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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
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Das FG hat rechtsfehlerhaft das FA als berechtigt angesehen, den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 18. Mai 2012 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen einer neuen Tatsache zu ändern. Es sind jedoch nach den Feststellungen des FG keine Tatsachen nachträglich bekannt geworden, die zu einer höheren Einkommensteuer führen. |
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1. Das FG hat ohne Rechtsfehler eine Änderung nach § 129 AO wegen einer offenbaren Unrichtigkeit abgelehnt. Insoweit verweist der Senat auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach bei unzutreffender Tatsachenwürdigung, der Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts, einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Übertragungsfehler oder bei mangelnder Sachaufklärung eine Änderung nach § 129 AO ausscheidet (vgl. BFH-Urteile vom 13. Juni 2012 VI R 85/10, BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5, Rz 16 f.; vom 26. Oktober 2016 X R 1/14, BFH/NV 2017, 257, Rz 13; vom 3. Mai 2017 X R 4/16, BFH/NV 2017, 1415, Rz 13; vom 17. Mai 2017 X R 45/16, BFH/NV 2018, 10, Rz 25; jeweils vom 16. Januar 2018 VI R 41/16, BFHE 260, 397, BStBl II 2018, 378, Rz 13, und VI R 38/16, BFH/NV 2018, 513, Rz 13; BFH-Beschluss vom 15. Oktober 2018 VIII B 79/18, BFH/NV 2019, 102, Rz 10). |
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2. Das FG hat jedoch rechtsfehlerhaft eine Änderungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen des Vorliegens einer nachträglich bekannt gewordenen "neuen" Tatsache bejaht. |
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a) Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Keine Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind demgegenüber Schlussfolgerungen aller Art, insbesondere juristische Subsumtionen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 29. November 2017 II R 52/15, BFHE 260, 306, BStBl II 2018, 419, Rz 25, und vom 21. Februar 2017 VIII R 46/13, BFHE 257, 198, BStBl II 2017, 745, Rz 34, jeweils m.w.N.; Senatsurteil vom 19. Februar 2013 IX R 24/12, BFHE 240, 265, BStBl II 2013, 484, Rz 9). Einkünfte sind als eine Tatsache anzusehen und nicht in Einnahmen und Ausgaben aufzuspalten (BFH-Urteile vom 1. Oktober 1993 III R 58/92, BFHE 172, 397, BStBl II 1994, 346, unter 1., Rz 9; vom 10. Juli 2008 IX R 4/08, BFH/NV 2008, 1803, unter II.1.b, Rz 16, m.w.N., und in BFHE 240, 265, BStBl II 2013, 484, Rz 10). |
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Nachträglich bekannt geworden ist eine Tatsache, wenn sie das Finanzamt beim Erlass des geänderten Steuerbescheids noch nicht kannte (z.B. BFH-Urteile in BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5, Rz 23; in BFHE 257, 198, BStBl II 2017, 745, Rz 35, und in BFHE 260, 306, BStBl II 2018, 419, Rz 25). Die Tatsache muss daher zu dem für eine Aufhebung oder Änderung nach § 173 AO maßgebenden Zeitpunkt bereits vorhanden, aber noch unbekannt sein. Dies gilt auch für Hilfstatsachen, die den sicheren Schluss auf eine (innere) Haupttatsache (wie z.B. eine Kenntnis oder eine Absicht) zulassen (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1994 IX R 11/91, BFHE 176, 221, BStBl II 1995, 192, unter 1., Rz 12; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 173 AO Rz 25). |
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Bekannt sind alle Tatsachen, die dem für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständigen Sachbearbeiter zur Kenntnis gelangen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juni 2004 X R 56/01, BFH/NV 2004, 1502, unter II.2.b, Rz 17; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 173 AO Rz 30, 33; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 173 AO Rz 183). Dabei ist grundsätzlich bekannt, was sich aus den bei der Finanzbehörde geführten Akten ergibt, ohne dass es auf die individuelle Kenntnis des Bearbeiters ankommt (BFH-Urteile vom 28. April 1998 IX R 49/96, BFHE 185, 370, BStBl II 1998, 458, unter II.2.a, Rz 19; in BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5, Rz 25; in BFHE 257, 198, BStBl II 2017, 745, Rz 35; von Groll in HHSp, § 173 AO Rz 188; Peters in BeckOK AO, Pfirrmann/Rosenke/Wagner, 7. Edition Stand 01.01.2019, § 173 Rz 78). Dazu gehören alle Schriftstücke, die bei der Dienststelle vorliegen oder sie im Dienstgang erreichen. Unerheblich ist, ob der Sachbearbeiter den Vorgang tatsächlich liest, in sein Wissen aufnimmt oder ihn nur überfliegt. Die Finanzbehörde muss sich den gesamten Inhalt der bei ihr geführten Akte als bekannt zurechnen lassen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 185, 370, BStBl II 1998, 458, unter II.2.b, Rz 21; vom 5. Dezember 2002 IV R 58/01, BFH/NV 2003, 588, unter 2.c, Rz 24; vom 19. November 2008 II R 10/08, BFH/NV 2009, 548, unter II.1., Rz 