraussetzungen ungleichartige Betätigungen einander ergänzen würden. Das FG habe entscheidend darauf abgestellt, ob in dem einen Betätigungsfeld die Produkte des anderen Betätigungsfelds angeboten würden; dabei handele es sich aber um ein in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht angewendetes Kriterium. Im Gegenteil zeige die Durchsicht dieser Rechtsprechung, dass der Bundesfinanzhof (BFH) einen einheitlichen Betrieb auch in Fällen annehme, in denen es nicht zu einem solchen betätigungsübergreifenden Leistungsangebot komme (z.B. BFH-Urteil vom 15.09.2010 – X R 21/08, BFH/NV 2011, 235).
  10. Einen Verfahrensmangel sieht der Kläger darin, dass das vorinstanzliche Urteil nicht von den ehrenamtlichen Richtern unterzeichnet worden ist.
  11. Der Kläger beantragt,
    das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 17.10.2014 aufzuheben und die für den Grillimbiss ergangenen Gewerbesteuermessbescheide für 2010 und 2011 vom 31.03.2014 dahingehend zu ändern, dass die Gewerbesteuermessbeträge auf 185,50 € (2010) bzw. 343 € (2011) herabgesetzt werden.
  12. Das FA beantragt,
    die Revision zurückzuweisen.
  13. Es weist auf die Abgrenzungskriterien hin, die auch in H 2.4 Abs. 2 der Gewerbesteuer-Hinweise 2009 genannt seien. Diese seien vom FG zutreffend angewendet und geprüft worden.
  14. Der Senat hat mit rechtskräftig gewordenem Zwischen-Gerichtsbescheid vom 05.11.2019 – X R 15/18 (BFH/NV 2020, 526) die Zulässigkeit der Revision festgestellt.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
  2. Nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung (dazu unten 1.) können auf die beiden vom Kläger ausgeübten Betätigungen entgegen der Auffassung des FG nicht strikt und ausschließlich diejenigen Kriterien angewendet werden, die für die –nur unter besonderen Voraussetzungen vorzunehmende– Zusammenfassung ungleichartiger Betätigungen zu einem Steuergegenstand gelten (unten 2.). Das FG hat auf dieser Grundlage eine neue Gesamtwürdigung –ggf. unter Heranziehung weiterer, noch nicht aufgeklärter Sachverhaltsmerkmale– vorzunehmen (unten 3.).
  3. 1. Der Gewerbesteuer als einer auf den jeweiligen Betrieb gelegten Objektsteuer (BFH-Urteil vom 20.03.2013 – X R 38/11, BFH/NV 2013, 1125, Rz 20) unterliegt als Steuergegenstand jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes –GewStG–). Dabei ist unter „Gewerbebetrieb“ ein gewerbliches Unternehmen i.S. des Einkommensteuergesetzes zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Übt eine natürliche Person mehrere gewerbliche Tätigkeiten aus, kann es sich gewerbesteuerrechtlich entweder um einen einheitlichen Betrieb oder aber um mehrere selbständige Betriebe –und damit um mehrere Steuergegenstände– handeln.
  4. Zur Beurteilung dieser Frage unterscheidet die höchstrichterliche Rechtsprechung zwischen gleichartigen und ungleichartigen Betätigungen. In beiden Fällen ist ein sachlicher (wirtschaftlicher, organisatorischer oder finanzieller) Zusammenhang zwischen den Betätigungen erforderlich, um sie als einen einzigen Steuergegenstand ansehen zu können; die erforderliche Mindest-Intensität dieses Zusammenhangs ist in den beiden Fallgruppen aber unterschiedlich stark ausgeprägt. Maßgebend ist jeweils das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (BFH-Urteil vom 25.04.1989 – VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261, unter 2.a).
