EuGH-Vorlage zur Steuerentstehung

EuGH-Vorlage vom 07. Mai 2020, V R 16/19

ECLI:DE:BFH:2020:VE.070520.VR16.19.0

BFH V. Senat

UStG § 13 Abs 1 Nr 1 Buchst a , UStG § 17 Abs 2 Nr 1 , UStG § 17 Abs 1 S 1 , EGRL 112/2006 Art 63 , EGRL 112/2006 Art 64 Abs 1 , EGRL 112/2006 Art 90 , UStG VZ 2012

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 26. März 2019, Az: 3 K 1816/18

Leitsätze

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ergibt sich bei einer einmalig und daher nicht zeitraumbezogen erbrachten Dienstleistung der Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen i.S. von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL bereits aus der Vereinbarung einer Ratenzahlung?

2. Hilfsweise bei Verneinung der ersten Frage: Ist von einer Nichtbezahlung i.S. von Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL auszugehen, wenn der Steuerpflichtige bei der Erbringung seiner Leistung vereinbart, dass diese in fünf Jahresraten zu vergüten ist und das nationale Recht für den Fall der späteren Zahlung eine Berichtigung vorsieht, durch die die vorherige Minderung der Steuerbemessungsgrundlage nach dieser Bestimmung wieder rückgängig gemacht wird?

Tenor

I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ergibt sich bei einer einmalig und daher nicht zeitraumbezogen erbrachten Dienstleistung der Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen i.S. von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL bereits aus der Vereinbarung einer Ratenzahlung?

2. Hilfsweise bei Verneinung der ersten Frage: Ist von einer Nichtbezahlung i.S. von Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL auszugehen, wenn der Steuerpflichtige bei der Erbringung seiner Leistung vereinbart, dass diese in fünf Jahresraten zu vergüten ist und das nationale Recht für den Fall der späteren Zahlung eine Berichtigung vorsieht, durch die die vorherige Minderung der Steuerbemessungsgrundlage nach dieser Bestimmung wieder rückgängig gemacht wird?

II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.

Tatbestand

I.

  1. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) versteuert ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe (Buchst.) a des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Sie erbrachte im Streitjahr 2012 eine steuerpflichtige Vermittlungsleistung an die T-GmbH (GmbH) auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung vom 07.11.2012. Danach hatte die GmbH (Auftraggeber) die Klägerin (Auftragnehmer) beauftragt, im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages über ein Grundstück in M vermittelnd tätig zu werden. Nach der Präambel zur Vereinbarung war der Grundstückskaufvertrag bereits beurkundet worden und es wurde festgestellt, dass der Auftragnehmer seine aus diesem Auftrag resultierenden Verpflichtungen umfassend erfüllt habe. Als Gegenleistung war vereinbart, dass der Auftragnehmer vom Auftraggeber ein Honorar in Höhe von 1.000.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer erhalte. Das vereinbarte Honorar sollte in fünf Teilbeträgen von jeweils 200.000 € zuzüglich Umsatzsteuer gezahlt werden. Die Teilbeträge waren in einem Abstand von jeweils einem Jahr fällig und der erste Teilbetrag war am 30.06.2013 zu zahlen. Der Auftraggeber hatte dem Auftragnehmer zur Erfüllung der Honorarzahlungen eine Sicherheit zu leisten. In den Folgejahren erstellte die Klägerin Rechnungen mit Steuerausweis über die jeweiligen Teilbeträge zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, vereinnahmte und versteuerte entsprechend der Vereinnahmung.
  2. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) davon aus, dass die Klägerin auf Grund der im Streitjahr bereits erbrachten Vermittlungsleistung das gesamte Vermittlungshonorar zu versteuern habe. Dem Einwand der Klägerin, dass sie in den Jahren 2013 bis 2018 noch weitere Vermarktungsleistungen zu erbringen hatte und dass eine jährliche Zahlung von 200.000 € unter der Bedingung, dass das Projekt eine entsprechende Entwicklung nehme, geschuldet sei, folgte das FA ebenso wenig wie einer Ergänzungsvereinbarung vom 15.03.2016, nach der ein sog. Leadmakler-Vermarktungsauftrag mit Erfolgshonorar zustande gekommen sei, was bedeute, dass der Auftragnehmer das vertragsgegenständliche Grundstück an den Auftraggeber vermittle und das hierfür vom Auftraggeber entwickelte Gesamtprojekt durch aktive Begleitung der weiteren Vermarktung unterstütze. Daher änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzung 2012 mit Bescheid vom 22.12.2016. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
  3. Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2019, 835 veröffentlichten Urteil überwiegend statt. Die Klägerin habe ihre Vermittlungsleistung bereits im Streitjahr erbracht, wie sich aus der Honorarvereinbarung ergebe. Entgegen der Auffassung der Klägerin komme eine abweichende Auslegung entsprechend der Ergänzungsvereinbarung nicht in Betracht. Aus dieser ergebe sich nicht, dass die darin getroffenen Vereinbarungen bereits zum Zeitpunkt der ursprünglichen Honorarvereinbarung bestanden hätten. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei jedoch mit Ausnahme des ersten im Folgejahr 2013 vereinnahmten Betrages von einer Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 1 UStG auszugehen. Hiergegen wendet sich das FA mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe

II.