13; vom 13. Januar 2011 VI R 61/09, BFHE 232, 5, BStBl II 2011, 479, Rz 15; in BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5, Rz 25; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 173 AO Rz 34; Klein/Rüsken, AO, 14. Aufl., § 173 Rz 62; Peters in BeckOK AO, a.a.O., § 173 Rz 51, 77). Dies gilt auch, wenn der Bearbeiter den ihm vorliegenden Akteninhalt nicht vollständig prüft, z.B. weil er nur überschlägig prüft, ihm keine Prüfhinweise dazu vorliegen oder die vorliegenden Prüfhinweise andere im Änderungsverfahren nicht streitige Tatsachen betreffen (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juli 1990 VI R 109/86, BFHE 161, 11, BStBl II 1990, 1047, unter 2.b, Rz 20; Klein/Rüsken, a.a.O., § 173 Rz 49, 62; Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 173 Rz 62; v.Wedelstädt in Gosch, AO § 173 Rz 62, – August 2015 -). Eine andere Sichtweise würde es dem FA ermöglichen, durch einseitige Beschränkung seiner steuerlichen Ermittlungspflichten das Bekanntwerden bestimmter Tatsachen zu vermeiden und damit den gesetzlich geregelten Umfang der Bestandskraft nach eigenem Belieben zu verschieben. Verzichtet das FA daher auf die Sichtung ihm vorliegender Belege und damit auf die Nutzung ihm zugänglicher Erkenntnisquellen, so fällt dies in seinen eigenen Risikobereich (so auch BFH-Urteil in BFHE 161, 11, BStBl II 1990, 1047, unter 2.b, Rz 20). |
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b) Diesen Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht das angefochtene Urteil nicht. Es ist daher aufzuheben. |
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Das FG hat den Sachverhalt rechtsfehlerhaft dahin gewürdigt, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das FA nachträglich bekannt geworden sind. Hier ergab sich nach den Feststellungen des FG der Umstand, dass die Klägerin positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 34.698 EUR erzielt hatte, aus den in den Akten befindlichen Unterlagen. Die Sachbearbeiterin und damit das FA müssen sich diesen Akteninhalt als positive Kenntnis zurechnen lassen. Die Kläger hatten ihrer Steuererklärung eine "Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG" beigefügt, aus der sich unter Bezugnahme auf die Klägerin und ihre Wohnanschrift Vermietungseinkünfte in Höhe von 34.698 EUR aus dem Objekt C-Straße ergaben. |
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Der Umstand, dass die Sachbearbeiterin des FA nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, § 182 Abs. 1 AO verpflichtet war, den Betrag in Höhe von ./. 351,51 EUR aus der ESt4B-Mitteilung zu übernehmen, führt ebenfalls nicht dazu, dass die Einkünfte in Höhe von 34.698 EUR als nicht bekannt gelten. Der Sachbearbeiterin war bereits aufgrund der Kenntnisnahme der in der Anlage V unter der Kz. 25.857 erklärten Zahl und der vorliegenden ESt4B-Mitteilung bekannt, dass zwei verschiedene Einkunftsquellen vorlagen. Die von den Klägern eingereichte "Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG" wies keinen Bezug zu der in den Akten befindlichen ESt4B-Mitteilung auf. Nach den Feststellungen des FG bezog sich die ESt4B-Mitteilung eindeutig auf die "Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs-GbR …, Fonds Nr. …". Die eingereichte "Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG" enthielt eindeutig Einkünfte für das Objekt "C-Straße" und damit für ein anderes Objekt. |
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Dass die Sachbearbeiterin die der Steuererklärung beigefügten Unterlagen bezogen auf die Anlage V keiner näheren Betrachtung unterzogen hat, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Der Umstand, dass die erhebliche Abweichung zwischen den unter der Kz. 25.857 erklärten Einkünften in Höhe von 34.698 EUR und dem Wert der ESt4B-Mitteilung von ./. 351,51 EUR, die ebenfalls erhebliche Abweichung zu den im Vorjahr erklärten Einkünften und die darauf folgende hohe Steuererstattung zu keinem Prüfhinweis führten, schließt nicht aus, dass die Höhe der Einkünfte der Sachbearbeiterin zur Kenntnis gelangt war. Denn die unter den jeweiligen Kennziffern in den Steuererklärungsformularen erklärten Besteuerungsgrundlagen sind dem FA bekannt, und zwar unabhängig davon, ob es zu einer näheren Betrachtung der eingereichten Belege sowie zu einer weiteren Aufklärung, z.B. zu einer Nachfrage bei den Klägern, hätte kommen müssen. |
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3. Die Sache ist spruchreif. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich eindeutig, dass die Tatsache, wonach die Klägerin Einkünfte in Höhe von 34.698 EUR erzielt hatte, aus den Akten folgt. Die Entscheidung des FG, der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 22. Februar 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 7. April 2015 sind daher aufzuheben und der Klage stattzugeben. |
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. |
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