  5. a) Für gleichartige Betätigungen in der Hand desselben Unternehmers hat bereits der Reichsfinanzhof (RFH) die Vermutung aufgestellt, dass hier ein einheitlicher Betrieb anzunehmen sein wird, wenn nicht ganz besondere Umstände dagegen sprechen (RFH-Urteil vom 28.09.1938 – VI 611/38, RStBl 1938, 1117). Diese Vermutung ist allerdings widerlegt, wenn kein Zusammenhang zwischen den Betätigungen gegeben ist (BFH-Urteil vom 30.06.1961 – IV 426/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 1961, 272). Daraus folgt, dass auch bei gleichartigen Tätigkeiten ein gewisser wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang bestehen muss (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1990, 261, unter 2.a). Allerdings müssen die drei genannten Merkmale nicht kumulativ vorliegen (BFH-Beschluss vom 21.01.2005 – XI B 23/04, BFH/NV 2005, 1134, unter II.1.).
  6. b) Bei ungleichartigen Betätigungen stellt sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis gerade umgekehrt dar. Grundsätzlich indiziert die Ungleichartigkeit der Betätigungen ihre gewerbesteuerrechtliche Selbständigkeit (BFH-Urteil vom 14.09.1965 – I 64/63 U, BFHE 83, 438, BStBl III 1965, 656). Auch in solchen Fällen kann es sich aber um einen einheitlichen Gewerbebetrieb handeln, wenn die verschiedenen Betätigungen –vor allem– wirtschaftlich und daneben auch organisatorisch und finanziell zusammenhängen (BFH-Urteil vom 19.11.1985 – VIII R 310/83, BStBl II 1986, 719, unter 2.a).
  7. Bei ungleichartigen Betätigungen kommt der Möglichkeit der Ergänzung der verschiedenen Tätigkeiten eine besondere Bedeutung zu. Damit gewinnt das Merkmal des wirtschaftlichen Zusammenhangs im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung ein besonderes Gewicht (Senatsurteil in BFH/NV 2013, 1125, Rz 34). Beim Fehlen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs können ungleichartige Betätigungen nur in besonderen Ausnahmefällen zusammengefasst werden, die durch eine außergewöhnlich hohe Intensität des organisatorischen und finanziellen Zusammenhangs gekennzeichnet sein müssen (Senatsurteil in BFH/NV 2013, 1125, Rz 51). Demgegenüber genügt ein finanzieller oder organisatorischer Zusammenhang, der lediglich auf der Identität des Unternehmers beruht, nicht, weil bei der Gewerbesteuer der Charakter als Objektsteuer im Vordergrund steht (vgl. BFH-Urteile vom 16.12.1964 – I 375/62, HFR 1965, 224, und vom 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252, Rz 18).
  8. c) Für die Feststellung, ob ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang besteht, hat die Rechtsprechung –stets beispielhaft und unter dem Vorbehalt einer je nach den Verhältnissen des Einzelfalls unterschiedlichen Gewichtung– die folgenden Merkmale genannt:
  9. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn die beiden Betätigungen einander stützen und ergänzen (BFH-Urteile in BFH/NV 1990, 261, unter 2.b, und vom 18.12.1996 – XI R 63/96, BFHE 182, 369, BStBl II 1997, 573, unter II.1.). Ein wesentliches Indiz liegt darin, dass das Angebot der einen Betätigung die andere ergänzt oder Kunden des einen Bereichs gelegentlich an den anderen Bereich weitergeleitet werden (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.1982 – VIII R 149/81, BFHE 137, 200, BStBl II 1983, 278, unter 1.).
  10. Kriterien für einen organisatorischen Zusammenhang sind etwa die Benutzung derselben Räume und Einrichtungen, die Tätigkeit derselben Mitarbeiter in beiden Bereichen sowie ein (teilweise) gemeinsamer Einkauf (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 83, 438, BStBl III 1965, 656; in BFHE 137, 200, BStBl II 1983, 278, unter 1.; in BFH/NV 1990, 261, unter 2.b, und in BFHE 182, 369, BStBl II 1997, 573, unter II.1.).
