Gerichtskosten für eine Wiederaufnahmeklage

Beschluss vom 06. April 2021, X E 5/20

ECLI:DE:BFH:2021:B.060421.XE5.20.0

BFH X. Senat

GKG § 3 Abs 2 , GKG § 34 Abs 1 , GKG § 66 Abs 6 , GKG § 3 Abs 2 Anl 1 Nr 6112 , GKVerz Nr 6112 , GKG § 3 Abs 2 Anl 1 Nr 6500 , GKVerz Nr 6500

vorgehend , , Az:

Leitsätze

NV: Die Vorschriften des GKG sind abschließend. Eine über die Tatbestände des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zum GKG hinausgehende Auferlegung von Gerichtskosten ist daher unzulässig.

Tenor

Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs -Kostenstelle- vom 28.08.2020 – KostL 993/20 (X K 6/19) wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

Die –nach § 66 des Gerichtskostengesetzes (GKG) statthafte– Erinnerung ist unbegründet.

1. Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht durch den Senat, da sie diesem gemäß § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG mit Beschluss vom 02.11.2020 – X E 5/20 übertragen wurde.

2. Die Höhe der Gerichtsgebühren richtet sich nach dem Streitwert (§ 3 Abs. 1, § 34 Abs. 1 GKG) sowie den in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG aufgeführten Gebührentatbeständen. Die Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) beanstanden sowohl die Ermittlung des Streitwerts (dazu unten a) als auch die Heranziehung des Gebührentatbestands der Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG (unten b). Mit beiden Einwendungen können sie indes nicht durchdringen.

a) Der angegriffenen Kostenrechnung wurde zutreffend ein Streitwert von 9.890 € zugrunde gelegt.

Der Streitwert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens X B 38/19, das dem Wiederaufnahmeverfahren X K 6/19 vorangegangen war, betrug 9.890 € (vgl. den ebenfalls zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangenen Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 09.04.2020 – X E 12/19).

Die Höhe des Streitwerts eines Wiederaufnahmeverfahrens (hier: Restitutionsklage) entspricht grundsätzlich –immer dann, wenn (wie hier) auch das Wiederaufnahmeverfahren letztlich auf die Aufhebung bzw. Änderung der angefochtenen Bescheide zielt– dem Streitwert desjenigen Verfahrens, dessen Wiederaufnahme begehrt wird (Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 04.04.1978 – VI ZB 11/77, Anwaltsblatt 1978, 260, m.w.N.; BFH–Beschlüsse vom 04.03.1987 – III E 2/86, BFH/NV 1987, 598; vom 26.07.1988 – VII E 3/88, BFH/NV 1989, 315, und vom 25.09.1989 – VI E 1/89, BFH/NV 1990, 257).

b) Die Anwendung des Gebührentatbestands der Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses enthält keinen Rechtsfehler, der zu Lasten der Kostenschuldner wirken würde.

aa) Die Vorschriften des GKG sind abschließend (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 GKG, wonach Kosten „nur nach diesem Gesetz erhoben“ werden). Gemäß § 3 Abs. 2 GKG werden Kosten nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG erhoben. Eine über diese Tatbestände hinausgehende Auferlegung von Kosten ist nicht zulässig (BFH-Beschluss vom 04.02.2003 – X E 9/02, BFH/NV 2003, 650, unter II.2.; Brandis in Tipke/Kruse, vor § 135 FGO Rz 10, m.w.N.).

