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Die Klage ist rechtzeitig erhoben worden. |
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Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, über diese Sachurteilsvoraussetzung der Klage durch Zwischenurteil vorab zu entscheiden (§ 97 FGO). |
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Die bei der Zulässigkeit allein streitige Klagefrist nach § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO ist entgegen der Auffassung des Beklagten gewahrt, weil im Streitfall die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht anzuwenden ist. |
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Bestreitet die Klägerin – wie hier – nicht den Zugang der Einspruchsentscheidung überhaupt, sondern behauptet lediglich, diese nicht innerhalb des Dreitageszeitraums des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO erhalten zu haben, so hat sie ihr Vorbringen im Rahmen des Möglichen zu substantiieren, um Zweifel an der Dreitagesvermutung zu begründen. Sie muss Tatsachen vortragen, die den Schluss zulassen, dass ein anderer Geschehensablauf als der typische – Zugang binnen dreier Tage nach Aufgabe zur Post – ernstlich in Betracht zu ziehen ist. Es genügt nicht schon einfaches Bestreiten, um die gesetzliche Vermutung über den Zeitpunkt des Zugangs des Schriftstücks zu entkräften. Es müssen vielmehr Zweifel berechtigt sein, sei es nach den Umständen des Falles, sei es nach dem schlüssig oder jedenfalls vernünftig begründeten Vorbringen des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 3. Mai 2001 III R 56/98, BFH/NV 2001, 1365). |
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Im Streitfall hat die Klägerin ihr Vorbringen zwar nicht im Rahmen des Möglichen substantiiert. Zur Begründung von Zweifeln am Zugang innerhalb der Drei-Tages-Frist reicht – entgegen der Auffassung der Klägerin – ein abweichender Eingangsvermerk allein nicht aus (BFH-Urteil vom 17. Juni 1997 IX R 79/95, BFH/NV 1997, 828; BFH-Beschlüsse vom 27. Februar 1998 IX B 29/96, BFH/NV 1998, 1064; vom 30. November 2006 XI B 13/06 BFH/NV 2007, 389). |
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Berechtigte Zweifel an dem rechtzeitigen Zugang der Einspruchsentscheidung ergeben sich jedoch aus den erstmalig von dem Beklagten in dem Erörterungstermin offen gelegten nähren Umständen bei der Versendung der Einspruchsentscheidung durch die Firma X. |
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Ergeben sich Zweifel an der Richtigkeit der Zugangsvermutung, so hat das Finanzgericht (FG) den Sachverhalt unter Berücksichtigung dieses Vorbringens aufzuklären und die festgestellten oder unstreitigen Umstände im Wege freier Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO gegeneinander abzuwägen. Die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bleibt mithin Gegenstand der Sachaufklärungspflicht des FG. Lediglich für den Fall, dass trotz Sachaufklärung keine Überzeugungsbildung möglich ist („im Zweifel“), muss auf die Beweislastregel des § 122 Abs. 2 2. Halbsatz AO zurückgegriffen werden (BFH-Urteile vom 27. November 2002 X R 17/01, BFH/NV 2003, 586 und vom 9. Dezember 1999 III R 37/97, BStBl II 2000, 175, m. w. N.). |
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Nach diesen Grundsätzen greift im Streitfall die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht ein. Denn zur Überzeugung des Senats steht fest, dass das FA die Einspruchsentscheidung vom 11. August 2011 am gleichen Tage der Firma X übergeben hat, die diese Sendung erst am Folgetag der Deutschen Post AG übergab. Letzteres ergibt sich nicht nur aus der telefonischen Auskunft, die der Vorsitzende Richter des 2. Senat eingeholt hat, sondern auch aus der Homepage von X (ww. x-service.de). Dort wird ausgeführt: „Bundesweite Sendungen außerhalb des X-Zustellbereiches übergeben wir am Folgetag der Deutschen Post AG zu deren aktuell gültigen Konditionen und AGB“. |
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Dem Senat ist nicht bekannt, zu welcher Tageszeit die Weiterleitung der Sendung an die Deutsche Post AG erfolgt ist. Er geht deshalb davon aus, dass von dem Dreitageszeitraum des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO mindestens ein Drittel verstrichen ist, bevor die Deutsche Post AG mit der Zustellung der Sendung begann. |
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Gibt ein Briefdienstleister, der vom Absender mit der Versendung beauftragt wurde, eine Sendung an ein anderes Unternehmen weiter, weil der Adressat nicht in dem eigenen Zuständigkeitsbereich wohnt, so beginnt mit dem Zeitpunkt der Übergabe an das weitere Unternehmen die Frist für die Zugangsvermutung nicht etwa neu zu laufen, sondern diese greift wegen der daraus resultierenden Zweifel, dass die Sendung der Klägerin nicht spätestens an dem Tag zugegangen ist, der nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO vermutet wird, insgesamt nicht mehr ein. |