  11. Für einen finanziellen Zusammenhang spricht die Führung gemeinsamer Kassen, Aufzeichnungen oder Bankkonten sowie eine einheitliche Gewinnermittlung (BFH-Urteil in BFHE 182, 369, BStBl II 1997, 573, unter II.1.), ferner die einheitliche Kostentragung für beide Bereiche sowie der Ausgleich von Verlusten der einen Betätigung durch Gewinne der anderen Betätigung (BFH-Urteil in BFHE 83, 438, BStBl III 1965, 656).
  12. 2. Das FG hat die vom Kläger ausgeübten Betätigungen als ungleichartig angesehen, daher die besonderen Voraussetzungen geprüft, die für die –ausnahmsweise– Zusammenfassung von ungleichartigen Betätigungen gelten, und das Vorliegen dieser Voraussetzungen verneint. Indes wird eine solche strikte Zweiteilung in einerseits (vollkommen) gleichartige und andererseits (vollkommen) ungleichartige Betätigungen den Besonderheiten von Fällen wie dem vorliegenden nicht gerecht. In derartigen Fällen ist vielmehr von einem Kontinuum allmählich zunehmender Anforderungen an den Grad des wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhangs in Abhängigkeit vom zunehmenden Grad der Verschiedenartigkeit der Betätigungen auszugehen und auf dieser Grundlage eine Einzelfallwürdigung vorzunehmen (dazu unten a). Zudem hat das FG die von ihm vorgenommenen Wertungen nicht in vollem Umfang durch entsprechende konkrete Tatsachenfeststellungen untermauert (unten b).
  13. a) Der Kläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher entschiedenen Fälle, in denen es um mehrere von demselben Unternehmer ausgeübte Betätigungen ging, hinsichtlich der Frage, ob diese Betätigungen gleichartig waren oder nicht, in aller Regel so eindeutig waren, dass auf nähere Definitionen verzichtet werden konnte. Vorliegend handelt es sich hingegen um einen Grenzfall, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die Betätigungen zwar nicht vollkommen verschiedenartig sind (es handelt sich in beiden Fällen um Gastronomiebetriebe), aber angesichts der Unterschiede im Speisenangebot auch nicht in Gänze als gleichartig angesehen werden können.
  14. aa) Die vom Kläger vermisste allgemeingültige Definition dessen, was unter „gleichartigen“ Betätigungen zu verstehen ist, erscheint dem Senat allerdings nicht als möglich. Angesichts der Vielgestaltigkeit des Wirtschaftslebens ist die Bewertung mehrerer Betätigungen als gleichartig oder ungleichartig von zu vielen Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig, als dass dies abstrakt für sämtliche denkbaren Fallgestaltungen festgelegt werden könnte.
  15. Eine solche Definition ist aber auch nicht erforderlich. Denn schon die bisherige Rechtsprechung lässt erkennen, dass nicht von einer strikten Zweiteilung der Fallgruppen, sondern von dem beschriebenen Kontinuum allmählich steigender Anforderungen an den Grad des für eine Zusammenfassung erforderlichen Zusammenhangs in Abhängigkeit vom zunehmenden Grad der Verschiedenartigkeit der Betätigungen auszugehen ist.
