Ausländische Dividenden und Zinsen

Ausländische Dividenden- oder Zinseinkünfte, die unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen erzielen, unterliegen mit ihrem Bruttobetrag der deutschen Besteuerung (Welteinkommensprinzip). Werden die Einkünfte im Ausland ebenfalls besteuert, kann die ausländische Steuer nach Maßgabe des § 34c EStG unter Beachtung der Regelungen eines evtl. vorhandenen DBA angerechnet oder ggf. bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden. Eine Freistellung derartiger Einkünfte von der inländischen Besteuerung ist in den bestehenden DBA i.d.R. nicht vorgesehen.

 

Nachweispflicht

Nach § 68b EStDV hat der Steuerpflichtige den Nachweis über die Höhe der ausländischen Einkünfte und über die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Quellensteuern durch Vorlage entsprechender Urkunden (Erträgnisaufstellungen in- und ausländischer Banken, ausländische Steuerbescheide, Quittungen über die Zahlungen etc.) zu führen (> Tz 1.10 des Leitfadens). Gegebenenfalls kann eine beglaubigte Übersetzung in die deutsche Sprache (§ 87 AO) verlangt werden. Bei Auslandssachverhalten hat der Stpfl. eine erhöhte Mitwirkungspflicht (§ 90 Abs. 2 AO). Aus den Unterlagen muss hervorgehen, um welche Art von Einnahmen es sich handelt, wann diese zugeflossen sind, aus welchem Land sie stammen und in welcher Höhe ausländische Quellensteuern angefallen sind.

 

Ermittlung der Einkünfte

Die ausländischen Einkünfte sind für die deutsche Besteuerung unabhängig von der Einkünfteermittlung im Ausland nach den Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln. Wegen der Umrechnung > R 212a Abs. 1 EStR 2003. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach der sog. Marktrendite ist der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung bei Wertpapieren oder Kapitalforderungen in einer ausländischen Währung in dieser Währung zu ermitteln (§ 20 Abs. 2 S. 2 EStG). Dies bedeutet, dass diese Einkünfte aus Kapitalvermögen zuerst in der ausländischen Währung zu ermitteln sind, und anschließend das Ergebnis zum Kurs im Zeitpunkt der Veräußerung in Euro umzurechnen ist. Dabei sind alle Betriebsausgaben und Werbungskosten zu berücksichtigen, die mit den im Ausland erzielten Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
Soweit Werbungskosten nicht unmittelbar ausländischen Einkünften zugeordnet werden können, kann eine Aufteilung auf in- und ausländische Einkünfte im Wege einer sachgerechten Schätzung
erfolgen, beispielsweise im Verhältnis der steuerpflichtigen Einnahmen. Gleiches gilt für eine eventuelle Berücksichtigung des Werbungskosten-Pauschbetrags. Wählt der Stpfl. einen Abzug der ausländischen Steuer nach § 34c Abs. 2 EStG oder ist nur der Abzug nach § 34c Abs. 3 EStG möglich, sind die abzuziehenden ausländischen Steuern wie Werbungskosten in voller Höhe zu berücksichtigen (> R 153 Abs. 2 S. 2 EStR 2003; > R 212a Abs. 2 S. 3 EStR 2003). Wegen der Berücksichtigung von Stückzinsen als negative Einnahmen > H 154 (Stückzinsen) EStH 2003; > BMF 08.10.1996, BStBl I S. 1190. Der Sparer-Freibetrag ist nach dem Verhältnis der um die Werbungskosten verminderten in- und ausländischen Einnahmen (jeweils getrennt nach Staaten) aufzuteilen (> BFH 16.05.2001, BStBl II S. 710).

 

Ermittlung der anrechenbaren Steuern

Bei Dividenden und Zinsen ist ergänzend Folgendes zu beachten: Bei Nicht-DBA-Staaten kann eine im Ausland festgesetzte, gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende Steuer nach Maßgabe des § 34c Abs. 1 und 2 EStG angerechnet bzw. abgezogen werden, wenn sie der deutschen Einkommensteuer entspricht (> Anhang 12 II EStH 2003). Bei DBA-Staaten kommt regelmäßig eine Anrechnung bzw. ein Abzug nur insoweit in Betracht, als dem ausländischen Staat nach den jeweiligen Regelungen des Abkommens ein Quellenbesteuerungsrecht zusteht und er dieses Besteuerungsrecht auch tatsächlich ausübt (Ausnahme: Anrechnung fiktiver SteuernAb VZ 2003 sind ausländische Einkünfte, die der Quellenstaat nach dem maßgebenden DBA oder nach seinem innerstaatlichen Recht nicht besteuern kann (z.B. Zinsen aus der Schweiz), nicht in die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages einzubeziehen (§ 34c Abs. 6 S. 1 und 3 EStG i.d.F. des StVergAbG).

