I B 159/07 – Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns einbringungsgeborener Anteile bei einer steuerbefreiten Stiftung – Anwendung des § 21 Abs. 1 und 3 UmwStG auf Veräußerung von Bezugsrechten – grundsätzliche Bedeutung – ausgelaufenes Recht

BUNDESFINANZHOF Beschluß vom 29.2.2008, I B 159/07

Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns einbringungsgeborener Anteile bei einer steuerbefreiten Stiftung – Anwendung des § 21 Abs. 1 und 3 UmwStG auf Veräußerung von Bezugsrechten – grundsätzliche Bedeutung – ausgelaufenes Recht

Gründe

 
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Die Beschwerde ist unbegründet. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu.
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a) Durch das Senatsurteil vom 7. August 2002 I R 84/01 (BFHE 200, 191) ist geklärt, dass eine gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) steuerbefreite Stiftung "persönlich" von der Körperschaftsteuer befreit ist und deshalb mit dem erzielten Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 3 Nr. 2 des Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995) der Körperschaftsteuer unterliegt. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend macht, eine erneute Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei gleichwohl erforderlich, weil Teile der Literatur weiterhin die Auffassung verträten, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG enthalte eine sachliche Steuerbefreiung, zeigt sie keine Gesichtpunkte auf, die der Senat nicht bereits in seiner Entscheidung bedacht hat. Er hat dort im Einzelnen begründet, weswegen er der Meinung, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG enthalte eine sachliche Steuerbefreiung, nicht folgt. Weiterer Klärungsbedarf wird nicht dargetan.
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b) Durch das genannte Senatsurteil ist ferner entschieden, dass auch diejenigen aufgedeckten stillen Reserven zu versteuern sind, die in Zeiten aufgebaut wurden, in denen die Stiftung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit war. Wie der Senat in der Entscheidung ausgeführt hat, nimmt das Gesetz diese Folge ersichtlich in Kauf. Weiterer Klärungsbedarf ist nicht ersichtlich, zumal die Stiftung dieses Ergebnis dadurch vermeiden kann, dass sie die stillen Reserven mit Eintritt in die Steuerfreiheit durch Antrag nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG 1995 versteuert.
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c) Durch die Rechtsprechung ist darüber hinaus geklärt (BFH-Urteile vom 8. April 1992 I R 128/88, BFHE 167, 424, BStBl II 1992, 761; vom 21. Januar 1999 IV R 27/97, BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638), dass im Rahmen des § 21 UmwStG 1995 die Veräußerung von Bezugsrechten ebenso wie die Veräußerung der Aktien selbst zu behandeln ist. Es unterliegt keinem Zweifel und ist daher nicht klärungsbedürftig, dass die Veräußerung von Bezugsrechten auch dann nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 steuerpflichtig ist, wenn sie nur dazu dient, der Stiftung die nötigen Mittel zu beschaffen, damit sie an der Kapitalerhöhung einer Gesellschaft, an der sie beteiligt ist, teilnehmen kann.
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d) Nach dem Senatsurteil in BFHE 200, 191 unterliegt der Gewinn aus der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen dem normalen Steuersatz des § 23 Abs. 1 KStG 1996 und nicht dem ermäßigten des § 23 Abs. 2 Satz 1 KStG 1996. Die Klägerin hat zwar unter Hinweis auf die insoweit geäußerte Kritik in der Literatur an diesem Urteil weiteren Klärungsbedarf vorgebracht. Nachdem aber seit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/ 2000/2002 vom 24. März 1999 der ermäßigte Körperschaftsteuersatz für Stiftungen abgeschafft wurde, hätte die Klärung der Frage, ob der Senat auch unter Berücksichtigung der an seiner Rechtsprechung geäußerten Kritik an seiner Auffassung festhält, keine richtungsweisende Bedeutung mehr (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juni 2006 I B 14/06, BFH/NV 2006, 2094). Gleiches gilt hinsichtlich der Rüge der Klägerin, es sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 des Grundgesetzes) nicht zu vereinbaren, dass Gewinne aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile bei Körperschaften des öffentlichen Rechts dem ermäßigten Steuersatz des § 23 Abs. 2 Satz 1 KStG 1996 unterlägen, bei Stiftungen dagegen nicht.
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e) Soweit die Klägerin geltend macht, es sei zu klären, wie Kollisionen des Stiftungsrechts und des Steuerrechts aufzulösen seien, ist nicht erkennbar, inwieweit eine derartige Kollision im Streitfall vorliegen könnte. Der Stiftungsvorstand hat das Stiftungsvermögen unter Beachtung des Stifterwillens so zu verwalten, dass der Stiftungszweck nachhaltig dauernd erfüllt werden kann (vgl. allgemein hierzu Schön/Hüttemann, Vermögenserhaltung und Vermögensverwaltung im Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht, 2007, S. 32 ff.). Erscheint es ihm zu diesem Zweck sinnvoll, im Stiftungsvermögen befindliche einbringungsgeborene Anteile an einer Kapitalgesellschaft zu veräußern, damit die Stiftung mittels der so erlangten liquiden Mittel an einer Kapitalerhöhung teilnehmen kann, handelt er nicht pflichtwidrig. Es obliegt, sofern kein eindeutiger Wille des Stifters vorliegt, dem pflichtgemäßen Ermessen des Stiftungsvorstands zu beurteilen, ob es zur nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks trotz der dadurch ausgelösten Steuerpflicht wirtschaftlich sinnvoller ist, an einer Kapitalerhöhung teilzunehmen und hierfür einbringungsgeborene Anteile zu veräußern, oder auf die Teilnahme an der Kapitalerhöhung zu verzichten.

Quelle: bundesfinanzhof.de


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