  16. So hat der BFH bereits im Urteil in BFHE 137, 200, BStBl II 1983, 278 (unter 1.) ausgesprochen, dass ein einheitlicher Betrieb umso eher anzunehmen ist, je mehr die Betätigungen sich gleichen und umgekehrt die Merkmale des wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhangs umso mehr von Bedeutung sind, je unterschiedlicher die Betätigungen ihrem Gegenstand nach sind. In dem zugrunde liegenden Fall betrieb die Steuerpflichtige zum einen eine Apotheke und zum anderen ein Kosmetikinstitut, in dem sie sowohl Kosmetika verkaufte als auch Behandlungen und Beratungen sowie fußpflegerische Tätigkeiten durchführte. Die im Kosmetikinstitut angebotenen Artikel gehörten auch zum Sortiment der Apotheke; die Waren wurden einheitlich über die Apotheke eingekauft und bei Bedarf zwischen beiden Bereichen ausgetauscht. Das Personal wurde in beiden Bereichen eingesetzt; es bestand eine einheitliche Gewinnermittlung. Der BFH hat sich hier nicht ausdrücklich festgelegt, ob die beiden Betätigungen als gleichartig oder ungleichartig anzusehen sind, sondern ausgeführt, die Steuerpflichtige habe sich in beiden Bereichen „zum Teil in gleicher Weise“ betätigt; auch im Übrigen seien die Tätigkeiten in beiden Bereichen „nicht völlig wesensverschieden“. Auch wenn die Schwerpunkte der beiden gewerblichen Tätigkeiten verschieden gewesen seien, hätten sie unter dem Gesichtspunkt „Gesundheitspflege“ im weiteren Sinne Gemeinsames gehabt, ohne jedoch in vollem Umfang gleichartig zu sein. Letztlich hat der BFH einen einheitlichen Steuergegenstand bejaht.
  17. Der Rechtssatz, dass ein einheitlicher Gewerbebetrieb umso eher anzunehmen ist, je gleichartiger die Betätigungen sind, wurde im BFH-Urteil in BStBl II 1986, 719 (unter 2.a) wiederholt.
  18. bb) Auf dieser Grundlage ist gerade in Fallgestaltungen, in denen es –wie auch im Streitfall– um die Beurteilung zweier Tätigkeiten aus dem Bereich der Gastronomie ging, bei Vorliegen eines gewissen Zusammenhangs häufig ein einheitlicher Steuergegenstand bejaht worden.
  19. Bereits der RFH hat den Betrieb von Gaststätten sogar im Verhältnis zu einem Hotel als gleichartig angesehen, wenn –wie im vorliegend zu beurteilenden Fall– gelegentliche Personalaushilfen und gemeinsame Einkäufe vorgenommen wurden (RFH-Urteil vom 21.12.1938 – VI 730/38, RStBl 1939, 372). Gleiches gilt für den Betrieb einer Großgaststätte im Verhältnis zu einer Imbissstube (BFH-Urteil vom 12.01.1983 – IV R 177/80, BFHE 138, 90, BStBl II 1983, 425, unter 2.): Der BFH hat hier darauf abgestellt, dass jeweils Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle angeboten würden und die Andersartigkeit in der Leistungspräsentation durch weitere sachliche Zusammenhänge (Geschäftsführung, Teile der Arbeitnehmer, Teile des Anlagevermögens) aufgewogen werde. In einem solchen Fall genüge es bereits, wenn „in gewisser Weise“ eine organisatorische Verflechtung bestehe. Ebenso sieht die Finanzverwaltung in dem von ihr in R 2.4 Abs. 1 Satz 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009 gebildeten Beispiel eine Gastwirtschaft und eine Bäckerei als Einheit an, ohne dass es –entgegen dem im angefochtenen Urteil aufgestellten Rechtssatz– darauf ankommt, dass die Kunden gleichzeitig die Erzeugnisse beider Betätigungen nutzen.
  20. Nur für einen Fall, in dem eine Speisegaststätte vollkommen getrennt von einer Schankwirtschaft desselben Inhabers geführt wurde, hat die Rechtsprechung zwei Steuergegenstände bejaht (FG Hamburg, Urteil vom 28.05.1980 – I 173/78, EFG 1981, 32, rkr.).
  21. b) Ein weiterer Rechtsfehler des vorinstanzlichen Urteils liegt im Fehlen konkreter Tatsachenfeststellungen für Teile der vom FG gezogenen Schlussfolgerungen.