Zur Geltendmachung derartiger Erstattungsansprüche stellen die ausländischen Steuerbehörden Antragsformulare zur Verfügung, die unmittelbar dort, ggf. auch über die inländischen Kreditinstitute bezogen werden können. Das Bundesamt für Finanzen bietet für einige ausländische Staaten (z.B. Österreich) auf seiner Internetseite (www.bff-online.de) ebenfalls Antragsformulare an. Die Wohnsitzfinanzämter sind mit diesem Verfahren nur insoweit befasst, als die Antragsformulare einen Bestätigungsvermerk des Finanzamts über die Ansässigkeit des Gläubigers der Kapitalerträge im Inland vorsehen (> Tz 6 des Leitfadens). Zur Ansässigkeitsbescheinigung > Vfg. OFD Nürnberg 05.10.2000, S 1301 – 845/St 31.

Im Einzelfall ist zu prüfen, ob der Stpfl. tatsächlich mit ausländischer Quellensteuer belastet wurde, denn verschiedene Staaten verzichten nach deren nationalen Vorschriften auf die Erhebung von Steuern auf Dividenden oder Zinsen, die an nichtansässige Personen gezahlt werden (z.B. Großbritannien und Südafrika), obwohl ihnen das DBA ein solches Recht einräumt. In diesen Fällen kommt eine Anrechnung
ausländischer Steuern nicht in Betracht. Wegen einer ausnahmsweisen Anrechnung fiktiver Quellensteuer.

 

Anrechnung fiktiver Steuern

Nach einigen DBA (z.B. Brasilien, Indien, Portugal, Türkei) ist eine Anrechnung fiktiver ausländischer Quellensteuern auf Dividenden oder Zinsen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag zulässig; d.h. selbst wenn im Ausland keine oder eine niedrigere Quellensteuer einbehalten wird, erfolgt bei der ESt-Veranlagung im Rahmen des § 34c EStG eine Anrechnung ausländischer Steuern. Verschiedene DBA knüpfen die Möglichkeit einer Anrechnung fiktiver Steuern an weitere Voraussetzungen. Zum Teil wird gefordert, dass der Verzicht auf die Erhebung von Quellensteuern mit Sondermaßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des ausländischen Staates in Verbindung steht (z.B. Griechenland, Israel, Kenia, Tunesien, Türkei). Teilweise ist die Höhe der anrechenbaren fiktiven Quellensteuer auch vom nationalen Steuerrecht im Ausland abhängig (z.B. Israel, Kenia, Malaysia, Türkei). Die Detailregelungen über die Anrechnung fiktiver Steuern können im Einzelfall den jeweiligen Methodenartikeln der DBA (i.d.R. Artikel 23) entnommen werden. Zum Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anrechnung fiktiver Quellensteuern bei ausländischen Zinseinkünften > BMF 12.05.1998, BStBl I S. 554. Ein Abzug fiktiver Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte gem. § 34c Abs. 2 EStG ist nicht möglich (> § 34c Abs. 6 S. 2 2.Halbsatz EStG). Kommt nur die Anrechnung fiktiver Steuern in Betracht,
weil ein Abzug gesetzlich nicht zulässig ist, wird das Antragsrecht auf Abzug anderer ausländischer Steuern aus demselben Staat nicht ausgeschlossen. Zur Anrechnung fiktiver Quellensteuern bei  festverzinslichen Wertpapieren unter Berücksichtigung von Stückzinsen > BMF 08.10.1996, BStBl I S. 1190.

