Keine Zusammenschau bei Erwerb von Geschwistern

Beschluss vom 25. Mai 2021, II B 87/20

ECLI:DE:BFH:2021:B.250521.IIB87.20.0

BFH II. Senat

GrEStG § 3 Nr 2 , GrEStG § 3 Nr 3 , FGO § 115 Abs 2 Nr 1

vorgehend FG Nürnberg, 23. November 2020, Az: 4 K 1100/19

Leitsätze

1. NV: Wendet ein Schenker einen Grundstücksanteil zunächst einem Abkömmling zu, ist der anschließende Erwerb des Grundstücksanteils durch einen anderen Abkömmling nicht aufgrund einer Zusammenschau von § 3 Nrn. 2 und 3 GrEStG steuerbefreit, unabhängig davon, ob eine entsprechende Auflage bestand.

2. NV: Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG ist auf die Abwicklung von Bruchteilsgemeinschaften, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge entstanden sind, nicht entsprechend anwendbar.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 23.11.2020 – 4 K 1100/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

Die Beschwerde ist, soweit sie die Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erfüllt, unbegründet.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn hinsichtlich ihrer Beantwortung Unsicherheit besteht. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage wird dagegen nicht aufgeworfen, wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 05.06.2019 – II B 21/18, BFH/NV 2019, 1253, Rz 3, und vom 30.06.2020 – II B 90/19, BFH/NV 2020, 1279, Rz 3, jeweils m.w.N.).

Zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen ist eine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Hierzu ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darzulegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Insbesondere sind Ausführungen dazu erforderlich, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14.09.2020 – VI B 64/19, BFH/NV 2021, 306, Rz 2, und vom 08.09.2020 – XI B 17/20, BFH/NV 2021, 185, Rz 9, jeweils m.w.N.).

Dieselben Grundsätze gelten für die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 1279, Rz 4).

b) Unabhängig davon, dass der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sich nicht substantiiert mit der zu den Rechtsfragen bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandergesetzt hat, ist die Revision nach diesen Grundsätzen mangels Klärungsbedarfs nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Rechtsfortbildung zuzulassen.

aa) Als Rechtsfrage formuliert der Kläger sinngemäß, ob außerhalb der anerkannten Verknüpfung von § 3 Nrn. 2 und 6 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) eine interpolierende Betrachtung der § 3 Nrn. 2 und 3 GrEStG auf einen Grundstückserwerb des zuvor durch eine Schenkung des Erblassers übertragenen Grundstücksanteils durch Abkömmlinge des Schenkers anwendbar sei.

Diese Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits hinreichend geklärt. So liegt selbst bei einer Schenkung mit Auflage ein abgekürzter Leistungsweg, der der Zusammenschau zugänglich wäre, nicht vor, wenn der Gegenstand der Auflage bereits ganz oder teilweise Gegenstand der Zuwendung des ursprünglichen Schenkers an den Erstbeschenkten war. Denn in diesem Falle hätte der Schenker den Gegenstand der Auflage auch unmittelbar dem Zweitbeschenkten zuwenden können. Es stellt keine Abkürzung, sondern eine Verlängerung des Leistungswegs dar, wenn der Schenker dasjenige, was er im Ergebnis dem Zweitbeschenkten zuwenden will, dem Erstbeschenkten mit der Auflage zuwendet, es an den Zweitbeschenkten weiterzureichen, statt eine unmittelbare Zuwendung an den Zweitbeschenkten zu bewirken. Hinsichtlich der Leistungsbeziehungen verhält sich eine solche Gestaltung gerade invers zu der Rechtsfigur des abgekürzten Leistungswegs. Unerheblich ist, ob es anderweitige –auch beachtliche– Gründe gab, den Umweg der Schenkung unter Auflage zu wählen, denn diese können nicht zu einer Besteuerung führen, wie sie stattfände, wenn dieser Weg nicht gewählt worden wäre. Wie eine unmittelbare Zuwendung des ursprünglichen Schenkers an den Zweitbeschenkten zu behandeln gewesen wäre, ist ebenfalls unerheblich, da dieser fiktive Sachverhalt nicht Gegenstand der Besteuerung ist (BFH-Urteil vom 25.08.2020 – II R 30/18, BFHE 270, 553, BStBl II 2021, 322, Rz 26).