  22. aa) So deuten die vom FG gewählten Formulierungen zur gegenseitigen Förderung der beiden Betätigungen darauf hin, dass das FG hier lediglich Vermutungen angestellt hat, aber keine Tatsachenfeststellungen hat treffen wollen. Es hat ausgeführt, die Kunden „dürften“ in den weit überwiegenden Fällen nur einen einzigen Betrieb des Klägers genutzt haben; nur in den wärmeren Monaten „dürfte“ eine gleichzeitige Nutzung in Betracht gekommen sein. Von einer nachhaltigen gegenseitigen Förderung sei „nicht auszugehen“. Bloße Vermutungen genügen indes weder den Anforderungen des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO („Überzeugung“) noch denen des § 118 Abs. 2 FGO („tatsächliche Feststellungen“).
  23. bb) Auch hat das FG nicht angegeben, auf welches Regelwerk es zur Einordnung der vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten in bestimmte –nach Auffassung des FG unterschiedliche– „Gewerbezweige“ zurückgegriffen hat und ob das von ihm herangezogene Regelwerk einen vergleichbaren Zweck wie die gewerbesteuerrechtliche Abgrenzung zwischen verschiedenen Steuergegenständen verfolgt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass gerade dasjenige Regelwerk, das die stärkste Ausdifferenzierung aufweist (Statistisches Bundesamt, Klassifikation der Wirtschaftszweige, aktuell i.d.F. von 2008), „Imbissstuben“ und „Eissalons“ in dieselbe Gewerbeklasse (56.10) einordnet. Diese beiden Betätigungen unterscheiden sich lediglich in der Unterklasse (Imbissstuben: Unterklasse 56.10.3; Eissalons: Unterklasse 56.10.5).
  24. 3. Nach diesen Maßgaben wird das FG die Verhältnisse des vorliegend zu beurteilenden Einzelfalls erneut zu würdigen haben. Weil es sich nicht um eindeutig ungleichartige Betätigungen handelt, wird es dabei nicht so strenge Anforderungen an den Grad des erforderlichen wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhangs stellen dürfen wie bei seiner Entscheidung im ersten Rechtsgang.
  25. a) Nicht folgen kann der Senat dem FG auch hinsichtlich des vom FG aufgestellten Rechtssatzes, für das „Sich Ergänzen“ ungleichartiger Tätigkeiten sei erforderlich, dass in dem einen Betriebsteil Produkte des anderen verkauft würden. Der Kläger weist zutreffend darauf hin, dass dies in der bisherigen BFH-Rechtsprechung jedenfalls in dieser Absolutheit nicht ausgesprochen worden ist. Im Gegenteil hat der Senat in seinem Urteil in BFH/NV 2011, 235 für zwei ungleichartige Betätigungen ein „Sich Ergänzen“ –und damit einen einheitlichen Betrieb– bejaht, ohne dass er das Kriterium des Verkaufs der Produkte des einen Betriebsteils im anderen überhaupt erwähnt hätte.
  26. b) Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass bestimmte Sachverhaltsmerkmale, die das FG ausschließlich dem –von ihm bejahten, aber nicht für wesentlich gehaltenen– organisatorischen Zusammenhang zugeordnet hat, auch für den –vom FG verneinten und mit besonderem Gewicht im Rahmen der Gesamtwürdigung ausgestatteten– wirtschaftlichen Zusammenhang von Bedeutung sind.
  27. Dies gilt insbesondere für den Umstand, dass beide Geschäftslokale im selben Gebäude liegen (nach der –vom FG nicht überprüften– Behauptung des Klägers sogar unmittelbar nebeneinander), und vor allem für die –vom FG festgestellte– Nutzung desselben Außengastronomiebereichs und derselben Kundentoilette. Gerade hieraus folgt, dass die beiden Betätigungen einander stützen und sich gegenseitig ergänzen.
  28. Demgegenüber ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG die –nur an zwei Tagen und damit lediglich punktuell durchgeführte– Rabattaktion im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht als wesentlich angesehen hat. Die Nutzung des –vom persönlichen Namen des Klägers verschiedenen– einheitlichen Namens bzw. Namensbestandteils beider Betätigungen hat das FG zwar zutreffend dem wirtschaftlichen Zusammenhang zugeordnet, aber ohne nachvollziehbare Begründung als unwesentlich angesehen; im zweiten Rechtsgang wird es diese Einordnung nochmals zu überdenken haben.