Sonderfall: Dividenden nach dem DBA Frankreich Veranlagungszeiträume bis 2000: Bei in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Aktionären französischer Kapitalgesellschaften wird die französische Kapitalertragsteuer auf Antrag nicht erhoben oder voll erstattet (Vordruck RF 1 A). Bei der Veranlagung wird auf Antrag (Einreichung der von der französischen Steuerverwaltung mit einer Perforierung aus den Buchstaben „DGI RCM“ versehenen und an den Aktionär zurückgegebenen 4. und 5. Ausfertigung des Vordrucks RF 1 A) ein Betrag von 50 % der Ausschüttung der französischen Gesellschaft als  Steuergutschrift („avoir fiscal“) auf die deutsche Steuer des Aktionärs angerechnet oder erstattet. Dieser Betrag ist gleichzeitig den Einkünften des Aktionärs hinzuzurechnen (> BMF 25.03.1988, BStBl I S.136). Werden die 4. und 5. Ausfertigung des Vordrucks RF1 A nicht eingereicht, kann keine Steuergutschrift erteilt werden; es erfolgt dann jedoch auch keine Erhöhung der Einkünfte. Die 5. Ausfertigung des Vordrucks ist von der Veranlagungsstelle unverzüglich dem Bundesamt für Finanzen zuzuleiten, damit dieses gegenüber der französischen Finanzverwaltung die Überweisung der durch die Anrechnung verauslagten französischen Steuergutschrift geltend machen kann (sog. Fiskalausgleichsverfahren). Die Weiterleitung an das Bundesamt für Finanzen ist auf der für die Akten des Finanzamts bestimmten 4.  Ausfertigung in Abschnitt 5 besonders zu vermerken.  Anlage KAP 2000: Die Bruttodividende (einschl. der französischen Steuergutschrift „avoir fiscal“) ist zu Kz 54.32, 33 einzutragen.  Anlage AUS 2000: Die Bruttodividende (einschl. der französischen Steuergutschrift „avoir fiscal“) ist zu Kz 19/29.48 und die Steuergutschrift „avoir fiscal“ separat zu Kz 19/29.49 einzutragen. Veranlagungszeitraum 2001 Die französische Steuergutschrift „avoir fiscal“ wird natürlichen Personen ungeachtet der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens auch im VZ 2001 in voller Höhe gewährt. Die Dividende und die Steuergutschrift werden im Rahmen der Veranlagung nur zur Hälfte als steuerpflichtige Einnahmen erfasst.  Anlage KAP 2001: Die Bruttodividende (einschl. der französischen Steuergutschrift „avoir fiscal“) ist in voller Höhe zu Kz 54.24, 25 einzutragen (die Kürzung der Einnahmen um die Hälfte erfolgt programmgesteuert).  Anlage AUS 2001: Die Bruttodividende (einschl. der französischen Steuergutschrift „avoir fiscal“) ist zu Kz 19/29.48 und die Steuergutschrift „avoir fiscal“ separat zu Kz 19/29.49 einzutragen. Beide Beträge sind ungeachtet des Halbeinkünfteverfahrens in voller Höhe zu erfassen. Eine Weiterleitung der 5. Ausfertigung des Vordrucks RF 1 A an das Bundesamt für Finanzen durch das Veranlagungsfinanzamt ist im VZ 2001 nicht mehr notwendig, weil das sog. Fiskalausgleichsverfahren auf der Grundlage der maschinell erfassten Daten (Anlage AUS 2001, Kz 19/29.48, 49) abgewickelt wird. Die 5. Ausfertigung verbleibt daher – ebenso wie die 1. und 4. Ausfertigung des o.g. Vordrucks – bei den Steuerakten (> BMF 10.09.2002, DStR 2002 S. 1811). Wegen des vereinfachten Verfahrens für Bezieher von Dividenden der französischen Aventis S.A., Straßburg, im Jahr 2001 unter Beteiligung der inländischen Depotbank > BMF 16.09.2002, DB 2002 S. 2081, Vfg. OFD Nürnberg 15.10.2002, S 1301 – 966/St 31, Vfg. OFD München 6.5.2001 und 21.10.2002, S 1301 F 35 St 414. Veranlagungszeiträume ab 2002: Die Besteuerung französischer Dividenden wurde durch das Zusatzabkommen vom 20.12.2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der  Französischen Republik mit Wirkung für Dividendenzahlungen ab dem 01.01.2002 neu geregelt (> Gesetz zum Zusatzabkommen vom 11.09.2002, BStBl I S. 891). Durch die Neuregelung entfällt die bisherige Steuergutschrift „avoir fiscal“. Dadurch wurde die steuerliche Behandlung von französischen Streubesitzdividenden, die im Inland unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen beziehen, an die üblicherweise in den deutschen DBA geltenden Regelungen angeglichen. Die Dividenden unterliegen der inländischen Besteuerung, wobei die in Frankreich einbehaltene Kapitalertragsteuer im Veranlagungsverfahren maximal bis zur Höhe des DBA-Quellensteuersatzes (15 %) angerechnet bzw. abgezogen werden können. Ein Ausgleich für eine ggf. höhere Quellensteuerbelastung kann vom Stpfl. nur im förmlichen Verfahren (mit Vordruck RF 1 A) gegenüber der französischen Steuerverwaltung geltend gemacht werden.  Anlage KAP 2003: Die Bruttodividende ist – wie auch die übrigen ausländischen Dividenden – in voller Höhe zu Kz 54.24, 25 einzutragen (die Kürzung der Einnahmen um die Hälfte erfolgt programmgesteuert).  Anlage AUS 2003: Die Bruttodividende ist – unter Angabe des Staates Frankreich in Zeile 3 – zur Hälfte in Zeile 6 einzutragen. Die anrechenbare (bzw. abzuziehende) französische Quellensteuer ist unter Beachtung des DBA-Höchstsatzes (15 %) in voller Höhe zu Kz 19/29.11 (bzw. 52) einzutragen. Wegen des vereinfachten Verfahrens für Bezieher von Dividenden der französischen Aventis S.A., Straßburg, im Jahr 2002 Vfg. OFD Nürnberg 03.06.2003, S 1301 – 966/St 31, im Jahr 2003 > Vfg. OFD Nürnberg 09.07.2003, S 1301 – 995/St 31, Vfg. OFD München 2.6.2003 und 23.02.2004, S 1301 F – 42 St 414.