  1. 1. Rechtlicher Rahmen
  2. a) Unionsrecht

Art. 64 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Geben Lieferungen von Gegenständen, die nicht die Vermietung eines Gegenstands oder den Ratenverkauf eines Gegenstands im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe b betreffen, und Dienstleistungen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass, gelten sie jeweils als mit Ablauf des Zeitraums bewirkt, auf den sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen.“

Art. 66 Unterabsatz 1 der Richtlinie hat folgenden Wortlaut:

„Abweichend von den Artikeln 63, 64 und 65 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Steueranspruch für bestimmte Umsätze oder Gruppen von Steuerpflichtigen zu einem der folgenden Zeitpunkte entsteht:

a) spätestens bei der Ausstellung der Rechnung;

b) spätestens bei der Vereinnahmung des Preises;

c) im Falle der Nichtausstellung oder verspäteten Ausstellung der Rechnung binnen einer bestimmten Frist nach dem Eintreten des Steuertatbestands.“

Art. 90 dieser Richtlinie lautet:

„(1) Im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes wird die Steuerbemessungsgrundlage unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert.

(2) Die Mitgliedstaaten können im Falle der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung von Absatz 1 abweichen.“

b) Nationales Recht

§ 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG bestimmt:

„Die Steuer entsteht

1. für Lieferungen und sonstige Leistungen

a)    bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Teilleistungen. Sie liegen vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist,
b)    bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind.“

§ 17 UStG sieht vor:

„(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. (…)

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn

1.    das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.“

§ 20 Satz 1 UStG in der Fassung des Streitjahres lautete:

„Das Finanzamt kann auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer,

1.    dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500 000 Euro [ab 1.1.2020: 600.000 Euro] betragen hat, oder
2.    der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 der Abgabenordnung befreit ist, oder
3.    soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ausführt,

die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1), sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet.“

2. Zur ersten Vorlagefrage

a) Vorbemerkungen

Der EuGH hat in seinem Urteil baumgarten sports & more vom 29.11.2018 – C-548/17 (EU:C:2018:970, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2019, 61) entschieden, dass Art. 63 in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL der Annahme entgegensteht, dass der Steuertatbestand und der Steueranspruch bezüglich einer von einem Vermittler erbrachten Dienstleistung, der Vermittlung von Profifußballspielern wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die Gegenstand von unter einer Bedingung stehenden Ratenzahlungen über mehrere Jahre nach der Vermittlung ist, bereits im Zeitpunkt der Vermittlung eintreten.

Zur Begründung wies der EuGH darauf hin, dass es bei einer derartigen Leistung, die in der Vermittlung eines Spielers an einen Verein für eine bestimmte Anzahl von Spielzeiten besteht und durch unter einer Bedingung stehende Ratenzahlungen über mehrere Jahre nach der Vermittlung vergütet wird, der Fall zu sein scheint, dass Leistungen im Sinne –i.S.– von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben (EuGH-Urteil baumgarten sports & more, EU:C:2018:970, Rz 29 f., HFR 2019, 61).

Dem hat sich der erkennende Senat in seinem Folgeurteil angeschlossen und entschieden, dass sich Unternehmer bei ratenweise vergüteten Vermittlungsleistungen auf eine unmittelbare Anwendung von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL berufen können (Senatsurteil vom 26.06.2019 – V R 8/19 (V R 51/16), BFHE 265, 544, Leitsatz) und dies für den dortigen Streitfall damit begründet, dass es nicht darauf ankommt, ob wie zum Beispiel (z.B.) bei einer Nutzungsüberlassung eine zeitraumbezogene Leistungshandlung vorliegt. Es genüge vielmehr, dass eine Vermittlungsleistung nach der Dauerhaftigkeit des vermittelten Erfolges (hier: Verbleib des Spielers beim aufnehmenden Verein über die vereinbarte Vertragslaufzeit) vergütet werde (Senatsurteil in BFHE 265, 544, Rz 19).