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Auf die Beweislastregel des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO kann zwar auch bei der Übermittlung eines Verwaltungsakts durch einen privaten Briefdienstleister zurückgegriffen werden (BFH-Beschlüsse vom 13. Februar 2008 XI B 218/07, BFH/NV 2008, 742; und vom 11. August 2008 III B 141/07, BFH/NV 2008, 1646). Gibt dieser die Sendung jedoch (erst) am Folgetag an ein anderes Unternehmen weiter, ist bereits ein Drittel des Zeitraums verstrichen, ohne dass die Sendung befördert worden wäre. Allein durch diesen Umstand wird die Zugangsvermutung nach der Überzeugung des Senats so schwer erschüttert, dass sie nicht mehr angewendet werden kann mit der Folge, dass es nun dem Beklagten oblegen hätte, Nachweisaktivitäten zu entfalten, zumal sich nach den Erfahrungen des Senats die Beförderungszeiten bei Briefsendungen (ggf. aus Spargründen) heute zunehmend verzögern. So gibt die Deutsche Post AG auf Ihrer Homepage unter dem Stichwort „Brieflaufzeiten“ an, dass aus der Region „xx… Y“ nur 93,8 % der Sendungen ihr Ziel einen Werktag nach dem Tag des Einwurfs erreichen (Laufzeitquote „E+1 Briefpost). Bundesweit sollen ca. 95 % der Briefe ihr Ziel nach einem Tag erreichen. Das FA hat weder behauptet noch belegt, dass überregionale Sendungen, die außerhalb des eigentlichen Zustellbezirks der Firma X zuzustellen sind und deshalb von dieser an die Deutsche Post AG weitergegeben werden (sogenannte Weiterleitungsfälle), nach den Erfahrungen der Vergangenheit bei normalem Betriebsablauf gleichwohl zeitnah befördert und zugestellt worden wären. Auch im Internet sind hierzu keine Angaben auffindbar. Beauftragt das FA einen Briefdienstleister mit der Abholung, Frankierung und Weiterleitung von überregionalen Briefsendungen an die Deutsche Post AG, so muss es sich einschlägig über die Abläufe informieren. Es kann sich nicht darauf verlassen, dass die „normalen“ und von der Deutschen Post AG erwarteten und gemeinhin auch zuverlässig erfüllten Brieflaufzeiten auch in Weiterleitungsfällen eingehalten werden. |
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Zu dem selben Ergebnis führt auch die folgende Überlegung: § 2 Nr. 3 der Post-Universaldienstleistungsverordnung (BGBl I 1999, 2418), die der er Umsetzung der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 (ABl. EG 1998 Nr. L 15 S. 14) dient, sieht vor, dass von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Briefsendungen – mit Ausnahme der Sendungen, die eine Mindesteinlieferungsmenge von 50 Stück je Einlieferungsvorgang voraussetzen – im Jahresdurchschnitt mindestens 80 vom Hundert an dem ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 95 vom Hundert bis zum zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag ausgeliefert werden müssen. Um auch den verbleibenden 5 vom Hundert der Sendungen noch angemessen Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber in § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO einen Dreitageszeitraum aufgenommen. Ist – wie im Streitfall – bereits ein Drittel dieses Zeitraums verstrichen, bevor die Deutsche Post AG mit deren Beförderung begonnen hat, liegen konkrete Anhaltspunkte vor, welche die ernsthafte Gefahr längerer Postlaufzeiten begründen (zu diesem Maßstab vergleiche BFH-Beschluss vom 4. September 2008 I R 41/08, BFH/NV 2008, 2042-2043), die die Zugangsvermutung so schwer erschüttern, dass sie nicht mehr anwendbar ist. |
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Dieses Ergebnis belastet den Beklagten nicht unangemessen, denn dieser hat es in der Hand, mit welchem Briefdienstleister er die Einspruchsentscheidung versendet. |
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Nach Lage der Akten spricht im Streitfall zwar viel dafür, dass der Bevollmächtigte der Klägerin die Einspruchsentscheidung am Montag, dem 15. August 2011, erhalten hat. Denn wenn die Deutsche Post AG die Sendung im Laufe des Freitags, 12. August 2011, zur Beförderung übernommen hat, müsste sie in Anbetracht üblicher Postlaufzeiten am Montag, dem 15. August 2011 (Maria Himmelfahrt, gesetzlicher Feiertag nur im Saarland und in 1.700 Gemeinden in Bayern), in den Briefkasten des Bevollmächtigten der Klägerin eingeworfen worden sein. |
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Da die Dreitagesvermutung jedoch nicht gilt und die Klägerin unter Verweis auf einen handschriftlichen Eingangsvermerk behauptet, dass die Einspruchsentscheidung erst am 16. August 2011 eingegangen sei, hat der Beklagte gemäß § 122 Abs. 2 2. Halbsatz den Zeitpunkt des Zugangs zu beweisen. |
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Der Umstand, dass der Beklagte insoweit in Beweisnot ist, geht zu seinen Lasten mit der Folge, dass von einem Zugang der Einspruchsentscheidung erst am 16. August 2011 auszugehen ist. Dann ist die Klage am 16. September 2011 innerhalb der Monatsfrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO rechtzeitig erhoben. |
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Eine Kostenentscheidung unterbleibt, weil noch nicht feststeht, wer im Rechtsstreit endgültig unterliegen wird. |
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