bb) Damit ist die anschließende Frage im Streitfall nicht klärbar, ob aus dem erkennbaren bzw. geäußerten Willen des Schenkers die Zuwendungsempfänger im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge gleichmäßig zu bedenken, bereits abzuleiten sei, dass die spätere Vereinigung der Anteile in jeweils einer Hand vom Schenker im Sinne einer Auflage beabsichtigt und gewollt sei und somit keine ausdrückliche Auflage notwendig sei.

cc) Schließlich hält der Kläger es für fraglich, ob eine Schenkung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge einem Grundstückserwerb von Todes wegen gleichzustellen sei, so dass für das geschenkte Grundstück § 3 Nr. 3 GrEStG anwendbar sei. Im Rahmen seiner Begründung hat der Kläger ausgeführt, dass die in § 3 Nr. 3 GrEStG geregelte Grunderwerbsteuerbefreiung bei Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft auf die Abwicklung von Bruchteilsgemeinschaften, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge entstanden seien, angewandt werden müsse. Es handele sich insofern um einen „vorweggenommenen Nachlass“. Dies entspreche dem Willen des Gesetzgebers, der Erwerbe aus dem Nachlass und aus vorweggenommener Erbfolge z.B. in § 14 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes gleichstelle. Auf beide solle keine Grunderwerbsteuer anfallen.

Allerdings hat der BFH bereits entschieden, dass die Begrenzung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG auf die Miterben, denen Gesamthandsberechtigungen an dem ererbten Gegenstand zustehen, dem Zweck der Befreiungsvorschrift entspricht (BFH-Urteil vom 16.01.2019 – II R 7/16, BFHE 263, 465, BStBl II 2019, 617, Rz 33, m.w.N.). Eine teleologische Erweiterung auf einen „vorweggenommenen Nachlass“ ist somit ausgeschlossen.

Außerdem gilt selbst für Bruchteilsgemeinschaften, die im Rahmen vorläufiger Maßnahmen bei der Auseinandersetzung „echter“ Nachlässe entstanden sind, dass die gesamthänderische Bindung eines Nachlasses durch die Umwandlung in Bruchteilseigentum i.S. der §§ 741 ff., 1008 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelöst wird und damit der Gegenstand seine Eigenschaft als Teil des Nachlasses verliert. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG kommt in einem solchen Fall somit auch dann nicht in Betracht, wenn die Miterben die Bildung von Bruchteilseigentum nur als vorläufige Maßnahme ansahen und von Anfang an die Absicht hatten, durch spätere Vereinbarung die Eigentumsverhältnisse abweichend zu gestalten, wenn also das Bruchteilseigentum nur als Zwischenlösung auf dem Weg zur endgültigen Auseinandersetzung (etwa durch den Erwerb von Alleineigentum) gewollt war (vgl. BFH-Urteil vom 07.02.2001 – II R 5/99, BFH/NV 2001, 938; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.04.2015 – 4 K 1380/13, Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 1295, Rz 27 f.; FG Münster, Urteil vom 29.10.2020 – 8 K 809/18 GrE, Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis 2021, 16, Rz 19, jeweils m.w.N.). Hier liegt keine Auseinandersetzung mehr vor, sondern der jeweilige Miterbe wird vielmehr aufgrund rechtsgeschäftlicher Übertragung Alleineigentümer (vgl. BFH-Urteil vom 29.09.2015 – II R 23/14, BFHE 251, 485, BStBl II 2016, 104, Rz 35).

Selbst wenn man –wie der Kläger– von einem „vorweggenommenen Nachlass“ ausgehen wollte, hätte dieser somit spätestens mit der Übertragung der Grundstücke auf die Brüder und damit der Begründung von Bruchteilseigentum seine Qualität als „Nachlass“ i.S. des § 3 Nr. 3 GrEStG verloren, so dass die Frage im Streitfall nicht klärbar wäre.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

3. Im Übrigen ergeht die Entscheidung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ohne Angabe weiterer Gründe, insbesondere ohne detaillierte Darstellung des Tatbestands.