  29. c) Die Kriterien für den organisatorischen Zusammenhang (dieselbe Telefon- und Telefaxnummer, Nutzung des im Betriebsvermögen des Grillimbisses befindlichen Kfz auch für das Eiscafé, teilweise gemeinsame Wareneinkäufe, teilweiser Austausch von Personal) und finanziellen Zusammenhang (einheitliche Kreditlinie, Vornahme einiger Zahlungen für das Eiscafé vom Girokonto des Grillimbisses) hat das FG zwar zutreffend festgestellt und zugeordnet. Weil es die Betätigungen aber zu Unrecht als vollkommen ungleichartig angesehen hat, hat es diesen Zusammenhängen im Rahmen der Gesamtwürdigung eine zu geringe Bedeutung beigemessen.
  30. d) Denkbar ist, dass für die erneut vorzunehmende Gesamtwürdigung zusätzlich auch solche Sachverhaltsmerkmale von Bedeutung sein können, zu denen das FG im ersten Rechtsgang keine Feststellungen getroffen hat, so dass sich für den zweiten Rechtsgang entsprechende Tatsachenfeststellungen des FG empfehlen könnten.
  31. So ist zwar im Anlagenverzeichnis für die Eisdiele eine Kaffeemaschine aufgeführt, nicht aber im Anlagenverzeichnis für den Grillimbiss. Sollte auch im Grillimbiss Kaffee verkauft worden sein und zu dessen Zubereitung die –ausweislich ihrer Anschaffungskosten recht hochwertige– Kaffeemaschine des Eiscafés genutzt worden sein, wäre dies ein weiteres gewichtiges Indiz für einen wirtschaftlichen Zusammenhang der Betätigungen i.S. eines Sich-Ergänzens.
  32. 4. Für das weitere Verfahren weist der Senat –ohne die Bindungswirkung des § 126 Abs. 5 FGO– auf die folgenden Punkte hin:
  33. a) Gewerbesteuerrechtlich gibt es nicht nur die Möglichkeit des einheitlichen Betriebs oder der vollkommen getrennten Betriebe, sondern es ist auch ein aus mehreren Teilbetrieben bestehender einheitlicher Steuergegenstand denkbar.
  34. aa) Nach der von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägten und verwendeten Definition ist unter einem Teilbetrieb ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs zu verstehen, der für sich allein lebensfähig ist; es muss sich um einen selbständigen Zweigbetrieb im Rahmen eines Gesamtunternehmens handeln (BFH-Urteile vom 23.11.1988 – X R 1/86, BFHE 155, 521, BStBl II 1989, 376, unter I.2.b aa, und vom 07.08.2008 – IV R 86/05, BFHE 223, 245, BStBl II 2012, 145, unter II.1.b, jeweils m.w.N.). Der Begriff des Teilbetriebs ist im Gewerbesteuerrecht genauso zu verstehen wie im Einkommensteuerrecht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 155, 521, BStBl II 1989, 376, und vom 22.10.2015 – IV R 17/12, BFH/NV 2016, 209, Rz 15).