bb) Der BFH zieht bei Wiederaufnahmeklagen denjenigen Gebührentatbestand heran, der für das Verfahren gilt, dessen Wiederaufnahme begehrt wird (vgl. zur Nichtigkeitsklage gegen ein Revisionsurteil BFH-Beschluss vom 20.11.1984 – VII E 3/84, BFHE 142, 411, BStBl II 1985, 222, unter a; zur Nichtigkeitsklage gegen Entscheidungen über Anhörungsrügen sowie Beschwerden BFH-Beschluss vom 21.09.2009 – I E 7/09, BFH/NV 2010, 440; zur Nichtigkeitsklage gegen einen Beschluss über eine Nichtzulassungsbeschwerde BFH-Beschluss vom 24.08.2010 – VI E 2/09, RVGreport 2012, 317). Da sich die Restitutionsklage X K 6/19 gegen einen Beschluss über eine Nichtzulassungsbeschwerde richtete, hat die Kostenstelle deshalb auch auf das Restitutionsverfahren den Gebührentatbestand der Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses zum GKG angewendet.

Bei anderen „Folgeverfahren“ –wie etwa der Anhörungsrüge– hat der BFH allerdings nicht etwa den für das Ausgangsverfahren geltenden Gebührentatbestand herangezogen, sondern einen vom Gesetzgeber geschaffenen eigenständigen Gebührentatbestand (z.B. Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses). Anders als im Kostenverzeichnis aufgeführte Regelungen für Wiederaufnahmeverfahren im Bereich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts (z.B. Vorbemerkung 3 Abs. 2 zu Teil 3 des Kostenverzeichnisses, Vorbemerkung 4 Abs. 2 zu Teil 4 des Kostenverzeichnisses; Nr. 3140, 3141, 3340, 3341, 3450, 3451, 3530, 3531, 4130, 4131, 4230, 4231 des Kostenverzeichnisses) bestehen entsprechende Regelungen für Wiederaufnahmeverfahren in der Finanzgerichtsbarkeit (bislang) nicht.

cc) Ob angesichts dieser Entwicklung die Heranziehung des Gebührentatbestands der Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses noch möglich ist, kann hier dahinstehen. Denn andernfalls wäre der Gebührentatbestand der Nr. 6112 des Kostenverzeichnisses anzuwenden. Dann wären die Kostenschuldner aber mit 5,0 Gebühren statt bisher 2,0 Gebühren belastet und würden sich schlechter stehen als mit der angegriffenen Kostenrechnung. Das Gericht darf im Erinnerungsverfahren indes nicht zum Nachteil des Kostenschuldners entscheiden (vgl. BFH-Beschluss vom 09.04.1987 – III E 1/87, BFH/NV 1987, 665, unter 2.b).

Der Tatbestand der Nr. 6112 des Kostenverzeichnisses setzt ein Verfahren vor dem BFH im ersten Rechtszug (Klageverfahren) voraus. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da es sich bei der Restitutionsklage nach dem Wortlaut der §§ 578, 580 der Zivilprozessordnung um ein Klageverfahren handelt. Es bleibt daher im Ergebnis bei der angegriffenen Kostenrechnung.

3. Das Schreiben der Kostenschuldner vom 22.03.2021 ist nicht als weitere –eigenständige– Erinnerung zu werten, sondern als Ergänzung der Begründung der mit dem vorliegenden Beschluss beschiedenen Erinnerung. Die Schlusskostenrechnung vom 28.08.2020 ist –was auch die umgehende Einlegung der Erinnerung zeigt– den Erinnerungsführern bereits an diesem Tage übersandt worden. Am 18.03.2021 wurde lediglich eine Kopie übersandt.

Soweit die Kostenschuldner in diesem Schreiben beanstanden, aus der Kostenrechnung sei weder der Kostenansatz noch die Ermittlung des Streitwerts ersichtlich, trifft dies nicht zu. Hinsichtlich der Ermittlung des Streitwerts verweist die Kostenrechnung auf den –zwischen denselben Beteiligten ergangenen– Senatsbeschluss vom 09.04.2020 – X E 12/19, aus dem sich die Streitwertermittlung ergibt. Dies genügt den Anforderungen.

4. Mit der vorliegenden Entscheidung erledigt sich zugleich der Antrag der Kostenschuldner auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung gemäß § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG.

5. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).