b) Zur Streitfrage

aa) Ausgehend vom bloßen Wortlaut des Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL könnte die erste Rechtsfrage, auch wenn es sich hierbei nur um eine Ausnahmevorschrift zu Art. 63 MwStSystRL handelt, zu bejahen sein. Denn im hier vorliegenden Fall einer Befristung von Zahlungsansprüchen, wie bei einer Ratenzahlungsvereinbarung, gibt die Dienstleistung entsprechend dem Wortlaut dieser Bestimmung Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen.

bb) Gleichwohl hat der Senat Zweifel an der Auslegung von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL. Diese Zweifel ergeben sich daraus, dass diese Bestimmung eine Ratenzahlungsvereinbarung, wie sie auch im Streitfall besteht, für den Fall der Lieferung durch Ratenverkauf von ihrem Anwendungsbereich ausschließt. Einen vergleichbaren Ausschlusstatbestand enthält Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL für Dienstleistungen, wie im Streitfall, nicht.

Dies könnte möglicherweise daran liegen, dass der Unionsgesetzgeber mit Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL eine Regelung lediglich unverändert übernommen hat, die in Art. 10 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) bereits beim Inkrafttreten dieser Richtlinie bestand. Daher könnte Grund zur Annahme bestehen, dass der Gesetzgeber beim Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG den –ihm damals unter Umständen nicht bekannten– Fall der Ratenzahlung bei Dienstleistungen nicht bedacht hat, diesen Fall aber in Kenntnis dieser Fallgestaltung, ebenso wie den Ratenverkauf bei Lieferungen, vom Anwendungsbereich des Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL ausgeschlossen hätte.

Hierdurch käme es zu einer Gleichbehandlung von Lieferungen und Dienstleistungen.

Im Übrigen könnte eine wortlautgetreue Anwendung von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL eine zu weit gehende Einschränkung von Art. 63 MwStSystRL begründen. Denn die wörtliche Anwendung von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL würde für den Bereich der Dienstleistungen letztlich dazu führen, dass der Steueranspruch nicht, wie in Art. 63 MwStSystRL vorgesehen, mit der Leistungserbringung entsteht, sondern erst entsprechend der Ermächtigung in Art. 66 Unterabsatz 1 Buchst. c MwStSystRL mit der jeweiligen Preisvereinnahmung.

cc) Weiter ist darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Streitfall einen möglicherweise rechtserheblichen Unterschied zur Fallgestaltung der Rechtssache „baumgarten sports & more“ (EU:2018:970, HFR 2019, 61) aufweist. So ging es in der Rechtssache „baumgarten sports & more“ (EU:2018:970, HFR 2019, 61) um Zahlungsansprüche, die vom Vorliegen einer Bedingung abhingen, hier dem Bestand des Arbeitsvertrages des vermittelten Spielers zu bestimmten Zeitpunkten. Das Vorliegen dieser Bedingung zum vorgesehenen Zeitpunkt war bei der Erbringung der Vermittlungsleistung ungewiss.

Demgegenüber liegt im Streitfall nur eine Befristung, nicht aber eine Bedingung vor, deren Eintritt ungewiss ist. Wie bei einem Ratenverkauf stand damit das Bestehen des Zahlungsanspruchs zum vorgesehenen Zeitpunkt fest. Auf der Grundlage der für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindenden Feststellungen des FG handelte es sich nicht um eine Fallgestaltung, bei der die Vermittlungsleistung nach der Dauerhaftigkeit –oder dem gleichgestellt der Nachhaltigkeit– des vermittelten Erfolges vergütet wurde (vgl. Senatsurteil in BFHE 265, 544, Rz 19). Daher liegt entgegen dem Vortrag der Klägerin auch keine Bedingung wie in diesem Fall vor.

dd) Schließlich ist fraglich, welche Bedeutung der Bezugnahme im EuGH-Urteil baumgarten sports & more (EU:C:2018:970, HFR 2019, 61) auf das EuGH-Urteil Asparuhovo Lake Investment Company vom 03.09.2015 – C-463/14 (EU:C:2015:542, Rz 49 f., HFR 2015, 987) zukommt. Denn dort ging es um eine dauerhaft über einen längeren Zeitraum erbrachte Beratungsleistung, während die Vermittlungsleistung nicht zeitraumbezogen, sondern einmalig zeitpunktbezogen erbracht wird. Der EuGH bejahte hier den Anlass i.S. von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL, wenn Beratungsleistungen einem Klienten dauerhaft zur Verfügung stehen und durch wiederkehrende Pauschalbeträge vergütet werden – unabhängig davon, ob der Auftragnehmer während dieses Zeitraums seinem Klienten tatsächlich Beratungsleistungen erbracht hat. Dies könnte dafür sprechen, einen Anlass für aufeinander folgende Abrechnungen oder Zahlungen davon abhängig zu machen, dass die abgerechneten Leistungen im weitesten Sinne einen „Zukunftsbezug“ oder eine „Ausstrahlungswirkung“ aufweisen.