  35. Gerade im Hinblick auf die auch vorliegend zu beurteilende Frage, ob gewerbesteuerrechtlich zwei Steuergegenstände vorliegen, kann es sich anbieten, einen aus zwei Teilbetrieben bestehenden einheitlichen Gewerbebetrieb anzunehmen. Zur Abgrenzung zwischen zwei Teilbetrieben und zwei selbständigen Betrieben hat der Senat ausgeführt, die Annahme selbständiger Betriebe erfordere eine vollkommene Eigenständigkeit. Eine Verbindung dürfe im Wesentlichen nur in der Person des Steuerpflichtigen bestehen. Dieser müsse die Betriebe nebeneinander am Wirtschaftsleben teilnehmen lassen. Sobald er die Aktivitäten bündele, um eine größere Marktwirksamkeit zu erreichen, sei eine Wirtschaftseinheit gegeben (zum Ganzen Senatsurteil vom 09.08.1989 – X R 130/87, BFHE 158, 80, BStBl II 1989, 901, unter 3.). Merkmale für die Annahme eines Teilbetriebs –in Abgrenzung zum Einheitsbetrieb– sind z.B. eine räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, selbständige Organisation, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeit und ein eigener Kundenstamm, wobei nicht alle dieser Merkmale erfüllt sein müssen, da der Teilbetrieb nur eine „gewisse“ Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb erfordert (BFH-Urteil vom 10.03.1998 – VIII R 31/95, BFH/NV 1998, 1209, unter II.1.b aa, m.w.N.).
  36. bb) Im Streitfall liegt auf der Grundlage der Feststellungen des FG die Annahme zweier Teilbetriebe durchaus im Bereich des Möglichen. Bei Annahme zweier Teilbetriebe verlöre auch das Argument des FG an Gewicht, der Kläger habe die beiden Betätigungen zu verschiedenen Zeitpunkten angemeldet und später zu verschiedenen Zeitpunkten an unterschiedliche Personen übergeben. Denn die Möglichkeit, einen Teilbetrieb gerade unabhängig vom Hauptbetrieb oder von einem anderen Teilbetrieb erwerben bzw. veräußern zu können, ist aufgrund der „gewissen“ Selbständigkeit gerade typisch für solche Untereinheiten.
  37. b) Das FG wird in verfahrensrechtlicher Hinsicht –und daher mit Vorrang vor den materiell-rechtlichen Fragen– auch zu prüfen haben, ob die verschiedenen für denselben Erhebungszeitraum gegen den Kläger ergangenen Gewerbesteuermessbescheide inhaltlich überhaupt hinreichend bestimmt sind (§ 119 Abs. 1 der Abgabenordnung). Obwohl Steuergegenstand der Betrieb als solcher –und nicht etwa der Betriebsinhaber– ist, enthalten die Bescheide keinen Hinweis auf den jeweiligen Betrieb. Sie unterscheiden sich vielmehr lediglich in der Steuernummer. Dies reicht im Allgemeinen für die erforderliche inhaltliche Bestimmtheit nicht aus. Hinsichtlich der insoweit geltenden Maßstäbe und Ausnahmen verweist der Senat auf die ausführlichen Erläuterungen in seinem Urteil in BFH/NV 2013, 1125 (Rz 18 ff.).
  38. c) Obwohl der Kläger der Sache nach rügt, dass der angefochtene, ausschließlich den Grillimbiss betreffende Gewerbesteuermessbescheid für einen so nicht existenten Steuergegenstand ergangen ist, hat er keinen Aufhebungsantrag gestellt, sondern begehrt lediglich eine Herabsetzung des Steuermessbetrags. In derartigen Fällen ist allerdings die vollständige Aufhebung des für einen –nach Auffassung des Klägers– so nicht existenten Steuergegenstands ergangenen Bescheids zu beantragen. Denn der Umfang des Steuergegenstands darf vom FG nicht durch einen bloßen Änderungsausspruch derart erweitert werden, dass der vom Gericht geänderte Bescheid einen weiteren Steuergegenstand erfasst. Vielmehr ist das FG in einem solchen Fall darauf beschränkt, den angegriffenen Gewerbesteuermessbescheid aufzuheben und dem FA Gelegenheit zu geben, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen erstmaligen Bescheid in Bezug auf den zutreffenden, umfassenderen Steuergegenstand zu erlassen (BFH-Urteil in BFHE 137, 200, BStBl II 1983, 278, unter 2.).
  39. d) Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch. Der vom Kläger vermissten Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es beim finanzgerichtlichen Urteil nicht, wie aus § 105 Abs. 1 Satz 4 FGO klar hervorgeht.
  40. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.