BUNDESFINANZHOF Urteil vom 4.12.2018, IX R 13/17 ECLI:DE:BFH:2018:U.041218.IXR13.17.0
Geschlossener Immobilienfonds – Beiladung
Leitsätze
NV: Eine KG mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist zu dem finanzgerichtlichen Verfahren eines ihrer Gesellschafter, der den Ansatz von Rechtsverfolgungskosten als Sonderwerbungskosten geltend macht, notwendig beizuladen.
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 23. August 2016 7 K 1015/15 aufgehoben.
Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hält seit Ende des Jahres 1996 eine Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds X-GmbH & Co. KG. Die vereinbarte Beteiligungssumme betrug netto 61.355,03 EUR zuzüglich eines Agios in Höhe von 5 %, insgesamt somit 64.422,78 EUR. Der Kläger erzielte hieraus über mehrere Jahre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
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Da sich die Beteiligung wirtschaftlich nachteilig entwickelte, beantragte der Kläger am 15. Dezember 2011 bei der öffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle (ÖRA) der Stadt Y die Einleitung eines Güteverfahrens gegen die Z-Grundbesitz mbH und die M-Bank mit dem Antrag, im Wege des großen Schadensersatzes die gezahlte Einlage zuzüglich Agio und entgangenen Gewinn, abzüglich erhaltener Ausschüttungen, mithin 102.350,43 EUR Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung zurückzuzahlen. Hierfür berechnete die ÖRA im Jahr 2012 (Streitjahr) Gebühren in Höhe von 745 EUR, ausgehend von einem Gegenstandswert von 102.350,43 EUR. Der vom Kläger beauftragte Rechtsanwalt stellte mit Rechnung vom 10. Januar 2012 Gebühren in Höhe von 1.825,32 EUR auf einen Gegenstandswert von 61.355,03 EUR in Rechnung.
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Nachdem das Güteverfahren Ende November 2012 gescheitert war, erhob der Kläger beim Landgericht Klage gegen die M-Bank auf Schadensersatz wegen Prospekthaftung und Beratungsverschulden. Auch hier machte der Kläger neben dem Hauptanspruch in Höhe von 64.422,78 EUR einen Anspruch auf entgangenen Gewinn in Höhe von 37.927,66 EUR geltend. Die Klage blieb in erster und zweiter Instanz erfolglos. Der ursprünglich auf 102.350,44 EUR festgesetzte Gebührenstreitwert wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts vom 7. März 2014 auf 64.422,78 EUR herabgesetzt.
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Mit Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vom 2. Mai 2014 versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) dem Kläger den Ansatz von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 2.570,32 EUR als Sonderwerbungskosten.
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Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1165 veröffentlichten Urteil ab.
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des Hessischen FG vom 23. August 2016 7 K 1015/15 aufzuheben, den Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 2. Mai 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2015 dahingehend abzuändern, dass weitere Sonderwerbungskosten in Höhe von 2.570,32 EUR bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung, resultierend aus seiner Kommanditbeteiligung an der X-GmbH & Co. KG, zum Abzug zugelassen werden, hilfsweise, das Urteil des Hessischen FG vom 23. August 2016 7 K 1015/15 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Hessische FG zurückzuverweisen.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, die X-GmbH & Co. KG zum Verfahren notwendig beizuladen. Die unterbliebene notwendige Beiladung ist ein vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfender Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 13. April 2017 IV R 25/15, BFH/NV 2017, 1182, Rz 7 f., m.w.N.).
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1. Gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte (notwendig) zum Verfahren beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO).
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a) Eine KG mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 FGO im finanzgerichtlichen Verfahren wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung sowohl beteiligtenfähig als auch subjektiv klagebefugt. Die genannte Regelung ist dahin zu verstehen, dass die Personengesellschaft als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihren Geschäftsführer Klage gegen den Feststellungsbescheid erheben kann, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die einzelnen Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. November 2012 IV R 37/10, BFH/NV 2013, 910, Rz 17, zur GbR, und Senatsurteil vom 11. August 1992 IX R 6/88, BFH/NV 1993, 45; vgl. auch Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 48 Rz 31 f.). Die KG ist hierbei auch dann zu dem Rechtsstreit eines ihrer Gesellschafter beizuladen, wenn sie von dem Ausgang des Verfahrens nicht betroffen ist (z.B. Senatsurteil vom 30. November 1993 IX R 20/92, BFH/NV 1995, 975, und Senatsbeschluss vom 11. Februar 2002 IX B 146/01, BFH/NV 2002, 796, unter II.1.a, m.w.N.; Gräber/ Levedag, a.a.O., § 60 Rz 59 Stichwort: "Gesellschafter/Gemeinschafter" und "Sonderwerbungskosten").
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b) Der BFH kann im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens eine vom FG zu Unrecht unterlassene notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 126 Abs. 3 Satz 2 FGO nachholen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 5. Juni 2008 IV R 79/05, BFHE 222, 20, BStBl II 2009, 15, unter II.1., m.w.N., und vom 7. Juni 2018 IV R 11/16, BFH/NV 2018, 1156, Rz 24, m.w.N.).
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2. Der Senat übt sein Ermessen –im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und zur Vermeidung von Verfahrenskosten– dahingehend aus, den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Beiladung der X-GmbH & Co. KG an das FG zurückzuverweisen. Aus den Gründen der Vorentscheidung wird nicht ersichtlich, weshalb das FG die X-GmbH & Co. KG nicht zum Verfahren beigeladen hat.
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3. Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat –ohne Bindungswirkung für das FG– darauf hin, dass ausweislich der in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2015, der steuerliche Berater der KG zur Fristwahrung form- und fristgerecht Einspruch eingelegt habe, da Sonderwerbungskosten der Anleger teilweise unberücksichtigt geblieben seien. Insoweit stellt sich die Frage, ob das sich bei den beigezogenen Akten befindliche Schreiben vom 3. Juli 2014 (vgl. Einkommensteuerakte Bl. 182) ein eigener Einspruch des Klägers ist. Hiergegen könnte sprechen, dass der Kläger als Rechtsanwalt in dem Schreiben ausdrücklich nur erklärt hat, er werde das Rechtsmittelverfahren "fortführen", das Schreiben erst am 4. Juli 2014 und damit außerhalb der Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) beim FA eingegangen ist, der Einspruch daher wohl unzulässig wäre und der Kläger zum Einspruchsverfahren der KG nach § 360 Abs. 3 AO ohnehin notwendig hinzuzuziehen gewesen wäre. Ob die notwendige Hinzuziehung erfolgt ist, kann der Senat nicht beurteilen; die Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2015 spricht für die Annahme, dass eine Hinzuziehung (bislang) nicht erfolgt ist.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.