Dies entspricht dem nationalen Begriff der Teilleistung in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG, für den es auf eine wirtschaftliche Teilbarkeit der Leistung wie zum Beispiel (z.B.) bei einer Vermietung mit monatlicher Mietzinsvereinbarung ankommt. Auf dieser Grundlage ist eine Anwendung von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL auf Vermittlungsleistungen entgegen der vorstehenden Rechtsprechung (siehe oben II.2.a) von vornherein zu verneinen.

c) Entscheidungserheblichkeit

Das nationale Recht enthält keine Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL entsprechende Regelung. Daher ist von einer Steuerentstehung bereits mit der Leistungserbringung im Streitjahr auszugehen. Dem würde diese Bestimmung entgegenstehen, wenn sie in der Weise auszulegen ist, dass sie bei Dienstleistungen auch auf Ratenzahlungsvereinbarungen anzuwenden ist.

3. Zur zweiten Vorlagefrage

a) Vorbemerkungen

Nach Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL wird die Steuerbemessungsgrundlage insbesondere im Fall der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung nach der Bewirkung des Umsatzes unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert.

Fraglich ist, welche Bedeutung bei der Auslegung dieser Bestimmung der EuGH-Rechtsprechung zukommt, nach der „auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer die Steuerpflichtigen als Steuereinnehmer für Rechnung des Staates tätig werden“ (EuGH-Urteil Balocchi vom 20.10.1993 – C-10/92, EU:C:1993:846, Rz 25, Recht der Internationalen Wirtschaft 1994, 82). Der EuGH hat diese Funktion als „Steuereinnehmer für Rechnung des Staates und im Interesse der Staatskasse“ dahingehend erläutert, dass die Steuerpflichtigen „die Mehrwertsteuer [schulden], obwohl diese als Verbrauchsteuer letztlich vom Endverbraucher getragen wird“ (EuGH-Urteil Netto Supermarkt vom 21.02.2008 – C-271/06, EU:C:2008:105, Rz 21, HFR 2008, 408).

b) Zur Streitfrage

Die dem Steuerpflichtigen nach der vorstehenden EuGH-Rechtsprechung zugedachte Aufgabe des Steuereinnehmers lässt es nach Auffassung des Senats als möglich erscheinen, über die Anwendung von Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL zu verhindern, dass der Steuerpflichtige die von ihm bereits für den Zeitraum der Leistungserbringung geschuldete Steuer über einen Zeitraum von mehreren Jahren vorzufinanzieren hat (vgl. hierzu auch die dritte Frage des Vorlagebeschlusses des Senats vom 21.06.2017 – V R 51/16, BFHE 258, 505, die der EuGH in seinem Urteil baumgarten sports & more, EU:C:2018, 970, HFR 2019, 61 nicht beantworten musste).

Für den Streitfall ist daher bedeutsam, ob es mit der Aufgabe eines Steuereinnehmers vereinbar ist, bei einer am 07.11.2012 bereits erbrachten Leistung für dieses Jahr von einer Steuerentstehung (bei Verneinung der ersten Frage) ohne Minderung der Steuerbemessungsgrundlage auszugehen, obwohl diese Leistung nach der zu diesem Zeitpunkt getroffenen Vereinbarung durch fünf jährlich zu erfolgende Zahlungen mit erstmaliger Fälligkeit zum 30.06.2013 vergütet werden sollte. Es käme dann zu einer Vorfinanzierung der Steuer durch die Klägerin im Streitjahr, obwohl die Vereinnahmung der Gegenleistung erst später über einen Zeitraum von fünf Jahren erfolgte.

Dabei weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass das nationale Recht mit § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG eine Vorschrift enthält, nach der im Anschluss an eine Minderung i.S. von Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL die Besteuerungsgrundlage wieder heraufzusetzen ist, wenn die Zahlung später erfolgt (vgl. hierzu EuGH-Urteil Di Maura vom 23.11.2017 – C-246/16, EU:C:2017:887, HFR 2018, 79).

c) Entscheidungserheblichkeit

Auch die zweite Frage ist entscheidungserheblich, da der Klage auch bei einer Bejahung der Minderung nach Art. 90 MwStSystRL stattzugeben ist.

4. Zur Rechtsgrundlage der Vorlage

Die Einleitung des Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH beruht auf Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

5. Zur Verfahrensaussetzung

Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 in Verbindung mit § 74 FGO.